Lungenembolie statt Wochenbett: Sandras Brief von der Intensivstation

Lungenembolie

Ihr Lieben, was unsere Leserin Sandra gerade im Wochenbett erlebt, ist wirklich der Horror. Sie hatte eine Lungenembolie und hat uns diesen Bericht von der Intensivstation geschickt. Zum Glück geht es ihr jeden Tag ein bisschen besser und wir wünschen ihr alles Liebe und dass sie ganz, ganz bald nach Hause kommt!

Ihr kennt es ja vermutlich selbst: Eigentlich stellt man sich das Wochenbett als kuschelige Zeit mit dem Neugeborenen vor, in der alles nach Baby riecht und man auf rosa roten Wolken schwebt. Dass das natürlich nur eine Fantasie ist und die meisten Frauen im Wochenbett von Hormonschwankungen und Stillproblemen geplagt werden, betonen wir hier ja immer wieder (weil es einfach wichtig ist zu wissen, dass es NORMAL ist, wenn das Wochenbett auch mal richtig blöd ist). Das ist aber alles nichts gegen Sandras Geschichte. Hier kommt ihr Brief.


„Mein Name ist Sandra (37 J.) und zusammen mit meinem Mann (auch 37 J.) haben wir beide vier wunderbare, kleine Jungs (7J./6J./ 3J. und drei Wochen), die unser Leben bunter, wilder, anstrengender und herausfordernder machen, als wir uns es je hätten vorstellen können. Wir leben in einem älteren Häuschen mit Garten mit einem wuscheligen, verrückten Hund und einer noch verrückteren Katze. Villa Kunterbunt at its best sozusagen.

Die Schwangerschaften verliefen alle leicht und ohne Komplikationen, die Geburten waren immer recht rasant in der Geburtsbadewanne vom Krankenhaus, selbstbestimmt mit tollen Hebammen und meinen Mann an der Seite, der mich super unterstützt hat.

Nach den Geburten war ich schnell wieder fit, habe dank Nachsorgehebamme das ein oder andere Stillproblem besiegt und mit meinem Mann in Elternzeit den Familientrubel gemeistert. Wir sind immer wieder in neuer, größerer Konstellation als Familie zusammengewachsen.

Das vierte Wochenbett war ganz anders als die anderen

Bei unserem Jüngsten, der gerade mal drei Wochen alt ist, sah die Welt auf einmal allerdings ganz anders aus…

Von Beginn an bereitete mir das Stillen starke Schmerzen. Die Schwestern im Krankenhaus, meine Nachsorgehebamme, Kinderarzt und Osteopath standen mir zur Seite, besser wurde es allerdings nicht. Nachdem ich drei Tage zu Hause war, bekam ich direkt eine schlimme Brustentzündung, die mich lange ans Bett fesselte.

Auch als sie ausgestanden war, fühlte ich mich nicht wesentlich besser. Da die Kids jetzt in der kalten Jahreszeit immer mal wieder mit Schnoddernase, Husten oder auch Fieber nach Hause kamen, dachten wir, ich hätte auch einen kleinen Infekt. Mein Mann, der in Elternzeit ist, nahm mir mit Hilfe unserer lieben Familien die komplette Betreuung der Kinder, die Hausarbeit und Versorgung der Tiere ab, sodass ich mit unserem Baby weiter im Bett lag, kuschelte, am stillen arbeitete und mich viel ausruhte.

Im Krankenhaus bestätigte sich die Lungenembolie

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Abends war mir oft sehr kalt, es schüttelte mich, dann kippte es wieder und ich schwitze viel. Ich dachte, hormonbedingt ganz normal im Wochenbett. Als ich allerdings beim Treppensteigen keine Luft mehr bekam und auch im Ruhezustand kaum atmen konnte, rief mein Mann am Abend noch den Rettungswagen.

Da die Krankenhäuser vor Ort belegt waren, landete ich in der nächst größeren Stadt mit freiem Intensivbett. Nach der Computertomografie wurde der Verdacht auf Lungenembolie und Lungenentzündung bestätigt. In beiden Lungenflügeln hatten sich große Blutgerinnsel gebildet und noch in der Nacht wurde mir im Herzkatheter-Labor dank eines neuartigen Eingriffes durch die Leisten in beide Lungenflügel Katheter gelegt, über die Schallwellen und Medikamente zum Abbau der Gerinnsel laufen.

