Priska Lachmann: „Ich bin eine schlechte Mutter? Von wegen“

Mit allen Sinnen wachsen

Innige Mamaliebe. Foto: pixabay

Ihr Lieben, Priska ist 3fache Mädchenmama und hat sich nach ihrem Theologiestudium entschieden, doch lieber Autorin statt Pfarrerin zu werden. Ihre Kinder sind 3, 7 und 11 Jahre alt. Ihr Buch „Mama. Frau. Königstochter(Affiliate Link) schrieb sie für all die Verzweiflungsmomente, die man als Mama erlebt…

„Ich bin nicht gut genug“, „Ich bin eine schlechte Mutter“, „Meine Träume sind ausgeträumt“. Das Buch soll in diesen Momenten wie eine gute Freundin sein und zeigen, dass man nicht alleine ist. Wir dürfen dieses Kapitel aus dem Buch hier exklusiv zeigen.

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„Wir leben in einer Welt, in einem Zeitalter der schein­baren Perfektion. Auf Instagram werden unsere Fotos gefiltert und vermitteln so genau den Eindruck, den wir von uns preisgeben wollen. Wir wollen den Erwartungen entsprechen, die diese „perfekte Welt“ an uns hat.

Wir sind einer permanenten Flut an perfekten Bildern ausgesetzt, von perfekten Frauen und Müttern und vielen anderen glücklichen, erfolgreichen Menschen. Alles ist voller Lachen und Glückseligkeit. Noch dazu sind wir überflutet von unterschiedlichen Nachrichten, Meinungen und Überzeugungen, die jeden Tag auf uns einströmen und uns sagen, wie wir leben und uns optimieren sollen. Wir sitzen währenddessen aber in unserem realen Leben.

Als Mama können wir nicht rund um die Uhr glückselig sein

Zwischen angebrannten Töpfen mit Essensresten, vollgespuckten Mullwindeln und ungewa­schenen Vorhängen, und haben noch dazu immer zu wenig Geld auf dem Konto. Wir spüren manchmal wenig von dieser Glückseligkeit, die wir vermittelt bekommen, und die ganzen Meinungen, wie wir zu leben haben und was wir zu denken haben, können uns leicht überfordern. Kennst du diese Verzweiflungsmomente, wenn du dir sehnlichst nur mal fünf Minuten für dich wünschst und dich im Bad einschließt?

Weißt du, wovon ich spreche, wenn ich dir erzähle, dass ich manchmal im Bad dann heimlich weinen muss, weil ich so erschöpft und müde bin? So frustriert vom Alltag? So genervt von den Streitereien oder manchmal auch einfach nur so traurig?

Alle möglichen Gedanken schießen mir in diesen Mo­menten durch den Kopf und machen mir das Leben zu­sätzlich schwer. Lügen, die sich in meinem Herz festsetzen wollen, negative Überzeugungen, die mich zusätzlich run­terziehen. Alles, was ich dann brauche, ist jemand, der diesen Stimmen die Wahrheit über mich entgegensetzt, der mir Worte des Trostes und Mitgefühls schenkt, Worte der Wertschätzung. Jemand, der mir sagt: „Du bist gut genug“.

„Du rockst das. Du machst das fantastisch. Du bist genug.“

Genau diese Person möchte ich für dich in solchen Mo­menten sein. Deshalb schreibe ich dieses Buch. Ich will dich mit den unterschiedlichen Kapitelüberschriften bei deinen vertrauten Gedanken abholen, und dir dann zusprechen: „Du rockst das. Du machst das fantastisch. Du bist genug. Gut genug. Und sogar mehr als das: Du bist eine unendlich geliebte, wundervolle Mama, Frau und Königstochter!“

