Über dieses anstrengende Pandemie-Jahr, das nun Tribut zollt

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Der Morgen war wieder sehr durchwachsen gewesen. Das eine Kind hatte das andere schief angeschaut, die Kleinste tobte derweil mit einem Wutanfall über die falsche Jacke im Flur. Ich suchte wie eine Irre alle Masken, die Uhrzeit im Nacken, weil wir spät dran waren.

Im Auto schaltete ich das Radio ein, damit ich das Gemecker von der Rückbank nicht hören muss. Und als alle drei Kinder in Schule und Kita waren und ich zurück im Auto, saß ich ein paar Minuten einfach stumm da, irgendwo zwischen Losheulen und Fluchtgedanken.

Es ist anstrengend gerade. Die Kinder, die Zeit, der Job. Mir fehlt der Lichtblick, die Woche rasen so vor sich hin und wir sind voll drin im Alltagsstrudel.

Die Pandemie macht mich mürbe. Ich halte mich so gut es geht an alle Vorgaben und all die Monate fiel es mir gar so nicht schwer, auf Dinge zu verzichten. Doch langsam wird die Liste der Dinge, die abgesagt werden und wurden, sehr lang. Mein 20-jähriges Abitreffen, der Dänemark-Urlaub von Ostern wurde zunächst auf die Herbstferien und nun nochmal ins nächste Jahr verschoben. Ein Städtetrip mit meinen Geschwistern abgesagt, die Auszeit mit meinem Mann fiel weg, genau wie diverse Job-Events.

Kein Kino, keine Kneipen, immer die Kinder: Mürbemachende Routine

Seit März kein Kino, keine Kneipe, nur eine Handvoll Treffen mit Freunden im Biergarten. Und die Aussicht, dass all das noch Monate lang so weiter gehen wird. Ich bin erschöpft davon, mir fehlt die Leichtigkeit. Ich weiß, alles first world problems, und dennoch – gerade ist die Luft raus. Mein Energielevel ist runter, am liebsten würde ich mir die Bettdecke über den Kopf ziehen und einfach bessere Zeiten abwarten.

Dazu immer im Hinterkopf die Angst, dass es Infektionen innerhalb der Schule oder Kita geben könnte und wir wieder alle zu Hause sitzen. Ich will dieses Virus auch einfach nicht haben, deshalb ist weiterhin Vorsicht angesagt. Und da ist auch noch die ständige Sorge, wie ich beruflich durch das Jahr komme.

Vielleicht ist es der Herbst-Blues, der mich gerade erwischt, vielleicht ist es auch einfach dieses anstrengende Jahr, das nun Tribut zollt. Es ist seltsame Tage gerade, die ich nicht so richtig einordnen kann.

2020 hat viele von uns so gefordert wie noch nie. Deshalb versuche ich gnädig mit mir zu sein und die seltsamen Tage einfach anzunehmen. Und mir klar zu machen, dass 2020 auch für die Kinder anstrengend war. Vielleicht erleben sie deshalb gerade alle Emotionen intensiver? Vielleicht brauchen sie deshalb gerade viel mehr Aufmerksamkeit und Begleitung?

Was mich tröstet: Um mich herum sind viele tolle Mütter, die mich auffangen. Bei denen ich Dampf ablassen kann, die mich verstehen und bestärken. 2020 hat gezeigt, was wir alles leisten. Was wir alles schultern und wie stark wir sind. Eins ist klar: Dieses Jahr werden wir alle nie vergessen….

Foto: Cindy & Kay Familienfotografie

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13 comments

  1. Meine Stimmung sinkt auch – das nasskalte graue Wetter, dazu wird alles wieder eingeschränkter, es fehlt die Unbeschwertheit, so vieles worauf man sich sonst in dieser Jahreszeit freut wird erst gar nicht stattfinden, das deprimiert. Die Vorfreude fehlt, dazu die Befürchtung jederzeit wieder keine Schule und Co aber trotzdem arbeiten müssen – dazu sollten noch Arzttermine nachgeholt werden, der Mann noch zu einer OP die wir weiter schieben da er Risikopatient ist. Man fühlt sich nicht mehr frei, unbeschwert, es macht keinen Spaß mehr einkaufen zu gehen, es ist alles sehr anstrengend geworden. Unsicherheit, denn man weiß nie wen man noch drücken darf. Es fehlt die Nähe. Weihnachten selbst genau so – normalerweise geht die Familie zusammen essen – nun kann man nicht mal ein Restaurant reservieren (von denen aus) und wenn die Beschränkungen so weiter gehen dürfen wir nicht mal alle zusammen feiern. In Etappen -das kann auch keine Lösung sein. Auch das wird also fehlen. Das nimmt einem jegliche Vorfreude weil man jetzt schon weiß man muss die Kinder noch oft enttäuschen. Und man selbst ist es ja auch. Traurig. Sicher, es gibt Menschen die es noch schlimmer trifft. Dennoch fehlt uns so viel. Allen.

