Mutterschutz – eine wunderbare Zeit (die ich erstmal schätzen lernen musste)

leni moretti sw 15

Taaaataaaaa, ich bin in der 34 Schwangerschaft und befinde mich nun offiziell im Mutterschutz.

Im Mutter..was?! Doch, doch, das ist ja gesetzlich geregelt. Ich soll mich nun ausruhen, damit ich für die anstehende Geburt Kraft schöpfen kann.

Und somit ist erwiesen: Bei uns zu Hause ist rechtsfreier Raum – denn von Mutterschutz ist hier in meinen heiligen vier Wänden nichts zu spüren.

Denn ganz ehrlich: Wie soll das gehen? Jede Frau, die bereits ein oder mehrere Kinder hat, weiß was ich meine.

Und jeder Frau, die gerade mit ihrem ersten Kind schwanger ist und demnächst entbindet, rufe ich zu: GENIESST ES!

Aber – und jetzt komme ich ins Grübeln – habe ich es wirklich genossen bei Kind Nr.1?

Ich kann mich daran erinnern, dass ich diesem Datum mit einer Mischung aus Freude und Sorge entgegen gesehen habe. Ich war fest angestellt, hatte einen tollen Job, nette Kollegen, ich hatte keine ernsthaften Schwangerschafts-Beschwerden, es ging mir also gut. 

Mein Plan war: jeden Tag lange Spaziergänge machen, zum Yoga gehen, gemütlich durch die Stadt bummeln, Freundinnen treffen, das Kinderzimmer einrichten. Ich wollte noch mal zum Friseur, die Bücher lesen, die auf meinem Nachttisch liegen und einfach mal total relaxen.

An meinem letzten Arbeitstag trug ein Kollege meine Sachen in mein Auto, ich lachte, scherzte, sagte: „Bis in einem Jahr!“ und wollte unheimlich locker sein. Dabei hatte ich eine Heiden-Angst. Kaum war mein Kollege außer Sichtweite heulte ich los.

Ich wollte keine Veränderung. Ich fand es gut, dass ich wusste, wie alle um mich herum ticken. Ich hatte Bammel vor dem kleinen Wesen, das mich bald Tag und Nacht beschäftigen würde. 

Irgendwann kriegte ich mich wieder ein und erinnerte mich krampfhaft an all meine guten Vorsätze. Bummeln, Relaxen, Lesen – was gibt es bitte Schöneres?

Tag 1 im Mutterschutz war toll. Ich schlief bis mittags, traf mich dann mit meinem Mann zum Lunch. Ging wieder ins Bett, las, kochte und holte eine DVD. Großartig, dachte ich.

An Tag 2 rief eine Freundin an. „Ähh, ich muss arbeiten?“, sagte sie, als ich fragte, ob sie Lust auf Kaffee hat. Ach ja, stimmt ja. Mhhh, und jetzt?

An Tag 3 fing ich an meinen Kleiderschrank zu entrümpeln. 

Nach der ersten Woche hatte ich meine Aktenordner neu angelegt und alles weggebügelt, was so rum lag und all die Artikel gelesen, die ich immer "für später" aus den Magazinen reiße. 

Dann wurde ich unruhig. Ich wollte nicht lesen, nicht relaxen. Ich fühlte mich unnötig, ungebraucht und hatte es schlicht verlernt, mich mit mir selbst zu beschäftigen.

Was irgendwie klar war. Jahrelang steckte ich in einem festen Ablauf, erst Uni, dann Journalistenschule, dann Job. Ich hatte jeden Tag eine Aufgabe, nie Leerlauf. Selbst die Wochenenden waren durchgetaktet. Freunde treffen, Sport machen, die Zeit "nutzen."

Ich merkte ganz deutlich, dass ich verlernt hatte, nichts zu tun.

Es war mir alles zu still, ständig drehte ich das Radio auf. Es war mir zu ruhig, ständig checkte ich online meine Mails oder die Nachrichten.

Es fühlte sich so an, als säße ich in einem Hochgeschwindigkeits-Zug, der plötzlich eine Vollbremsung macht.

Es hat wirklich gedauert, bis ich im Mutterschutz ankam. Bis ich ihn mir gönnen konnte und nicht die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen hatte.

Als meine Tochter dann auf der Welt war, habe ich sie täglich im Kinderwagen durch die Gegend geschoben. Wenn sie schlief, setzte ich mich auf eine Bank und guckte einfach nur in den Himmel. Kein Buch, kein Handy, keine Gesellschaft.

Da wurde mir bewusst, wie wichtig diese Lektion ist, die uns Kinder lehren. Stille aushalten – ja noch mehr: schätzen – zu lernen. Den Augenblick genießen, aus dem Hamsterrad einfach mal aussteigen, sich auf sich besinnen, bei sich sein.

Und deshalb habe ich JETZT, in diesem Mutterschutz, einen entscheidenenden Vorteil: Ich habe zwar viel weniger Ruhe. Denn ich muss als Selbstständige weiterhin arbeiten und ich habe zwei Kinder, die mich brauchen. 

