Auswandern als Familie: Wir leben nun in Norwegen

Auswandern

Ihr Lieben, sooooo viele Familien träumen ja vom Auswandern. Einfach alles hinter sich lassen, irgendwo nochmal neu anfangen. Das hört sich romantisch und abenteuerlich an, kann aber auch sehr viel Kraft kosten. Helen und ihre Familie haben es gewagt und leben nun in Norwegen. Wie das kam, erzählt sie im Interview.

Liebe Helen, wer gehört alles zu eurer Familie und wie sah euer Leben in Deutschland aus?

Zu meiner Familie gehören mein Mann Dirk, unsere drei Kinder Liv, Luise und Levy. Levy ist 15, Luise noch dreizehn und Liv gerade 6 Jahre alt. Und wie haben einen kleinen Pudelwelpen namens Kiki.

Wir sind vor 10 Jahren von Berlin nach Falkensee gezogen und haben dort mit großem Garten in der Natur gewohnt. Mein Mann hat die letzten Jahre als Projektmanager in Berlin gearbeitet, das letzte Jahr aber selbständig als Gartenfirma hauptsächlich Dachrinnen gereinigt. Ich habe mich nach 10 Jahren als Kameraasistentin im Marketing selbstständig gemacht. Die Kinder gingen in Berlin zur Waldorfschule, die Kleine in den Kiga in Falkensee.

Nun lebt ihr in Norwegen. Wann habt ihr das erste Mal gedacht, dass ihr gerne auswandern wollt?

Wir waren letztes Jahr für 6 Monate hier in Norwegen, da wir ziemlich spontan die Möglichkeit hatten, in Haglandlille 8 Ferienhäuser, in einer kleinen Bucht am Meer und Fjord gelegen, zu betreiben. Haglandlille liegt an der Westküste in der Nähe von Haugesund.

Ursprünglich ging das Angebot an meinen Vater, der es uns erzählte und dazu meinte: „Tolles Projekt, aber momentan für mich nicht möglich.“ Da dachten wir: „Nach zwei Jahren Pandemie und so viel Zeit zu Hause – warum machen wir das eigentlich nicht?“ Und so haben wir Ende Oktober das Projekt einfach zu gesagt – ans Auswandern haben wir da noch nicht gedacht. Unser Haus haben wir dann an zwei ukrainische Frauen mit ihren drei Kindern vermietet, Ende Dezember haben wir uns die Anlage für eine Woche angeschaut und sofort Ja gesagt.

Warum Norwegen? Was mögt ihr an dem Land?

Warum Norwegen? Einfach, weil wir dort dieses tolle Angebot bekamen und wir offen für Veränderung waren. Zudem haben uns die Skandinavischen Länder als Reiseziel schon immer gefallen.

Wir alle lieben die Natur. Wir waren schon immer sehr naturverbunden, aber hier hat es uns einfach gepackt. Zudem hatten wir nicht damit gerechnet, dass wir hier so schnell so tiefe Freundschaften schließen. 

Wir wohnen Minuten von Haugesund entfernt und die letzten 12 Minuten fährt man auf einer kleinen Straße, die bei uns endet. Wir haben im ersten halben Jahr hier so viele tolle Menschen kennengelernt und sind von der Gelassenheit und Offenherzigkeit der Norweger einfach sehr beeindruckt. Auch Schule und Kiga liefen so tiefenentspannt ab, dass sich alle drei Kinder ziemlich schnell wohlgefühlt haben.

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Wann stand fest: Wir machen das. Wir wandern aus!

Nach den ersten 6 Monaten mussten wir uns entscheiden, ob wir es nochmal machen. Das war keine einfache Entscheidung. Aber wir haben Ja gesagt. Was das richtig bedeutet, wurde uns dann erst zu Hause klar. Wir haben aber schnell gemerkt, dass uns in Deutschland das Meer, der Fjord, die Natur und die Menschen hier fehlten. Und dass die Kinder nicht ständig hin- und herziehen können, sondern dass wir Klarheit schaffen müssen. Also haben wir die Entscheidung getroffen, für die nächsten Jahre nach Norwegen zu ziehen – also das Haus zu verkaufen und den Schritt zu wagen.

Wie haben die Kinder reagiert?

Diese Entscheidung haben wir als Eltern getroffen. Es war nicht einfach, diese Entscheidung den beiden Großen mitzuteilen und es ist erstmal auf absolute Ablehnung gestoßen. Doch das war uns klar und das finden wir auch völlig verständlich. Trotzdem sind wir davon überzeugt, dass sie es rückblickend in ein paar Jahren anders sehen werden und höchstwahrscheinlich dankbar sind für die Zeit, die wir hier haben.

