Gastbetrag von Tülay: Und plötzlich durfte ich ein Leben retten

tuelay 0

Ihr Lieben, vor ein paar Wochen habe ich mich bei der DKMS regisierten lassen. Das hatte ich schon ganz lange vor, denn wenn ich die Spendenaufrufe für todkranke Menschen sehe, zieht sich mein Herz zusammen. Was wenn mein Blut ein Leben retten könnte und ich es nur nicht weiß, weil ich bisher zu bequem war, um mich registieren zu lassen. Dabei ist dieser Vorgang so einfach, dauert nur ein paar Minuten. Wie das funktioniert, könnt ihr HIER nachlesen. Auch unsere Leserin Tülay hat sich registrieren lassen und so einem Menschen das Leben gerettet. Hier kommt ihre Geschichte: 

"Ich glaube, es war das Jahr 2011 als mein Mann und ich uns bei der DKMS typisieren ließen. Ich hatte vorher gehört, dass man hatte einen passenden Spender für ein junges Mädchen gesucht und wir haben uns gedacht: 'Mensch, vielleicht ist einer von uns ja der passende Spender?'

Die Typisierung war es eher unspektakulär: Formulare ausfüllen, Blut Abnahme, fertig. Monate später haben wir erfahren, dass kein passender Spender für das junge Mädchen gefunden wurde und Sie den Kampf gegen den Blutkrebs verloren hatte. Das hat mich damals sehr getroffen.

Wir bekamen kurz darauf unsere DKMS Spender Ausweise zugeschickt und lange Zeit hörten wir nichts – bis Ende 2014 ein Brief im Briefkasten lag. Ich wäre in der engeren Auswahl für einen Patienten und ob ich denn nochmal Blut abgeben könnte, um weitere Kontrollen durchzuführen. Das tat ich natürlich sehr gerne. 

Im Februar 2015 bekam ich einen Anruf von der DKMS und mir wurde mitgeteilt, daß ich zu 100% mit einem Patienten übereinstimme und ob ich noch bereit wäre zu spenden…

Ich habe nicht eine Sekunde nachgedacht und sofort JA gesagt. Denn ich wusste, dass es einen Menschen gibt, der totkrank ist und der meine Hilfe braucht. Wie kann man denn „Nein“ sagen?

Diese schreckliche Krankheit Blutkrebs kommt in den unterschiedlichsten Arten vor und kann jeden Menschen in jedem Alter treffen. Man kann nicht sagen: ' OK, ich bin jetzt über 20 Jahre alt und werde keinen Krebs mehr bekommen!' oder „'Mein Kind ist jetzt über 10 Jahre alt und wird keinen Krebs bekommen!'  So tickt diese heimtückische Krankheit leider nicht.

Ich stellte mir zudem vor, dass jemand, den ich liebe Blutkrebs bekommen würde – würde ich dann nicht auch sehnslichst auf einen Spender hoffen? 

Am 22.05.2015 war es dann soweit. Das Krankenhaus des Patienten hatte sich für die Therapie „Stammzellen über das Blut“ entschieden und so musste ich nicht am Knochenmark operiert werden. Ich durfte in der Nord Klinik in Nürnberg spenden. Die Ärzte und die Krankenschwestern in der onkologischen Transplantationsabteilung waren sehr freundlich und die ganzen 5 Stunden bei mir. Ich habe in diesen Stunden viel über diese Krankheit, die Therapien und „die Zeit danach“ erfahren. Ich konnte das alles in diesem Augenblick noch nicht so richtig begreifen.

Doch nach fast 2 Stunden sah ich in dem Beutel über mir eine gelbe Flüssigkeit. Ich fragte den Arzt, was das denn ist und er sagte: 'Das ist das LEBEN!' Es traf mich wie ein Schlag und plötzlich fing ich an zu weinen. DAS waren meine gesunden Stammzellen! DAS würde „mein Patient“ bekommen und DAS bisschen Flüssigkeit würde vielleicht sein Leben retten…

Ich war überwältigt von der Arbeit der Ärzte, von den Maschinen, die mein Blut zogen und die Stammzellen filterten.  Am Ende der 5 Stunden kam heraus, daß ich am nächsten Tag nochmal spenden muss, da die Stammzellen nicht die gewünschte Anzahl erreicht hatten.

Der nächste Tag war genauso erfolgreich und noch im Krankenhaus rief ich die DKMS an.  'Vielen Dank für Ihre Spende. Ihre Stammzellen sind auf den Weg nach Dänemark zu einem 58 jährigen Mann!'

Ich weinte und weinte. Vielleicht vor Erleichterung oder aber auch vor dem Erkenntnis, dass ich meinen Vater mit 58 Jahren bei einem Verkehrsunfall verloren hatte. 58 Jahre! So jung. Vielleicht war er auch Vater und vielleicht hatte er auch Enkelkinder. Vielleicht könnte wenigstens ER seine Kinder aufwachsen sehen. Wie Sie den Führerschein machen, auf der Universität studieren, den Abschluss bekommen, sich verlieben, heiraten und Kinder bekommen. Mein Vater durfte das alles nicht sehen, er wurde aus dem Leben gerissen! Aber vielleicht darf mein genetischer Zwilling das alles nun erleben?

Ende 2015 bekam ich plötzlich einen Anruf von der DKMS. „Meinem Patienten“ ginge es ausgezeichnet, er wurde entlassen und wäre aktuell GEHEILT.  Ich begriff es zuerst nicht, denn es dröhnte in meinen Ohren. Ich war so aufgeregt… Dann hörte ich es deutlicher „Sie haben ein Menschenleben gerettet. Sie können stolz auf sich sein.“

Das bin ich auch, heute und auch in der Zukunft.

Ich habe oft versucht, meinem genetischen Zwilling einen Brief zu schreiben. Aber was soll ich Ihm sagen? Was kann ich einem praktisch fremden Menschen, der MEIN Immunsystem trägt, sagen? Ich weiß es nicht…

Aber ich bin stolz. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, man kann es wirklich nicht in Worte fassen. Ich habe einen Teil von mir gespendet, aber ich bin immer noch vollkommen! Mir fehlt keine Niere oder Lungenflügel. Ich habe gesunde Stammzellen gespendet, ein gesundes Immunsystem. Diese Stammzellen haben sich in mir schon längst wieder regeneriert. Ich habe also NICHTS an und in meinem Körper verloren und doch so viel dazugewonnen!

Es ist einfach ein Geschenk, ein Leben retten zu dürfeb. Ich bitte jeden von Euch darüber nachzudenken Stammzellen-Spender zu werden. Es ist so einfach LEBEN zu retten und dieses unbeschreibliche Gefühl lässt Euch die Welt mit anderen Augen sehen.. Es wird Euer Leben verändern…"

39b30df61af64f9dac64cea82bb9a01c

Du magst vielleicht auch


3 comments

  1. toll!
    Du kannst wirklich unheimlich stolz auf dich sein!
    Ich darf gar nichts spenden, kein Blut keine stammzellen, weil ich Asthma habe. Das finde ich sehr schade, denn natürlich denke ich mir, dass jemand der vllt deswegen stirbt doch viel lieber Asthma gehabt hätte, dafür aber lebt…