Zoe geht nun in die Schule! Interview zum Thema Down-Syndrom

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Liebe Kathrin, Du hast uns ja schon einmal von Deiner Tochter Zoe berichtet,  die mit dem Down Syndrom zur Welt kam. Neulich haben wir den Beitrag nochmal auf Facebook geteilt und viele Leser wollten wissen, wie es Euch heute geht. Wir wissen, dass Zoe mittlerweile ein stolzes Schulkind ist. Erzähl mal, wie war die Einschulung?

Die Einschulung war toll. Nicht nur, dass tatsächlich einige Freunde von weit her gekommen sind, um das mit Zoe zu erleben – nein, auch von Seiten der Schule war das wirklich schön gemacht. Um 10 Uhr gab es einen kleinen Gottesdienst in der evangelischen Kirche im Dorf, den die hiesige Inklusionsbeauftragte zusammen mit der Klassenlehrerin gestaltet hat. Neben der klassischen Segnung, den Kirchenliedern und Gebeten, hat z.B. auch die vorherige 1. Klasse ein einstudiertes Lied mit Gebärden vorgetragen. Da hat es Zoe nicht mehr in der Bank ausgehalten, sondern ist nach vorne und hat stolz mitgemacht.

Anschließend ging es zur Schule, wo schon bunt gedeckte Frühstückstische für jedes Kind und seine Gäste gewartet haben. Dort wurde dann angestoßen, gefrühstückt, wer wollte, konnte sich die Schule von der Rektorin selbst zeigen lassen und gegen Ende hatten die stolzen Kinder ihre erste Schulstunde.

Hattest Du auch Bedenken in Bezug auf die Schulzeit?

Fast jeder, sei es das Kindergartenpersonal oder die Schulamtsärztin, wollte mir unbedingt die Förderschule für Zoe schmackhaft machen. Immer wieder bekam ich zu hören, dass es Zoe auf einer Regelschule nicht gut gehen könnte. DAS hat mir Sorge gemacht und nicht, weil ich wirklich geglaubt hätte, dass sie das nicht schafft. Nach unserem Umzug habe ich gesehen, dass es doch recht lange gedauert hat, bis Zoe Anschluss bei Regelkindern gefunden hat, dass sie eingebunden und akzeptiert wurde. Ich hatte Sorge, dass diese Kontakte abbrechen und sie kaum noch Kontakt zu "normalen" Kindern hätte, wenn ich sie auf eine Förderschule schicke. 

Deshalb habe ich entgegen aller guten Ratschläge auch alles daran gesetzt, Zoe regelbeschulen zu lassen und es war eigentlich auch schon alles geregelt – doch dann sind wir nochmal umgezogen und nun geht Zoe doch auf die Förderschule. Sie freut sich jeden Abend darauf, vom Bulli abgeholt und wieder nach Hause gebracht zu werden und ich spare mir die nachmittägliche Rennerei zu den Therapeuten, weil das alles in der Schulzeit untergebracht ist.

Alles in allem für mich deutlich entspannter und auch das Konzept der Schule hat mir viele Bedenken genommen. Aktuell bin ich guter Dinge, dass Zoe dort ideal nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten gefördert wird. Entgegen der häufigen Unterstellungen „Kinder auf Förderschulen lernen nur Brote schmieren“ hat Zoe auch bereits in der ersten Woche Arbeitsblätter mit dem Buchstaben A in ihrer Deutschmappe gehabt – ich habe also keinerlei Zweifel daran, dass sie dort alles beigebracht bekommt, was sie braucht und gebe sie ruhigen Gewissens in kompetente Hände.

Wie geht es Zoe insgesamt?

Insgesamt geht es Zoe eigentlich ausgesprochen gut, aber natürlich gibt es auch immer Tage, an denen es nicht so gut ist. Manchmal ist sie so reif und ein richtiges großes Mädchen, manchmal ist sie aber auch sturer denn je, benimmt sich wie ein Berserker, zerstört Dinge oder haut andere Kinder. Wenn ich das so schreibe, klingt das eigentlich nach einem ganz normalen Kind in der Trotzphase. Manchmal denke ich, dass diese harten Tage in der Überzahl sind. Aber ich muss auch sagen, dass Zoe echt viel zu verarbeiten hatte – der Umzug, der Schulalltag – das ist natürlich eine Menge für ein Kind. 

Wie gehen die Geschwister miteinander um?

Naja, wie Geschwister eben. Sie prügeln sich fast täglich, aber ohne den Anderen wollen sie auch nicht sein. Sie hängen tatsächlich sehr aneinander und nachts schlafen sie gemeinsam in Noahs Bett, obwohl Zoe so ein tolles Hochbett hat. Selbst wenn Zoe in ihrem Zimmer einschläft, liegt sie morgens, wenn nicht in meinem Bett, immer bei ihrem Bruder und er ist meist auch eher etwas verwirrt, wenn er aufwacht und Zoe ist nicht da. Leider ziehen sie aber auch dementsprechend an einem Strang, wenn es ums Blödsinn machen geht. Nur wenn man dann fragt, wer es gewesen ist, wird der Schwarze Peter natürlich direkt weitergegeben.

