Gastbeitrag von Jasmin: Ich wurde mit 19 Mutter – so habe ich die turbulenten Jahre gemeistert

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„So früh hast Du ein Kind bekommen?“ – „Also wer sich in dem Alter schon schwängern lässt…“ – „Wie – DU bist schon Mutter?“ – „Geplant war das aber nicht, oder? Wenn schon, dann wärst du ja ziemlich blöd gewesen!“



Diese Sätze – und noch viele mehr – gehören zu meinem Alltag. Ich bin 26 Jahre alt und mit 19 Mutter geworden. Tatsächlich war zu dem damaligen Zeitpunkt keine Schwangerschaft geplant. Ich war 18 Jahre alt, als ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt – ich hatte keine Ausbildung, war mit dem Vater recht frisch zusammen und noch gar nicht reif für diese riesige Aufgabe.

Meine Schwangerschaft verlief – gelinde gesagt – blöd. Ich hasste das Schwangersein. Ich hatte von der 10. Woche an Hyperemesis gravidarum – also vermehrte Schwangerschaftsübelkeit und habe bis zur Geburt durchgehend mein Essen erbrochen. Ich hatte unglaubliches Sodbrennen und am Ende tat mir jeder Schritt weh. Dadurch, dass das Kind zu klein und zu zart war, musste ich alle 2 Wochen zum Ultraschall, am Ende wöchentlich. 


Während der Schwangerschaft kam es zwischen meinem Freund und mir zu Handgreiflichkeiten. Naiv wie man mit 18 manchmal ist, hab ich ihm alles verziehen und wir haben es immer wieder miteinander versucht…

Im Dezember 2011 kam meine Tochter nach einer komplizierten Geburt zur Welt. Die kleine Prinzessin musste nach mehrfachem Abfall der Herztöne mit der Saugglocke geholt werden. Sie war blau/lila angelaufen und atmete nicht. Sie wurde mir sofort weggenommen und auf die Kinderstation verlegt. Ich erinnere mich ziemlich gut daran, dass ich all das nicht realisiert habe. Vor allem nicht, dass ich „plötzlich“ Mutter war. 

8 Wochen nach der Geburt stand der Vater meines Kindes vor mir und sagte „So hab ich mir das alles nicht vorgestellt." Dann hat er seine Sachen gepackt und ist gegangen. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen, ich wusste weder ein noch aus. Ich habe dann, vergeblich, um meine „Familie“ gekämpft – allerdings hatte er recht schnell eine neue Freundin (die inzwischen ebenfalls 2 Kinder von ihm hat und nun auch von ihm getrennt lebt). Lange war der Kontakt zwischen meinem Ex und mir schwer, wir waren mehrfach beim Jugendamt. Wir haben uns gegenseitig angeschrien, es flossen Tränen, Vorwürfe waren an der Tagesordnung. Zum Glück haben wir irgendwann die Kurve bekommen, mein Ex sieht unsere Tochter regelmäßig und auch das Verhältnis zwischen ihm und mir könnte man als fast freundschaftlich bezeichnen. 

Kurz nach der Geburt meiner Tochter fing ich an, mir einen neuen Ausbildungsplatz zu suchen – hatte ich meinen Ausbildungsplatz doch geschmissen, kurz bevor ich schwanger wurde. Es war ernüchternd, denn natürlich gibt niemand einer 19-Jährigen im Mutterschutz eine Zusage für einen Ausbildungsplatz.

Zwei Jahre habe ich erfolglos gesucht, dann fing ich einen 450 Euro Job an. Zunächst lief es gut, ich arbeitete mich auf eine unbefristete Teilzeitstelle hoch, nach sechs Monaten bekam ich allerdings die Kündigung. Ich war am Boden zerstört, machte mich aber sofort auf die Suche nach einem neuen Job. Es hat über ein Jahr und viele Vorstellungsgespräche gedauert, bis ich endlich wieder einen hatte.

Inzwischen bin ich im dritten Ausbildungsjahr zur Krankenschwester. Mein jetziger Arbeitgeber war der Einzige, der mir eine Chance gegeben hat. Ich bin so glücklich, denn ich werde sogar übernommen. In wenigen Wochen mache ich mein Examen, stecke mitten in der Vorbereitung dazu. Ich arbeite im Drei-Schicht-System, zu Beginn der Ausbildung habe ich meinen Führerschein gemacht – innerhalb von 2 Monaten ohne Ferien-Crashkurs oder sonst einer Sonderaktion. Meine Zwischenprüfung habe ich letztes Jahr praktisch mit einer Zwei bestanden, mündlich mit vier (!) Einsen. Natürlich ist der Prüfungsstress aktuell relativ heftig und die nächsten Wochen werden hart – das war bei der Zwischenprüfung genauso – aber ich weiß, dass es sich am Ende lohnen wird.

