Warum gibt es in französischen Kitas mittags Foie Gras und in deutschen Horts Gammel-Erdbeeren?

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Hey Lisa,

was ich so an diesem verregneten Sonntag gemacht habe? Nun ich bin aufgestanden, habe mir Max geschnappt, Croissants geholt, einen drei Tonnen schweren Stapel Tageszeitungen gekauft und diesen, während Söhnchen Mittagsschlaf gehalten hat, genüsslich weggelesen.

Dabei habe ich natürlich ein Thema besonders verfolgt: Die Magendarm-Grippe-Welle, die letzte Woche rund 10 000 Jugendliche und Kinder in Ostdeutschland heimgesucht hat, ausgelöst durch kontaminierte Lebensmittel. Im Verdacht die Krankheit ausgelöst zu haben, sind nach jetzigen Erkenntnissen Erdbeeren aus China. Nachzulesen ist die ganze Geschichte zum Beispiel hier.

Für mich war das heute mal wieder Grund genug für einen kleinbürgerlichen Wutausraster, den ich nun endlich (wo Max im Bett ist) niederschreiben kann.

Für mich ist das Thema Kita-Essen nämlich super ernst! Max geht in eine Kita – und dafür habe ich gesorgt – die einen eigenen Koch hat. Das hat nichts mit Sozialauswahl oder Zuzahlung zu tun, sondern mit meiner Priorisierung. Es gibt sauteure private Kitas in Berlin, die schlechten Katinenfraß servieren und es gibt tolle städtische Kitas, in denen die Erzieherinnen sich abwechseln und selber kochen.

Ich fand und finde es nämlich extrem wichtig, was Maxime mittags in sein Breischüsselchen kriegt. Warscheinlich bin ich sogar der Schreck der Erzieherinnen, weil ich jeden Tag nachfrage, was es heute zu Essen gab. Für mich das normal. Und für Millionen von französischen Müttern auch!

In Frankreich ist nämlich so, dass sogar in staatlichen Krippen, die Eltern beim Abholen ihres Kindes einen Zettel mitbekommen mit einer Empfehlung für das Abendessen. Haben die Kleinen zum Beispiel mittags Truthahn, Ratatouille und zum Nachtisch Crepe mit Himbeerfüllung bekommen, so empfiehlt der Kita-Koch für das Abendessen Pasta, grüne Bohnen und Obstsalat.

Nein, das ist jetzt kein Scherz. Nachzulesen ist das ganze unter anderem hier. Und ich, die teilweise in Frankreich aufgewachsen ist, weiß es aus eigener Erfahrung.

Der Unterschied zu Deutschland ist damit ganz eindeutig: In Frankreich werden Kinder, selbst wenn sie noch nicht laufen können oder sprechen, ernst genommen. Sie sollen lernen, gutes Essen zu genießen und müssen groß und stark werden.

Und während die Bébés in Frankreich ihren Foie-Gras-Toast als Vorspeise zwischen ihren kleinen Händen zermatschen, müssen die deutschen Kids Erdbeeren aus China essen. Also ich finde das skandalös. Gerade deshalb, weil ich Chinesisch studiert und sehr viel Zeit in China verbracht habe. Einmal fuhren wir mit einer Austauschgruppe durch das Umland von Peking und stoppten an einem Erdbeerstraßenstand. Die Erdbeeren, so erklärte der Verkäufer, stammten aus der Gegend. Als ich mich umblickte, standen wir nur leider gerade in einer absoluten Industrie-Kloake.

Ich weiß noch wie schlecht mir bei dem Gedanken war, diese Erdbeeren zu essen. Und ich bin mir sicher: Würdest Du in der Bundestagskatine mit Tiefkühlobst kommen, wären die lieben Bundestagsabgeordneten an diesem Tag nach dem Espresso nicht mehr so hungrig auf Nachtisch.

So, Lisa, ich höre jetzt auf, mich aufzuregen, aber würde mir wünschen, dass unsere lieben Politiker das Thema in der Aufarbeitung etwas ernster nehmen würden – so wie eine blöde Prenzlauer-Berg-Mami, die manchmal etwas zu bio ist, namens Caro.

Ansonsten kann es schnell passieren, dass die Schulgeneration von heute, den lieben Politikern von gestern im Altersheim denselben Fraß vorsetzt, den sie als Kinder in der Katine ertragen mussten. Erdbeeren aus China mit einem Schuss H-Milch-Schlagsahne über dem Mindesthaltbarkeitsdatum. Frau Aigner selbst betont doch immer, dass das komische Datum auf der Packung nichts zu sagen hat…

Und deshalb: Wohl bekomm’s!

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3 comments

  1. Französische Erziehung vs deutsche Erziehung
    Liebe Caro,

    Kennst du das Buch „warum französische Kinder keine Nervensägen sind“ von Pamela Druckerman? Mich würde sehr interessieren, was du darüber denkst! Schreib doch bitte bitte mal einen Post darüber!

  2. Mindesthaltbarkeitsdatum
    Das mit der Gänseleber wurde ja schon angesprochen, aber worüber ich noch stolperte, war der Punkt Mindesthaltbarkeitsdatum. Leider nehmen zu viele Deutsche das Datum zu genau, anstatt sich auf ihre Sinne zu verlassen. So landen leider viel zu viele Lebensmittel, die eigentlich noch gut sind, im Müll. Ich habe oft genug Joghurt etc. gegessen, der schon über das Datum hinweg war, doch dessen Geruch, Aussehen und Geschmack einwandfrei war.
    Aber was diese Erdbeeren angeht – ich kann auch das nicht verstehen. Erdbeeren aus China … im Herbst! Hauptsache, die lieben Kleinen verlieren schon im zarten Alter einen Bezug zu den Jahreszeiten und deren Lebensmittel. :/ Und hauptsache man karrt Erdbeeren von sonstwoher, obwohl man Erdbeeren auch bei uns – im Frühsommer – erhalten kann. Dazu noch Kartoffeln aus Ägypten (bio!) und Äpfel aus Neuseeland (auch voll bio, wenn so etwas durch die ganze Welt gekarrt wird). Aber der Deutsche kauft ja auch jeden Fraß.

  3. Foie Gras
    Ich gebe Dir grundsätzlich völlig recht, Caro. Aber du propagierst hier „bio“, was auch artgerechte Haltung bedeutet und hälst gleichzeitig Foie Gras für ein zu genießendes, gutes Essen? Klär mich auf, aber soweit ich weiß, ist zwangsernährung von Gänsen nicht gerade artgerecht… ansonsten bin ich voll bei Dir. Kinder sollten schon so früh wie möglich lernen, wann welches Nahrungsmittel regional Saison hat. Erdbeeren gibt’s im Sommer, Pflaumen im Herbst, Äpfel im Herbst/Winter und Rharbarber im Frühling. Warum also TK aus China??