Wir haben zu früh geheiratet, eine Paartherapie rettete unsere Ehe

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Liebe Nadine, du und dein Mann, ihr seid seit 2007 ein Paar, habt 2010 geheiratet. Wie würdest du Eure Beziehung zum Zeitpunkt der Hochzeit beschreiben?

Ich glaube, ich muss dazu etwas ausholen. Als wir uns kennenlernten, waren wir sehr jung. Mein Mann war 17, ich gerade 18 geworden. Mit 19 (ich hatte noch meine mündliche Abiturprüfung vor mir) wurde ich ungeplant schwanger. Abtreibung kam für uns nicht in Frage und so zogen wir 3 Monate vor der Geburt zusammen in eine kleine Wohnung.

Allerdings gab es damals schon ein paar Probleme, mein Mann war onlinespiel-süchtig und darüber alles andere vernachlässigt. Er begann während der Schwangerschaft eine Therapie, dank der er bis heute seine Sucht im Griff hat.

Im Januar 2010 kam dann unsere Tochter zur Welt und ich hatte sehr mit der neuen Situation zu kämpfen. Mein Mann unterstützte mich so gut er konnte und so beschlossen wir, im Sommer zu heiraten. Wir wussten, dass wir gemeinsam unser Leben führen möchten und hatten ja auch schon viel miteinander durchgestanden.

Was allerdings nie gut zwischen uns lief war die Kommunikation. Wenn wir uns stritten, war das nie konstruktiv. Wir warfen uns fiese Sachen an den Kopf mit dem Ziel, den anderen zu verletzen. Das verursachte so viel Wut und wurde immer schlimmer. Wir merkten, dass wir da alleine nicht wieder raus kommen…

Deshalb seid Ihr 2011 seid ihr dann in eine Paarberatung.

Genau, dort wurde uns beiden erst einmal klar, dass wir in vielen Situationen nicht erwachsen waren und eigentlich zuerst mit uns selbst klarkommen müssten. Die Schwangerschaft und die Probleme, die wir schon zu bewältigen hatten, hatten viel aufgewirbelt und uns fehlte dadurch die Zeit, selbst zu reifen und erwachsen zu werden. 

Das könnten auch die Gründe für die fehlende Streitkultur gewesen sein.

Absolut. Es ging uns nicht darum, den Konflikt zu lösen, sondern Recht zu haben. Wir wollten den anderen davon zu überzeugen, es so zu machen, wie man selbst es wollte – ohne die Bereitschaft, Kompromisse zu finden. Meistens haben wir gestritten, bis einer weinte und der andere wütend ging – und beide tief verletzt waren. 

Wie hat sich das auf Eure gesamte Beziehung ausgewirkt?

Wenn wir nicht stritten, konnten wir gut miteinander reden. Aber wir haben uns einfach zu oft verbal verletzt. Ich hatte den Anspruch, nicht im Streit ins Bett zu gehen, was manchmal zu wirklich langen Diskussionen führte und die Situation am Ende nicht besser machte.

Dadurch waren wir am nächsten Tag beide völlig übermüdet und natürlich noch schneller reizbar und genervt…

Was habt Ihr in der Beratung übereinander gelernt? 

In der Beratung hatten wir eine kompetente und wirklich nette Therapeutin, die sich zunächst Zeit nahm und sich unsere Geschichte anhörte. Sie zeigte Verständnis und half uns dadurch anzunehmen, dass wir nicht perfekt sein müssen.

Wir merkten, dass wir Zeit für uns brauchen, um erwachsen zu werden. Und wir lernten, miteinander zu streiten, ohne uns gegenseitig zu verletzen. Dass es nicht darum geht, recht zu haben, sondern einen Konflikt zu lösen, um das Miteinanderleben einfacher zu machen.

Dass der eine den Müll vergisst rauszubringen und das nicht mit Absicht macht, um den anderen zu ärgern. Wir lernten, wie wichtig ICH-Botschaften sind und dass es hilft, Gefühle zu benennen. Dadurch konnten wir aufhören, dem anderen zu unterstellen, alles in böswilliger Absicht zu tun (oder eben nicht zu tun). 

Was hast du über dich selbst gelernt?

Ich habe gelernt, dass ich viele meiner Gefühle auf meinen Mann projeziert habe, obwohl er nichts dafür konnte. Ich war oft überfordert mit Haushalt und Kleinkind und Studium und diese Überforderung habe ich meinem Mann zum Vorwurf gemacht. Er würde sich nicht genug kümmern, er wäre nicht oft genug zu Hause… In der Beratung merkte ich, daß er sehr viel machte und mir viel half – ich das jedoch nicht sehen konnte.

Andersrum war es ähnlich. Mein Mann war genervt, weil ich ständig meckerte, wenn er einmal abends mal weg wollte. Egal was, er konnte es mir nicht recht machen. Dadurch wurde er immer genervter und zog sich zurück. Durch die Beratung kamen wir dahinter, was wirklich lief und konnten uns so neu aufeinander einlassen und Verständnis füreinander entwickeln. 

Was habt Ihr konkret geändert? 

Nach der Beratung nahmen wir uns bewusst Zeit, um miteinander zu reden. Zu erfahren, wie es dem anderen geht, was ihn beschäftigt oder auch stört, was er gut findet. Dadurch konnten wir nach und nach mehr Verständnis entwickeln und Lösungen für den Alltag finden, die für beide ok waren.

Wir nahmen uns konkrete Auszeiten, ohne Kinder und fanden auch gemeinsame Hobbys, denen wir bis heute nachgehen. 

Wie geht es euch heute?

Uns geht es heute sehr gut. Wir sind beide im fest im Berufsleben angekommen, haben 2013 noch eine zweite Tochter bekommen und feiern in wenigen Tagen unseren 10. Hochzeitstag. Ich glaube es hat uns sehr geholfen, dass wir über die Zeit miteinander erwachsen werden konnten. Die Beratung damals hat den Grundstein für unsere Kommunikation gelegt.

Noch heute ist es Tradition, dass wir gemeinsam einen Kaffee trinken, wenn wir beide von der Arbeit kommen, kurz bevor die Kinder aus dem Hort kommen. Diese 20 Minuten sind uns sehr wichtig. Wir besprechen den Tag und erzählen uns wie es uns geht. Und natürlich haben wir auch immer wieder gemeinsame Ehezeit, ohne Kinder. Wir gehen gern gemeinsam zum Fußball, essen oder zum Wellness. Und wir geben uns Freiraum, um alleine etwas zu machen, sei es Sport, Freunde treffen oder einfach mal eine Auszeit von allem zu haben.

Wir wollen gemeinsam leben und nicht nebeneinander her. Und so kann ich sagen, dass unsere Ehe immer besser geworden ist und ich mich auf viele weitere gemeinsame Jahre mit meinem wundervollen Ehemann und unseren tollen Kindern freue. 

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