Ihr Lieben, wie happy seid ihr in eurem Job? Füllt er euch aus oder überlegt ihr manchmal, noch mal was ganz anderes zu machen? Gibt es vielleicht etwas, was besser zu euch passen könnte, aber ihr traut euch nicht, den sicheren Arbeitsplatz aufzugeben? Ich glaube, es geht ganz, ganz viele Frauen genau so. Unsere Leserin Katrin hat auch irgendwann gemerkt, dass sie eine neue berufliche Aufgabe braucht und kurz vor ihrem 40. Geburtstag nochmal die Karten neu gemischt…
Liebe Katrin, erzähl erstmal ein bisschen was über deine Lebensumstände.
Ich bin vor ein paar Tagen 40 geworden und lebe mit meinem Mann und meinem 14-jährigen Sohn im Ruhrgebiet in der Nähe von Dortmund.
Du hast 22 Jahre lang als Bankkauffrau gearbeitet. Warum hast du dich damals für diesen Beruf entschieden?
Ich bin war auf einem Gymnasium und da ich diese Zeit echt ätzend fand, war für mich schnell klar, dass ich die Schule nach der 10. Klasse verlassen und eine Ausbildung beginnen möchte. Ursprünglich wollte ich Erzieherin werden, wurde aber leider aufgrund von Überqualifizierung abgelehnt (heute kaum mehr vorstellbar).
Da ich in der Schule gerne Mathe gemacht habe und ich mir das Beraten von Kunden mit meinen damals 16 Jahren gut vorstellen konnte, bin ich letztendlich bei der Ausbildung zur Bankkauffrau gelandet. Letztendlich war es ein Job von vielen, den ich mir vorstellen konnte.
Was hat dir an diesem Job gefallen und was eher nicht?
Gefallen hat mir vor allem die Beratung der Kundinnen und Kunden. Diesen zu helfen, gemeinsam mit ihnen zu schauen, was für sie sinnvoll ist und was nicht, etc.. Was mir nicht gefallen hat, war die immer stärker werdende Verkaufsorientierung. Ich habe meine Ausbildung bei einer großen Privatbank absolviert und auch einige Jahre danach dort gearbeitet.
Der Druck, Kunden Produkte andrehen zu müssen, nur um die Erfolgsziele zu erreichen, vertrug sich nicht mit mir und meinen Werten. Daher bin ich sehr dankbar, dass ich die letzten 15 Jahre bei einer kleinen kirchlichen Genossenschaftsbank arbeiten durfte, wo das Interesse der Kundinnen und Kunden wirklich noch im Vordergrund steht und es keinerlei Zielerreichung gibt.
Vor 4 Jahren hast du dich nochmal neu orientiert. Was war der ausschlaggebende Punkt, dass du gedacht hast: Ich will mich beruflich verändern?
Nach der Elternzeit konnte ich nicht wieder als Kundenberaterin bei meiner Bank einsteigen, sondern habe einen Platz als Sachbearbeiterin im Bereich der Baufinanzierung übernommen. Für die Kleinkind- und Grundschulzeit meines Sohnes war diese Aufgabe genau richtig. Im Laufe der Zeit habe ich aber gemerkt, dass mir der direkte Kontakt zu den Menschen fehlt und mich meine Aufgaben unterfordern und langweilen.
Auch hat mich mein ursprünglicher Wunsch, mit Kindern zu arbeiten, nicht losgelassen. Er wurde immer stärker. Als mich dann unabhängig voneinander mehrere Menschen in meinem Umfeld angesprochen haben, dass ein pädagogischer Job doch besser zu mir passen würde und mir in der Bank die Aussichten auf einen Arbeitsplatzwechsel verwehrt wurde, habe ich angefangen, mir konkretere Gedanken zur beruflichen Veränderung zu machen. Noch 30 Jahre in dem Job als Bankkauffrau zu arbeiten, konnte ich mir wirklich nicht mehr vorstellen.
Was hast du dann studiert und wie sah das ganz praktisch aus?
Ich habe neben meinem Teilzeitjob (62%) in der Bank angefangen, im Fernstudium Heilpädagogik zu studieren. Hierfür habe ich mir zwei Abende in der Woche und den Samstagvormittag zum Studieren fest reserviert und mich dann an meinen Schreibtisch zurückgezogen.
In den ersten Monaten mussten wir uns als Familie erstmal an die neuen Abläufe zu Hause gewöhnen. Damit ich mich wirklich auf das Studium konzentrieren konnte, wurde vereinbart, dass ich zu meinen Studienzeiten für niemanden ansprechbar bin. Gerade das stieß bei meinem Sohn zu Beginn auf Gegenwehr und musste die ersten Monate immer wieder ausdiskutiert werden. Auch musste ich meine eigenen Ansprüche, was Haushalt, Ernährung, Hobbys, etc. anging in dieser Zeit zurückschrauben, da für manches einfach keine Zeit oder Energie mehr übrig war.
