Wie ist das Leben eigentlich so mit drei Kindern?

leni moretti 2018 12

Neulich traf ich jemand, dem ich schon lange nicht mehr über den Weg gelaufen war. Sie fragte mich: "Und? Wie ist das Leben mit drei Kindern so?" Ich lachte und sagte: "Auf jeden Fall nicht langweilig." Für den kurzen Small-Talk reichte die Antwort, zu Hause dachte ich aber nochmal über die Frage nach. Wie ist mein Leben mit drei Kindern?

Es ist laut. Wirklich laut. Die Feuerwehrmann-Sam CD läuft, während meine Tochter Flöte übt. Die Kleine ruft: "Buuuuccccchhhh!", die Spülmaschine piepst, dass sie ausgeräumt werden möchte. Das Telefon klingelt, Lisa muss noch was mit mir besprechen. Der Fußball knallt ans Garagentor, das Bobbycar schrubbt die Straße runter. Die Kinder spielen fangen, streiten, die Kleine fällt hin und heult. "Ihhhh, das Essen ist eklig." "Maaaamaaaaa, ich bin fertig!" "Maaaaamaaaaa, wo sind meine Sportsachen?".

Es ist anstrengend. Weil ein Kind die beste Planung über den Haufen schmeißen kann. Drei Kinder schmeißen sie ganz sicher um. Gerade haben wir wieder eine zehntägige Krankheitswelle hinter uns. Hand-Mund-Fuß, Magen-Darm und Fieber. Da geht es nicht mehr um Feinheiten, da geht es nur noch ums Überstehen. Da bin ich meilenweit davon entfernt, ordentlich angezogen zu sein, da stopfe ich mir schnell ein Stück trockenes Brot in den Mund, bevor ich wieder mal Fiebersaft verabreiche. Da ist bei uns nichts instagram-tauglich, wir halten einfach irgendwie durch. 

Es ist aufregend. Nie hätte ich gedacht, dass ich vor einer Einschulung so aufgeregt sein könnte. Nie hätte ich gedacht, dass ich beim Fußball-Training mitfiebere. Dass ich stolz bin, wenn das Kind das erste Mal woanders übernachtet. Dass mein Herz aufgeht, wenn die Große der Kleinen etwas vorliest. Dass es drei Mal einem Wunder gleicht, wenn das Baby plötzlich aufsteht und die ersten Schritte macht. Dass so viel Freunde macht, dabei zuzusehen, wie sie größer werden. 

Es ist nervenaufreibend. Diese ständigen Diskussionen. Stell die Schuhe ordentlich hin. Bitte nicht durch die Pfütze laufen. Nein, heute kein Ipad. Nur weil alle anderen Kinder ein Handy haben, brauchst Du noch lange keins. Ja, Zähneputzen ist Pflicht. Du darfst Deiner Schwester nicht einfach den CD Player wegnehmen. Bitte schmeißt die Socken in die Wäsche.

Es ist wärmend. Die Nähe, die Liebe – mehr geht nicht. Das Gefühl, gebraucht zu werden. Der sichere Hafen zu sein, die Retterin, die, die das Aua wegpusten kann. Die, deren Hand gebraucht wird, um einschlafen zu können. Die Monster unter dem Bett verjagen kann. Die Tränen trocknet und wegstreichelt. Die am Besten vorlesen kann und wie eine Löwin für sie kämpfen würde. 

Es macht schlau. Vieles kann man theoretisch tausendmal durchdenken – wenn man aber dann in der Situation steckt, ist alles anders. Mutterschaft hat mich so viel klüger gemacht, ich habe so viel gelernt. Darüber, wie Kinder sind, was sie brauchen, dass jedes Kind anders sind, jede Familie. Ich finde, Kinder zu haben, macht im besten Fall toleranter. 

Es macht müde. Weil die wenigsten Kinder schnell durchschlafen. Es gab Tage, da bin ich im Auto auf dem Supermarktparkplatz eingeschlafen. Die erste Zeit ist einfach hart, sauhart. Das Gute: Es wird besser. Echt!