Beide genießen hier ganz andere Möglichkeiten zu wachsen. Aber: Vor allem für unseren Großen, der schon in einer festen Beziehung und nun Fernbeziehung ist, waren die letzten Wochen oder Monate wahnsinnig emotional. Es war klar, dass wir einige Freundschaften loslassen oder der auf ein anderes Level heben müssen. Das Schöne ist ja, dass uns viele Freunde aus Deutschland im letzten Jahr besucht haben und auch dieses Jahr viele kommen werden.

Sprecht ihr schon Norwegisch? 

Letztes Jahr haben wir uns mehr mit Englisch hier verständigt, weil in Norwegen alle englisch können und wir ja noch nicht vorhatten, für länger hier zu sein. Dies Jahr sprechen die Großen dank der Schule schon Norwegisch und die Kleine kommt jetzt auch ins Sprechen rein. Wir Erwachsenen üben fleißig via Duolingo und in Sprachkursen – noch verstehen wir mehr als dass wir sprechen können, aber wir sind auf einem guten Weg.

Seid ihr noch happy mit der Arbeit?

Ja! Mein Mann macht hauptsächlich die Anlage und ich arbeite online als Aromacoach. Und wenn viel zu tun ist, packe ich hier natürlich mit an.

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Was fühlt sich heute besser an als damals in Deutschland?

Wir sind extrem viel draußen in der Natur. Am Meer, am Fjord. Wir gehen angeln, schwimmen, wandern. Das ist Luxus für mich! Und dafür sind wie so dankbar.

Ein Nachteil ist, dass zwei Kinder Fußball im Verein spielen und wir viel fahren müssen. Das hatten wir in Deutschland zwar auch, aber hier ist es noch etwas extremer. 

Gibt es auch etwas, was ihr an Deutschland vermisst?

Wenn wir etwas vermissen, dann ist es die Brotauswahl und die Bioauswahl. Aber wir backen nun selbst und haben uns schon einen kleinen Garten angelegt.

Viele Leute träumen ja vom Auswandern – und scheitern dann. Was meinst du ist der häufigste Fehler?

Mhm, wir haben nie vom Auswandern geträumt – wir waren auch in Deutschland glücklich. Aber dann haben wir uns einfach so sehr in dieses Fleckchen Erde verliebt, dass wir nicht anders konnten als den nächsten Schritt zu tun. Es ist hier einfach traumhaft schön und man lebt nur einmal. Seid mutig und ergreift die Chancen, die sich auch bieten. Man wächst dabei immer, auch wenn nicht immer alles einfach ist. Aber Höhen und Tiefen gehören eben zum Leben dazu.

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11 comments

  1. Das ist eine tolle Story und ich frage mich dabei immer, wenn ich lese „es ergab sich die Möglichkeit“ wie man an solche beruflichen Möglichkeiten kommt. Ich schaue selbst nach einer Option in Norwegen für eine Weile Fuss zu fassen, um herauszufinden, ob mir ein Leben hier zusagen könnte, lerne bereits die Sprache, doch so richtig weiß ich nicht, wo ich mit der Suche beginnen soll mit. Vielleicht hat die Familie einen Tipp, wie man an solche „Projekte“ kommt. Für die Kinder finde ich es eigentlich noch einfacher, da sie sich viel schneller anpassen können, weil sie oft noch nicht so verkopft sind, wie wir Erwachsenen. Ich wünsche der Familie natürlich alles Gute!

  2. Ja Ja. viel Glück kann man nur wünschen.In den letzten 20 Jahren die wir selbst in Norwegen leben, haben wir viele kommen und gehen gesehen. Alle mit großen Träumen!Denn die Realität sieht anders aus wie 14 Tage Urlaub und schöne Berichte im Fernsehen! Aber jeder muss seine Erfahrungen selbst machen. Lykke til !

  3. Sympathisch finde ich in dem Bericht, dass die Entscheidung für die Auswanderung aus der Begeisterung für Norwegen heraus getroffen wurde, und dass nicht Frust über das Leben in Deutschland das Ausschlaggebende war.