  2. Liebe Katharina,
    ich versteh dich total.
    Ich bin grad selbst irgendwie am Limit. Meine Tochter ist gerade eingeschult worden und ich hoffe jeden Tag dass es kein home schooling gibt. Ich arbeite als Apothekerin jeden Tag sozusagen an der Front. In unserer Grundschule gibt’s in einer dritten Klasse grad einen coronafall und auch sonst ist alles sehr angespannt… Ich versuche so gut es geht nach außen Ruhe zu bewahren und für ein sicheres Gefühl für meine Tochter zu sorgen… Leider alles im Moment nicht einfach… Euch allen viel Kraft, Gesundheit und vor allem Optimismus für die Zeit.. Liebe Grüße Steffi

  3. Hi Katharina,
    lieben Dank für deine Zeilen, die auf den Punkt bringen, wie es wohl den meisten Müttern gerade geht. Auch wenn ich nur einen bald zweijährigen Purzel daheim habe, ist doch die Anstrengung den aktuellen Alltag mit Kind und Arbeiten zu meistern nicht geringer, als bei größeren Familien.
    Neben all dem haben mein Mann und ich dieses Jahr geheiratet – ganz klein, und so ganz anders, als geplant…und eigentlich stand dann die weitere Familienplanung auf unserer Wunschliste…aber das Leben geht ja trotz Pandemie auch weiter und vielleicht sollte man bei allem einen Gang zurückschalten und die nun kommenden, kälteren Monate mit mehr Ruhe auch mal wieder genießen.
    Und ja, manchmal möchte man vielleicht auch einfach ins Auto steigen und fahren…am liebsten ab ans Meer – mal zur Ruhe kommen, genießen und Verantwortung auch mal nur für sich selber tragen…
    Bleib gesund & Dankeschön!
    Liebe Grüße
    Miriam

  4. Ich kann das 1:1 unterschreiben. Die Kinder sind irgendwie durch, kein Wunder bei all dem Masken-Abstand-Gedöns an der Schule. Und wir Erwachsenen sind auch nicht bei besonders guter Laune.
    Dieses ständige unterschwellige Corona-Gefühl (so sagt das meine Tochter) macht einfach mürbe und müde…
    Hoffen wir auf Besserung und freuen wir uns an den Kleinen Dingen im Herbst: Kastanien als Handschmeichler, zu süßen heißen Kakao trinken, durchs Herbstlaub schlurfen – und viel Kuscheln 🙂

  5. Ich kann jede und jeden verstehen, der arbeiten geht bzw von daheim aus arbeitet und mehrere Kinder hat. Alles unter einen Hut zu bringen und alle Einschränkungen mitleben zu müssen, ist nervenaufreibend.
    Ich habe eine vierjährige Tochter und bin leider genau seit Beginn der großen Pandemie im März ohne bezahlte Arbeit. Wir leben vom Geldfluss meines Mannes, was ohnehin knapp bemessen ist. Miete, Strom und Gas sind merklich erhöht worden und das macht alles etwas knirsch. Aufgrund der finanziellen Einschränkungen können wir ohnehin keine großen Sprünge machen. Es hat daher was ganz Erleichterndes für uns persönlich, wenn die anderen genau wie wir gar nicht erst ausgehen können oder verreisen. Es klingt vollkommen egoistisch von mir, das ist mir bewusst, aber die Einschränkungen sind für uns gleichmachend. Ich muss mich nicht erklären, wieso, weshalb, warum ich hier oder dort nicht mitgehen kann und meine Tochter hört nicht von anderen, was sie so Tolles gemacht haben etc. Trotzdem hoffe ich für die Gesellschaft im Generellen, dass alles wieder besser wird. Denn die meisten Menschen in Deutschland arbeiten hart und haben sich verdient, zu verreisen oder auszugehen, um dem Stress des Alltags auch einmal zu entgehen.

