Sexuelle Durststrecke? Wie wir als Eltern wieder in Fahrt kommen

Sexuelle Durststrecke

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Ihr Lieben, vielleicht kennt ihr Annabell Neuhof aus dem WDR und ihrer Sendung und dem gleichnamigen Podcast Ohjaaa – Sex lieben. Sie ist nicht nur Sexpertin, sondern auch Zwillingsmutter, hat uns für unser WOW MOM-Buch großartigste Sex-Tipps zur Verfügung gestellt und ist heute nun endlich auch mal zu Gast bei uns im Blog. Es soll um langjährige Beziehungen geben, um eine mögliche sexuelle Durststrecke im Elternleben… und wie man da wieder rauskommen kann.

Sexuelle Durststrecke
Annabell Neuhof. Foto: ©WDR/Annika Fußwinkel

Liebe Annabell, für alle Eltern, die vielleicht grad eine sexuelle Durststrecke erleben: Gibt es Hoffnung?

Meiner Erfahrung nach, sogar große Hoffnung! Und vor allem ist es kein Grund sich zu schämen, weil es gerade nicht so läuft. Ein Auf und Ab ist völlig normal und wenn das Leben gerade anstrengend ist, hilft es wirklich nicht, sich deswegen noch zusätzlich zu stressen. Keine Lust zu haben ist total ok.

Wenn ich mir aber eigentlich mehr Sex wünsche, kann so eine sexuelle Durststrecke auch eine gute Gelegenheit sein, mich zu fragen, was brauche ich denn eigentlich, um wieder mehr Sex in meinem Leben genießen zu können oder zu wollen? Brauche ich mehr Verbindung zu meinem Körper? Was ist eigentlich mein Bedürfnis, also welche Art von Sex könnte mir jetzt gerade gut tun? Oder ist es vielleicht Zeit, die mir fehlt, um meiner Lust überhaupt einen Raum geben zu können.

Was meinst du, sollten sich Paare mit wenig Zeit zu Intimitäten verabreden und feste Zeitpunkte für sich abmachen?

Klingt erstmal nach einem weiteren To Do auf der langen Liste, kann also stressen. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass zumindest kurzfristige Verabredungen hilfreich sind, um sich einander in stressigen Zeiten anzunähern. Also nicht unbedingt die fixe Regel „jeden Samstag gibt´s Sex“, sondern eher mit kürzerem Vorlauf und mehr Flexibilität.

Zu sagen, ich fände es schön, wenn wir in den nächsten 3 Tagen Zeit füreinander finden, die wir bewusst miteinander verbringen, kann ein wichtiger Schritt in Richtung Intimität sein. Dann ist Sex kein Muss, aber es wird überhaupt mal der Raum geschaffen, damit er stattfinden kann. Und die Partner:innen können sich darauf einstimmen. Gerade als Elternteil bin ich ja meistens eher im Funktionsmodus als im Lustmodus.

Mir hilft es total, wenn ich zum Beispiel erstmal bade oder kurz Yoga mache, um in meinem Körper anzukommen, dann kann ich danach auch viel entspannter Sex haben. Das empfinde ich auch so ein bisschen als Ritual, um den Alltag und die Mutterrolle abzulegen. Denn, keine Frage, ganz spontaner Sex ist auch toll, aber da fällt das Um- und Abschalten manchmal schwer. Außerdem kann es ja auch sehr reizvoll sein und für Vorfreude sorgen, wenn ich weiß, dass Intimität in Aussicht ist. Da beginnt das Vorspiel ja quasi schon, wenn die Verabredung getroffen ist.  

Wie gelingt denn überhaupt guter Sex in der Rush Hour des Lebens, wenn da viel Zeit für Fürsorge und Arbeit draufgeht?

Indem wir ihn zur Priorität machen. Wenn ich ein sexuell erfülltes Leben führen möchte, dann gelingt mir das mit höherer Wahrscheinlichkeit, wenn ich auch bewusst etwas dafür tue. Mir ist Sex wichtig, weil er zu meinem Wohlbefinden beiträgt, meine Beziehung zu mir selbst und meinem Partner stärkt und mir Energie gibt für die vielen Pflichten des Lebens. Also bemühe ich mich, Raum dafür zu schaffen. Und Solosex ist auch Sex. Ich kann mir ganz unabhängig von Partner oder Partnerin Zeit nehmen für meine Sexualität und so vielleicht kleine Lücken im Alltag nutzen.  

Du sagst: Sex wird besser, wenn wir darüber reden. Wie geht das, wenn man das in einer langjährigen Beziehung bisher nicht so oft getan hat?