Es macht glücklich. Nicht immer. Aber oft. Und dieses Glück hat dann eine ganz besondere Tiefe.

Es ist so viel mehr als mit zwei Kindern. Von Anfang an galt der Spruch "Das Dritte läuft einfach so mit" bei uns nicht. Bei uns sind es drei starke Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die alle Zeit, Aufmerksamkeit und Geduld brauchen. Der Sprung von zwei auf drei war für mich definitiv der heftigste. 

Es macht belastbarer. Ich hätte vor den Kindern nie gedacht, dass ich so viel an einem Tag schaffen kann, dass ich so multitaskting-fähig sein könnte. Mit einem Kind dachte ich, ich würde nie ein zweites schaffen. Mit zwei Kindern dachte ich, ein drittes wäre nicht machbar. Aber: Man wächst mit seinen Aufgaben. 

Es macht dankbar. Für ein wames Zuhause, für Gesundheit, für Freunde, für Großeltern, für eine stabile Partnerschaft.

Es macht faltig.  Wenig Schlaf, viel Geschwistergestreite – an mir gehen die Jahre nicht spurlos vorbei. 

Es macht weicher. Ich heule bei emotionalen Videos oder Werbungen, mir schnürt es die Kehle zu, wenn ich Kinder in Kriegsgebieten sehe, ich kann nicht mitansehen, wenn ein Kind weint. Elternschaft macht verletzlich. 

Es macht Spaß. Es gibt einfach ganz großartige Tage mit Kindern. Es macht Spaß mit ihnen über Felsen zu klettern. Es macht Spaß mit ihnen im Wald spazieren zu gehen. Es macht Spaß mit ihnen ein Heimkino zu veranstalten. Es macht Spaß gemeinsam den weltgrößten Legoturm zu bauen. 

Kinder machen mehr aus meinem Leben. Mehr aus allem. Mehr Freude, mehr Frust, mehr Tränen, mehr Lachen, mehr Träume und mehr zerplatzte Vorstellungen. Sie sind die größte Bereicherung in meinem Leben. Sie sind so wie das Leben selbst – wild, bunt, aufregend, anstrengend, sonnig, schwer, leicht – und in jeden Fall nicht langweilig. 

Foto: Leni Moretti 

 

 

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13 comments

  1. Liebe Miriam,
    uns geht es ganz genauso. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass wir gesund sind und uns diese Krise wirtschaftlich nicht arg schwächt oder gar unsere Existenz bedroht.
    Ich fühle mit unseren Freunden und Bekannten, welche es getroffen hat und die Angst haben… und ich unterstütze, wenn ich kann.
    Aber ist es nicht traurig, dass Du und ich und all jene, welche trotz der Krise wichtige Glücksmomente erleben, das nicht zu sagen trauen?
    Ich habe auch schon ganz andere Zeiten in meinem Leben gehabt, wo ich von Krisen und Existenzängsten getroffen war und andere mit „heiler Haut davon kamen“.
    Das Leben ist nicht immer gerecht. Das ist nicht zu ändern leider. Aber wir Menschen können etwas ändern: wir können aufhören uns gegenseitig ständig zu bewerten oder gar abzuwerten. Jeder sieht die Welt nur aus seiner individuellen Perspektive… und damit sieht sie für jeden anders aus.
    Schön, dass es in Eurem (und unserem) Fall eine gute Seite dieser schlimmen Krise gibt.
    Ich möchte mein Bestes tun, um meinen Beitrag zu leisten, dass diese Krise so wenig Schaden verursacht wie irgend möglich… und wenn es nur das ist, dass ich die Perspektive jedes einzelnen respektiere.
    Ich wünsche Euch allen das Beste!
    Tanitschka

