Ihr Lieben, ich liebe es, wenn ihr mir schreibt, dass euch meine Kolumnen beruhigen oder inspirieren, dass sie manchmal gar einen Kompass geben, dass sie Mut machen. Und manchmal hat man ja so Momente mit Geistesblitzen und so schoss mir am Wochenende plötzlich beim Joggen eine Idee in den Kopf.
Katharina und ich haben so viele Mutmacher für Mütter geschrieben, wie wäre es denn auch mal mit einem Mutmacher für die 2. Lebenshälfte? Für die Zeit, wenn die Kinder flügge werden, die Beziehungen oder Job-Aufgaben vielleicht auch mal nicht täglich spannend und die Knochen etwas schwerer (ihr kriegt doch ohne Streckübungen mittlerweile auch nen steifen Nacken, oder? Oder katert mittlerweile doch auch mehrere Tage lang, wenn ihr mal zu tief ins Glas geguckt habt, oder?)
Wenn es euch auch so geht, dass ihr ab und zu mal in die Melancholie rutscht und euch fragt: Was kommt denn ja jetzt noch? Wenn euch die Routinen des Lebens auch mal auf den Zeiger gehen und ihr euch fragt: Was brauch ich denn eigentlich noch, was will ich, was macht mir Spaß, was schenkt mir Erfüllung außerhalb der Mutterrolle und der eigenen Familie… dann würdet ihr euch in so einem Mutmacher doch vermutlich wiedererkennen, oder?
Die L-I-S-A Formel zur 2. Lebenshälfte
Und ich spann den Gedanken sogar noch weiter und dachte, jetzt, da ich aus dem Sinnkreise-Löchlein wieder rausgeklettert bin und es mir wieder richtig gut geht, könnte man doch mal eine kleine L-I-S-A Formel erfinden, damit auch andere von den Erfahrungen profitieren können, denn auch eure Kinder werden ja immer größer. Starten wir doch mal mit den einzelnen Buchstaben – nur als Idee:
L wie Leben, Lachen, Lieben, Lust, Lernen und Leidenschaft
Wir dürfen optimistisch bleiben, wir dürfen unseren vollen Fokus auf die schönen Dinge des Lebens legen. Wir dürfen uns nochmal herausfordern, etwas Neues lernen, wir dürfen uns wieder von Lust und Leidenschaft treiben und anspornen lassen. Wir können weiter viel Liebe rausgeben, denn sie kommt ganz bestimmt wie ein Boomerang zurück zu uns.
I wie Innehalten, Informieren, Identifizieren, Initiieren, Improvisieren und Inspirieren
Wir dürfen schauen, wo wir gerade stehen und mit wem und dürfen auch mal innhalten, uns neu verorten, dürfen Neues initiieren, auch wenn das Improvisieren verlangt und wir dürfen damit nicht nur andere inspirieren, sondern uns auch von außen Inspiration holen, für neue Ideen, neue Ziele: Wie machen es die anderen, was könnte ich für mich daraus mitnehmen?
S wie Spaß, Sprechen, Schreiben, Sammeln, Sehnen, Schaffen, Schätzen, Sachlich einordnen, Sport
Wir dürfen uns mitteilen, wir dürfen über unsere Gefühle sprechen, wir dürfen uns Rat holen und uns austauschen, wir dürfen Kolumnen ins Netz oder Beiträge in unser Tagebuch schreiben, um mit anderen oder mit uns selbst in den Austausch zu gehen, wir dürfen uns sehnen und unsere Lage trotzdem sachlich einordnen, dürfen ins Schaffen kommen – und sei es durch eine neue Sportart.
A wie Anfangen, Abschätzen, Anerkennen, Akzeptieren, Ablösen, Angleichen, Aufbrechen, Atmen
Auf zu neuen Ufern! Wir dürfen einfach anfangen, wenn wir erkannt haben, was uns helfen könnte, wir dürfen Situationen und Dinge abschätzen, dürfen Altes ablösen und Platz für Neues schaffen, wir dürfen unser Leben an die aktuellen Umstände angleichen, wir dürfen in die Akzeptanz gehen – manches ist so wie es ist, anderes lässt sich vielleicht ändern, wir dürfen Aufbrechen und dabei sollten wir das Atmen nicht vergessen. Das Innehalten und Neujustieren ebenso wenig.
Wir dürfen uns unser Leben anschauen, anpacken und gestalten
Und ich halte all das bewusst recht offen und unkonkret, damit euch beim Lesen all dieser Worte möglichst viel Identifikationsfläche bleibt. Vielleicht denkt die ein oder andere bei Sport an ihr Lieblingshobby aus der Kindheit, das sie jetzt endlich mal wieder anpacken will – ja, ich habe eine Freundin, deren Eltern ihr in der Kindheit immer verboten, zum Ballettunterricht zu gehen und die sich mit über 40 als Anfängerin noch angemeldet hat! Warum denn nicht! Was haben wir zu verlieren?!
Unsere Hormonlage verändert sich und wir können viel besser Nein sagen zu Dingen, die uns Kraft kosten und JA zu uns. Wir können uns endlich bei der VHS für einen Kurs anmelden, von dem wir schon immer geträumt haben oder uns beruflich nochmal neu orientieren. Wir können Dinge beim Alten lassen, die wir in unserem Leben mögen und andere Bereiche komplett umwälzen.
