Weltreise mit Baby: Raus aus dem Hamsterrad, rein ins Abenteuer!

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Wann, wenn nicht jetzt?!, dachten Stefanie und Stefan, als ihr Baby Finn in ihr Leben trat. Sie wollten nicht weiter im Job-Hamsterrrad sitzen, so dass ein Elternteil quasi das erste Lebensjahr des Kindes verpasst. Wie das klappt, was das mit der wunderbaren Hausgeburt von Finn zu tun hat – und welches nächste Ziel die kleine Familie anstrebt.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, mit Baby auf Weltreise zu gehen?

Ehrlich gesagt, sind wir nicht auf die Idee gekommen ‚mit‘ Baby zu reisen, sondern ‚wegen‘ unseres Babys wollten wir reisen.

Wir sind im November 2017 Eltern eines wunderbaren Jungen geworden. Mama-sein und die dazugehörige Elternzeit hat mich so erfüllt und ich liebe die gemeinsame Zeit mit meinem Kind. Aber irgendwie hat es mich traurig gemacht, dass mein Mann und ich uns ja dazu entschieden haben, eine Familie zu sein und dann doch im Alltag, von Montag bis Freitag, unsere Familie nur aus Finn und mir bestand.

Ich fand es so schade für Stefan, dass er von der Arbeit nach Hause kam, wir noch schnell zusammen zu Abend gegessen haben und Finn dann schon seinen Nachtschlaf angetreten hat. Also hatten wir nur an den Wochenenden so wirklich Zeit als Familie. Und selbst da musste dann Zeit für Freunde, Verwandtschaftsbesuche, Sportplatz, Geburtstage, Einkaufen, Kochen, Putzen, Waschen etc. eingebracht werden. Das haben wir uns irgendwie nicht unter Familie vorgestellt.

Wenn ich dann so von Montag bis Freitag ohne Stefan zu Hause war, kam immer wieder der Wunsch der Weltreise hoch. Wir sind schon immer gerne gereist und schon seit so vielen Jahren haben wir gesagt, irgendwann… irgendwann machen wir mal eine Weltreise.

Und irgendwann war also klar, jetzt ist irgendwann. Jetzt ist unser Kind noch klein. Jetzt wünscht sich unser Sohn Nähe und Zeit. Jetzt möchte er Zeit mit seinem Papa haben. Mit 18 möchte Finn selbst losziehen, da braucht er uns nicht mehr.

Im November 2017 kam unser Kind auf die Welt, im Januar 2018 wurde der Wunsch der Weltreise immer konkreter und im April 2018 haben wir unsere Round-the-World-Tickets gebucht! Im September ging es mit unserem zehn Monate alten Baby dann auch schon los.

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Welche Hürden musstet ihr nehmen?

Also Stefans größte Hürde war es natürlich, seinem Arbeitgeber mitzuteilen, dass wir mindestens sieben Monate unterwegs sein werden. Aber auch hier haben wir wieder gelernt, manchmal fügen sich die Dinge einfach. Stefan hätte für die Weltkreise seinen Job gekündigt, aber sein Arbeitgeber hat ihm unbezahlten Urlaub angeboten. Das war natürlich perfekt. Ich habe meine Elternzeit von Beginn an auf zwei Jahre gelegt, also war das für mich schon mal kein Problem.

Wir wollten unsere Eigentumswohnung möbliert untervermieten. Wir wohnen in einer Studentenstadt, da wäre das sicherlich kein Problem gewesen. Aber irgendwie hat das Bauchgefühl nicht gestimmt. Unser Sohn wurde in unserer Wohnung im Badezimmer geboren und diese Wohnung wird daher immer etwas ganz besonders für uns sein. Sie steht die sieben Monate einfach leer. Mittlerweile sind wir auch sehr froh über diese Entscheidung. Erstens hätten wir es zeitlich wohl gar nicht mehr geschafft, die komplette Wohnung leer zu räumen und passende Mieter zu finden, zweitens ist es schön, nach Hause zu kommen und seine gewohnten vier Wände wieder zu haben.

Strom, Internet, Telefonanbieter haben wir gekündigt, Sparraten minimiert und die passende Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Die Handyverträge haben wir angepasst, sodass wir unsere Rufnummern behalten konnten.

Außerdem haben wir uns noch um die Anmeldung eines Kleingewerbes und alles was dazu gehört gekümmert, denn wir hatten schon vor der Reise geplant, Mamakompass zu gründen.