Mutter zu sein fühlt sich oft an wie eine wilde Achterbahn­fahrt. Und je älter die Kinder werden, desto gefährlicher wird die Achterbahn. Wir fangen an mit der harmlosen Raupenbahn, dann fahren wir mit einer Wichtelbahn durch einen Zauberwald voller Einhörner und steigen irgendwann auf die Ritterachterbahn um. Bei dieser geht es auch schon mal richtig steil nach oben und unten und scharf um die Kurve, und es kitzelt im Bauch. Dann folgt die Wildwasserbahn. Hier kann es manchmal nass und rutschig werden, aber richtig krass wird es erst danach, in der abgefahrenen Hurrikanbahn mit Loopings, 90­Grad­Steigung und einer Fahrtgeschwindigkeit, dass man kaum noch denken kann. Dann ist alles, was zählt, einfach im Wagen sitzen zu bleiben. Augen zu und durch.

Die gute Nachricht ist: Mamasein ist keine Mathearbeit

Die gute Nachricht ist: Mamasein ist keine Mathearbeit. Unsere Kinder sind uns nicht anvertraut worden, um zu testen, ob wir es mit ihnen schaffen oder versagen. Note 1 oder Note 6, die gibt es hier nicht. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten. Du hast den „Muttertest“ schon bestanden, indem du dich dafür entschieden hast, ein neues Leben auf dieser Welt willkommen zu heißen. Bei allen anderen Aufgaben geht es nicht ums Bestehen, sondern nur noch darum, an ihnen zu wachsen.

Das nächste Mal, wenn jemand im Supermarkt zu dir sagt: „Oh, warten Sie nur, bis Ihre Kinder Teenager sind!“ und alles, was du tun möchtest, weinen ist, wenn du später zu Hause ankommst und siehst, dass dein zweijähriges Kind wieder alles ausgeräumt hat, was du gerade erst weggeräumt hast, weil du dir denkst: „Wirklich? Ich soll diese Situation jetzt mehr genießen, weil es später nur noch schlimmer wird?“, dann stell dir vor, ich würde meinen Arm um dich legen, dich anlächeln und sagen:

„Entspann dich. Du bist müde? Ich auch. Du bist er­schöpft und du kannst keinen klaren Gedanken mehr fassen? Ich auch. Wir versagen alle. Und wir machen alle einen fantastischen Job!“

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Es ist längst offensichtlich, warum es Frauen in unserer Generation so schwerfällt, Mutter zu sein: Sie fühlen sich hin- und hergerissen zwischen den verschiedenen Leitbil­dern, die die Gesellschaft ihnen suggeriert. Die gute Mutter einerseits, die Karrierefrau andererseits. Frauen tragen ihr schlechtes Gewissen jeden Tag mit sich herum. Das Ideal der Mutter, die immer für ihr Kind da ist, konkurriert mit dem der Businessfrau, die finanziell unabhängig ist, oder mit dem der idealen Partnerin, die trotz ihres Kindes im­mer genug Kraft und Zeit in ihre Partnerschaft investiert.

Gute Eltern sind keine professionellen Erzieher, sondern Menschen, die ihre Kinder aus ganzem Herzen lieben.

„Pflichtbewusstsein, das Streben nach Perfektion und übersteigerte Qualitätsansprüche, so die Forscher, belasten Eltern heute so sehr, dass diese an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gerieten und in ihrer eigenen Lebensgestal­tung stark eingeschränkt seien.“ Vielleicht sind es auch Schuldgefühle, die Mütter von au­ßen übergestülpt bekommen. Von anderen Frauen, die uns sagen, wie wir stillen, schlafen und erziehen sollen.

Wer kennt sie nicht, diese Kommentare: „Was? Dein Kind hat Saugverwirrung? Du solltest ihm wirklich keinen Schnuller mehr geben!“; „Oh, dein Kind schreit die ganze Zeit? Hast du es nicht mit dem Schnuller versucht?“; „Bitte, warum willst du schon abstillen?“; „Was, du stillst immer noch?“; „Also, Plastikspielzeug gibt es bei uns ja gar nicht.“; „Ele­na­ Marie wird ja im Montessori ­Stil erzogen, das solltest du auch mal probieren.“ Und so weiter. Es nimmt kein Ende. Es geht in der Schwangerschaft los und endet irgendwann, wenn die Kinder erwachsen sind.

