Bei Dir sieht das alles immer so leicht aus – über die Sicht von außen und innen

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Neulich war wieder so ein Tag, an dem ich dachte, wir seien die schrecklichste Familie auf der Welt. Nichts klappte, die Stimmung war mies. Auf jede Bitte gab es ein „Warum“ oder ein „Nö“. Ich wünschte mir so sehr, dass einfach mal gemacht wird, was ich sage. Ohne diese ständigen Diskussionen und Aufforderungen. Kurz: Ich war genervt, die Kids waren genervt – der Tag schien zudem kein Ende zu nehmen. 

Ich hatte gerade alle drei Kinder ins Auto gesetzt, als eine Nachbarin ankam und und sagte: „Ich habe ja auch zwei Enkelkinder, ich weiß also, wie anstrengend das alles sein kann. Aber bei Ihnen sieht das immer alles so leicht aus.“ 

Ich war kurz davor, laut und hysterisch los zu lachen oder mich heulend auf den Boden zu schmeißen und zu rufen: „Leicht???? Ich dreh heute noch durch. Ich mag nicht mehr. Ich will auf eine einsame Insel.“ Natürlich lachte ich weder laut noch heulte ich – ich bedankte mich für das liebe Lob, versicherte aber, dass manche Tage sich ganz und gar nicht leicht anfühlen…

Diese Szene ging mir abends nicht mehr aus dem Kopf. An einem Tag, an dem mich die Mutterschaft fast erdrückte, sagte mir jemand, es wirke bei mir immer so leicht. Das zeigte mir wieder mal: Von außen wirkt so vieles anders.

Von außen kann man die Kopfschmerzen nicht sehen, nicht das Genervt-sein, nicht das Tausendmal-alles-sagen-müssen. Außenstehende sehen die Wäscheberge nicht, die unrasierten Beine, die Augenringe nach einer kurzen Nacht. Sie wissen nicht, dass es schon wieder nur Nudeln mit Butter gab, dass man Bauchschmerzen wegen der nächsten Steuererklärung hat. Sie ahnen nicht, dass man über die hohen Preise für Kinderwinterschuhe entsetzt ist, dass die Betten eigentlich alle frisch überzogen werden müssten, dass es wieder Streit wegen den Hausaufgaben gab. 

Und so wenig wie Außenstehende in unsere Köpfe, Herzen und Wohnzimmer gucken können – so wenig sehen wir hinter die Fassade anderer Menschen. Deshalb wäre es schön, wenn wir anderen Müttern öfter mal ein Lächeln schenken würde – vielleicht hatten sie gerade eine schlaflose Nacht. Und wenn wir uns nicht verrückt machen, wenn wir in den sozialen Netzwerken wieder mal die perfekte Familie am perfekten Frühstückstisch sehen. Es sind alles nur Ausschnitte, alles keine absoluten Wahrheiten. 

Wir alle haben gute Tage, wir alle haben Tage, an denen wir gerne alles hinschmeißen würden. Niemand von uns ist perfekt. Niemand ist immer geduldig. Bei keinem sind die Kinder immer friedlich und bei keinem spielen die Geschwister immer nur fröhlich. 

Niemand von uns weiß, wie es im Inneren einer anderen Mutter aussieht. Ob sie glücklich ist in ihrer Ehe, ihrem Job, ihrer Mutterrolle. Das gilt auch für all die Mütter, die wir oft verwundert anstarren, weil ihr Leben immer so aufgeräumt aussieht. 

Deshalb: Bleibt bei Euch. Versucht, aus jedem Tag einen guten Tag zu machen – aber bleibt locker, wenn ein Tag auch einfach mal scheiße ist. Bleibt locker und gönnt Euch abends ein großes Stück Schokolade oder ein Glas Rotwein. 

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11 comments

  1. …das tut gut!!
    …so schön, deinen Text zu lesen, danke!!!
    Seit einem halben Jahr bin ich alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern (5 und 8Jahre alt). Mein Mann starb vor einem halben Jahr an Krebs, plötzlich und völlig unerwartet. Jetzt lebe ich mit unseren Mädels auf unserem Biohof ohne ihn…und versuche unseren Lebenstraum weiterzuleben…oder neu zu finden.
    Versuche eine gute Mutter zu sein, das Hofleben zu organisieren, neue Perspektiven zu entwickeln, Hofladen und Landwirtschaft am laufen zu halten…und mich dabei nicht zu vergessen und mit meiner Traurigkeit klarzukommen.
    Viele Herausforderungen…und trotz allem freue ich mich auf ein lebendiges 2020, voller Leichtigkeit und neuer Möglichkeiten.