Wie haben eure Freunde und Familienmitglieder reagiert?

Unsere Freunde waren natürlich begeistert. Unter ihnen sind selbst viele Reisefans, zwar ohne Kinder, aber sie wussten alle, dass es absolut zu uns passt. Unsere Familien hatten gemischte Gefühle, obwohl sie sogar gar nicht mal so überrascht waren, weil wir wohl schon so lange diesen Traum unbewusst vermittelt haben. Natürlich waren sie traurig, dass sie ihr Enkelkind so lange nicht sehen werden und so große Entwicklungsschritte verpassen, aber wir sind jetzt eine eigene Familie, das mussten wir auch erst mal dazu lernen.

Stefans Papa ist einen Monat vor der Reise an Krebs verstorben. Klar, der Gedanke, ob wir seine Mutter zu Hause nicht unterstützen müssten, beschäftigte uns recht lange und wir haben uns die Frage gestellt, ob wir überhaupt losfahren können. Aber Stefans Papa hat uns am Sterbebett noch gesagt, dass wir unbedingt diese Reise machen sollen. Er war selbst auf allen Kontinenten dieser Welt und weiß, wie bereichernd solch eine Reise ist.

Und auch hier hat sich gezeigt, dass die Bedenken unbegründet waren. Stefans Mama kommt super zu Hause zurecht und freut sich mit uns. Außerdem telefonieren wir regelmäßig mit unseren Familien und schreiben von unseren Erlebnissen auf Instagram. So erreichen wir alle und halten unsere Freunde auf dem Laufenden.

Aus dem erweiterten Umfeld haben wir natürlich auch negative Stimmen gehört, wie, es sei unverantwortlich mit Baby zu reisen, aber das wird es wohl immer geben und wir wussten damit umzugehen.

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Was habt ihr eingepackt? Nicht viel vermutlich, oder?

Also für eine lange Reise für zwei Personen und Baby zu packen und nur zwei Backpacks zur Verfügung zu haben, sind Packlisten ein Muss! Wir haben erst einmal ALLES, was uns wichtig schien, gesammelt, dann in verschiedene Kategorien gelistet, von den Listen wieder gestrichen was nicht zwingend notwendig ist und dann wirklich nur anhand dieser Packlisten gepackt.

Das war wirklich Gold wert, weil ich häufig in der Euphorie dann doch noch den Kuschelpulli und die andere tolle Shorts einpacke. Es war eine Herausforderung für mich, das erste Mal wirklich bei jedem Kleidungsstück zu überlegen, wie praktisch und notwendig es ist. Stefan ist da schon immer viel minimalistischer als ich. Bisher sind wir absolut begeistert, wie wir gepackt haben, es ist minimalistisch geworden und wir haben tatsächlich alles, was wir dabei haben in Benutzung.

Wir haben unsere Packlisten auf unserem Blog auf mamakompass.de veröffentlicht und hoffen, sie helfen vielen anderen Reisefamilien auch noch weiter, wenn es darum geht, was braucht eine Familie auf Weltreise wirklich.

Wart ihr sehr aufgeregt? Gab es Momente, in denen ihr dachtet: Sind wir eigentlich bescheuert?

Irgendwie ist der Gedanke so lange im Kopf gereift und wenn es dann mal Klick gemacht hat, gibt es kein Zurück mehr. Dann will man das jetzt unbedingt. Und deshalb kam dieser Moment "Sind wir eigentlich bescheuert?" nie wirklich auf. Ich war wegen Finn ja eh schon seit fast einem Jahr in Elternzeit. Aber für Stefan war es dann wirklich aufregend, als er seinen letzten Arbeitstag hatte. Es ist ja schon etwas Besonderes und irgendwie auch echt verrückt, wenn der Mann ab da dann wirklich für eine lange Zeit von Montag bis Sonntag bei seiner Familie ist.  

Als wir unsere Familien am Flughafen verabschiedet haben, waren wir auch nochmal ziemlich aufgeregt und ein paar Tränen flossen. Puh, das war echt nicht einfach 🙂

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Wohin seid ihr zuerst gefahren?

Unsere erste Station war Südafrika. Es war schon immer ein Wunschziel von uns und wir haben uns auf die afrikanische Kultur gefreut. Stefans Eltern sind vor ein paar Jahren zu ihrer Silberhochzeit bereits ans Kap der guten Hoffnung gereist und das war dann wirklich ein schöner Moment, genau an der gleichen Stelle, wie sie damals zu stehen.

