Liebe Alina, deine Tochter kam vor fünf Jahren blind zur Welt. Gab es irgendwelche Anzeichen darauf in der Schwangerschaft?
Nein, während der Schwangerschaft mit meiner Tochter Hannah gab es keine Anzeichen dafür, dass sie blind zur Welt kommen wird. Sie kam als süßes, dickes Baby 11 Tage nach ET auf die Welt.
Wie wurde die Blindheit dann festgestellt?
Eine sichere Diagnose haben wir bekommen, als Hannah 10 Wochen alt war. Als Erstes ist tatsächlich meiner Mutter aufgefallen. Sie bemerkte, dass Hannah nie Blickkontakt suchte, wenn ich sie stillte und sowieso nur ganz selten die Augen öffnete. Für mich war das erstmal nicht weiter beunruhigend.
Wir haben es dann aber bei der nächsten U-Untersuchung angesprochen. Dort hat sich gezeigt, dass ihre Pupillen nicht auf Licht reagierten. Zwei Wochen später beim Augenarzt gab es das selbe Ergebnis. Dann sind wir nochmal zu einem Spezialisten, der bestätigt hat, dass unsere Tochter blind ist.
Wie hast du dich zum Zeitpunkt der Diagnose gefühlt?
Um ehrlich zu sein, habe ich mich schon nach dem ersten Verdachtsmoment mit dem Gedanken angefreundet, eventuell ein blindes Kind zu haben. Deswegen hat es mich dann auch gar nicht mehr sooooo geschockt, als es dann bestätigt wurde.
Natürlich war ich auch oft traurig und habe geweint. Das passiert mir auch heute manchmal noch. Aber dann sehe ich, wie toll meine Tochter ihren Alltag meistert und was sie für ein unglaublich fröhliches und glückliches Mädchen ist.
Wie geht es deiner Tochter heute?
Hannah hat mit knapp 6 Monaten Frühförderung bekommen und wir mussten einmal die Woche zur Physiotherapie. Mit 1 konnte sie krabbeln und mit 2 dann alleine ohne Unterstützung laufen. Aufgrund ihrer Blindheit hat sie Probleme, Dinge die sie nicht kennt, anzufassen. So kann sie bis heute weder Sand noch Knete anfassen.
Auch was das Essen angeht, hat sie Schwierigkeiten Neues auszuprobieren. Sie hat auch Probleme mit lauten, umbekannten Geräuschen. Da kann sie einfach nicht filtern, wo sie herkommen.
Ansonsten ist sie ein ganz normales 5-jähriges Mädchen. Sie liebt Puppen, spielt gerne mit ihren Barbies und hört Hörspiele. Seit Sommer 2019 geht sie in einen regulären Kindergarten, hat dort viele Freunde gefunden und fühlt sich super wohl. Dazu muss ich sagen, dass sich die Suche nach einem Kindergarten als sehr schwierig erwiesen hat. Alle Kindergärten, die für uns in Frage gekommen wären, sahen sich der Aufgabe leider nicht gewachsen, Hannah zu betreuen. Bis auf den einen, in dem sie nun ist.
Jetzt ist sie ja in einem Alter, in dem sie durchaus versteht, dass sie blind ist. Wie besprecht Ihr das Thema?
Hannah weiß zwar, dass sie blind ist, das sagt sie auch immer wieder von sich selbst. Aber der ganzen Tragweite ist sie sich noch nicht bewusst. So versteht sie zum Beispiel nicht, dass sie auch als Erwachsene noch blind sein wird. Oder dass sie ihr Leben lang einen Langstock benutzen muss.
Gab es von außen schon mal blöde Bemerkungen oder Vorurteile?
Wir haben bisher Gott sei Dank nur gute Erfahrungen gemacht. Natürlich haben viele Menschen Mitleid und denken, dass Hannah unter ihrer Blindheit leidet. Aber wer Hannah kennt weiß, dass das definitiv nicht der Fall ist.
Auch Vorurteile, dass sie für immer bei uns wohnen muss und niemals ein selbstständiges Leben führen wird, stimmen einfach nicht. Ich und mein Mann werden alles dafür tun, dass unsere Tochter so selbstständig wie möglich wird.
Müsst Ihr auf irgendwas im Alltag besonders achten?
In unserem Alltag müssen wir eigentlich alles verbal begleiten. Zum Beispiel, wenn etwas im Weg liegt, sie ihren Pullover falsch herum angezogen hat oder beim spazieren gehen Menschen entgegen kommen. Wir müssen quasi Hannahs Augen sein.
Was wünscht du dir für deine Tochter?
Für Hannah wünsche ich mir, dass sie ihr Leben genießt. Ich wünsche ihr Mut, um all die Dinge zu erreichen, die sie sich vornimmt. Freunde, die es ehrlich mit ihr meinen. Und vor allem ganz viel Vertrauen in sich selbst!
Ich als ihre Mama weiß, dass sie ganz viele Dinge schaffen wird. Dass sie stark genug ist, auch mal Niederlagen einzustecken. Und ich wünsche mir, dass sie das sieht und sich dessen immer sicher sein wird.