Willkommen im Chaos – warum wir manchmal das Zeug zum YouTube-Hit haben

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„Wenn das mit dem Schreiben irgendwann nicht mehr klappt, werd ich YouTube -Star.“ Das dachte ich am Freitag Nachmittag, während um mich herum das Chaos tobte. Wie ich darauf kam? Nun – Ihr kennt doch sicher alle diese Internet-Videos, die plötzlich um die Welt gehen und für viele viele Lacher sorgen. Ich bin mir sicher, ich könnte eins von diesen Videos beisteuern – es wäre gar nicht schwer, ich müsste uns nur ab und zu einfach filmen..

Zum Beispiel eben am Freitag Nachmittag. Was da los war? Ich erzähle es Euch gerne…

Weil bei uns dieses Jahr kein großer Familienurlaub drin war, durfte meine Große eine Woche auf dem Ponyhof verbringen – das heißt, sie war dort jeden Tag von 10 Uhr bis 17 Uhr – ein wunderbarer Hof in Brandenburg, Idylle pur. Das aber wiederum hieß, dass ich sie jeden Tag hinbringen oder abholen musste – die andere Tour übernahm eine Freundin, deren Tochter ebenfalls dort reiten ging. Und weil es eben so Natur-Idylle war, lag der Reiterhof auch 25 Minuten einfache Fahrt von Berlin entfernt. 

Am Freitag also war ich mit Abholen dran – an den anderen Tagen hatte ich immer versucht, meinen Sohn für diese Zeit zu verabreden, dass ich die Strecke nicht mit zwei Kindern hin und mit vier Kindern zurück fahren muss.  Doch am Freitag hat das nicht geklappt – ich saß also um 17.15 Uhr mit vier Kindern im Auto, vor mir der Feierabend-Verkehr. 

Meine Große und ihre Freundin waren vom Tag aufgekratzt. Sie hatten den Striegel-Wettbewerb gewonnen, erzählten davon, wie sie dem Pferd den Schweif geflochten hatten. Sie waren sehr aufgeregt und laut. Natürlich dudelte wie immer Radio Teddy im Hintergrund – und ach, welch ein Glück, es lief mal wieder dieser eine Song von Bibi und Tina (oder Hanni und Nanni?!). 

„Best friends for ever and ever – Best friends for ever and ever – BFF- BFF – BFF“ grölten die beiden Mädels lautstark mit. 

„Was heißt BFF?“, fragte mein Sohn. Während ich versuchte, ihm das zu erklären, fing die Kleine an zu heulen. Verständlich. Mit ihrem ausgeprägten Krabbeldrang war sie mehr als genervt, jetzt in der Babyschale still zu sitzen. Und außerdem war auch gleich Abendessens-Zeit. 

„Kannst Du mal gucken, dass die Kleine nicht einschläft?“, fragte ich meine Große. Denn wir alle wissen – ein Schläfchen um halb sechs ist einfach sch*****se, wenn man eigentlich will, dass alle um acht im Bett liegen. 

In der Zwischenzeit hatte das Gastkind meinem Sohn gesteckt, dass die Mädels auf dem Ponyhof Gummibärchen gegessen hatten, worauf er das gerade sehr aktuelle „Das ist aber uuuunnnfaaaaair“ – Gejammer anstimmte. Stimmt – ich bin wirklich die absolut unfairste Mama auf der ganzen Welt, dass ich nicht hellsehen kann, welche Gummibärchen die Mädels gegessen hatten und diese nicht vorsorglich schon gekauft hatte, um diese schreckliche Ungerechtigkeit ausgleichen zu können… 

Meine Große erzählte weiterhin lautstark von ihrem Tag, das Gastkind sang zu Radio Teddy, mein Sohn motzte über sein ungerechtes Da-sein und die Kleinste meckerte im Kindersitz und machte dann einmal ordentlich in die Windel, worauf die anderen drei Kinder über den Gestank jammerten, als das Auto vor mir den Warnblinker anstellte und wir 20 Minuten im Stau standen. 

Irgendwann, mitten in diesem lautstarken Chaos, guckte ich in den Rückspiegel – und dachte mir: „Wenn das jemand sieht, der keine Kinder hat, der denkt, wir sind komplett gaga.“ Und als ich dann auch noch sah, wie mein Sohn eine Reiswaffel zwischen den Sitzen herauszog, die da schon eine beträchtliche Weile gelegen haben muss, und genüsslich hineinbiss, musste ich laut lachen. 

Und wie gesagt – ich bin mir sicher, würden wir manchmal heimlich gefilmt und auf YouTube gestellt werden – wir wären bald berühmt… Wahrscheinlich, weil ganz viele Eltern herzlich lachen würden und sich insgeheim denken würden: "Ist ja wie bei uns!"

—- Foto: Leni Moretti

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3 comments

  1. Ja, musste auch breit grinsen
    Ja, musste auch breit grinsen. Nach einer Fahrt mit den Zwillingen war ich so fertig dass ich beim ausladen dann auch die Gummibärchen aus dem Sitz gegessen habe. Das einzige was ich mir da zur Wahrung meiner Würde einrede ist, ich war ja schwanger 😀

  2. Familienidylle
    Ich musste sehr lachen, als ich an die Reiswaffel dachte.
    Wir sind eine Patchwork Familie mit 5 Kindern. Als ich meinen Mann kennenlernte, waren meine 2 Jungs 1,5 und 8 Jahre. Nach der ersten gemeinsamen Nacht hatte er genau diese Reiswaffelreste hinten an seinem T-Shirt kleben. Denn mein Kleinster machte auf dieser Seite täglich seinen Mittagsschlaf und verputze beim wach werden genüsslich Reiswaffeln. Heute sagt mein Mann manchmal aus Spaß:“hätte ich geahnt, dass das nur der Anfang vom kompletten Chaos war….“
    Wenn wir mit 5 Kindern nach Italien in den Urlaub fahren, ist das Chaos am größten. Immer weint einer. Hunger haben eigentlich alle immer. Man kann vorsorglich jeden Rastplatz anfahren, denn es muss immer einer Pippi und am Ende heulen alle,weil die Fahrt so lange geht. Man braucht Mega Nerven,um das durchzustehen. Und irgendwie kriegt man die aber nicht mit bei der Geburt, wie so viele sagen. Was aber immer wieder hilft, sind genau so Geschichten von anderen, die einen herzlich zum lachen bringen und man denkt,ist doch alles nicht so schlimm.

  3. Wenn ich so was
    nicht selbst ab und zu erleben würde, dächte ich, du hättest dir das ausgedacht.
    Vielen Dank für den schönen Artikel