Gastbeitrag: Wie plötzlich wieder mehr ICH in meinem Mamaleben stattfand

mama tanzt

Unsere Leserin Nicole merkte irgendwann, dass die "Brut- und Aufzuchtphase" ihrer Kinder in eine neue Runde ging und sie plötzlich wieder ein bisschen mehr Zeit hatte und sich selbst mal wieder mehr wahrnahm. Für uns hat sie diese Gefühle und Veränderungen in einen Gastbeitrag verpackt. Ein mutmachendes Plädoyer für – ein bisschen – mehr Mama-Egoismus. Vielen lieben Dank dafür!

Der Gedanke, dass ich mich mal wieder mehr mit mir beschäftigen sollte, kam mir bei einem Song von Herbert Grönemeyer…. "Wir müssen was bewegen, sonst bewegt sich nichts!" Und nachdem meine Tochter immer selbstständiger wurde, es in unserem Umfeld einige Trennungen und Freunde mit ziemlich schlimmen Krankheiten gab, stand der klassische Satz "Soll das denn jetzt alles gewesen sein?" plötzlich immer öfter im Raum.

Viele Menschen meinen dann immer, dass nur ein radikaler Schnitt und eine absolute Veränderung helfen kann, den Sinn des Lebens zu finden. So bin ich nicht, aber ich wollte auch nicht eine von den frustrierten Ehefrauen werden, die sich nur über ihre Kinder definieren und dann irgendwann gegen eine aufregende, Jüngere ausgetauscht werden. Ich wollte meinen Mann behalten, meinem Kind eine gute Mutter sein und trotzdem wieder mehr "ICH".

In einem dörflichen Umfeld ist es gar nicht so einfach einen gewissen Egoismus für sich zu entwickeln. Von allen Seiten wird man beäugt, bewertet und in vorgegeben Bahnen gedrängt. Sich dagegen zu stemmen braucht Kraft. Diese Kraft musste ich erst in mir wieder finden, dass hat einige Zeit gedauert und auch sich bewusst machen "was will ich denn bewegen?".

Der erste Gedanke war eigentlich, dass ich mich tatsächlich bewegen wollte, ich tanze für mein Leben gern und da kam mir der Zumba-Kurs im Nachbarort gerade recht. Allein die Musik gab mir wieder jede Menge Schwung und gute Laune mit, dass ich voller Motivation auf Neues war. Es stand außerdem eine historisches Fest an, für das Mitwirkende gesucht wurden, die ein Schauspiel aufführen sollten. So etwas hat mich schon immer gereizt und dann habe ich mich spontan angemeldet, ohne überhaupt zu wissen, ob ich schauspielerisches Talent habe. In dieser Schauspiel – Truppe habe ich jede Menge neue Menschen kennengelernt, die teilweise in völlig anderen Konzepten leben als ich. Diese neue Erfahrungen und auch der Erfolg als "Schauspielerin" machten mir Mut auf mehr.

Mittlerweile gehöre ich fest zu einer Laien-Schauspiel-Gruppe und geh regelmäßig zum Sport, so richtig mit Multifunktions-Klamotte und Ehrgeiz. Wer hätte gedacht, dass ich mal um jede Sekunde Bankstütz kämpfen würde – ich vor ein paar Jahren jedenfalls nicht. Mit dem Sport hat sich natürlich Figur-technisch auch einiges getan, nee, eine Size Sero werde ich nie, das war auch nicht mein Ziel. Schließlich bin ich ja auch mit einem Koch verheiratet, da wäre "Kalorien zählen" schwierig. Aber wenn man sich gut fühlt, dann macht Shoppen auch wieder Spaß.

Und damit begann quasi mein neues Dasein…

Nicht mehr der praktische Mutti Style in Jeans und Turnschuhen, ich habe Kleider und "Hackenschuhe" für mich entdeckt. Schließlich bin ich auch eine Frau. Ich liebe Make-up und mich-schick-machen, mit einer Freundin ausgehen oder zur Wellness, mit meinem Mann in die Sauna fahren oder mit ihm in Gummistiefel über unsere Obstwiese laufen und dem Hund zugucken.