  2. Super,aufbauender text. Ich
    Super,aufbauender text. Ich hab zwar keine Kleinkinder mehr aber die Zwillinge stecken in der Pubertät. Das geht dann morgens um halb sieben los. Und im Moment kommt es mir nur noch wie ein Kampf vor.

  3. Danke!
    Vielen Dank für die herzlich schönen,ehrlichen Worte. Ich liebe deine Texte und freue mich immer schon darauf wieder etwas neues zu lesen. Es beruhigt und motiviert einen, zu lesen das es bei anderen müttern auch nicht anders läuft und man gar nicht so verzweifeln muss. LG

  4. Danke
    Einfach nur DANKE!!! Ich fühl mich so oft so unvollkommen und hab das Gefühl, jeder kann es besser… Schön zu lesen, dass es anderen auch so geht…

  5. So wahr!!!!
    Auch bei mir kommt der Text gerade richtig und ich kann so mitfühlen. Die Kinder schlafen seit 30 Minuten. Nach 1,5 Std. sind sie endlich eingeschlafen und ich hätte schreien können. Der Große spielte die ganze Zeit mit irgendwas und ich musste ihn ständig ermahnen. Das Baby turnte herum, wollte an die Brust, kniff und kratzte die ganze Zeit und ich dachte nur: ich will hier jetzt sofort weg oder ich raste aus. Während dessen türmen sich die Wäschekörbe im Wohnzimmer, neben den Essensresten vom Baby, den Spielsachen und der Sofakissenburg vom Großen. In der Küche wartet Abwasch. Der Abendbrottisch steht noch voll, ich bin wahnsinnig müde von den letzten 3 Nächten in denen das Baby dank Bronchitis ständig wach war und mir vor Husten 3 mal das Bett vollgekotzt hat. Und gleichzeitig will und muss ich meine Masterarbeit schreiben. Gut zu wissen, dass es anderen auch so geht… ich fühle mit und schicke allen ganz viel Kraft.
    Wie gerne hätte ich eine Wachmaschine im Keller. 😉

  6. So schön geschrieben
    Ich finde deinen Beitrag so toll ❤️ Unsere Woche hat schon so besch* angefangen. Magen Darm bei der großen (8) – also Sonntag Nacht das Hochbett abgezogen, die kleine „große“ versorgt und kaum geschlafen. Montag beim überfüllten Kinderarzt gesessen statt auf der Arbeit wo noch Berge von papierkram liegen die dringend erledigt werden müssen. Meinem kleinen ist langweilig und meiner großen auch. Aber zusammen spielen? Undenkbar! Und dann heute morgen: Mama ich geh nicht in die Kita, ich bleib hier und spiele mit meiner Schwester. Oha; ob das mal gut geht? So lange wie es gut geht Ärmel hoch und die Hausarbeit erledigen. Und an manchen Tagen bin ich so platt dass ich in den Keller geh Wäsche waschen, dahin folgt mir keiner, da kann man auch mal weinen. Und dann ist meist alles wieder etwas besser. Wir sind alles nur Menschen. Perfekt gibt es da nicht! Aber wir können gut sein; lieben, lachen und auch mal Schwäche zeigen ❤️

  7. Aufmunternde Worte
    Vielen Dank für diesen Text. Gerade heute war hier auch einer dieser Tage bei uns. Man vergisst immer wieder leider hinter die Fassade zu blicken und wundert sich warum es bei allen Anderen so leicht aussieht. Also danke für die Aufmunterung 🙂

  8. das kann nicht oft genug gesagt werden
    Danke für diesen Text! Er kommt genau richtig! Im Grau-in-Grau des Berliner Winters, zwischen Stiefeln, Mützen, Handschuhen, Jacken und zu jedem Anziehen ein kleiner Kampf… da braucht man solche Texte!
    DANKE!

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