Mein Kind kommt in die Schule! Was wir als Eltern beachten sollten

Viola Herrmann

Ihr Lieben, die Sommerferien sind ja nicht nur eine Zeit der Erhoung, sondern für viele auch eine Zeit der Umstellung, der Abschiede und Neuanfänge. Dann zum Beispiel, wenn die Kitazeit vorbei ist und nun bald die Schule anfangen wird. Da sind nicht nur die Kinder aufgeregt (verständlich!), sondern auch die Erwachsenen (ebenso verständlich!). Schön, wenn wir da einige Tipps mit an die Hand bekommen, von Menschen wie Viola, die nicht nur selbst vier Kinder hat, sondern auch Grundschullehrerin ist und das Buch Mein Kind wird Schulkind. Was Eltern zum Schulbeginn wissen müssen. Insider Tipps einer Lehrerin und Mutter. (Affiliate Link) geschrieben hat.

Liebe Viola, wenn Eltern eines wollen, dann ist es, dass es ihrem Kind gut gehen möge. Wie können wir ihm einen sanften Start in die Schulzeit ermöglichen?

Indem wir unser Kind stärken und ihm das Gefühl geben, jederzeit liebevoll an seiner Seite zu stehen. Natürlich sind dafür auch die Jahre vor dem Schulstart entscheidend. Unser Kind sollte sich seiner Stärken bewusst sein und mit Freude und Zuversicht seine Schullaufbahn beginnen. Eltern können ihr Kind dabei unterstützen, indem sie im Vorfeld eventuelle Sorgen gemeinsam besprechen und dem Kind versichern, dass sie fest an seine Fähigkeiten glauben. Ebenso gibt es tolle Bücher, die Kindern den neuen Lebensabschnitt Schule erklären und die Vorfreude auf die Einschulung wecken.

Zudem sollten Eltern gerade zu Beginn der Schulzeit keine Erwartungen an das Kind formulieren oder Druck ausüben. Kinder brauchen Zeit, um sich in ihrem neuen Umfeld zu orientieren und einzuleben. Diese Herausforderungen müssen Kinder in den ersten Wochen und Monaten für sich bewältigen. Zusätzlicher Druck von außen blockiert da nur.

ViolaHerrmannmitBuch

Du bist Grundschullehrerin, hast aber auch selbst vier Kinder. Ist die Einschulung für jedes Kind nicht ganz individuell besonders?

Ja, absolut. Jede Einschulung ist emotional, denn auch ich als Mama muss mein Kind loslassen. Ich muss akzeptieren, dass mein Kind neue Wege beschreitet und sich meine Rolle als Mutter Schritt für Schritt verändern wird. Das fällt Müttern wie Vätern oft schwer, denn man fragt sich unweigerlich, wo die Zeit geblieben ist. Gefühlt wurde der Nachwuchs doch gerade erst entbunden – und schon steht er vor einem mit einer Schultasche auf dem Rücken.

Der erste große Lebensabschnitt ist nun vorbei und ein neuer beginnt. Von daher ist die Einschulung sicher für jede Familie ein emotionales und einschneidendes Ereignis.

Wie können Eltern ihre Kinder jetzt in den Ferien auf den ersten Schultag vorbereiten?

Mein liebster Tipp ist tatsächlich: Geht mit euren Kindern draußen spielen! Wer schaukeln kann, wird Subtraktion leichter verstehen. Wer mutig in die Höhe klettert, wird Perspektiven besser einordnen können. Es gibt unzählige Beispiele dafür, wie wichtig kreatives Spiel im Freien ist. Somit ist jeder Spielplatzbesuch ein kleines Puzzleteil im großen Ganzen, das später zum Schulerfolg beiträgt. Versucht doch mal, euer Kind zu neuen Spielen oder anderen Klettergeräten zu animieren. Dabei lernen Kinder oft viel mehr, als wir Erwachsene wahrnehmen können.

