Unerfüllter Kinderwunsch: Ich werde nie ein 2. Kind im Arm halten

Unerfüllter Kinderwunsch

Foto: pixabay

Hallo, mein Name ist Frieda, ich bin 40 Jahre alt und Mädchenmama einer wundervollen, knapp 14 Jahre jungen Teenietochter. Und zwar durch und durch Teenie, mit allem, was dazu gehört. 😉 Da kommt mir gerade in letzter Zeit häufig der Gedanke und manchmal wieder die starke Sehnsucht: Wie wäre es mit einem Geschwisterchen für sie gewesen? Auf diese Frage gibt es keine Antwort, sie ist rhetorisch, ich werde es nie erfahren – der Wunsch nach einem zweiten Kind ist unerfüllbar.

Unerfüllter Kinderwunsch: Warum werde ich nicht schwanger?

Meine Geschichte beginnt, als ich ca 25 Jahre alt war und mein Mann und ich uns kurz nach der Hochzeit nach einer kleinen eigenen Familie sehnten. Ein Jahr und `zig Schwangerschaftstests später findet ein Arzt endlich heraus, warum es bei uns schwieriger zu sein scheint, ein Kind zu bekommen. Ich hatte keinen Eisprung mehr… Warum?

Es hieß irgendwas von wegen „falsche Hormone in den Verhütungsmitteln“ oder „der Körper hat sich nach Absetzen dieser noch nicht wieder regeneriert“. Ein einfaches pflanzliches Hormonpräparat sollte Abhilfe schaffen und tatsächlich: 8 Wochen später war ich schwanger. Mit unserem absoluten Wunschkind.

Ich liebte es, schwanger zu sein und mich auf diese ungewisse Reise zu begeben, trotz Sorgen und Ängsten, wie alle werdenden Eltern sie wahrscheinlich haben. Ich hatte eine wirklich problemlose und gesunde Schwangerschaft. Damals ahnte ich noch nicht, dass sie ein absolutes Wunder sein sollte und unsere Tochter Einzelkind bleiben würde.

Wir bekommen doch noch ein Kind!

Das erste Babyjahr war allerdings wirklich alles andere als rosig. Sie war ein Speih- und Spuckkind und war stündlich hungrig und ständig wach, da sie nichts bei sich behalten konnte. Da war der Wunsch nach einer baldigen zweiten Schwangerschaft erstmal hintenangestellt. Wir gaben uns die klassischen drei Jahre, ehe wir es wieder versuchen wollten. Wäre ja auch ein super Altersabstand zwischen den Geschwistern, fanden wir. Aus drei wurden vier Jahre, als wir es wieder angehen wollten. Es klappte erneut nicht. Diesmal schien aber augenscheinlich alles ok zu sein. Regelmäßiger Eisprung, regelmäßige Perioden.

Und dann, dann stand unsere Welt plötzlich innerhalb eines Tages Kopf, als mein Mann eine schwerwiegende Krebsdiagnose erhielt. Unheilbar. Am Tag der Diagnose sagte uns ein unwissender Assistenzarzt, Familienplanung wäre dennoch kein Problem, er hätte ja noch ein paar gute Jahre.

Krebs-Diagnose für meinen Mann

Schockiert und zuversichtlich zugleich standen wir so gut es ging die folgende Bestrahlung und sechsmonatige Chemotherapie durch. Dazwischen ein mittlerweile fünf Jahre altes Kind, das kaum verstand, was mit dem Alltag seiner Familie passiert war. Der Kinderwunsch? Größer als je zuvor. Bei einem an die Krebstherapien anschließenden Gespräch mit dem Onkologen schlug dieser die Hände über dem Kopf zusammen, als er von der Aussage des Assistenzarztes hörte.

Mein Mann sollte unter keinen Umständen ein weiteres Kind zeugen. Die Medikamente – insbesondere der Chemothrapie – könnten sich über mehrere Jahre auf das Erbgut auswirken. Einfrierung der Spermien!? Das war uns vor den Therapien nie vorgeschlagen worden. Es war zu spät. Und eigentlich glaubt man doch seinen Ärzten, wenn sie einem zusprechen und meinen, der Familienplanung stünde nichts im Wege, oder?! Unser Kopf war damals ja voll mit so vielen anderen Gedanken, dass wir nicht rechtzeitig realisierten, was es eigentlich für die Zukunft bedeutete.

Warum ich nun kein Kind mehr auf anderem Wege bekommen kann, wenn das für uns in Frage gekommen wäre? Weil ich nach seiner Diagnose auch eine erhielt.

Jahrelang plagten mich immer wieder Bauchschmerzen. Während der Periode schlimmer, aber während des ganzen Zykluses spürbar. Ich stellte mich jahrelang hinten an. Mein Mann ging für mich vor. Und die Ärzte sagten: Regelschmerzen… was sonst. Irgendwann hielt ich es aber nicht mehr aus und ging erneut zu einem Arzt. Er nahm mich wesentlich ernster als seine Vorgänger und machte ausgiebige Untersuchungen und schließlich eine Laparoskopie, um seinen Verdacht zu bestätigen.