Wir haben uns eine Wohnung außerhalb von Kapstadt gemietet und von da aus ganz unterschiedliche Tagestrips gemacht. Die erste Zeit wollten wir einfach ruhiger angehen und Finn die Zeit geben, sich an den neuen Alltag zu gewöhnen. Und wir wollten uns vom aufregenden Sommer in der Heimat ein bisschen erholen. Wir haben auch an unserer eigenen Homepage gearbeitet und die Videos für meinen Schwangerenbetreuungskurs aufgenommen.

Wie lang seid ihr jetzt unterwegs und welcher Ort/Moment war bislang der schönste?

Wir befinden uns aktuell in Woche 11 unserer Reise und Südafrika und Borneo (Malaysia) haben wir bereits abgehakt.

Wir hatten schon unbeschreiblich viele schöne Momente, aber ein Tag war ganz besonders. In Kommetjie, in dem Ort, in dem wir bei Kapstadt gewohnt haben, fand ab 10 Uhr morgens ein Festival statt. Los ging’s mit einem Surfcontest der vielen braungebrannten Surfer-Typen, an der Halfpipe war parallel ein Skateboard-Wettbewerb der Kids, alle Mädels sind in Bikins und coolen Shorts rumgelaufen, am Abend trafen sich alle im Garten einer Kneipe und eine junge, lokale Band hat so schöne Musik gespielt.

Die Familien haben es sich mit Picknickdecke und Korb am Strand gemütlich gemacht, sie haben Frisbee gespielt und als es Dunkel war, gab es eine Lasershow. Es waren nur gut gelaunte Menschen um uns herum, es wurde getanzt und alle hatten ein Strahlen im Gesicht. Und als wir da mitten unter den ganzen Surfern standen haben wir uns beide angeschaut und konnten es irgendwie nicht glauben, weil wir uns wie in der Serie ‚O.C. California‘ gefühlt haben. Allein, wenn wir jetzt wieder daran denken, bekommen wir gleich Gänsehaut.

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Wie macht euer Baby das mit?

Finn hat sich als ein absolutes Reisebaby entpuppt. Eigentlich ist alles so gekommen wie wir es uns insgeheim gewünscht haben. Wir haben uns gedacht, was braucht unser Finn schon in den ersten Jahren? Liebe und Zeit. Und das bekommt er gerade hier und jetzt unendlich viel von uns, weil wir nicht mit irgendwelchem Alltagskram abgelenkt sind. Das heißt, wir merken, unser Kind ist glücklich, egal wo wir sind. Hauptsache wir sind da und bauen so viele Sandburgen, wie es nur geht mit ihm.

Er hat so viele verschiedene Kinder um sich herum zum Spielen und der Strand ist sein Kinderzimmer geworden. Dass er beim Abflug in Frankfurt am Main dann aber tatsächlich schon auf dem Rollfeld eingeschlafen ist und er den ersten Flug komplett verschlafen hat… so einfach haben wir es uns dann doch nicht vorgestellt. Hier gleich noch ein Tipp an alle Eltern: Mit Kind sind Nachtflüge wirklich praktisch.

Habt ihr auch Ängste?

Stefan ist von Grund auf wenig ängstlich. Dafür bin ich es umso mehr! Ach, ich könnte jetzt tausend Ängste aufzählen. Meine größten Ängste sind die, vor dem Fliegen und den giftigen Tieren. Aber ich habe festgestellt, dass sich meine Ängste auch schon ziemlich gewandelt haben. Ich merke, dass viele Ängste nur in meinem Kopf existieren und es in Wahrheit überall auf der Welt irgendwelche Gefahren gibt, denen man nie zu 100% aus dem Weg gehen kann. Auf Borneo ist es der Skorpion und in Deutschland die Autobahn. So sehe ich das zumindest mittlerweile.

Natürlich kommen auf Reisen genauso immer mal wieder Ängste hoch, wie zu Hause halt auch. Aber wir erinnern uns dann immer wieder daran, die Ängste gar nicht groß zu bewerten, einfach in den Tag zu leben, die Freiheit zu genießen und als Familie glücklich zu sein.

Wir lang wollt ihr unterwegs sein?

