Vor zwei Jahren erschien hier mein Gastbeitrag, in dem ich beschrieb, wie manche Menschen auf meinen autentistischen Sohn und mich reagieren.
Ich schrieb damals runter, was mir auf der Seele brannte und dachte, dass es sicherlich einige Eltern gibt, die genau so ein harten Weg gehen müssen wie wir. Meinen Beitrag verfasste ich in einer Zeit, in der es mir selbst ziemlich schlecht ging. Ich kämpfte mit mir selber und für meinen kleinen Augenstern.
Damals nahm ich alles persönlich und fühlte mich sehr schnell angegriffen und verurteilt. Ich hatte ständig das Gefühl zu versagen, eine schlechte Mutter zu sein. Oft fragte ich mich selbst, warum ich das „Pech“ habe und mit einem behinderten Kind leben muss.
Heute weiß ich, dass mein Kind mein größtes Glück ist. Er ist ein Kämpfer, er ist mein kleiner Held. Er gibt nie auf, hat so eine besondere Persönlichkeit und schafft Dinge, die ihm niemand zugetraut hätte. .
Ich habe so viel von ihm gelernt. Geduld, Mitgefühl und Verständnis… Alles Dinge, von denen ich immer dachte, ich hätte sie bereits – aber erst durch meinen Sohn habe ich wirklich gelernt, was es alles wirklich bedeutet.
Wie geht es uns heute? Kadir ist mittlerweile schon fast 9 Jahre alt und geht in die zweite Klasse einer ganz besonderen und wundervollen Schule. Die Schule tut ihm so gut, er hat unglaublich viel gelernt und Freunde gefunden.
Dass mein Sohn in eine Gemeinschaft aufgenommen wurde, bedeutet mir so viel. Als ich ihn vor ein paar Wochen morgens zur Schule brachte, stürzte sich ein Junge mit Down Syndrom auf Kadir. Sie umarmten sich und klopften sich auf die Schultern. Ich erfuhr an dem Morgen, dass das seit einigen Monaten sein bester Freund ist. Da stand ich nun – morgens um halb 8 – und weinte Tränen voller Freude und Stolz. Mein Sohn hat einen Freund. Das war die schönste Nachricht, die ich seit langem bekommen hatte. Er fühlt sich in der Gemeinschaft wohl, spielt Rollenspiele und das sogar mit anderen Kindern zusammen. Alles Dinge, die vor 2 Jahren undenkbar waren.
Ja, man könnte sagen, momentan läuft fast alles perfekt. Ja, fast alles… Mit dem Schulbeginn kam noch eine zweite große Veränderung auf uns alle zu – und die hatte es wirklich in sich: DieVorpubertät ! Wie erklärt man seinem Kind die kunterbunten Gefühle, die es grade hat? Und wie den ganzen Glitzer im Kopf? All diese Veränderungen? Wie kann es sein, dass man sich gerade noch super fühlt und plötzlich alles doof ist? Ja, manchmal ist das hart und bringt mich an meine Grenzen – aber aufgeben ist keine Option.
Ja, es hat sich viel verändert und es wird sich auch noch sehr viel verändern. Allen Eltern, die mit ihren kunterbunten Kindern noch am Anfang stehen und die die selben Ängste, Sorgen und Fragen haben, wie ich sie hatte – Euch möchte ich sagen: Egal, wie hart es ist und egal wie aussichtslos es manchmal wirkt, gebt nicht auf, es wird besser und es wird einfacher mit der Zeit. Sucht euch Unterstützung, gute Ärzte und Therapeuten und wenn Ihr nicht zufrieden seid, sucht weiter. Und das Wichtigste: Hört auf Euch selbst, auf Euer Herz und lasst euch nicht klein reden.
Ihr seid starke Eltern und es wird der Tag kommen, an dem ihr für die ganze Anstrengung belohnt werdet.
Lacht, lebt, seid furchtlos, weint, seid wütend…. Schluckt nichts runter, sondern kämpft für Eure Augensterne! Bleibt tapfer, Eure Mia!
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Autismus
Hi,
auch ich habe einen Sohn, der Autist und ADSler ist. Es war ein harter Weg. Unser Simon ist jetzt in der neunten Klasse einer bayerischen Inklusionsschule, keine Förderschule. Versagt hat die Förderschule am Ort und zwar vollkommen. Man schloss meinen Sohn sogar vom Unterricht aus. In die Inklusionsschule kam er dann ab der fünften Klasse. Glücklicherweise hatter er dort eine sehr verständnisvolle Lehrkraft, ein alter Haudegen, was nicht verkehrt sein muss. Sie und der nachfolgende Lehrer waren ein Segen für ihn. Auch die Schulbegleiterin, die wir uns gegen den Widerstand des Jugendamtes hart erkämpfen mussten, ist ein Segen für unseren Sohn. Jetzt macht er seinen qulifizierten Mittelschulabschluss und hat eine Leherstelle in einem großen Unternehmen als Feinwerkmechaniker, Fachrichtung Maschinenbau. DEr Arbeitgeber wird mit Hilfe der ARbeitsagentur eine assistierte Ausbildung durchführen, wie es oft auch bei asylsuchenden Lehrlingen der Fall ist.
Wichtig ist hier sein Kind nicht im Stich zu lassen. Als uns das Jugend amt drohtre die Schulbegleitung zu streichen, hat es auch sehr geholfen, das wir eine kompetente Sozialanwältin bemühten, die zwar etwas Geld gekostet hat, aber als ihr Schreiben beim Jugendamt ihr Schreiben aufschlug, wo sie erst eine Woche zuvor einen Prozess gegen das Jugendamt gewonnen hatte, muss wohl das Dach des Jugendamtes gebrannt haben. Die Mitarbeiterin war noch am Telefon und beteuerte mir unter Tränen, das sie das so nicht gewollt hätte, sie muss wohl massiv Chefdruck genossen haben. Von dann an wurde die Schulbegleitung nicht mehr in Frage gestellt, lustig, oder?
Also, nicht aufgeben und manchmal muss man halt juristisch zuschlagen, auch wenns wehtut.
Es war eine gute Investition. Heute ist Simon ein selbstbewusster junger Mann, der seinen Weg geht.
Abschliessend noch ein Zitat des hochgradig fähigen, damaligen Rektors der Förderschule:“Ihr Kind ist nicht beschulbar!“
Vielleicht bringe ich mal die ganze Geschichte auf meinem Blog bergmoserpunktde oder hier online.
Schöne Grüße an alle Mamas und Papas!