Unsere Tochter ist blind: Update von Hannah kurz vor Schulstart

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Ihr Lieben, so schön, dass wir einige Familien über eine längere Zeit begleiten dürfen. Da wir wissen, dass es euch auch immer interessiert, wie es gewissen Eltern und Kindern geht, fragen wir diese immer mal wieder nach Update-Interviews. Über Alina und Hannah haben wir vor einem Jahr berichtet, Hannah kam blind zur Welt. HIER könnt ihr das erste Interview nachlesen. Nun gibt es Neuigkeiten:

Liebe Alina, vor einem Jahr haben wir hier schon mal über dich und deine Tochter Hannah berichtet, die seit der Geburt blind ist. Nun stehen große Veränderungen an, Hannah wird eingeschult. Für welche Schule habt ihr euch entschieden?

Richtig, diesen Sommer ist es endlich so weit. Hannah wird eingeschult! Ab August wird sie auf eine Schule für Blinde und Sehbehinderte gehen. Mit ihr werden 9 weitere Kinder mit verschiedenen Sehbeeinträchtigungen unterrichtet. Vorab haben mein Mann und ich uns die wohnortnahe Grundschule angeschaut und einige Gespräche mit der Schulleitung geführt. Wir sind dann letztendlich zum Entschluss gekommen, dass es für die mindestens ersten 2 Jahre sinnvoll ist, Hannah auf die Blindenschule zu schicken. Dort kann sie quasi mit „Profis“ die Blindenschrift lernen und den richtigen Umgang mit ihrem Langstock. (wobei sie das schon macht wie ein Profi 😉

Da Hannah eh große Probleme mit Lautstärke hat, bin ich der Übezeugung, dass das die richtige Entscheidung ist. Wir hatten zum Glück das große Glück, dass Hannah schon seit letztem Sommer einmal die Woche die dortige Vorklasse besuchen durfte und so schon ein bisschen „Schulluft“ schnuppern durfte. Auserdem konnte sie sich so schon an die anderthalb Stündige Anfahrt mit dem Taxi gewöhnen.

Wie hat sich Hannah im letzten Kitajahr entwickelt?

Hannah ist auf jeden Fall selbstbewusster geworden und ein bisschen frecher. Sie kann verdammt gut diskutiern und weiß, wie sie wen um den Finger wickeln kann. Sie traut sich viel mehr Dinge. Am liebsten spielt sie mit ihren Schleichtieren, rechnet unheimlich gerne und kann jetzt sogar im Garten Roller fahren.

Ihre „Herzensfreundin“ oder ihren Herzensfreund hat sie leider noch nicht gefunden. Sie ist zwar sehr beliebt in der Kita, aber Verabredungen schlägt sie meistens aus. Sie selbst sagt, es sei ihr zu anstrengend. Ich glaube, da kommt ihre Blindheit doch ein bisschen zum tragen. Hannah spielt anders. Oft kann sie den Handlungen der anderen Kinder nicht folgen und verliert so dann schnell das Interesse. Für sich allein, hat sie ihre eigene Fantasie, muss nichts weiter erklären und kann ihr Ding machen. Aber das ist okay.

Hannah hatte ja Probleme, Unbekanntes anzufassen oder zu essen. Gibt es hier eine Veränderung?

Nein, leider gibt es in diesen Bereichen keine große Veränderung. Sie probiert zwar öfter mal was neues, bleibt aber doch lieber beim bekannten.

Hannah leidet nicht unter ihrer Blindheit, hast du im letzten Interview gesagt. Würdest du das heute wieder so sagen?

Leiden wäre das falsche Wort. Es nervt und frustriert sie immer öfter. Sie selbst sagt von sich, dass sie gar nicht blind wäre. Sie kommt jetzt in ein Alter, oder ist sogar schon mittendrin, in dem sie merkt, dass sie doch ein wenig „anders“ ist und einige Dinge nicht so kann wie die anderen Kinder in ihrem Alter.

Mir als Mutter bricht es manchmal das Herz, wenn sie einfach nicht so kann wie sie gerne will. Aber mein Mann und ich und eigentlich unsere ganzen Familie geben uns die größe Mühe, ihr alles zu ermöglichen und ihr Mut zu machen. Ich glaube, für uns als Eltern ist es oft schwieriger zu wissen, wie viele schöne Dinge dieser Welt, Hannah niemals sehen wird. Sehen wir aber dann, was für ein unfassbar zufriedenes und glückliches Mädchen Hannah ist, und wie toll sie ihr Leben meistert, verschwindet der Wehmut ganz schnell wieder.

Und wie heißt es so schön im „Kleinen Prinz“: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Auf was freut sich Hannah in der Schule am meisten?

Hannah freut sich am meisten auf die Taxifahrt. Weil sie währenddessen so schön mit dem Fahrer quatschen kann. 🙂 Und tatsächlich aufs frühe Aufstehen.

Gab es etwas im letzten Jahr, das euch als Familie besonders gefordert hat?

Etwas bestimmtes gab es nicht. Die letzten 2 Pandemiejahre waren sehr fordernd. Wie wahrscheinlich für so viele Familien. Die ständigen Kita Schließungen, die vielen Be- und Einschränkungen.

Das war schon sehr anstrengend. Umso schöner ist es, dass jetzt vieles wieder normal läuft. Wir ein wunderbares Abschlussfest in der Kita feiern konnten und wieder unbeschwerter leben könne.

Was wünscht du Hannah für den Schulstart?

Ich wünsche mir für Hannah, dass der „Ernst des Lebens“ nicht allzu früh zuschlägt. Dass sie Spaß am lernen hat, viele tolle Kinder und Mitschüler kennelernt. Ich wünsche ihr, dass sie ihren Platz an der Schule findet, sich wohlfühlt und hoffentlich so ein glückliches Mädchen bleibt. Außerdem natürlich immer nette Busfahrer, denen sie morgens schon einen Knopf an die Backe quasseln kann.  🙂

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2 comments

  1. Hallo liebe Alina! Toll, dass ihr Hannah in ein Förderzentrum einschult. Ich bin selbst Blinden- und Sehbehindertenpädagogin und arbeite aus Überzeugung und mit Leidenschaft in der Inklusion. Allerdings funktioniert die inklusive Beschulung sehbehinderter Kinder nur erfolgreich, solange die Kids noch Schwarzschrift lernen können. Sobald Braille ins Spiel kommt, kommt die Inklusion systembedingt an ihre Grenzen. Sobald die Technik sicher beherrscht und die ganzen Spezialschriften und Kurzschriften erlernt wurden, ist ein Wechsel in die Inklusion aber gut machbar.

    Ich wünsche Hannah einen wunderbaren Schulstart und euch als Familie alles Liebe.

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