Gastbeitrag: Fünf Dinge, für die ich mich bei Katharina entschuldigen muss

viki

"Katharina hatte vor uns allen Kinder. Das fanden wir toll. Die Kleinen waren ja auch zu süß und Katharina fischte wirklich nur ein oder zwei mal zerkaute Zwiebackreste aus ihrem Ausschnitt. Höchstens.

Das Ganze schien uns machbar.

Seit einigen Monaten habe ich nun selbst ein Kind. Und erst jetzt wird mir klar, wie viel ich damals überhaupt nicht verstanden habe.

1.Es war keine gute Idee, Dich um halb neun zu fragen, ob Du gleich noch mit nach Neukölln was trinken gehen willst.

Dein zweites Baby war gerade drei Wochen alt. Auf meine SMS hattest Du nicht reagiert, weil Du vermutlich gerade dem einen Kind den Schlafanzug angezogen und das andere gewickelt hast. Also rief ich um halb neun an. Perfekte Zeit, wie ich heute weiß!

Nein, Du hättest keine Lust, gleich noch vom Prenzlauer Berg mit nach Neukölln zu fahren. Doch, das eine Kind würde schlafen, das andere fast. Aber der Mann sei aus und einen Babysitter fändest Du nicht so schnell. Das fand ich damals sehr unspontan von Dir.

2.Du warst doch nicht verrückt, als Du Dein fünf Monate altes Baby auf dem Arm getragen und den leeren Kinderwagen geschoben hast

Der Kleine sollte nur nicht schlafen, wie er es immer macht, sobald er im Kinderwagen übers Kopfsteinpflaster holpert. Du würdest gerade versuchen, ihn ein wenig an einen Rhythmus zu gewöhnen, sagtest Du. Und ich hielt Dich für verrückt.

Heute weiß ich, dass Babys Gewohnheitstiere sind und es lieben, wenn ihr Tag nach einem bestimmten Schema abläuft.

3.Wir hätten uns ruhig Deine Geburtsgeschichte anhören können

Du hattest gerade Dein erstes Kind bekommen und ich kam mit einer Freundin zu Besuch. Nein, den bereits fertigen Fenchel-Anis-Kümmel-Tee wollten wir nicht, lieber einen Cappuccino. Espresso war auch OK. Das Baby fanden wir süß, aber es schlief ja, wie langweilig.

Du erzähltest von Deiner Geburt. Viel habe ich  mir nicht gemerkt, denn als es bei mir selbst so weit war, fragte ich Dich noch einmal danach. Und es schien mir, als hörte ich das alles zum ersten mal.

4. Ich hätte auch pünktlich sein können.

Schwanger ohne Kind ist ein Traum. Ich schaute mir gemütlich im Bett Serien an und trank dazu Kräutertee, den mir mein Mann vor der Arbeit noch ans Bett gebracht hatte. Gegen die Morgenübelkeit – die aber längst nicht mehr da war. Nur wie hätte ich das merken sollen, ich stand ja nicht auf. Um halb zehn textete Katharina, ob wir uns draußen zum Kaffee treffen wollten, die Sonne schien so schön. Ich musste erst noch in die Wanne. Halb elf schien mir realistisch. Es wurde elf. Da war Dein Spaziergang längst um. Siehe alles weitere zum Rhythmus des Babys unter Punkt zwei.

5. Nein, man muss nicht unbedingt testen, ob das Babyphone bis zur Kneipe am Ende der Straße reicht.

Es war einer dieser herrlichen Sommerabende in Berlin, an denen es nie dunkel wird. Wir wollten noch was essen gehen, Euer Babysitter hatte keine Zeit. Klar, dass wir dann einfach in ein Restaurant bei Euch in der Straße gehen, damit Ihr auch dabei sein könnt! Eine Freundin schlug vor, Du solltest den Kleinsten einfach im Babywagen mitnehmen. Ich hätte getestet, ob das Babyphone nicht auch bis zur Pizzeria reicht und die Kinder in der Wohnung gelassen.

Und dazu muss man jetzt eigentlich gar nichts weiter mehr sagen außer SORRY xxx !"

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Erklärung: Viki ist eine meiner liebsten Freundinnen. Wir kennen uns seit der Journalistenschule und sind bis heute voll auf einer Wellenlänge. Wir waren viel feiern, haben viel unternommen, Rotweinflaschen geelert und gequatscht. Und dann bekam ich ein Kind. Und noch eins. Und hatte eben plötzlich manchmal ganz andere Sorgen und Gedanken als sie. Das hat uns aber nicht voneinander entfernt, obwohl sie ab uns zu dachte ich spinne. Und Ich in Gedanken sagte: "Warte mal ab, bis Du Kinder hast." Jetzt hat Viki einen Sohn und hat mir diese Zeilen geschickt. Wunderbar ehrlich und ganz zauberhaft. 

 

 

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6 comments

  1. Aber das mit dem Babyfon ist doch super…
    … wir haben die komplette Reichweite zu den Restaurants in unmittelbarer Umgebung durchgestestet! Und später mit der „Raumüberwachungsfunktion“ des Festnetztelefon, das einen auf dem Handy anruft, wenn es sich im Kinderzimmer muckt, sogar den Radius erweitert. Klar, dass man zu Fuß oder mit dem Rad in null-komma-nix wieder zu Hause sein können muss, wenn es „Alarm“ gibt und einmal ist der Mann auch wirklich gesprintet, als ginge es um olympisches Gold… Genießt das doch, wenn ihr innenstadt- und restaurantnah wohnt! Wir wohnen jetzt im Neubaugebiet und sehr idyllisch, nur keine Kneipe und kein Restaurant in Fahrradsprinternähe. Was gäbe ich heute wieder um ein erreichbares Ziel in Babyfonreichweite!

    1. Haben wir..
      ..tatsächlich auch ein paar Mal so gemacht. Aber ich hab gemerkt, dass ich doch unruhig bin. Kopfkino und so. Wahrscheinlich unberechtigt, aber eben da. Ich kann den Abend tausend mal mehr genießen, wenn ein Babysitter da ist.

      1. Na klar…
        … unseren treuen Babysitter*innen-Pool wären wir verloren! Zumal jetzt in der kneipenlosen Vorstadt. Mit dem Babyfon damals konnte man einfach nochmal herrlich spontan sein in einem ansonsten völlig unspontanen Leben! 🙂

  2. HAHAHAHA
    hahaha mehr kann ich nicht dazu sagen. Außer Text und schön, dass die Freundschaft gehalten hat 🙂 Ich sollte meine beste Freundin mal fragen, was sie damals wohl über mich gedacht hat.