    Ich selbst bin im Alter von 16 Jahren nach einem recht langen Auslandsaufenthalt mit meinen Eltern wieder nach Deutschland zurückgezogen und habe das als sehr schwierig empfunden. In dem Alter ist man mitten in der Identitätssuche bzw. im Identitätsaufbau. Man ist noch nicht gefestigt, hat noch keine nennenswerte Lebenserfahrung, von der man profitieren könnte. In dem Alter ist das, was man an „Identität“ hat, untrennbar verwoben mit dem Freundeskreis und dem unmittelbaren Lebensumfeld. Umso schwerer wiegt es, wenn man in dem Alter aus diesem Lebensumfeld, mit dem man so eng verwachsen ist, herausgerissen wird. Ich habe mich damals mit 16 am neuen Wohnort ziemlich halt- und orientierungslos gefühlt. Hatte kein Gespür für die verschiedenen Milieus, dafür, wie die Leute in meinem Alter dort ticken. Ich traf auf fest konsolidierte Cliquen mit gemeinsamer Vergangenheit, mit gemeinsamem Slang, Insiderbegriffen, anderen Erfahrungshintergründen als ich. Das Wort Entwurzelung, das hier jemand verwendet hat, finde ich sehr passend.Ich habe mich zwar nach einiger Zeit nicht mehr „fremd“ gefühlt in meiner neuen Umgebung, aber wirklich „eingetaucht“ bin ich dort auch nicht. Ob das in dem Alter überhaupt *wirklich* möglich ist? Ich hatte nach einiger Zeit ein paar nette Bekanntschaften, von einem Freundeskreis würde ich nicht sprechen. Die Jahre nach dem Umzug waren schwierig und der Umzug hat, so empfinde ich es, bis weit in mein Erwachsenenalter hinein nachgewirkt.
    Gleichzeitig weiß ich natürlich auch nicht, was es möglicherweise für prägende Ereignisse gegeben hätte, wenn wir nicht umgezogen wären. Dann wären vielleicht andere Dinge schwierig oder lebensverändernd gewesen.

    Ein paar Gedanken für Eltern von Teenagern, die evtl. einen größeren Ortswechsel planen:
    Bezieht eure Kinder mit ein, hört sie an, hört ihnen wirklich zu. Nehmt ihre Meinung und ihre Gefühle ernst. Sprecht ihnen nicht ihre Gefühle ab („Ach, du wirst dich schon einleben. Du kannst ja im Schulorchester mitspielen, da knüpfst du bestimmt schnell Kontakte“). Sprecht eine potentielle Verletzung oder Belastung der Kinder angesichts eines schon feststehenden Umzugs offen an; vermeidet keine potentiell „unangenehmen“ Gespräche. Geht nicht automatisch davon aus, dass eure Teenager-Kinder den Umzug schon „gut wegstecken“ werden, nur weil sie ja schon „so groß sind“ und in vielerlei Hinsicht „ihr eigenes Ding machen“. Nehmt sie wirklich mit, nicht nur praktisch-logistisch, sondern auch emotional. Sprecht immer wieder über die Veränderung. Signalisiert, dass ihr offen seid für die Themen eurer Kinder. Wisst es wertzuschätzen, wenn eure Kinder sich euch gegenüber öffnen, und sagt euren Kindern das auch explizit. Gebt euren Kindern Halt, lasst sie nicht allein in der Situation.
    Meine Eltern haben mit mir nicht wirklich über diese große Veränderung gesprochen. Es gab keine Gespräche, die über rein organisatorische Dinge hinausgegangen wären. Dafür aber nach dem Umzug ab und zu eine Aufforderung à la, „Mach doch X“, „Geh doch in den Y-Verein“, die vielleicht gut gemeint waren, aber meinem inneren Erleben in keinster Weise gerecht wurden. Ich denke, Kinder – auch „große“ Kinder, Teenager – entfernen sich emotional von ihren Eltern, wenn sie spüren, dass ihre Eltern nicht bereit sind, sich auf ihre persönliche Realität einzulassen.

  4. Ich bin auch als Teenie ausgewandert.
    Die Erfahrung war teilweise furchtbar.
    Ich empfand den Umzug nicht als Bereicherung, sondern als Entwurzelung.

    Kinder und Teenager erleben solche Einschnitte völlig unterschiedlich.

    Ich würde das meinen Kindern nie antun, wenn die nicht ausdrücklich mit möchten.
    Ein Haus und ein Fjord wiegen keine Großeltern und Freunde auf.

    Der Familie wünsche ich natürlich Alles Gute.

  5. Auch ich habe aufgemerkt, als es um die Entscheidung der Auswanderung ging. Letztlich müssen die Eltern in dem neuen Land den Alltag bewältigen und können sicher gut einschätzen, was sie ihren Kindern zumuten können und was nicht. Die Auswirkungen einer derart weitreichenden Entscheidung können Kinder nicht übersehen, weshalb es völlig ok ist, sie nicht in die Entscheidung miteinzubeziehen.

    1. KA was es alles zu übersehen gibt, allerdings ist man mit 15 kein Kind mehr, sondern bereits ein Jugendlicher.
      Sofern man entsprechend erzogen wurde kann man sehr wohl einiges überblicken.