Aber wenn ich Ruhe habe, dann umarme ich sie und freue mich aus vollem Herzen an ihr. 

Foto: http://www.lenimoretti.com

 

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5 comments

  1. … da rückt er nun näher –
    … da rückt er nun näher – der Mutterschutz. Noch zwei Arbeitstage mit den Kollegen, die ich jetzt schon etwas vermisse, dann ist es soweit. Die nächsten beiden Wochen habe ich mit etlichen Terminen bestückt um der „Ruhe“ zu entgehen. Nicht unbedingt, weil ich jeden Tag Action brauche, sondern damit die Zeit bis zum Termin schneller vergeht und mich von zu viel Grübelei ablenkt.
    Als Mutter von zwei schulpflichtigen Kinder, wird sie sich sowieso auf die Vormittage beschränken. 😉
    Damals beim 1. Kind, total ausgebrannt von meiner 50-60 h Woche in der Werbeagentur, freute ich mich wie wahnsinnig auf den Mutterschutz. Ich genoss jeden Tag mit Schwimmen im Freibad und die Zeit der „Ruhe“.
    Heute beim 3. Kind jagt ein Termin den nächsten – ob der kleine Mann wohl zwischen Tür und Angel das Licht erblicken wird? Ich hoffe nicht. Vielleicht versüßt er uns das Weihnachtsfest…

    Ich wünsche allen werdenden Mamas, dass sie die Zeit genießen können! Ob mit vorhandenen Geschwisterkinder oder ohne.

  2. Same here
    Habe gerade den zweiten Mutterschutz und das zweite Wochenbett hinter mir und muss wehmütig feststellen, dass beides nicht mit dem ersten Mal vergleichbar ist. Wobei ich das beim Wochenbett fast noch extremer fand. Was war das für ein Luxus, als man sich so 100%ig einzig und allein um sein klitzekleines Baby kümmern konnte (und sich nebenbei auch noch von der Geburt erholen konnte…). Und jetzt? Springt ein ernergiegeladener Dreijähriger um mich herum, der gerade jetzt besonders viel Zuneigung will und braucht, wo er doch damit klar kommen muss nicht mehr alleiniges Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu sein. Diesen Spagat finde ich mitunter ganz schön anstrengend.

  3. Kenn ich
    Beim ersten Kind kann ich mich nicht mehr so gut an den Mutterschutz erinnern, aber ich weiß noch dass der genau nach Weihnachten angefangen hat. Dh hab noch bis zum Schluss Überstunden (freiwillig) gemacht, arbeitete in einer Buchhandlung. Und dann gab’s die Feiertag und am 1.1.11 ist dann mein freund bzw der Papa (nach Fernbeziehung) zu mir gezogen. Dann der Stress mit aneinander auch im Alltag gewöhnen und kurz darauf am 3.3 War der Sohnemann auch plötzlich schon da. An Entspannung mit Umzug und Co kann ich mich nicht erinnern 🙂 beim zweiten wars dann auch ned besser. Man hat halt dann einfach schon ein Kleinkind zu Hause das Einen braucht und da ich unbedingt meinen Job wechseln wollte War ich ständig am alternativen und neuen Ausbildungen suchen…
    Hoffe ich schaff die 2 Jahre Abendschule noch um den Traum des Jobwechsels zu erfüllen 🙂

  4. Ach wie schön…
    …dass es Dir auch so erging beim ersten Kind. Ich sitze jetzt seit ein paar Wochen zuhause rum (bin Lehrerin und die Sommerferien sind direkt in den Mutterschutz übergegangen) und ich hab schon ein bisschen gebraucht, um den neuen (wenn auch absehbaren) Ruhezustand richtig genießen zu können. Mir gehts genauso wie Dir damals: Ich liebe meinen Job, meine Kollegen und meine Schüler. Daher fiel es mir richtig schwer, das alles erst mal für ein ganzes Jahr los zu lassen und für etwas noch Unbekanntes einzutauschen. Ich freue mich einerseits auf den kleinen Mann, der in ca. 4 Wochen kommen soll aber andererseits weiß ich nicht so recht, was da alles auf mich zukommt. Kann mir das noch gar nicht richtig vorstellen, bald für so ein kleines Würmchen verantwortlich zu sein…Es ist eine seltsame Zeit: Man wartet auf etwas, von dem man noch nicht weiß, was es einem bringen wird und in der Zwischenzeit muss man sich zwangsläufig mit sich selbst auseinandersetzen. Das gelingt mir mal mehr und mal weniger gut.

    Aber vermutlich geht das vielen Frauen so, die aus dem prallen Berufsleben von heute auf morgen ins Privatleben überwechseln (müssen).
    Das ist irgendwie tröstlich!
    Von daher: Liebe Grüße an alle Mamas im Mutterschutz! 🙂