Leserfrage: Mama sagt so und Papa ganz anders – wie geht ihr damit um?

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"Ich heiße Tina. Wir sind eine stinknormale Familie mit zwei Kindern (4 und 8 Jahren). Die Baby- und Kleinkindzeit haben wir gut überstanden. Wir haben uns von Anfang an auch als Elternpaar viele Dinge geteilt: die Elternzeit, das Zubettgehen, das Wegbringen und Abholen, das Arbeiten.
 
Das hat immer alles ganz ok funktioniert. Seitdem die Kinder größer werden, gehen unsere Erziehungsansätze allerdings immer weiter auseinander. Das heißt im Klartext: Wir finden keinen roten gemeinsamen Faden mehr und ziehen häufig nicht an einem Strang. Wir sind in Erziehungsfragen einfach völlig verschiedener Meinung.
Sicher hat es auch was mit uns als Paar zu tun.  Ich muss aber dazu sagen, dass wir uns – wenn wir uns Extra-Zeit für uns nehmen und mal die Kinder zu Oma/Opa verfrachten und ein Paarwochenende machen, sehr gut verstehen.
 
Es hakt vor allem in der gemeinsamen Erziehung. Ich bin eher nachsichtig, bedürniserfüllend und nicht so streng. Ich erlaube den Kindern viel mehr, z.B., dass sie, wenn sie nicht schlafen können, zu uns ins Elternbett kommen dürfen. Oder dass sie selbst entscheiden dürfen, ob sie viel oder wenig essen zum gemeinsamen Abendbrot. Das sind nur kleine Beispiele.
 
Mein Mann agiert genau gegensätzlich, er ist viel strenger und möchte ständig, dass die Kinder genau das machen, was er sagt, also quasi aufs Wort hören. Beispiel: Sie sollen das Kinderzimmer aufräumen. Er sagt es und wenn es nicht sofort passiert, wird er laut und ungehalten, schreit rum und verlangt eben, dass sie sofort auf das hören, was er sagt.
Mir dreht sich dabei oft der Magen um. Ich unterstütze seine autoritäre Art nicht und falle ihm oft in den Rücken.  Ich finde es normal, dass es mehrere Anläufe braucht, ins Legospiel versunkene Kinder zum Aufräumen zu motivieren, weil sie eben sehr in diesem Moment sind.
 
Ich empfinde das "ganz im Hier und Jetzt spielen" als was sehr wertvolles. Mein Mann hingegen hat Angst, dass die Kinder später im Leben nicht klarkommen, weil ich sie zu weich erziehe und sie nicht zackig genug reagieren, wenn man Anforderungen an sie stellt.
 
Regeln befolgen und Gehorsam sein, so ist er auch selbst erzogen worden, denn er  stammt aus einer gläubigen katholischen Großfamilie mit vielen Kindern. Ich hingegen habe nur einen Bruder und bin nie streng erzogen worden, sondern durfte vieles schon früh selbst entscheiden.
 
Wenn ich finde, dass Papa die Kinder übertrieben oder ungerechtfertigt angreift, gehe ich als Mama dazwischen. Das wiederum führt natürlich zu ständigen Auseinandersetzungen. Kennt ihr solche Probleme bei der gemeinsamen Erziehung auch?
 
Und meine Frage: Wie geht ihr damit um? Bleibt ihr einfach entspannt und lasst den Anderen machen oder interveniert ihr auch?"
 
Foto: Pixabay
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9 comments

  1. Unterschiede
    Bei uns ist es so, dass wir beide bedürfnissorientiert mit unseren Kindern umgehen. Wobei ich da die konsequentere und manchmal auch ungeduldige bin. Allerdings verbringe ich mehr Alltag mit Ihnen. Mein Mann sieht sie im Alltag meist nur 1 Std. am Abend und da hat er unendlich viel Geduld mit Ihnen und macht total viel Quatsch mit den Beiden. Haben wir frei, dann wird er meist so ab dem 4. Tag auch strenger ;-)! Meist ziehe ich mich zurück, wenn er ewige Trödeleien mitmacht und lasse es ihn auf seine Art machen (wenn er sie morgens in den KiGa bringt, oder abends ins Bett). Wenn mich etwas sehr nervt, dann sage ich es ihm hinterher. Wenn er allerdings manchmal findet, dass ich zu sehr fordere oder sogar auch mal laut geworden bin, dann übernimmt er einfach die Kids und delegiert mir eine andere Aufgabe zu (z. B. Müll runter bringen). Darüber bin ich sogar dankbar, denn in solchen Momenten fehlt mir einfach die Geduld…

  2. Mach dich stark!
    Bei uns ist die Aufteilung auch ähnlich wie bei dir, Tina. An sich ist daran nicht falsch und es heißt auch nicht dass ihr ein schlechtes paar seid.