Das Gefühl, von meinem gerade wenige Wochen alte Baby getrennt zu sein, das ich voll stille und die Option sterben zu können, falls die Thrombosen sich nicht lösen oder starke Blutungen beim Eingriff auftauchen, ist kaum zu beschreiben. Gerade noch ein neues Leben zur Welt gebracht und nun entscheidet es sich, ob ich das kleine Wesen begleiten darf oder meinen Mann alleine mit vier Kindern lasse…

Ich habe überlebt und bin dankbar

Dies ist nun wenige Tage her und nach wie vor liege ich auf der Intensivstation im Krankenhaus, kämpfe noch gegen die schwere Lungenentzündung, aber Lebensgefahr besteht aktuell nicht mehr. Es gibt gute und schlechte Tage, an mein Baby darf ich nicht zu viel denken, sonst höre ich nicht auf zu weinen.

Ich pumpe mit Hilfe des Pflegepersonals Muttermilch ab und hoffe, dass mir die morgige Bluttransfusion, die Inhalationen und Atemübungen Kraft geben werden und ich bald wieder zu Hause sein darf. Den ersten Advent mit meiner Familie habe ich verpasst.

Der Papa übernimmt trotz großer Ängste um mich mit Herzblut alle Aufgaben, schläft mit unserem Baby, trägt es im Tuch, kümmert sich um unsere beiden Grundschul- und unser Kindergartenkind. Unsere Familie, Freunde, Nachbarschaft, aber auch Bekannte – sie alle nehmen Anteil an unserer Situation, bieten Hilfe an, sind in vielfältiger Weise für uns da und zeigen uns in was für einer wunderbaren und liebevollen Gemeinschaft wir leben!

Und ich versuche mir immer wieder zu sagen: Auch wenn ich noch einige Zeit im Krankenhaus bleiben und die Tränen immer mal wieder über meine Wangen laufen, so habe ich doch überlebt und bin dankbar von so viel Liebe umgeben zu sein!

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3 comments

  1. Hallo! das tut mir so leid, ich kann es gar nicht in Worte fassen. es sind gar nicht Mal wenige Frauen, denen das passiert. Vor 3 Jahren ging es mir genauso. mit einem Unterschied: ich hatte mein Baby in der Notaufnahme bei mir und bin per Zufall an einen Oberarzt geraten, der durchgeboxt hat, dass das Baby mit auf Intensiv durfte.
    du brauchst jetzt alle Kraft. aber du schaffst das. Gib deinem Körper Zeit. und wenn du dich austauschen magst- es gibt bei FB tolle Gruppen oder du kannst mir gerne schreiben.

  2. Liebe Autorin, ich wünsche Dir alles, alles Gute, dass Du wieder ganz gesund wirst und das Leben mit Deiner Familie genießen kannst! Ich habe 2 Kinder und bei mir lief die 2. Geburt aus dem Ruder, verwachsene Plazenta, Uterus Atonie, erheblicher Blutverlust. Als ich im Kreissaal meine neugeborene Tochter nach dem ersten Stillen aus dem Arm geben musste (zum Glück in die Arme meines Mannes), weil ich in den OP geschoben werden musste zur Not- OP, hat es mich fast zerrissen. Es war schrecklich. Dabei hatten alle Angst um mich, das habe ich gar nicht gemerkt. Das Bewusstsein dafür kam später, als alles überstanden war. Wenn ich nachts nach dem Stillen wach war, fing ich an zu grübeln, was alles hätte passieren können. Ich habe da oft lautlos geweint. Wenn mich jemand gefragt hat, wie es mir geht, habe ich immer gesagt, es geht, einschlafen geht, ich darf nur nicht aufwachen. Das Ganze ist jetzt über 9 Jahre her und es wurde schon nach ein paar Monaten besser. Vor allem Gespräche mit meinem Mann haben mir geholfen. Ich wünsche Dir alles Gute und eine schöne Weihnachtszeit!

  3. Liebe Sandra,
    mich hat dein Bericht und deine Worte sehr berührt, denn ich habe Ähnliches erlebt.
    Während meiner letzten Schwangerschaft wurde eine Lungenembolie festgestellt, zum Glück rechtzeitig, so dass mein Baby und ich überlebt haben.
    Unter großen medizinischen Vorbereitungen wurde die Geburt – geplant, leider mit Komplikationen für mich, so dass ich die erste Zeit auch nicht bei meinem Baby sein konnte.
    Ich kenne das Gefühl von Todesangst und Sorgen, dass die Familie ohne mich auskommen muss. Man muss aufpassen, dass einen diese Gedanken nicht zu sehr nach unten ziehen.. Mir haben Menschen, wie meine Schwester geholfen, die mich abgelenkt und auf andere Dinge gebracht haben.
    Ich möchte dir Mut machen, du schaffst das! Und ich drücke dir ganz doll die Daumen, dass du bald wieder bei deiner Familie sein darfst!
    Alles Liebe, Bo

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