Bodyshaming, Schönheitsideale, Körperwahrnehmung – Interview mit Nora Tschirner: „Ärmel hochkrempeln, Mädels“

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Ihr Lieben, wir lieben ja, wenn etwas Festgefahrenes neu gedacht und aufgelockert wird und vielleicht habt ihr ja auch schon dieses leise Raunen in der Filmbranche vernommen, das uns ein „Da wird mal etwas Neues probiert“,  „Ganz von der anderen Richtung gedacht“. „Sowas gab´s noch nie“, zugeflüstert hat. Ein neuer Film kommt in die Kinos! Aber er wird nur für EINEN EINZIGEN TAG zu sehen sein, und zwar am Donnerstag, den 11. Mai.

Es geht um den Dokumentarfilm Embrace, in dem sich die australische Dreifachmutter Taryn Brumfitt vor der Kamera von dem ungesunden Streben nach dem perfekten Körper befreit. Sie selbst ist die Protagonistin und zeigt anschaulich, wie sie sich nach den Geburten mit ihrem Körper verrückt machte und wie sie damit aufhörte, um zu einem normalen Umgang mit ihrem Körper zurückzukehren. Ein hoch spannendes und leider immer noch sehr aktuelles Thema!

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„Medien, Werbung und Gesellschaft geben ein Körperbild vor, nach dem wir uns selbst und andere immer wieder bewerten und verurteilen“, so heißt es in der Filmbeschreibung. „Die australische Fotografin und dreifache Mutter Taryn Brumfitt wollte das nicht mehr hinnehmen. Sie postete ein ungewöhnliches Vorher/Nachher-Foto ihres fast nackten Körpers auf Facebook und löste damit einen Begeisterungssturm aus.“ Er wurde über 100 Millionen Mal in den sozialen Netzwerken angesehen, hauptsächlich von Frauen, die ebenfalls unter vermeintlichen Schönheitsidealen leiden.

Zu den Protagonisten des Films zählt auch Schauspielerin und Shooting-Star Nora Tschirner, die zugleich als Executive Producerin EMBRACE mitproduziert hat. Wir durften mit Nora über Körperhass, Normalo-Frauen und individuelle Schönheit sprechen.

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Es gibt kaum eine Frau, die nicht einzelne Körperteile – im schlimmsten Fall ihren ganzen Körper hasst. Warum ist das so?

Nora Tschirner: Das hat sicher viele Gründe. In einer Leistungsgesellschaft ist uns der ständige Drang, alles um uns herum und vor allem uns selbst fortlaufend zu optimieren von klein an antrainiert und über die Jahre wird es immer schwerer, die innere Körperstimme zu hören, weil so viel andere „Stimmen“ und Bilder auf uns einprasseln. Außerdem mangelt es uns zurzeit an sichtbaren Vorbildern. Menschen die natürlich, glücklich und in Würde altern, ohne dass ihnen dabei ein Zacken aus der Krone bricht.

Müssten wir im 21. Jahrhundert nicht längst über diese omnipräsente Figurdefinition hinweg sein?

Tschirner: Naja. Hätte-hätte-Fahrradkette. Schade ist es vielleicht schon, dass wir noch nicht weiter sind. Aber sich über die Armseligkeit des Ist-Zustands zu ärgern, bringt niemandem was. Lieber Ärmel hochkrempeln und sehen, wie wir eben jetzt weiterkommen.
 

Es gibt sie, diese Instagram-Frauen, die scheinbar perfekt sind, Diät halten, Sport machen, lässig sind. Wir Normalo-Frauen denken „WTF“ und tun so, als hätten wir das alles nicht nötig, als seien wir frei davon. Heimlich achten die meisten von uns aber doch darauf, was sie essen, wie sie aussehen. Wie kommt es zu diesem Widerspruch?

Tschirner: Vielleicht sind wir in diesem Fall ein wenig zu unachtsam mit dem, was wir unserem eigenen Bilderspeicher zumuten. Etwas anzuschauen und zu denken „WTF“ ist nicht das Gleiche, wie es gar nicht erst anzuschauen. Und wenn sich etwas erst einmal ins visuelle System gewanzt hat, bietet es sich eben auch dafür an, sich selbst damit zu vergleichen. Das ist ziemlich natürlich.

Wenn 10-Jährige heute ihre Oberschenkel schon „zu speckig“ finden – woran liegt es? Fehlt es an guten Vorbildern? Sind es die Sendungen wie Germanys Next Topmodel? Oder haben die Kinder zu oft ihre Mutter auf der Waage fluchen hören?

Tschirner: Das gibt es einen Kessel Buntes an Gründen. All diese Tatsachen sind sicher nicht hilfreich. Aber alleine schon in einer Leistungsgesellschaft aufzuwachsen, verleitet nun mal zum ständigen Ver- und Abgleich mit anderen. Auf allen Gebieten.

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Welche Botschaft möchtet Ihr also mit Eurem Film „Embrace“ vermitteln?

Tschirner: Werdet milder mit euch selbst.

Was bedeutet denn Schönheit für Dich?

Tschirner: Schönheit findet für mich abseits von Perfektion statt. Ich mag Bewegung, Veränderung und das Leben in seinen Ausdrucksformen. Leute, die dem Leben, sich selbst und anderen freudvoll gegenüberstehen, empfinde ich als schön.

Kannst Du drei Frauen nennen, die diesem – Deinem – Bild von Schönheit entsprechen?

Tschirner: Meine Top 3 sind meine Mama, Taryn Brumfitt und Jennifer Lawrence.

Vielen lieben Dank für Deine Zeit, Nora! Und hier noch der Trailer zum Film:

 

 

Die Fragen stellten Katharina Nachtsheim und Lisa Harmann.

Copyright Fotos Nora Tschirner: Markus Justus Schöler

 

 

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3 comments

  1. Hallo, ich denke, dass sich
    Hallo, ich denke, dass sich jede von uns Frauen sich irgendwie damit identifizieren. Man sollte sich und seinen Körper so lieben und akzeptieren lernen, wie man ist.
    LG

  2. Danke
    Danke für dieses spannende Interview. Toll, dass Frauen sich mit diesem Film zu Wort melden. Ich habe Kinokarten für den 11. Mai reserviert…

    1. Danke für Dein Lob
      Oh, das freut uns sehr! Ich (Lisa) sitze am 11. abends leider im Flieger und kann ihn nicht sehen, aber erzähl uns gern nachher, wie Dir der Film gefallen hat! Liebe Grüße!