    Laut werden, rum brüllen und gehorsam erwarten würde ich aber nicht tolerieren. Meinem Mann habe ich klar gemacht, dass er gern strenger sein kann als ich, es wird hier aber nicht gebrüllt und angst gemacht um etwas durchzusetzen, das ist 1. Verbale Gewalt und 2. Einfach falsch. Ein paar mal ist es trotzdem vorgekommen und in diesen Momenten kommt der Mama-Löwe in mir durch. Ich verteidige meine Tochter aufs äußere und niemand darf ihr Angst machen. Das sage ich sowohl ihr als auch meinem Mann. Wenn er schlimmer werden sollte, ofer gar körperlich, , zeige ich ihn an, das weiß er auch. Ich würde nicht zögern.
    Ich bin bewusst so hart, weil ich niemandem erlaube diese Grenze bei meiner Tochter zu übertreten, vor allem nicht dem Vater. Bis jetzt läuft es so, er hat sich nicht nochmal verhaltenstechnisch verrant. Geholfen hat sicherlich, dass ich ihm das Buch „Klein“ geschenkt habe – was hat er geweint, als er das gelesen hat. Männer die so augewachsen sind müssen ganz dringend verstehen, das blinder Gehorsam ihren Kindern schaden wird und dass eine selbstbewusste, glückliche Persönlichkeit nur entstehen kann, wo geliebt, gesehen und anerkannt wird.

    1. Ergänzung
      Im Nachgang fällt mir noch etwas wichtiges ein: ich finde es ganz und gar nichts falsch, sich vor den Kindern einzumischen. Auch sie sollen wissen, dass das was ihnen geschieht nicht richtig ist und dass es jemanden gibt der sich für sie einsetzt. Als Vorbild will doch jede Mama, dass das eigene Kind sich für Schwächere einsetzt und sie schützt. Also auf jeden Fall weiter Vorbild bleiben und die Kinder und ihre Würde verteidigen! Misch dich ein. Wenn die Kinder an ihrem Vater zweifeln tun sie es nun mal zu recht. Und auch das sollte man ihnen -egal in welchem Alter – nicht absprechen. Im Zweifel stehe ich immer zuerst an der Seite meines Kindes, jeder der sich ihnen gegenüber gzt verhält, hat mein Vertrauen. Hört das auf, wird auch das Vertrauen entzogen. Für mich sehr logisch.

  3. Bei uns Zuhause und der
    Bei uns Zuhause und der Erziehung unserer 3 Kinder geht es ähnlich zu.
    Mein Mann ist meist der Strenge von uns beiden, schnell laut schnell aggressiv. Er möchte dass die Kinder gehorchen „weil er es sagt“.
    Das kommt mir manchmal vor wie Hundeerziehung und mir dreht sich der Magen um. Dabei ist er selbst in einem antiautoritären Haushalt groß geworden!
    Ich vermeide es auch dass wir uns vor den Kindern streiten, aber manchmal kann ich einfach nicht anders als ihm zu sagen dass seine Art die Kinder zu reglementieren voll daneben ist.
    Bei mir gibt’s kein „weil man das so macht“ und schon garkein „weil ich es sage“. Ich lebe den Kindern vor was ich von ihnen möchte und erkläre in normalem Ton was mir nicht gefällt.
    Ich glaube mein Mann hat große Angst dass die Kinder uns in der Pubertät auf der Nase rum tanzen wenn sie nicht mit drei Jahren schon spuren…schrecklich!