Es ist Übungssache und ich finde, das darf auch so gesagt werden. Also, die Unsicherheit darf da sein und sie darf auch thematisiert werden. Raus aus der Komfortzone und es gemeinsam üben, denn es lohnt sich so sehr! Und wer nicht direkt selbst sprechen will, kann auch erstmal anderen dabei zuhören.

Sich als Paar gemeinsam einen Sex-Podcast anhören, in dem Sex so besprochen wird, dass ihr euch damit wohlfühlt, kann helfen eine gemeinsame Sprache zu finden und die Themen des Podcast dann im Paargespräch fortzusetzen. Mir haben schon etliche Paare geschrieben, dass sie zusammen „Ohjaaa! Sex lieben“ gesehen oder gehört haben und das der Anstoß für Gespräche war, die ihre Sexualität tiefgreifend verändert haben.  

Du selbst hast dich und den Bezug zu deinem Körper nach der Geburt deiner Zwillinge etwas aus den Augen verloren, wie hast du ihn wiedergefunden?

Indem ich mir Zeit gegeben habe ihn neu kennenzulernen. Mein Lieblingsort dafür ist die Badewanne, aber es geht genauso gut an jedem anderen Ort, an dem ich mich sicher und geborgen fühle. Ich habe in den Entdeckerinnenmodus geschaltet und mich erforscht. Was spüre ich, wie fühlt sich mein Körper an, was bereitet mir mit diesem neuen Körper Lust. Dabei ging es darum, den veränderten Körper anzunehmen, aber noch wichtiger war für mich, mir selbst diese liebevolle Aufmerksamkeit zu schenken und mich bewusst aus dem Funktionsmodus von Schwangerschaft, Geburt und Stillen herauszuholen.  

Mittlerweile probierst du auch wahnsinnig viel aus – für dich und für deine WDR-Sendung „Ohjaaa – Sex lieben“, die du mit Yared Dibaba hostest, du hast etwa eine Sexological Bodywork Session besucht. Was genau ist das und was passiert da?

Sexological Bodywork ist eine Kombination aus Gespräch und Körperarbeit: Mit ganz unterschiedlichen Methoden wie Berührung, Atmung, Bewegung, Massage und Kommunikation werden Menschen darin unterstützt, mehr Körperbewusstsein und erfüllte Sexualität zu erleben. In meiner Session ging es darum Bedürfnisse zu erspüren und zu formulieren. Ich durfte mir Berührungen am ganzen unbekleideten Körper wünschen, habe sie bekommen und durfte Feedback geben bis die Berührung zu 100% meinem Bedürfnis entspricht. Eine unglaublich gute Erfahrung!

Du fandst die Erfahrung besonders aus deiner Perspektive als Mutter wertvoll – inwiefern?

Als Mütter stellen wir oft unsere Bedürfnisse hinten an. In der Session standen zwei Stunden lang meine Bedürfnisse und Wünsche im Mittelpunkt und wurden erfüllt. Das fühlte sich im ersten Moment ungewohnt und dann ganz wundervoll an.

Meine Bedürfnisse erfüllt zu bekommen hat mir geholfen meinem Körper besser zuzuhören. Denn als er gemerkt hat, dass er bekommt, was er sich wünscht, wurden die Signale meines Körpers für mich immer deutlicher spürbar und ich konnte noch konkreter meine Wünsche formulieren. So wurden die Berührungen ein größtmöglicher Genuss. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich meinen eigenen Bedürfnissen noch viel mehr Aufmerksamkeit schenken kann und sollte.

In einer Folge der jüngsten Staffel geht es um Beziehungssex und um die Frage: Warum nimmt der Sex meist im Laufe der Zeit ab? Und wie kann man dem entgegensteuern? Welche Antworten habt ihr da gefunden?

Wenn wir nicht mehr frisch verliebt sind, lässt meist auch der Sexdrive nach. Das ist total normal. Damit Paare sich ihre Lust trotzdem bewahren können, ist es hilfreich, wenn beide herausfinden wollen, was ihnen Lust bereitet und weiterhin neugierig darauf bleiben, sich zu entdecken. Wir kennen alle diesen Sex nach Schema F. Der kleinste gemeinsame Nenner, der dann immer wiederholt wird. Wird leider langweilig. Deswegen auch hier raus aus der Komfortzone.

Mutig entdecken, improvisieren, miteinander ins Gespräch kommen über Wünsche und Bedürfnisse. Wir können nur Lust auf Sex haben, der uns auch wirklich Lust bereitet. Wenn ich beim Sex Momente erlebe, die mir richtig gut tun, dann will ich das wieder und öfter erleben – egal wie lang ich in einer Beziehung bin.  

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