  2. So schöne, wahre Worte
    Eine sehr ausführliche und ehrliche „Beschreibung“ des Lebens mit 3 Kindern! Mir sind zum Schluss doch tatsächlich Tränchen gekommen…
    Mit meinen 3 (5 und 3 Jahre und 8 Monate) stehe ich noch am Anfang 😉 Bislang muss ich aber immer noch sagen, dass für mich der Sprung von kein auf ein Kind am schwersten war, weil man als kinderloses Paar über die romantische Vorstellung hinaus „ein Baby zu bekommen“ sich kaum vorstellen kann, was es eigentlich bedeutet Eltern zu sein und ein Kind zu erziehen mit allem Drum und Dran – es ist einfach eines der größten Abenteuer ❤

  3. Bald zu dritt
    Das macht Vorfreude! Bald sind wir auch zu dritt und ich bin sehr gespannt, wie es bei uns wird. Mich treiben 2 schon oft an den Rand des Wahnsinns……

  4. Wo ist die Verzweiflung?
    Es gibt bestimmt auch wirklich abgekämpfte, mega bescheidene Tage, an denen alles schlimm ist und alles unterste Schublade, selbst Ehegatte und Kinder. Das fehlt mir immer ein bisschen.

  5. So isses
    Genau so isses. Mal mehr das eine, Mal mehr das andere. Aber insgesamt unglaublich dankbar. Unser 3. War ein Frühchen…27. Woche. Das war für alle hart. Aber es funktioniert.

  6. Blablabla
    Ich mag diese Art von Artikeln nicht. Klar ist es mit einem Kind wesentlich entspannter, als mit zwei, drei oder vier Kindern. Aber immer diese Pauschalisierung nervt. Liebe, Stress, Wärme, Chaos ist immer da – wenn man eine Familie ist und beide Elternteile arbeiten.
    Egal mit wieviel Kindern.

    1. Da hast Du recht!
      Da ich aber nun mal drei Kinder habe, schreibe ich über mein Leben mit Kindern. Aber natürlich gilt (fast) alles für das Leben mit Kindern allgemein!

    2. Manche Dinge gibt es eben
      Manche Dinge gibt es eben nicht mit „nur“ einem Kind. Geschwisterstreit zum Beispiel. Oder mehrere Kinder gleichzeitig ins Bett bringen zu müssen. Ein Großteil trifft sicherlich auf die meisten Familien zu – egal mit wie vielen Kindern. Aber eben nicht alles! Das ist doch aber nicht schlimm, oder?

  7. Ich erkenne uns auch
    Ich erkenne uns auch definitiv wieder, selbst bei einem Kind, haha. 🙂
    LG, Richard & Hugo (vom vatersohn.blog).

  8. Habe 4 Kinder und kenne das sehr gut!
    „Wie ist das Leben so mit 3 Kindern?“ Wie Urlaub! Zumindest empfinde ich es so, wenn mal eins meiner 4 Sprösslinge nicht zu Hause ist. :-p 😀
    Im Ernst, sehr schöner Text, ich erkenne mich wieder. Und es scheint irgendwie wirklich so zu sein, dass sich die Belastungsgrenze von Kind zu Kind nach oben verschiebt. Tatsächlich empfinde ich es jetzt als Vierfachmama so herrlich ruhig, wenn mal nur 3 Kinder zu Hause sind. Damals als 3fach Mama war das anders, da fühlte ich mich voll ausgelastet und es war wie Wellness wenn nur 2 Kinder da waren. Und als 2fach Mama ging es mir ganz genauso, wenn ich mal nur 1 Kind dabei hatte.
    Mit jedem Kind wurde es lauter, wilder, stressiger, aber auch glücklicher. Jedes Kind ist ein Geschenk, das empfinde ich wirklich so.

  9. Du schreibst mir aus der Seele
    Du schreibst mir aus der Seele. Ich hätte es nicht besser beschreiben können, genau so sieht unser Leben mit unseren drei Kindern aus. Vielen Dank für den schönen Artikel!

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