  4. Kommt mir bekannt vor
    Hallo liebe Tina.
    In deinem Text habe ich unsere Erziehung bzw die Unterschiedlichkeit über Erziehung wiedererkannt.
    Ich bin auch die bedürfnisorientiertere, die unser Kind schon viel selber entscheiden lässt, auch vom Tisch aufstehen darf, wenn es fertig ist und die nicht verlangt, dass es gehorchen muss. Mein Mann, ist ähnlich wie deiner, sehr sehr streng erzogen worden.
    Hin und wieder geraten wir deswegen aneinander. Ich erkläre ihm oft meine Sicht und sehr oft stimmt er dem tatsächlich auch zu. Jedoch fällt es ihm schwer, anders zu handeln, weil das meiste impulsiv passiert und er es eben nicht anders kennengelernt hat, wie er selber sagt. Aber er ist auf einem guten Weg. Ich versuche ihm, in solchen impulsiven und ihn bekannten Mustern nicht in den Rücken zu fallen. Zugegebenermaßen fällt mir das sehr schwer. Aber auch ich gebe mein bestes. Wenn es solche Situationen gab, mit denen ich nicht einverstanden war, klären wir sie am Abend zu zweit. Damit fahren wir bis jetzt sehr gut.
    Ich hoffe, dass ihr einen Weg finden werdet, mit dem es allen gut geht.

  5. Wir sind auch in manchen
    Wir sind auch in manchen Dingen unterschiedlich, nähern uns aber immer mehr an, weil wir auch viel darüber reden. Mein Mann kommt aus einem ähnlichen Umfeld, wie du es von deinem Mann beschreibst und ist selbst auch eher zum Gehorsam erzogen worden. Aus der Reflexion seines (mittlerweile eher schlechten) Verhältnisses zu seinen Eltern hat sich aber ergeben, dass er einiges anders machen möchte bei eigenen Kindern. Manchmal (vor allem in Stressmomenten) verfällt man in alte Muster bzw. in das, wie man es selbst erlebt hat, und dann fällt es mir sehr schwer mich nicht einzumischen, aber die Dimensionen sind bei uns mittlerweile viel kleiner. Würde mein Mann sich so verhalten wie du es von deinem Mann beschreibst, könnte ich das nicht ertragen. Wir haben beide das Buch „Wider den Gehorsam“ von Arno Gruen gelesen und seitdem freue ich mich noch mehr über unsere zwei Kinder, die uns nicht gehorchen, sondern scheinbar geliebt genug fühlen, um sie selbst zu sein. Ich kann das Buch nur empfehlen und außerdem das beste Buch über Kinder und Gefühle und Erziehung „Kleine Gefühlskunde für Eltern“ von Vivian Dittmar. Sowas kann man ja auch mal gemeinsam lesen und sich darüber austauschen.

  6. War bei uns auch so
    Bei uns war es sehr ähnlich, nur dass ich in der Baby und Kleinkindzeit mehr Erziehungsarbeit übernommen habe wie Versorgen, Bringen, Abholen etc.
    Unsere Unterschiedlichkeit in Erziehunsansichten hat auch zu unserer Trennung beigetragen. Am Ende trat zu Tage, dass es weit mehr als unterschiedliche Ansichten sind. Es ist eine grundlegend andere Einstellung zum Kind und am Ende zum Menschen. Und noch weiter gedacht zu Leben.
    Ich vertraue auf mein Kind, lass es viel entscheiden, zwinge es nicht, schreie nicht, bestimme nicht willkürlich.
    Mein Ex Mann konnte nicht aufhören mich zu belehren. Ich könnte nicht ertragen wie er mit dem Kind umgeht.
    Ich denke wenn man es schafft den Partner so sein zu lassen wie er ist und erzieht, kann es funktionieren.

  7. Kenne ich
    Ihr müsst nicht immer einer Meinung sein. Wichtig ist, dass Du ihm nicht in den Rücken fällst, wenn er „erzieht“, sondern ruhig bleibst und ihm ohne Kinder deine Sicht der Ding erklärst. Die Kinder merken ja eure Uneinigkeit und sind verunsichert und nutzen es irgendwann auch aus. Es ist auch bei uns so, dass wir manche Dinge anders sehen als der Andere, diese Dinge aber ohne Kids besprechen. Wenn einer von uns also eine „Ansage“ macht, dann trägt der Andere sie mit, auch wenn er es vielleicht anders sieht. Bei uns bin ich die Strenge und mein Mann eher entspannter. Grundsätzlich erziehen wir unsere Kinder aber deutlich strenger als Andere im Vergleich.