Wer gerne mit seinem Kind konkrete Lerninhalte üben will, dem empfehle ich einen gemeinsamen Besuch im örtlichen Buchladen. Übungsmaterialien sollten auf jeden Fall mit dem Kind zusammen gekauft werden, damit es das Heft anfassen, anschauen und durchblättern kann. Schließlich wird es die Aufgabe des zukünftigen Schulkindes sein, die Seiten mit Leben zu füllen. Und das geht viel leichter, wenn das Übungsheft Spaß macht und das Kind durch sein Layout motiviert.

Und wenn der große Tag gekommen ist. Was sollten wir beachten?

Das Schulkind sollte im Mittelpunkt stehen und nicht die Feier. Viele Eltern sind sehr darauf bedacht, ein großes Fest für die Freunde und Familie abzuhalten. Das ist natürlich gut gemeint, doch häufig arten die Vorbereitungen in Stress aus und der große Tag kann gar nicht richtig genossen werden.

Dabei ist es viel wichtiger, geistig und emotional bei seinem Schulanfänger zu sein, der diesen Tag nie vergessen wird. Wirklich Anteil zu nehmen an dem Moment, in dem der Name des eigenen Kindes erklingt, es die Stufen auf die Bühne hinaufeilt und mit einem großen Strahlen im Gesicht von seiner KlassenlehrerIn begrüßt wird. Das ist viel wichtiger als die tollste Dekoration oder die größte Foto-Torte bei der anschließenden Feier präsentieren zu können.

Falls ich ein recht schüchternes Kind habe, sollte ich dieses nochmal ganz besonders vorbereiten und bestärken?

Auf jeden Fall. Bei sehr schüchternen Kindern empfehle ich Eltern zudem, vorher Kontakt zum KlassenlehrerIn zu suchen und mit ihm/ihr über das Verhalten des Kindes und die damit verbundenen Ängste zu sprechen. Einige Kinder sind eher laut und forsch, andere leise und zurückhaltend. Das ist in einer Schulklasse mit durchschnittlich 26 Kindern ganz normal und kein Lehrer wird solch ein Elterngespräch als merkwürdig empfinden. Im Gegenteil. In einem direkten Gespräch können Eltern ihre Sorgen darlegen und der Lehrer kann sich bereits zum Schulanfang individueller auf dieses Kind einstellen. Das ist ein Vorteil für beide Seiten.

Häufig bestätigen sich Befürchtungen der Eltern bzgl. bestimmter Verhaltensweisen ihrer Kinder in der Unterrichtspraxis übrigens nicht. Einige Kinder blühen nach einigen Wochen in der ersten Klasse regelrecht auf. Sie merken, dass ihnen neue Dinge zugetraut werden und sie diese Herausforderungen meistern können. Dadurch erfährt ihr Selbstbewusstsein einen großen Schub und sie wachsen kontinuierlich an ihren Anforderungen.

Um diese positive Entwicklung konstant und sicher leiten zu können, sollten weiterhin regelmäßig Gespräche mit dem Klassenlehrer geführt werden. So wird gewährleistet, dass das Kind sich souverän in seinem Umfeld bewegt und seine Schüchternheit Schritt für Schritt überwindet.

Schulkind
Viola Herrmann: Mein Kind wird Schulkind. Was Eltern zum Schulbeginn wissen müssen. Insider Tipps einer Lehrerin und Mutter.

Was, wenn ich selbst vielleicht früher nicht ganz so gute Erfahrungen mit der Schule gemacht habe… sollte ich das thematisieren oder auf keinen Fall?

Nein, bitte lasst euer Kind seine eigenen Erfahrungen machen! Nur weil Eltern die Schulzeit als nicht so schön erlebt haben, bedeutet das noch lange nichts für die Wahrnehmung des Kindes. Jedes Kind verdient die Chance, völlig unbelastet seinen eigenen schulischen Weg zu gehen und seine eigenen Erfahrungen dabei zu sammeln. Diese werden absolut individuell sein, denn jeder Mensch erlebt sein Umfeld auf ganz unterschiedliche Art und Weise.

