Vereinbarkeit ist möglich, aber… Vom Studium mit drei Kindern

bach
Ja, das geht mit der Vereinbarkeit. Aber.
Ihr merkt es selbst, es sind Sommerferien, sowohl an der Schule als in der Kita und hier im Blog passiert kaum etwas, was damit zusammenhängt, dass wir einfach im Moment komplett mit Leben beschäftigt sind.
Trotzdem möchte ich jetzt am Abend kurz noch mein Versprechen einlösen. Ich hatte angekündigt, über „Vereinbarkeit, aber“ schreiben zu wollen. Und das meinte ich auch genauso. Ich habe mich, als meine drei Kinder 4, 2 und 2 Jahre alt waren, noch einmal zu einem Studium entschieden, nun sind sie bald 6 und 6 und 8 Jahre alt, vier Jahre Studium liegen hinter mir. Dass ich nochmal studieren wollte, hing damit zusammen, dass ich mein Studium damals für eine Ausbildung unterbrochen hatte und dann mit Ende der Ausbilsung schon schwanger war, um bald wieder schwanger zu werden. Also wollte ich mein Studium zunächst nur beenden. Das war schwierig, weil ich auf Magister studiert hatte und nun alle Zeichen auf Bachelor und Master standen.
Durch Zufall bekam ich also Wind von einer Fachhochschule in Köln, die auch berufsbegleitende Studiengänge anbot. Ich bewarb mich – und wurde genommen. Ich würde einfach noch einmal ganz vorn vorn studieren. Einmal die Woche per Online-Vorlesung und alle zwei Wochen für zwei Tage in Köln (allerdings nicht in den Schulferien). Ich wohnte noch in Berlin und pendelte also zwei Jahre lang nach Köln.
Das ging so: Mein Mann nahm Freitag und Samstag Urlaub und ich setzte mich Freitagmorgens in den Zug. Vier Stunden RUHE. Allein auf die Toilette. Essen, was und wann ich wollte. LESEN. Es war: Die pure Erholung! Um 13 Uhr begann die Vorlesung. Bis 20 Uhr durfte ich Themen außerhalb des Windelkosmos aufsaugen, um danach zu meinen Eltern zu fahren und dort nicht nur warmes Essen zu mir zu nehmen, sondern auch noch eine ganze Nacht DURCHSCHLAFEN zu können. Das konnte ich zu dieser Zeit zu Hause noch nicht.
Am nächsten Tag ging es um 8.30 Uhr mit der Vorlesung weiter. Bis 15.30 Uhr. Dann zurück in den Zug von Köln nach Berlin. Kaffee trinken, ohne dass er sofort umgekippt wurde und am Abend war ich dann wieder zu Hause in meinem Alltag. Für mich war es: Wellness mit gutem Alibi. Ehrlich.
Trotzdem war es in den Prüfungsphasen natürlich auch immens anstrengend, denn ich musste mehr Zeit einplanen als alle anderen. Zum Lernen. Denn ich konnte oft die Uhr danach stellen: Sobald eine Prüfung nahte, entwickelten ein bis drei Kinder einen Magen-Darm-Infekt, eine Grippe oder sonstige Süßigkeiten, die ich nicht gebrauchen konnte.
Ich musste also so lernen, dass ich eine Woche VOR Prüfungsbeginn fertig war. So weit zur Planung. In der Praxis klappte das natürlich nicht immer. Aber ich kam auf andere Gedanken. Hatte Kontakt zu erwachsenen Menschen, die sich nicht nur für Beckenbodengymnastik interessierten. Und das genoss ich. Wäre ich sonst auf die Idee gekommen, ein Buch zu schreiben? Ich bezweifle das. Ich hatte an diesen Uni-Wochenende wieder Zeit, zu mir zu kommen und mal nachzudenken.
Im Nachhinein erzählt sich das so leicht. Aber das war es natürlich nicht immer. Und manchmal geriet ich an den Rand der Belastbarkeit, weil wieder alles auf einmal kam, ein Auftrag, eine Krankheit, eine Prüfung. Oft – nein immer – war ich auf die Hilfe anderer angewiesen, um dieses Studium zu schaffen. Auf die Hilfe meines Mannes oder meiner Eltern, die mich entweder aufbauten, meine Launen ertrugen und/der auf die Kinder aufpassten.

Vereinbarkeit geht also, allerdings wirklich nur, wenn man lauter helfende und rettende Hände im Hintergrund hat, die einen auffangen. Wie Daniel, der mir die doofen Exceltabellen in Form gebracht hat. Katja, die mich in Sachen Layout beruhigen konnte, Andreas, der mir bei der Darstellung meiner Ergebnisse unter die Arme griff (einen ganzen langen freien Samstag lang!), Birte, meine Grafikkönigin, Bine, mit der ich regelmäßig per Chat über die Mehfachbelastung stöhnen konnte, Kerstin, die mir in der End-Bachelorphase leckeres Hühnchen kochte, das ich vor lauter Aufregungs-Bauchschmerz gar nicht essen konnte. Christina, die mich nach dem Bachelor-Loch rührend überraschte oder Kristina, mit der ich nächtelang whatsappen konnte und kann. Ich könnte noch so viele weitere Menschen aufzählen… 

Vereinbarkeit, das wollte ich sagen, ist machbar, aber nur mit einem Auffangnetz von tollen Menschen um sich herum. Dafür sage ich DANKE! Ohne Euch wäre dieses Studium nicht möglich gewesen.

Und damit verabschiede ich mich gleichzeitig in eine zweiwöchige Blogpause. Ich hoffe, Ihr verzeiht es mir, aber ich brauche nach diesen vier Jahren und der Abgabe der Bachelorarbeit in der letzten Woche jetzt einfach mal zwei Wochen INTERNETFREI und analoges Leben. Bis dahin ALLES LIEBE!

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4 comments

  1. Studieren mit Kind
    Das kann ich nur bestätigen und ergänzen, dass ganz viel Gelassenheit und Mut zur Lücke von Nöten ist. Wenn man versucht allem gerecht zu werden und immer perfekt zu sein, wird man sich damit selbst nur in den Burnout treiben.

    Ich bin mittlerweile im Masterstudium angekommen. Meine beiden Söhne (2 und 5) sind beide im Studium geboren. Sowohl mein Mann als auch ich studieren ganz regulär in Präsenzstudiengängen und würden es immer wieder so machen. Nächstes Jahr machen wir sogar ein Auslandssemester zusammen mit den Kids in Bali.

    Wir werden dieses Abenteuer auf unserem Blog http://www.berlin2bali.com dokumentieren. Falls dich das interessiert, schau gern mal vorbei 🙂

    LG Luisa

  2. Vereinbarkeit
    Hey, das baut mich auf. Ich bin Alleinerziehendmit 2 Kindern (2&5) und fange nächsten Monat mein Abitur an. Habe nur leider kaum solch rettende Hände. Aber: Wird schon. Kommt Zeit, kommt Rat.