Die Beziehung zum Vater der Kinder ist ja leider zerbrochen. Wie geht es Dir damit?

Die Trennung ist bereits mehr als 2 Jahre her und wir befinden uns gerade mitten im Scheidungsverfahren. Leider ist das Verhältnis nicht so harmonisch geblieben, wie es zunächst schien. Wir sind uns auch in  Erziehungsfragen nicht mehr so uneingeschränkt einig, was das Ganze vor allem für die Kinder nicht gerade erleichtert. Momentan sehen die Kinder ihren Vater nur alle fünf Wochen ein paar Tage.

Seit einiger Zeit habe ich einen neuen Partner. Es war nicht leicht, sich darauf einzulassen und ich habe es sehr langsam angehen lassen. Ich wollte mir sicher sein, nicht dass die Kinder wieder eine männliche Bezugsperson verlieren, wenn es doch nicht klappt. Und ich gebe offen zu: Ich hatte auch ein bisschen Bammel davor, wie es für den neuen Partner mit meinen beiden Kindern sein wird. Ich habe oft überlegt, welche Dosis man ihm zumuten kann, ohne ihn zu vergraulen. Glücklicherweise hat sich alles eingespielt und mittlerweile gehört er fest zu uns dazu. 

Was sind die größten Herausforderungen in Eurem Alltag?

Puh, der Alltag selbst ist unsere größte Herausforderung. Wer mich kennt, der weiß,  dass ich stets bemüht bin, Routinen und regelmäßige Uhrzeiten für bestimmte Dinge einzuführen, aber am Ende verzettel ich mich grundsätzlich doch wieder. Außerdem sind BEIDE Kinder aktuell sehr kreativ darin, mir zusätzliche Arbeit und graue Haare zu bescheren. Ein schönes Beispiel, nicht einmal eine Woche her: ich lege die Kinder ausnahmsweise früh abends noch in mein Bett, mache einen Kinderfilm an, beide Kinder liegen brav und aufmerksam da, so dass ich denke, ich kann es nutzen und Wäsche im Keller machen.

Als ich die Wohnung wieder betrete und ins Schlafzimmer schaue, haben die Kinder nicht nur meine Schminke im Schrank gefunden, sondern bereits sämtliches Make up auf meinem Bett und sich selbst verteilt. Manchmal legen die für Sowas ein Tempo an den Tag, dass ich mich ernsthaft frage, wie sie das in der Zeit geschafft haben. Meine Kinder sind typische Rabaukenkinder, da kommen sie leider sehr nach der Mama. Sobald Gelegenheit und Möglichkeit auch nur gewittert werden, wird auch prompt etwas angestellt.

Und was war der letzte richtig wunderbare Glücksmoment?

Ich hab jetzt wirklich lange überlegt, gerade weil ich nicht sooo sentimental bin und weder bei der Einschulung, noch bei der ersten Abholung durch den Fahrdienst einen Kloß im Hals hatte und auch sonst wollte mir kein aktueller konkreter Glücksmoment einfallen.

Viele kleine Momente, wie die, wenn die Kinder mich drücken und mir sagen, dass sie mich lieb haben, ja, aber große, ganz konkrete Momente? Schwierig. Gehe ich aber ein paar Monate zurück, fällt mir der ein, in dem ich die Zusage für die neue Wohnung bekam. Da ist so eine Last von mir abgefallen, dass ich wirklich weinen musste. Denn als Alleinerziehende ist es fast unmöglich, eine schöne, bezahlbare Wohnung zu  finden. 

Was wünscht Du Dir für die nächsten Monate?

Am meisten wünsche ich mir, dass wir nun endlich endlich wirklich mal zur Ruhe und in unserem nicht mehr ganz so neuen Leben als verkleinerte Familie ankommen dürfen. Seit der Trennung von meinem Mann hatte ich immer das Gefühl, wenn ich einen Punkt geregelt habe, kamen 2 neue, unverhergesehene Probleme dazu und mittlerweile ist das ein echter Berg, den ich allein gar nicht schaffen würde. Zum Glück habe ich neben meinem neuen Partner auch ein paar wundervolle und engagierte Freunde um mich, die zu jeder Tag- und Nachtzeit für mich und meine Kinder da sind und mir schon den Einen oder Anderen schweren Punkt abgenommen oder unterstützend beisete gestanden haben.zoe1

 

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1 comment

  1. Auch wenn rs nicht mehr aktuell ist, Förderschule ist nichts Schlechtes! Bitte keine Angst/ Vorurteile haben! “ Normale“ Schule mit Integration ist nämlich sehr von der jeweiligen Schule abhängig, da muss man sich vorher gründlich informieren ob Integration an der Schule wirklich (!) funktioniert oder eben nicht. Mein Sohn war auch auf der Förderschule/ Sprachheilklasse und wechselt jetzt aufs Gymnasium. Im Gegenteil nutzt den geschützten kindgerechten Rahmen mit kleinen Klassen und intensiver Betreuung der Förderschule wenn ihr die Möglichkeit habt! Lasst die Vorurteile, weg Schule ist nicht Statussymbol für Eltern!

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