Diagnose Endometriose für mich

Endometriose hieß schließlich die Diagnose. Nun wussten wir auch, warum es so schwierig war, zum ersten Mal schwanger zu werden. Auch mein Gynäkologe sagte nach mehreren Hormontherapien, dass eine Schwangerschaft vorübergehend mehr Linderung schaffen würde, als jegliche Präparate und er den Kinderwunsch auch verstünde (wie auch immer das gehen sollte), aber ich mir überlegen sollte, wenn mein Mann es nicht schafft, ob ich mit zwei kleinen Kindern zurückbleiben möchte.

Ich glaube, außer seinem eigenen Kind wollte ich kein anderes austragen. Wir haben nie über weitere Möglichkeiten gesprochen. Es wurde irgendwie abgehakt, stillschweigend. Er sollte sein Erbgut nicht mehr weitergeben.

Künstliche Wechseljahre für mich

Ich begab mich weiterhin in Hormontherapien, um diesem unsäglichen Schmerzen der Endometriose irgendwie Herr zu werden. Zuletzt sogar mit den künstlichen Wechseljahren. Und das war der absolute Supergau. Die heftigsten Nebenwirkungen, die ich je in meinem Leben hatte. Von schrecklichen Gelenkschmerzen, die mich unbeweglich machten, über Unausgeglichenheit und Kopfschmerzen bis hin zu einem so stark übermüdeten Zustand, sodass ich Schwierigkeiten hatte, mich wach zu halten. Also wieder Abwägen, Nebenwirkungen ertragen und dafür vorübergehend einigermaßen schmerzfrei sein oder welche Möglichkeiten gäbe es noch?

Ich war es letztendlich, die meinen Arzt fragte, was eine Gebärmutterentfernung bringen würde. Er war vehement dagegen, ich war schließlich erst 36. Ich sprach mit meinem Mann, der sich schon 5 Jahre mit seiner Diagnose durchkämpfte. Seine Kinder darf ich eh nicht austragen und wer weiß, wie es ihm in Zukunft gehen würde…

Heute, 4 Jahre später, weiß ich auch, dass eine Hysterektomie keine Heilung für Endometriose ist. Ich beharrte damals dennoch darauf. Die monatlichen schrecklichen Blutungen, meistens über 7 quälende Tage, waren damit schonmal Geschichte. Und innerhalb weniger Stunden auch auf ewig der Wunsch nach einer weiteren Schwangerschaft und ein weiteres Kind. Danach gab es kein Zurück mehr.

Zu wissen, ich kann nicht mehr schwanger werden, macht es einfacher

Vor der OP war ich hin- und hergerissen. Mit der OP wurde mir dann aber endgültig die Entscheidung abgenommen. Irgendwie eine Erleichterung, eine so gefühlvolle Sehnsucht aufgeben zu können, da es keinen Weg mehr zu ihrer Erfüllung gibt. Natürlich ist sie da, immer noch, aber zu wissen, es geht nicht mehr, ist einfacher, als noch schwanger werden zu können, aber nie mehr von dem eigenen Ehemann. Der innere Kampf mit mir und meinem Körper und um eine Entscheidung war beendet.

Immer, wenn ich versuche, mit irgendwem darüber zu sprechen höre ich oft den Satz: „Ihr habt so eine tolle Tochter, sei dankbar dafür.“ oder „Es gibt Menschen, die haben gar keine Kinder und wünschen es sich.“ Oh ja, da ist mir alles bewusst. Und ich bin mehr als dankbar für diese kleine Familie und unser eigenes kleines Wunder. Ich weiß gar nicht, wieso das mit solchen Aussagen immer – vielleicht unabsichtlich – in Frage gestellt werden muss. Und ja, diese Paare haben mein höchstes Mitgefühl.

Ich sehne mich trotzdem noch nach einem weiteren kleinen Wunder

Deshalb kann ich aber nicht meine eigenen Wünsche vergessen oder unwichtig erscheinen lassen. Vielleicht eben, weil ich schon damit gesegnet war, trotz der Endometriose schwanger sein zu dürfen und ein gesundes Mädchen zur Welt bringen durfte, sehne ich mich immer wieder mal danach, ein weiteres kleines Wunder in den Armen zu halten.

Meinem Mann geht es aktuell recht gut. Er gehört nach 8 Jahren zu den 5% der Langzeitüberlebenden mit dieser Krebsdiagnose. Ich selbst mühe mich von einer Therapie zur nächsten. Unsere Tochter hat sich wundervoll entwickelt und beteuert selbst, wie gerne sie Einzelkind ist 😉 (Sie kennt es ja auch nicht anders).

d1035fc1768747fba50de18d618bd7a8

Du magst vielleicht auch


17 comments

  1. Liebe Frieda,
    ich verstehe dich sehr- in der 1. SSW wurde bei mir mit 32 J. Brustkrebs festgestellt, nach Chemotherapie etc. blieb es lange unklar, ob wir uns über ein 2. Kind freuen dürfen. Nach 5 langen Jahren war ich mit Nummer 2 schwanger, es war ein harter Weg…
    Alles, alles Liebe dir und deiner Familie!!