Ich darf für mich, für MICH einstehen, weil es irgendwann nicht mehr nur noch um die Fürsorge für die anderen geht. Ich darf mir selbst Zeiten gönnen, auch wenn eigentlich so viel anderes zu tun wäre, ich darf nach meinen Glücksquellen suchen und wieder danach greifen.
Ausflüge mit den Kindern waren immer anstrengend? Vielleicht geht das dann jetzt endlich wieder ohne Protest und nur mit der Freundin. Ich wollte zurück auf den Pferderücken wie in meiner Jugend – so go for it. Ich wollte endlich mehr Zeit fürs Ehrenamt, fürs Hobby, für Sport, für die Beziehung? Du kannst sie dir jetzt nehmen.
Ich sage nicht, dass es leicht ist, herauszufinden, wie man selbst seine Zeiten wieder sinnstiftend und glücklich füllt und vielleicht braucht es ein paar Monate oder Jahre, aber es lohnt sich, hinzuschauen. Was ist mir wichtig, was macht mich froh, wo kann ich Stellschrauben verändern – und seien es nur die Kleinsten – um wieder mehr Leichtigkeit zu spüren.
Es ist immer ein Prozess und passiert nicht von heute auf morgen. Aber wir dürfen das in die Hand nehmen und müssen es nicht einfach weiterlaufen lassen. Wir dürfen nach dem Glück greifen und unser Leben formen – und ja, auch dann, wenn es noch Verpflichtungen gibt, wenn die Eltern plötzlich Pflege brauchen oder die Finanzen knapp sind.
Vielleicht gerade dann! Und wenn es dann halt die gratis Joggingstrecke statt dem teuren Hobby wird. Jede und jeder eben in seinem Rahmen. Aber auch so ein Lauf kann und darf Leichtigkeit schenken. Lasst es uns ausprobieren und unser Leben zu einem möglichst schönen und erfüllten machen. Wir haben es uns verdient. Davon bin ich überzeugt. Und ihr doch auch, oder?!
4 comments
Das wird ein Bestseller. Nimm schnell den Stift zur Hand. Ich freu mich drauf.
wunderbare Gedankenanstöße, und das würde (wird?) ein wunderbares Buch! Mir hat in der Sinnkrise und durch das Tal Ende 40 der Austausch mit Freundinnen uns vor allem mit älteren Frauen als mir, geholfen. Sie überblicken mehr, haben auch viel ausprobiert und herausgefunden aus ihre jeweiligen „Wechseljahren“. Generell finde ich es so oft sehr bereichernd, sich mit Frauen unterschiedlichen Alters zu unterhalten und auszutauschen. Seien es Kolleginnen, Verwandten oder zB bei uns in der Kfd, an Frauenwochenenden. Da kommen oft unerwartet sehr gute Gespräche zustande. Besonders, wenn erstmal eine anfängt offen und ehrlich zu erzählen! Traut euch. Wir haben alle viel mehr zu geben, als wir oft denken!
Liebe Lisa, Deine LISA-Formel spricht mir aus der Seele und richtet gerade zum richtigen Zeitpunkt den Blick nach vorne. Ich bin Mutter von drei Kindern, der Große ist auf dem Weg auf die weiterführende Schule, die Zwillinge in der zweiten Klasse. Wir sind seit zwei Jahren fertig mit dem Häuslebau und genau in dieser Zeit kam die „Sinneskrise“, „Burnout“ oder die „depressive Verstimmung“. Wie der Arzt es auch benennt, eine anstrengende Zeit. Es brauchte Tabletten, um aus dem Tief herauszukommen. Vielleicht erwischt es nicht Jede so heftig, aber öffnet man sich gegenüber anderen Müttern, begegnet man doch Gleichgesinnten. Ich würde Jeder raten, dass Problem an den Hörnern zu packen und es nicht „auszuhalten“. Denn dann geht man am Ende als Gewinnerin heraus. Es ist eine Zeit des Umkrempelns, heraus aus gesellschaftlichen Zwängen und familiären Druck, aus alten Mustern und überflüssigen Angewohnheiten. Es tut gut, sich neu zu erfinden, sich selbst zu fragen, was man möchte und nach all den Jahren Familienfürsorge, beinahe Selbstaufgabe, seine eigene innere Stimme flüstern zu hören. Ich weiß noch nicht wohin mit mir, aber ich bastel an allen Ecken, den Familienstrukturen, Partnerschaft, meiner Gesundheit, meinem Job und der „Entdeckung“ von ungeahnten Fähigkeiten (einfacher: Hobbies;-)). Das tut dem Seelchen ebenso gut wie der Familie, denn es gibt sehr viel zu lachen. Auch wenn das Thema Kitesurfen meinen Mann etwas unruhig werden lässt…seine Sinneskrise klopft schon an: Wenn es nicht gerade der unbezahlbare rote Porsche wird, lässt dich da bestimmt etwas finden.
Liebe Grüße, Esther.
Super, auf das Buch freue ich mich 😊