Vor einiger Zeit lernte ich, nach 7 Jahren ohne Partner, meinen Freund kennen und lieben. Und auch wenn er es nicht weiß, habe ich anfangs sehr gezweifelt, ob ich bereit bin, eine neue Beziehung einzugehen – und meiner Tochter einen neuen Mann an meiner Seite zu präsentieren. Aber irgendwie habe ich schnell gespürt, dass er gut zu uns passt. Also dachte ich mir: Wenn meine Tochter ihn mag, dann gebe ich dem Ganzen eine Chance. Ich habe bei beiden direkt mit offenen Karten gespielt. Nachdem die babysittende Oma meiner Tochter erzählte, ich hätte ein Date und wäre deshalb nicht zu Hause und ihr dann auch noch erklärte, was genau ein Date ist, hatte ich auch nicht viel Wahl.

Das Kennenlernen der beiden war dann – spontan – ein paar Tage früher als geplant –  Und was soll ich sagen? Bei ihr war es Liebe auf den ersten Blick (ihm ging es bei der Kleinen übrigens genauso) und inzwischen sind die beiden ein Herz und eine Seele. Ich könnte nicht glücklicher sein!



Wenn mich also jemand heute fragt,  ob ich es nicht bereue, so früh mein Kind bekommen zu habe, dann lächel ich diesen Menschen an und sage ganz klar „Nein, meine Tochter ist das Beste, was mir je passiert ist. Ich möchte keine Sekunde mehr mit ihr missen.“ 
Ich glaube sogar, dass mein Leben sich nicht so positiv entwickelt hätte, wenn ich sie nicht bekommen hätte. Durch sie bin ich schnell reifer und erwachsener geworden. Ich wollte für sie ein gutes Leben.

 Natürlich lag ich in den letzten Jahren mehr als einmal weinend alleine in meinem Bett und habe mich gefragt, wie ich das alles schaffen soll – aber am nächsten Morgen bin ich immer aufgestanden, habe mein Krönchen gerichtet und weiter gemacht. 
Ja, ich bin überall die jüngste Mutter. Ich muss mich oftmals zusammenreißen, nicht die Augen zu verdrehen wenn die, mir inzwischen allzu bekannt, Frage kommt: „WAS? DU bist schon Mama? Ja Mensch, wie alt bist du denn? Und wie alt ist dein Kind?“ Und jedesmal, wenn ich diese Frage beantworte, dann seh ich bei jedem Menschen dieselbe Reaktion: Ein abschätzender Blick, ein anerkennendes Nicken und dann ein wenig Zweifel.

Bei meinem Gespräch zur Übernahme sagte meine Bereichsleitung mir: „Du kannst so stolz auf dich sein. Ich bewundere dich wirklich, wie du das alles meisterst. Das hätte ich nicht erwartet.“ Ich kann gar nicht beschreiben, wie unendlich stolz ich in diesem Moment war. 

Natürlich ist es anstrengend Ausbildung, Kind und neuerdings auch noch eine Beziehung unter einen Hut zu bekommen und sich selbst dabei nicht zu verlieren – aber wir haben doch alle unser Päckchen zu tragen. Bis heute sagt man mir nach, dass ich mich nur habe schwängern lassen um nicht arbeiten zu müssen. Ich verdrehe nur noch die Augen darüber, denn ich bin sehr stolz, auf das was ich ich erreicht habe.  
Ich hoffe, dass meine Geschichte andere junge Mütter motiviert. Wenn ich das schaffe, schafft Ihr das auch! 

Foto:Pixabay

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4 comments

  1. Toll und weiter so
    Hi, ich hab meine Tochter mit 22 bekommen, zu Beginn meines Studiums. Nach 2 Jahren wieder einpendeln und finden, habe ich mein Studium alleinerziehend wieder aufgenommen und nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossen. Seit dem (2009) arbeite ich Vollzeit. Mir wurde kurz nach der Geburt von einem Nordsee-Filialleiter (Schwager einer ehem. Schulfreundin) prognostiziert, dass ich nicht einmal einen 450,-Euro erhalte.
    Ich kenn sie alle diese Blicke, das Zögern und dann die Frage.
    Aber ich habe gekämpft und weiter gemacht. Nachdem Studium habe ich trotz besserer Qualifikation, deutlich schlechtere Jobs als meine Kommilitonen erhalten.

    Heute habe ich eine tolle junge Frau als Tochter, die zur Zeit ein Auslandsjahr verbringt und bald in die Kursstufe kommt. Ich bin sehr glücklich verheiratet, habe tolle Freunde, einen guten Job und bin nicht nur zufrieden, sondern glücklich.

    Wenn jemand sagt, wie toll, dass ich das geschafft habe, ist meine Antwort, was hatte ich denn für eine Wahl?! Und das Studium, war nicht das schwierigste, die Blicke, der Stempel, das sozial ausgegrenzt sein, der Verlust von Freunden, das war „the hardest part“.