Geplant ist unsere Reise erst einmal bis Ende April. Denn dann stehen wieder Hochzeiten von meinem Bruder und Freunden an, die wir auf keinen Fall verpassen wollen. In wenigen Tagen fliegen wir schon weiter nach Australien. Dort geht für uns ein absoluter Traum in Erfüllung: Wir fahren mit einem Camper die Ostküste entlang! Wenn wir in Melbourne angekommen sind, arbeiten wir Work-and-Travel mäßig auf einer Freiland-Hühnerfarm. Da sind wir schon richtig gespannt drauf, die Hühner werden Finn sicherlich gefallen. 🙂

Durch Kontakt zu anderen Weltreisefamilien kommen aber gerade noch einige andere Länder auf unserer Bucket-List dazu. Wir sind selbst gespannt, wie es dann im April um unser Fernweh steht und wann und wie es mit den anderen Ländern weiter geht.

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Wie finanziert ihr euch?

Also vorab möchten wir schon mal sagen, dass eine Reise tatsächlich halb so teuer ist, wie viele immer erwarten. Wir finanzieren unsere Reise über mehrere Wege. Zum einen ganz klassisch durch Erspartes. Dann nutzen wir eine Plattform für Work an Travel. Das heißt, wir helfen für einen bestimmten Zeitraum bei verschieden Projekten und Familien mit und dürfen dafür kostenlos bei ihnen wohnen und essen. Das ist auch mit Kind super möglich. Und zusätzlich bauen wir gerade einen Online-Kurs auf.

Ich bin ganzheitliche Ernährungs- und Gesundheitsberaterin und nur wenige Monate nach der Geburt unseres Kindes habe ich mich als HypnoBirthing-Kursleiterin ausbilden lassen. Ich wünsche mir, dass so viele werdende Mamas wie möglich die Geburt ihres Kindes selbstbestimmt und angstfrei erleben.

Eine entspannte Mama und ein ruhiges Umfeld sind die wichtigsten Faktoren für eine natürliche Geburt – völlig unabhängig vom gewählten Geburtsort, ob zu Hause, im Geburtshaus oder im Krankenhaus. Deshalb habe ich HypnoBirthing, Schwangerschaftsyoga und Naturheilkunde vereint und den Intensivkurs "Mamaglück" erstellt.

Ich möchte Frauen dabei helfen, sich mit den richtigen Atemtechniken, gezielten Körperübungen und gesunder Ernährung bestmöglich auf die Geburt ihres Kindes vorzubereiten. Denn für eine schöne Geburtsreise braucht es mindestens genauso viel Vorbereitung, wie für eine Weltreise. Da schließt sich also der Kreis. Das ist meine absolute Herzensangelegenheit und es macht so Spaß, daran auch auf Reisen zu arbeiten und der Welt etwas zurück zu geben.

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Das heißt, du hattest eine tolle Geburt?

Ja. Wir denken so gerne an die Geburt zurück. Sie war wirklich wunderschön und wir sind dankbar für dieses Erlebnis. 2016 haben wir zwei Fehlgeburten hintereinander erleben müssen und so sind wir schon ganz anders in diese dritte Schwangerschaft gestartet. Ich habe mich intensiv mit Schwangerschaft und Geburt beschäftigt und für die Geburt unseres Kindes war der sicherste und entspannteste Ort dann tatsächlich unsere heimelige Wohnung.

Also kam unser Kind ganz einfach, ganz reibungslos und mit zwei Hebammen begleitet im Badezimmer bei uns zu Hause auf die Welt. Es ist schade, dass eine schöne, selbstbestimmte Geburt zur Seltenheit geworden ist und traurig, dass so viele Frauen die Geburt ihres Kindes als sehr schmerzvoll empfinden und einige sogar ein Geburtstrauma erleiden.

Hat diese Geburt euch auch gezeigt, wie viel eigenständige Kraft ihr habt und euch denn auch irgendwie zur Weltreise ermutigt, nach dem Motto: Wenn wir das schaffen, schaffen wir das auch…

Absolut! Vor allem weil wir mit der Hausgeburt natürlich auch auf viel Widerstand gestoßen sind. So eine Welle an Widerstand gab es dann ja auch, als das weitere Umfeld erfahren hat, dass wir mit Baby auf Weltreise gehen. Die Geburt hat uns als Paar und als Familie für immer gestärkt.

Wir wissen seitdem, unserem Bauchgefühl zu vertrauen und hören auf unsere innere Stimme. Sie zeigt uns ganz genau die Richtung, die richtig für uns als Familie ist und in die wir gehen sollen. Durch die Geburt haben wir gelernt, uns von den Meinungen anderer frei zu machen. Und wir fühlen uns leichter und glücklicher als jemals zuvor.

 

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