Prinzipiell sollten Eltern auf sämtliche negative Prophezeiungen verzichten – das gilt nicht nur für die Schule. Kinder werden durch solche Aussagen nur emotional beschwert und sind in ihrer Sichtweise dann nicht mehr frei. Dabei sollten wir unsere Kinder viel eher dazu anregen, neuen Lebenssituationen unvoreingenommen zu begegnen.

Vielleicht ist mein Kind anfangs noch recht motiviert, verliert dann aber die Lust und wirkt gereizt. Wie kann ich darauf reagieren?

Zunächst würde ich das Gespräch mit meinem Kind suchen und versuchen herauszufinden, was es bedrückt. So ein Verhalten entsteht ja nicht ohne Grund und diesen gilt es herauszufinden.

Sofern das Kind keine Auskunft geben kann oder möchte – und der Zustand längere Zeit anhält – rate ich dazu, den KlassenleiterIn zu kontaktieren. Vielleicht gab es in der Schule eine Situation, die mein Kind als sehr unangenehm empfunden hat? Oder es gibt neue schulische Inhalte, von denen mein Kind sich überfordert fühlt? Darüber kann der KlassenlehrerIn gezielt Auskunft geben, denn er hat täglich mehre Stunden intensiven Kontakt zu meinem Kind.

Meistens lassen sich diese Probleme durch gemeinsame Gespräche sehr gut in den Griff bekommen. Wichtig ist auch die Rückmeldung an das Kind, dass seine Sorgen ernst genommen werden und sich eine Lösung sicher finden lassen wird.

Nun heißt es: Der Ernst des Lebens beginnt. Wie schätzt du diesen Satz ganz persönlich ein?

Ich persönlich mag diesen Satz überhaupt nicht und ich habe ihn auch noch nie zu einem Kind gesagt. Er impliziert ja, dass alles Positive im Leben eines Kindes mit dem Tag der Einschulung endet: Kein Spaß mehr, keine Freude und gespielt wird am besten auch nicht mehr. Dabei trifft all das überhaupt nicht zu.

Natürlich gehen Kinder primär in die Schule, um zu lernen. Doch Schulleben ist viel mehr als Fachunterricht und auch der kann – mit dem richtigen Lehrer – sehr viel Spaß machen. Schule ist soziales Leben, denn hier werden Freundschaften fürs Leben geschlossen. Schule ist wertvolle Lebenszeit, denn diese wird hier Zuhauf verbracht. Schule bedeutet Emotionen, denn hier wird geweint, gelacht, gestritten, vertragen und gerne auch verliebt. Schule ist nicht der Ernst des Lebens. Schule ist das pralle Leben mit all seinen Höhen und Tiefen – immer wieder neu und aufregend.

Was möchtest du allen I-Dötzchen, I-Männchen und wie sie noch genannt werden mit auf den Weg geben?

Ich möchte ihnen sagen, dass sie an sich glauben sollen. Sie dürfen auf sich vertrauen, denn alles, was sie für ein erfolgreiches (Schul-)leben benötigen, tragen sie bereits in sich. Es muss nur noch reifen.

Sie sollen mutig sein und ihren eigenen Weg gehen. Nicht immer ist dabei der kürzeste Weg der beste. Manchmal dauert es, bis man sein Ziel (z.B. eine gute Note oder neue Freunde) erreicht. Wichtig ist nur, dass man mutig den ersten Schritt macht und darauf vertraut, dass man sicher am Ziel ankommen wird.

Ich wünsche allen zukünftigen Schulkindern von Herzen, dass sie aufgeschlossenen Lehrern begegnen, die ihre ganz speziellen Fähigkeiten erkennen und fördern. Und ich wünsche ihnen Eltern, die jederzeit liebevoll an ihrer Seite stehen, ohne ihnen dabei alle Herausforderungen des Lebens abzunehmen.

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