In der Nacht von Montag auf Dienstag wachte meine kleinste Tochter auf, ich ging an ihr Bett und hob sie heraus. Innerhalb einer Sekunde war mir klar, dass sie Fieber hat. Ich setzte mich mit ihr aufs Bett, seufzte und ging in Gedanken die nächste Woche durch. So viele Termine, so viele Abgaben – und nun ein krankes Kind. Mist, Mist, Mist ist das, dachte ich. Und da, mitten im Dunkel wurde mir mal wieder bewusst, wie wackelig mein System ist.
Es gibt Wochen, da läuft alles wie am Schnürchen, da bin ich richtig stolz auf uns und mich und denke: Das hat sich echt super eingegroovt. Dann habe ich am Vormittag genug Zeit, meine Arbeit zu machen und bin entspannt, wenn ich die Kinder am Nachmittag hole. Dann kann ich das Handy weglegen und mich voll auf sie konzentrieren, weil mein Kopf nicht die ganze Zeit an die unbearbeiteten Mails denkt.
Und dann werden die Kinder krank und alles sieht ganz anders aus. Ich quetsche die Arbeit in den Mittagsschlaf oder telefoniere, wenn die Kinder vor dem Fernseher sitzen. Ich verfasse Entschuldigungs-Mails an Kunden, habe Lisa ein schlechtes Gewissen gegenüber, weil ich meine Arbeit nicht schaffe und sie deshalb mehr machen muss. Ich habe nonstop das Handy in der Hand und versuche schnell noch, übers Handy Mails zu beantworten, während ich mit dem kranken Kind Bücher angucke. Ich bin gestresst, genervt und muss abends oft noch an den Schreibtisch. Was ich dann allerdings schaffe, kann ich am nächsten Morgen oft wieder wegschmeißen, weil mein müder Kopf einfach keine gute Arbeit geleistet hat.
Gestern und vorgestern zu Beispiel fühlte ich mich wie mit einem Neugeborenen, meine 2-Jährige wollte die ganze Zeit auf meinen Arm und getragen werden – an Arbeit ist da nicht zu denken. Der Mann konnte mich nicht entlasten – denn er lag selbst mit Fieber im Bett. Unsere Babysitterin ist auf Klassenfahrt und die Oma wohnt in Bayern. Das sind dann die Tage, an denen ich echt mit mir kämpfe – auf der einen Seite will ich mich so gut wie möglich um das kranke Kind kümmern. Kranke Kinder brauchen Liebe, Geborgenheit und Nähe – Eltern, die ihre Kinder, die trotz Fieber und schlimmen Husten – in die Kita bringen – kann und werde ich nicht verstehen. Nichts – auch keine Arbeit – ist wichtiger, als dass meine Kids sich in Ruhe auskrurieren können.
Und dennoch kann ich nicht abstreiten, dass sich meine innere Stimme immer wieder meldet und sagt: So ein Mist. Das passt mir alles so gar nicht hier. Ich habe dann ein mulmiges Gefühl, wenn ich die anderen Kinder wecke und denke mir: "Bitte krieg du nicht auch noch Fieber." Ich zucke dann bei jedem Niesen zusammen, weil ich befürchte, einer nach dem anderen könnte nun krank werden.
Lisa schrieb einmal in einem Blogpost: Nicht die kranken Kinder nerven, sondern die Unberechenbarkeit.
Als Selbstständige bedeutet für mich Nicht-Arbeit gleich Verdienstausfall. Immer, wenn ich einen Auftrag annehme, habe ich im Hinterkopf, ob ich den auch schaffe, falls uns ein gemeiner Virus erwischt. So sehr ich die Freiheiten der Selbstständigkeit liebe – in Festanstellung war Krank-sein doch wesentlich weniger belastend für mich.
Und weil ich den Artikel nicht mit Gejammer abschließen möchte: In den letzten Tagen habe ich so viel mit der Kleinsten gekuschelt wie schon seit einer Ewigkeit nicht mehr. Die Tage waren zwar ganz schön lang, aber auch unheimlich entschleunigend. Wir haben Tonnen von Büchern angeschaut, gesungen und Peppa Wutz auf dem Sofa angeschaut (siehe Foto). Und ich weiß die Wochen, in denen einfach alles wie geschmiert läuft, wieder ein Stück mehr zu schätzen…
2 comments
Gruß einer Angestellten
Wir haben gerade die Kleine mit „Kind krank“ zu Hause. Der Papa ist die drei Tage zu Hause geblieben; mal schauen, wie es ihr nach dem Wochenende geht. Natürlich habe ich als Angestellte auch Tage, wo mir sowas gar nicht in den Kram passt, aber ich arbeite in einem Team, wo andere das ganz gut abfedern können. Bei euch ist das wirklich grad übel, wenn der Papa auch krank ist, weil dann ja wirklich gar keine Zeit bleibt zum Arbeiten.
Ähnliche Woche
Eine ähnliche Woche neigt sich hier dem Ende zu. Das schlechte Gewissen ist omnipräsent. Dem Chef gegenüber weil man ausfällt, den Kindern gegenüber weil man mit dem Kopf doch halb im Büro ist und oft schnell genervt und gereizt…
Aber kranke Kinder gehören nach Hause und dann muss man das si eben hinnehmen. Das schlechte Gewissen bleibt aber immer.