  6. Ach ja, ich bin ganz bei dir. Ich habe schon im Sommer gemerkt, dass mir die Puste ausgeht und deshalb kurzerhand beschlossen, den Jüngsten früher als geplant in den Kindergarten zu geben. Zum Glück hat die Eingewöhnung super geklappt und ich habe jetzt ab und zu ein paar Minuten zum Durchschnaufen. Im Gegenzug rückt mir mein Chef immer mehr auf die Pelle weil er glaubt, ich würde mir im Homeoffice ein schönes Leben machen. Es ist einfach alles gerade ein bisschen anstrengender als erhofft.
    Leider fehlen mir auch die Freundinnen, die mich auffangen. Teilweise coronabedingt, teilweise weil sie eben so schwimmen wie ich.

    1. Ich versteh dich so gut, danke für deine Worte. Ich merke am meisten wie die stetige Angst vor Kita- und Schulschliessungen und jeder kleine Erkältung einem die Schweißperlen auf die Stirn treiben und kein Ende in Sicht. Urlaubspläne werden durchkreuzt, wichtige Feste im Jahreskreis die der Gemeinschaft dienen.
      Ich wünsche uns allen viel Kraft, Energie und trotzdem schöne Momente.

  7. Ich verstehe dich auch voll und ganz…. bei uns ist im Moment auch die Luft raus und dazu kommt das schlechte Herbst Wetter… Noch genießen wir die Zeit… aber was soll man mit den Kindern machen, wenn das Wetter nicht mehr zum rausgehen einlädt und die ganzen Indoor Aktivitäten nur eingeschränkt nutzbar sind.

    1. Ehrlich gesagt glaube ich, das ist nur der Anfang. Ein baldiges Ende der Pandemie ist für mich nicht absehbar. Es wird vermutlich noch sehr viel härter werden.

    2. Ich habe vorhin ähnliche Gedanken gehabt. Kein unbeschwertes Reisen in den Ferien, keine Mama-Mädels-Abende im Restaurant, keine Besuche bei den Großeltern, keine Spieleinladungen in die eigene Wohnung für die Kinder, ständig die Angst vor Quarantäne.

      Wo bleibt das unbeschwerte Leben? Rausgehen. Machen. Tun. Ohne überlegen zu müssen. Hab ich die Masken dabei? Nee, da können wir nicht hin. Ist zu voll….

      Es ist einfach anstrengend.

      Bitte bitte lass 2021 wieder zum unbeschwerten Leben zurückkommen.

  8. Ich kann dich so verstehen! Bei mir ist auch die Luft raus. Eigentlich dachte ich, ich hätte mich gut an die Einschränkungen gewöhnt. Sommerurlaub an der Küste war für uns drin, Kindergärten sind wieder geöffnet. Aber dann: Wir leben in Belgien, was seit vorgestern Risikogebiet ist. Sprich: Die Großeltern und Freunde können uns auf absehbare Zeit nicht besuchen und unseren Neugeborenen kennenlernen. Ich habe so geheult.

    Ja, es könnte schlimmer sein. Aber ich knabbere schon dran.

    1. Ach, ich freue mich auf das schlechte Wetter. Kuscheln, lesen und spielen. Endlich nicht mehr der Druck, raus zu gehen, weil man ja nicht weiß, wie lange das Wetter noch gut ist.

    2. Moin, auch ich verstehe dich total gut. Vielen meiner Freudinnen geht es ähnlich! Man hetzt sich irgendwie durch den Tag und versucht sich an die “Corona Regeln“ zu halten. Ständig sind irgendwie Masken verloren….
      Und dann gibt es im örtlichen Kiga einen Corona Fall und gefühlt alle drehen durch😫. Was ist jetzt richtig, was ist falsch?! Igeln wir uns wieder ein?
      Oh und das elende Schimpfen🙈 man ist so gar mit dieser , sorry, beschissenen Pandemie. Eine gute Freundin erzählte mir vor kurzem, sie habe noch nie so viel geschimpft, wie seit Beginn der Pandemie. Und ich konnte ihr nur Recht geben, leider😞
      Aber…. nicht den Kopf in den Sand stecken…. wir geben unser Bestes… jeden Tag! LG Silke

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