  2. Glückwunsch
    Herzlichen Glückwunsch 🙂
    Ich bin mit 18 Mama geworden. Ich habe nie eine Ausgrenzung anderer Mütter erlebt, obwohl ich sehr jung aussah. Im Gegenteil, gerade ältere Omis waren immer total begeistert von meinem Sohn. Ich bin 4 Tage nach meinem Kaiserschnitt wieder zur Uni gegangen, dadurch war ich zu den typischen Hausfrauenzeiten morgens um 10 eben nicht auf dem Spielplatz. Aber die sozialen Kontakte kamen dann eben beim Babyschwimmen um 16 Uhr, man muss eben auch auf die anderen zugehen, gerade wenn man in seinem Freundeskreis die einzige mit Kind ist.
    Auch wenn mein Mann gerade 20 war und wir im 1. bzw. 2. Semester unseres Studiums, konnten wir uns durch zwei 450€ Jobs von mir und meinem Mann, 3x Kindergeld (da wir ja alle drei unter 25 waren) und das erste Jahr 300€ Elterngeld sehr gut finanzieren, sogar Rücklagen für Haus und Auto bilden. Als unser Sohn 1,5 war, machten wir beide unseren Bachelor, bei mir deutlich unter Regelstudienzeit. Mein Mann fing direkt in einem sehr, sehr gut bezahlten Job (da herausragende Noten in einem Mangelstudienfach) mit kinderfreundlichen Arbeitsbedingungen an. Dadurch konnte ich mich voll und ganz auf Studium, Kind 1 – und die nun wachsende Kugel konzentrieren – Kind 2 war, geplant, unterwegs. Meinen Master hatte ich dann nach 3 Semester in der Tasche und im Referendariat kamen beide dann in die Kita, was ihnen sehr gut tat. Nun bin ich verbeamtet, mein Mann in Führungsposition, wir haben geregelte 40h Wochen, wir haben ein Haus gekauft, machen mehrere größere Urlaube im Jahr, Kind 3 hängt gerade an der Brust und Kind Nr.4 erwarten wir im Dezember.
    Wir sind jetzt 26 und 28 und haben die letzten Jahre auf der Überholpur gelebt. Ich will nicht sagen, dass ich stolz darauf bin, nie auch nur einen Cent außerhalb von Kinder- und Elterngeld an Sozialleistungen in Anspruch genommen zu haben – denn ich hätte es gern erhalten, wir hatten nur keinen Anspruch drauf. Aber ich finde es immer falsch zu sagen, dass junge Eltern nicht für ihr Kind sorgen können. Ich weiß, was man als junge werdene Mama für Zukunftsängste hat, aber ich weiß auch, dass ein Kind als Teenager ganz sicher nicht das Ende der Welt bedeutet sondern in erster Linie ganz viel Liebe. Wer eine stabile Partnerschaft hat und den Ehrgeiz, etwas aus sich und seinem Leben zu machen, der hat nicht trotz, sondern wegen seinem (ungeplanten) Wunder ein tolles Leben. Ein Kind ist keine Ausrede, kein Hindernis sondern in erster Linie eine Bereicherung (wobei ich hier ganz sicher nicht empfehlen will, sich als Teenager schwängern zu lassen. Es war und ist viel harte Arbeit und wären wir nicht sehr ehrzeig gewesen, sähe unser Leben jetzt nicht so gut aus. Aber wenn man schwanger ist, gibt es genügend Möglichkeiten, sein Leben schön zu gestalten, ohne das Kind abzutreiben.)

  3. Mir ging/geht es ähnlich
    Deine Geschichte erinnert mich doch sehr an meine. Ich habe bloß Gott sei Dank schon nach einem Jahr Elternzeit damals meine Bankausbildung gefunden und als beste vorzeitig abgeschlossen. Heute bin ich 27, mein Sohn 7, meine Tochter grade 3 und ich bin wieder schwanger. Seit 6 Jahren kenne ich meinen Ehemann und seit 4 Jahren sind wir verheiratet.
    Ich bekomme auch ständig diese nervigen Kommentare und hatte lange dran zu knabbern, das man von den älteren Muttis ausgeschlossen wird.
    Aber ich denke, dass viele junge Mütter alles für ihre Kinder geben und kämpfen… Leider hat die Gesellschaft oft ein falsches Bild von uns.
    Viel Glück bei deinen Prüfungen.

  4. Respekt
    Oh ja du kannst wirklich stolz auf dich sein! Und lass dir bloß niemals einreden, dass du weniger (mütterliche) Kompetenzen hast als die älteren Mütter! Mein Mutter hat mich damals auch mit 18 bekommen und ich kann jeden beruhigen – als Kind fällt es einem garnicht auf, dass die eigene Mutter so viel jünger ist und evtl. weniger Geld hat. Das waren nie Umstände, unter denen ich gelitten hatte, weil es trotzdem unheimlich viel Liebe und Förderung gab. Das einzige, was genervt hat, waren die abschätzigen Meinungen anderer. Aber auch Kinder von „Teenager-Mums“ können ein erfolgreiches Leben führen – heute habe ich selbst zwei Kinder, einen Mann und sogar einen Doktortitel. Und meine Mutter hat damals, nachdem sie noch ein zweites Kind bekommen und sich von unserem Vater getrennt hat, sogar noch ihr Studium abgeschlossen und ist heute eine Frau in Führungsposition. Man weiß nie, wie sich das Leben so entwickelt 😉

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