Das war sicher eine große Herausforderung für dich…
Die 3,5 Jahre, die mein Studium letztendlich gedauert hat, waren mal mehr, mal weniger anstrengend. Es gab Phasen, wo ich sehr motiviert war, aber auch welche, wo ich mich wirklich zum Studieren zwingen musste. Drei Dinge haben es mir insgesamt leichter gemacht, die Zeit durchzuhalten und doch deutlich schneller als gedacht, fertig zu werden.
Das erste war, dass mich mein Job in der Bank nicht wirklich forderte, so dass ich nach der Arbeit noch genug Energie zum Studieren aufbringen konnte. Das zweite war die Flexibilität des Studiums. Ich konnte an dieser Fachhochschule einen Kurs nach dem nächsten machen und mich oft zwischen zwei Prüfungsformen entscheiden. So musste ich mich immer nur auf einen Kursinhalt konzentrieren und konnte in den meisten Kursen eine schriftliche Ausarbeitung als Prüfung wählen, welche mir deutlich leichter und schneller von der Hand ging, als für eine Klausur zu lernen.
Und das bzw. der dritte war mein Mann, der mich von Anfang an absolut unterstützt hat. Ganz praktisch durch die Übernahme von Aufgaben, aber auch mental dadurch, dass er mich immer wieder motivierte und 100%ig hinter mir stand.
Wie hat dein Umfeld auf dein Studium reagiert?
Mein Mann war in die Überlegungen von Anfang an eingebunden und hat mich sehr in meinem Vorhaben bestärkt, da auch er denkt, dass ich in diesem Beruf meine Stärken besser ausleben kann. In meiner Familie und Schwiegerfamilie waren die Meinungen recht unterschiedlich. Manche verstanden mich und meine Beweggründe gut, andere konnten es zu Beginn nicht nachvollziehen, warum ich meinen sicheren, gut bezahlten Job aufgeben möchte, um nochmal neu anzufangen. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis und auch unter meinen Kolleginnen und Kollegen war es ähnlich.
Seit März arbeitest du nun in einer Frühförderstelle. Was machst du da genau?
In der interdisziplinären Frühförderstelle arbeite ich nun mit Kindern mit Förderbedarf (von Entwicklungsverzögerungen bis hin zu verschiedenen Behinderungen). Das Alter der Kinder erstreckt sich vom Säuglingsalter bis zur Einschulung. Anhand der individuellen Bedürfnisse jedes Kindes und der Familie wird ein Förderplan entwickelt, der das Ziel hat, dass das Kind in seiner Entwicklung unterstützt und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gefördert wird. In Einzel- oder Gruppenförderungen fördere ich diese Kinder dann spielerisch, um diese Ziele zu erreichen.
Wie hat sich dein Leben durch die neue Aufgabe verändert?
Ganz praktisch hat es sich dadurch verändert, dass ich nun deutlich mehr arbeite (75%) und einen längeren Fahrtweg habe. Dies hat natürlich nochmal das ganze Familiengefüge umgestellt, was sich aber nach 4 Monaten mittlerweile gut eingespielt hat.
Ansonsten merke ich, dass mich die neue Aufgabe deutlich mehr fordert als vorher, aber auch sehr viel mehr Freude bereitet. Vieles ist noch neu und ich muss mich immer noch in das ganze Organisatorische und den Papierkram einarbeiten, aber gerade die Zeit mit den Kindern erfüllt mich immer wieder mit Freude, wenn sie durch mich etwas gelernt haben, selbst wenn es noch so klein ist.
Viele Frauen über 40 würden sich ja gerne nochmal beruflich verändern, trauen sich aber nicht. Was würdest du ihnen raten?
Seid mutig! Denkt nicht daran, wie „alt“ ihr schon seid, sondern schaut hin, wie lange ihr noch in dem Job, in dem ihr jetzt seid, arbeiten müsstet. Und ob ihr das wirklich wollt. Und wenn nicht, dann lasst euch nicht von anderen oder eigenen Zweifeln entmutigen.
Ich stand in der Schule oft auf der Kippe und hatte echt Zweifel, ob ich das Studium wirklich schaffe. Aber wenn man etwas lernen soll, was einem Spaß macht und man weiß wofür, dann schafft man es auch und oft besser, als man vorher denkt! Ich bin ein Mensch, dem Veränderungen oft Angst machen, aber als ich mich einmal dazu entschieden hatte, diesen Schritt zu gehen, waren die Veränderungen doch viel leichter auszuhalten als gedacht. Sucht euch Menschen, die euch unterstützen, und wenn es nur eine Person ist, denn dann ist es leichter den eventuellen Gegenwind von außen und innen auszuhalten.