Gemeinsam Zeit zu verbringen muss nicht anstrengend sein, sondern darf auch einfach Freude bereiten

Aber wir müssen uns in solchen Situationen immer wieder vor Augen halten: Gute Eltern sind keine professionellen Erzieher, sondern Menschen, die ihre Kinder aus ganzem Herzen lieben. Gute Eltern sind vor allem authentisch und nehmen die Bedürfnisse ihrer Kinder wahr und ernst. Sie geben ihnen Raum, um sich zu entwickeln und ihre Gaben zu entfalten. Sie merken, wenn es ihrem Kind schlecht geht und können es trösten. Gute Eltern holen sich Unterstüt­zung und Hilfe und entschuldigen sich bei ihren Kindern, wenn sie Fehler gemacht haben. Wichtiger als Perfektion ist es ohnehin, den eigenen Kindern die Welt zu zeigen.

Matschen, Käfer anschauen, gemeinsames Kochen, Pilze suchen, Ball spielen, Geschich­ten lesen – mit den Kindern darf man all das machen, was einem selbst auch Spaß macht. Gemeinsam Zeit zu verbringen muss nicht immer anstrengend sein, sondern darf auch einfach Freude bereiten. Wenn dein Mann gern angelt, darf das Kind mit. Liebt der Papa Musikmachen, darf das Kind dabei sitzen und zuhören.

„Die Kindheit ist die wichtigste Lebenszeit, die genossen werden sollte“

Mama näht gern? Das Kind darf es lernen. Wir müssen außerdem keine 24/7­Animateure für unsere Kinder sein. Auch Langeweile kann manchmal gut und sogar förderlich für die Kreativitätsentwicklung unserer Kinder sein. Die Kindheit ist nicht die Zeitspanne im Leben unserer Kinder, in der wir sie möglichst „optimieren“ müssen, damit sie später die besten Jobs bekommen. Die Kindheit ist die wichtigste Lebenszeit, die genossen werden sollte – von den Kindern genauso wie von den Eltern.

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Wenn Muttersein keine Klassenarbeit und Durchfallen demnach nicht möglich ist, klingt das für mich wie eine Einladung, die kleine Stimme in unserem Kopf, die uns sagt, dass wir schlechte Mütter sind und immer wieder versagen, mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen zu überhören. Wenn du deine Kinder liebst, machst du alles richtig.

Du darfst Fehler in der Erziehung machen, Hauptsache, du liebst deine Kinder.

Vielleicht hilft dir auch die Erinnerung daran, dass du nicht allein dafür verantwortlich bist, dass deine Kinder „gelingen“. Sie sind kein unbeschriebenes Blatt, sondern Gott selbst hat den Anfang ihrer Geschichte bereits ge­schrieben, und er wird sie weiterschreiben – selbst wenn du ein paar „Rechtschreibfehler“ einbauen solltest.

Du darfst Fehler in der Erziehung machen, Hauptsache, du liebst deine Kinder. Und wenn du versuchst, deine Kinder selbst an den Tagen gern zu haben, an denen sie die schlimmsten Kinder auf der ganzen Welt waren, dann bist du eine wirklich gute Mutter. Also, lass dich einfach darauf ein und genieß die aufregende Achterbahnfahrt ohne Leistungsdruck.“

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2 comments

  1. Ich schließe mich an, ein sehr aufbauender Text. Sie wären eine sehr gute Seelsorgerin gewesen. Ein grosser Verlust für die Gemeinde/ Menschen, die Kirche insgesamt, die genau diese menschliche Erneuerung nötig hat. (Nicht als Kritik verstehen, nur als Bedauern) Alles Gute als Mama und Autorin!

  2. Danke für das Teilen dieser aufbauenden und verständnisvollen Worte! Es wäre wirklich schön, wenn unsere innere Stimme öfter so mit uns sprechen würde.

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