Wie schon erwähnt, mein Mann ist Koch und im letzten Jahr haben wir uns entschieden, dass er einen kleinen, aber feinen Partyservice eröffnen "darf". Eigentlich nur so zum Ausgleich für meinen Mann, da er als Küchenchef beruflich eher Bürotätigkeiten erledigen muss. Aber irgendwie habe ich mich "infizieren" lassen und finde unser gemeinsames Kochen mittlerweile super. Ich kann an keinem Kochbuch vorbei ohne nach neuen Ideen zu suchen. Und seit neuestem sind Marmelade, Chutneys und Dipps kochen eines meiner Steckenpferde.

Dank meiner Teilzeitstelle bleibt mir auch genug Zeit für dieses "Hobby". Und für all die neuen Dinge, die ich nur zum Spaß für mich mache, bekomme ich von vielen Seiten positives Feedback. Und das tut mir gut. Dieses gute Gefühl strahle ich wohl aus, sagt zumindest mein Mann, der meinen neu endeckten "Egoismus" ganz "aufregend" findet 😉

Foto: pixabay

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3 comments

  1. Find ich gut1
    Erstmal zu meiner Vorrednerin: ich würde das nicht so verurteilen,für den Ehemann schön sein zu wollen. Klar, das Beispiel mit der Jüngeren ist ein bisschen klischeehaft, aber solche Ängste sind nun mal bei manchen vorhanden. Sie schrebt ja auch, dass ihr das Shoppen nun mehr Spass macht, ist doch alles okay. Ich mach auch viel Sport, für mich und für meinen Mann, der für mich und sich auch Sport macht–ist doch okay.
    Ich finde es gut, dass hier auch mal thematisiert wird, dass man als Mutter nach der ersten anstrengenden Phase mit Baby (und wie lang die ist empfindet bestimmt jede Mutter anders) auch wieder mehr Zeit für sich haben. Man liest so oft polarisierte Darstellungen, so nach dem Motto: Hast Du Kinder, bist Du für immer „nur“ Mutter und keine Frau mehr, hast Du keine, ist Dein Leben von Karriere und Kubus geprägt aber irgendwie sinnentleert. Die Wahrheit liegt doch irgendwo in der Mitte und für jede Frau woanders.
    Ich finde aber auch gut, dass hier angesprochen wird, dass es die eigene Verantwortung ist, sich wieder auf seine Interessen zu besinnen oder neue zu finden.
    An seinem Glück ist jeder selbst beteiligt. Schöner Gastbeitrag!

  2. Kinder
    Nur mal interessehalber: wie alt sind denn Deine Kinder? Nur um zu wissen, ob ich auch schon mehr „ich“ sein muss. Wobei Zumba und Pilates hatte ich schon.
    Schlimm finde ich jedoch, dass Du schreibst, dass Du nicht möchtest, dass Dich Dein Mann für eine jüngere verlassen würde, wenn Du keinen Sport etc. machst. Dann ist die gute Figur nur ein bißchen für Dich und viel für Deinen Mann.
    Es ist echt schade zu sehen, dass Frauen, die Mütter sind und so viel leisten, immer noch perfekt für den eigenen Mann sein müssen. Aber so ist wohl unsere Gesellschaft.
    Trotzdem super, dass Du so viel Zeit für Dich findest und das noch neben Job, Catering und KKindern.

    1. Hallo Nadja,

      Hallo Nadja,
      unsere Kinder sind 23 (Tochter meines Mannes, die bei uns gelebt hat) und 12 (gemeinsame Tochter). Die „mehr ICH“ Phase hat vor ca. 4 Jahren so langsam angefangen.
      Vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt, aber ich muss nicht „für meinen Mann dünner sein oder sportlicher“, ich denke unsere Beziehung beruht auf anderen Dingen, aber ich möchte gern spannend und aufregend für ihn bleiben, so wie er es auch für mich sein möchte. Und dazu muss ich mich in meiner Haut wohl fühlen, deshalb Sport und wieder schickere Klamotten. Ich finde einfach, dass es etwas mit Respekt und Achtung dem anderen gegenüber zu tun hat, wenn man auf sich achtet, körperlich und auch geistig. ich war einfach selbst mit mir unzufrieden und habe das am Umfeld oft ausgelassen, davon wollte ich wieder weg. Die meisten Trennungen werden doch damit begründet, dass man sich auseinander gelebt und nichts mehr zu sagen hat. Darum ging es mir.
      PS: Mein Mann hat mir seinen Antrag gemacht, als ich ca. 15 kg mehr wog als jetzt, eine fette Erkältung inkl. Schniefnase hatte und mit strähnigen Haaren auf der Couch lag….;O)