      Meine Eltern wollten damals auch eine Ferienwohnung in Spanien kaufen. Mein Bruder und ich waren dagegen und wir waren sehr froh, dass unsere Meinung auch mit berücksichtigt wurde. Die Gründe will ich aus gegebenem Anlass hier mal nicht nennen.

      Was jeder in diesem Alter viel mehr wirkt, ist nicht nur, dass man von einzelnen Freunden getrennt wird. Die Jugendlichen werden komplett aus ihrem gesamten sozialen Umfeld gerissen. Ob man das so gut finden muss – ich weiß ja nicht.

    2. Bei jüngeren Kindern würde ich dieser Aussage zustimmen. Mit 15 Jahren finde ich das aber hart. Klar sitzt man als Eltern da am längeren Hebel und die Kinder haben keine Wahl, aber sollte man seine Macht so ausnutzen? Wie wirkt sich das auf das spätere Verhältnis zum Kind aus? In 3 Jahren ist der Sohn volljährig und kann machen was er will. Und das Argument, später würden die Kinder das auch gut finden: das klingt eher nach Prinzip Hoffnung. Als ich 15 war, hatte meine Mutter überlegt, in eine andere Stadt zu ziehen. Ganz selbstverständlich ging sie davon aus, dass ich mitgehen würde. Niemals hätte ich das gemacht, meine Hobbies, Freunde, Schule war mir wichtiger. Ich wäre bei meinem Vater geblieben, obwohl ich ein viel engeres Verhältnis zu meiner Mutter hatte. Aber weder wollte ich den Ort wechseln noch so über mich verfügen lassen.

  6. Alls noch junge Familie mit Kindern finde ich toll so eine Entscheidung zu treffen, der älteste von den drei Kindern hatte es am schwierigsten, aber da es mit Sicherheit noch einige Freundinnen geben wird, wird er seine jung liebe schnell vergessen und in Norwegen eine neue finden , natürlich hätte man mit ihm sprechen können, aber entscheiden tun doch die Eltern, wir sind schon Rentner und haben seit vielen Jahren ein tolles Haus in Schweden und viele gute Freunde in Norwegen, wir sind in jüngerer Jahren viel durch Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen gereist, wir lieben die Landschaft, aber jetzt alter möchte ich nicht für immer hier bleiben, damals haben wir wegen der Kinder nicht gewollt, nun sind wir hier Rentner und sind sehr lange viel hier, jeder sollte sich vorher Gedanken machen,überlegen , nachlesen und die Entfernung überleben

  7. Sehe ich ganz genauso wie „anonym“. Finde es schade, dass die Bedürfnisse der Eltern eine höhere Priorität zu haben scheinen, wie die der großen Kinder. Auswandern kann man auch noch, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Trotzdem natürlich alles Gute und auch ich bin ein riesen Fan von Norwegen, habe dort ein Auslandssemester gemacht.

    1. Dem möchte ich gern widersprechen. Nicht immer kann man so sehr auf die Bedürfnisse der großen Kinder Rücksicht nehmen. Dieser Familie hat sich eine Chance geboten, die sie ergriffen haben. Auswandern ist nicht leicht. Ich bin selber vor 11 Jahren nach Norwegen ausgewandert und weiß, wovon ich rede. Bis die Kinder ausziehen, wird es noch einige Jahre dauern, dann ist die Kleine in Kleine groß,….
      Auch die wirtschaftliche Lage des Landes entscheidet mit, ob eine Auswanderung glückt.
      Auch Norwegen ist kein Schlaraffenland, hier hat man auch seine Hindernisse.
      Ich denke, die Eltern haben richtig entschieden, auch für ihre Kinder ❤️.

  8. Auf der einen Seite freue ich mich über jede Familie, die aus dem
    „Hamsterrad“ ausbrechen kann, auf der anderen Seite finde ich es -auf Grund meiner eigenen biografischen Erfahrung- extrem schwierig als Jugendliche(r) einen Landwechsel mitmachen zu müssen. Ich bin im gleichen Alter wie das älteste Kind aus diesem Artikel mit meiner Familie ausgewandert, ich habe es überstanden und aus mir ist auch was geworden. Aber ich wäre eher dankbar, wenn ich diese Erfahrung hätte nicht mitmachen müssen. Gefragt wurde ich – analog zum Kind aus diesem Artikel – ebenfalls nicht. Nicht falsch verstehen: die Kinder sind grundsätzliche robust und anpassungsfähig, aber die Pubertät ist wahrlich nicht das „ideale“ Alter für solche Veränderungen, zumindest habe ich das so erlebt. Ich wünsche der Familie natürlich trotzdem alles Gute und gutes Gelingen!

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