Würdest du das, was du zu dir selbst sagst, einer Freundin an den Kopf werfen?

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Hast du es wieder mal nicht geschafft, die Wäsche zusammen zu legen?

Ganz im Ernst, deine Oberschenkel sehen aus wie nach einem Hagelschaden. 

Du bist schon ganz schön faul, weil du seit Wochen nicht mehr laufen warst, oder?

Den Trotzanfall im Supermarkt hast Du ja echt richtig mies gelöst. 

Deinen Kindern tut es aber nicht so richtig gut, dass es schon wieder Nudeln gibt. 

Ich finde es absolut unkollegial, dass du jetzt nach Hause gehst, weil die Kita angerufen hat und das Kind Ohrenschmerzen hat

Jetzt reiß dich mal zusammen, so ein paar Nächte ohne Schlaf wirst du ja wohl abkönnen. 

Ein bisschen mehr Makeup und ein Friseurbesuch würden dir gut tun. 

Klar bist Du nach dem Jahr Elternzeit komplett raus ausm Job. Aber auch vorher warst du ja nicht gerade die Stütze des Unternehmehens. 

Arbeite mal an deiner Geduld. Nur weil das Kind Leberwurst auf die Wand schmiert, musst du ja nicht gleich ausflippen.

Irgendwie wirst du nicht allen gerecht – du hast einfach zu wenig Zeit für Deine Kinder/Deinen Mann/Deinen Job/Deine Freunde/ Deine Eltern

Ich wette – einen oder mehrere Sätze habt Ihr Euch so oder in ähnlicher Form selbst schon mal gesagt. Vielleicht hast du dabei vor dem Spiegel gestanden, dich mürrisch nach rechts und links gedreht, hast ungnädig Deinen Kopf nach grauen Haaren untersucht. 

Oder Du hast in der Küche gestanden, auf das Chaos geguckt und dich selbst runter gemacht. Hast es wieder nicht hingekriegt. Na toll. Tpyisch. 

Oder Du hast dich im Klo des Büros eingeschlossen, die Tränen runtergeschluckt. Du kannst es nicht. Du bist nicht gut genug. War ja klar. 

Wir Frauen neigen dazu, uns klein zu machen. Sei froh, dass du überhaupt noch einen Job hast nach den zwei Kindern. Nicht mal den Haushalt kriege ich hin. Das Kind schreibt bestimmt nur 5 en, weil ich nicht genug mit ihm lernen. 

Wir Frauen können verdammt brutal zu uns selbst sein. Strafen uns mit Diäten, mit Missachtung, mit Abscheu. Wir sind mit uns selbst so viel strenger als mit allen anderen. Oder bist du jemals in die Wohnung einer Freundin und hast gesagt: Absolut unverständlich, wie Dein Wohnzimmer aussieht. Du arbeitest doch nur 25 Stunden die Woche. Da muss doch mehr Ordnung möglich sein. 

Oder hast du einer Freundin ein halbes Jahr nach der Geburt gesagt: Voll eklig dein Bauch. Ab jetzt echt mal keine Süßigkeiten mehr. Und einen Bikini kannst du nicht anziehen, den Anblick kannst du niemandem am Badesee antun. 

Oder hast du jemals deiner Freundin auf dem Spielplatz gesagt: Immer nur Spielplatz. Wundere dich bloß nicht, wenn die Kinder nicht ins Gymasium kommen bei so wenig Förderung. Geh mal ins Museum, verdammt. Oder wenigstens zur musikalischen Früherziehung.

Nein, unseren Freundinnen gegenüber sind wir weicher, verständnisvoller gegenüber. Wir können sehen, was sie jeden Tag leisten. Wie soll da bitte schon immer alles aufgeräumt sein? Wie soll man da immer gut gelaunt sein? Eben – geht nicht. 

Ich wünsche mir so sehr mehr Verständnis für uns selbst. Kein ständiges Hadern, kein nächtelanges Hätte-ich-doch. Wir machen es, so gut wie möglich. Manche Tage sind super, manche scheiße. Manche Dinge fliegen uns zu und manche schieben wir auf. 

Ich wünsche mir, dass wir viel mehr vor dem Spiegel stehen oder vor der überfüllten Küchenspüle und und sagen: Es ist wie es ist. Ich bin wie ich bin. Und ich bin genug. 

Foto: Pixabay

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3 comments

  1. Eigen- und Fremdbild
    Ja ja, so ist das mit dem Bild von Außen und von Innen. Man sieht bei sich eben oft eher die Dinge die man besser machen kann, was noch fehlt, was nicht gut läuft. Von Außen sieht das eben oft ganz anders aus. Man achtet eben nicht auf irgendeine kleine Dreckecke bei der Freundin, sondern es fällt eher auf, dass dort z.B. neue Fotos aufgehängt sind oder das Kinderzimmer umgestaltet wurde oder es geht eben um den neuen Job, den Hausbau und und und. Das sollte man sich einfach viel mehr vor Augen führen, wie viel man jeden Tag eigentlich schafft. Da darf man gerne stolz drauf sein und man kann sich das immer wieder mal bewusst machen. So versuche ich es jedenfalls. Für mich funktioniert das oft gut.
    Und ich habe die oben im Artikel geschriebenen Sätze nicht nur je zu einer Freundin (oder auch zu einem befreundeten Papa) gesagt – ich habe sie nicht mal je gedacht. Ich versuche in Zukunft einfach anderen noch öfter zu sagen, wie toll sie ihre Sache machen! Das hilft dann hoffentlich auch, ein positives Selbstbild zu unterstützen. 😉

  2. „Wir Frauen“
    Sorry dass ich so destruktiv bin, aber mir geht dieses vereinnahmende „wir Frauen“ sehr gegen den Strich. Sind alle Frauen gleich? Warum soll das bei allen Frauen so sein? Tröstet es über die eigene Unzulänglichkeit hinweg, wenn andere auch so sind? Ich fühle mich tatsächlich in den meisten Punkten gar nicht angesprochen. Und halten Männer sich per se für tolle Hechte und haben keine Selbstzweifels?

    1. Berechtigte Kritik
      Du hast recht – ich bin eigentlich auch kein Fan von „Die Frauen“ und „Die Männer?“ Aber tatsächlich stelle ich fest, dass es vor allem die Frauen sind, die Selbstzweifel haben. Trotzdem: Danke für die Kritik – werde ich das nächste Mal mehr drauf achten.

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