  2. Mich hat dein Artikel sehr berührt. Auch ich hadere immer noch mit meinem unerfüllten Kinderwunsch. Nachdem ich nach dem 2. Kind 3 Fehlgeburten hatte, habe ich mit jetzt 43 Jahre damit abschließen müssen, dass es kein 3. Kind geben wird, auch wenn die Lücke mir manchmal riesig erscheint und noch viel Platz im Herzen gewesen wäre. Aber es hat wohl nicht sollen sein. Auch mit bereits 2 Kindern, für die ich unendlich dankbar bin, war ein 3. Kind doch ein sehr großer Herzenswunsch gewesen.
    Alles Gute für dich!

    1. Liebe Hanna,
      bei mir sieht es sehr ähnlich aus- 2 wunderbare Kinder, für die ich unendlich dankbar bin, mittlerweile 42J. alt, 2 Fehlgeburten, zuletzt vor 2 Wochen in der 14.SSW, die uns ziemlich den Boden unter den Füßen weggezogen hat…einen weiteren Versuch wird es auch bei uns nicht geben, es ist sehr hart gerade…
      Dir und Deiner Familie alles Liebe!!

      1. Liebe Steffi, mir tut das auch sehr leid. Ja, aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer das ist, das alles zu verkraften. Auch dir alles Gute!

  3. Hey Frieda, ich werde auch nie ein zweites eigenes Kind in den Armen halten. Zwar nicht aus biologischen Gründen, aber aus psychosomatischen. Anfangs tat ich mich damit wirklich schwer, weil ich besonders in den ersten 2 Jahren mit meinem Sohn durch die damaligen Depressionen viel verpasst habe, bei dem ich nun nie die Gelegenheit haben werde, es beim zweiten nachzuholen. Allerdings bin ich inzwischen im Reinen mit mir und der Situation. Folgendes hat mir dabei sehr geholfen. Vielleicht hilft es auch dir:
    1) Ich kann es nicht ändern. Es steht nicht in meiner Kraft, etwas an der Situation zu ändern. Macht es mich persönlich glüclich trotzdem Kraft darauf zu verwenden? Also ließ ich im ersten Schritt die Trauer zu.
    2) Nur weil ich keine eigenen weiteren Kinder habe, heißt das nicht, dass es keine im meinem Leben gibt. Ich bin z.B. sehr aktive Tante und betreue meine Babynichte 2x die Woche. Vielleicht kann jemand in deinem Bekannten- oder Familienkreis genau diese Unterstützung gebrauchen.

  4. Meine Situation ist komplett anders, ein zweites Kind wird es aber bei mir auch nicht geben. Rational geht das für mich auch in Ordnung, in emotionaler Hinsicht ist es aber schon immer wieder traurig. Es ist seltsam, mitzuerleben, wie im Dunstkreis von Freunden, Kindergartenbekanntschaften etc. die Familien größer werden – und ich quasi schon „fertig“ bin.
    Ich halte es aber durchaus für denkbar, dass ich im Rückblick – wie schon so oft in meinem Leben – die Sichtweise habe, dass es genau so, wie es war, stimmig war.

  5. Es tut so gut zu lesen, dass man mit dem unerfüllten 2. Kinderwunsch nicht allein ist. Ich hatte mehrere Fehlgeburten nach meiner problemlosen 1. Schwangerschaft. Es hat einfach nicht sollen sein. Ich selber, nun 41 Jahre, kämpfe immer noch sehr damit und hoffe, dass der Schmerz irgendwann weniger wird…
    Dir alles Gute und danke fürs Teilen eurer Geschichte.

    1. Ich danke dir für deine Antwort zu meinem Beitrag. Ich wünsche auch dir alles Gute🍀 und hoffe sehr, dass der Schmerz erträglich wird. 🫂
      Bei FB stößt mein Artikel auf weniger Verständnis. Da tut es gut zu wissen, dass jemand versteht, wie ich das meine und was in mir vorgeht. Danke.

  6. Ich verstehe dich. Ein unerfüllter Kinderwunsch tut weh. Egal aus welchem Grund er unerfüllt bleibt. Alles Gute für dich und deine Familie!

  7. Liebe Frieda, vielen Dank für Deinen offenen Text und den Einblick in Euere Lebenswirklichkeit. Ich wünsche Euch 3en von Herzen alles Gute!

      1. Hallo, derzeit entsteht auf dem Online-Selbsthilfeportal http://www.groupera.de eine Selbsthilfegruppe „Unerfüllter Kinderwunsch“. Sie findet alle 2 Wochen mittwochs von 20.30-21.30 Uhr statt und startet am 27.3.24. Ich selbst bin Teilnehmerin der Gruppe und habe den Vorschlag zum Start einer solchen Gruppe gemacht, da ich schon sehr lange nach Austausch mit anderen Betroffenen zu dem Thema suche. Alle sind herzlich willkommen. Auch wenn es bspw. um einen unerfüllten Geschwisterkinderwunsch oder den Abschied vom Kinderwunsch geht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert