Wie das so ist, zu Hause mit drei Pubertierenden

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Bin ich zu fett? Zu dünn? Zu schmächtig, zu bullig, zu groß, zu klein, zu whatever? In unserer Wohnung sind die Spiegel grad hoch frequentiert. Noch ein Blick auf sich, auf die Haare, aufs Styling.
 
Drei Heranwachsende, drei junge Menschen, die sich gerade selbst kennenlernen. Sich einschätzen lernen. Die Grenzen checken, Neues probieren, vorpreschen, zurückrudern. Die merken, dass es Fotos von ihnen gibt, die sie selbst scheußlich finden, andere aber wunderschön. Die begreifen, dass die eigene Wahrnehmung eine andere ist als die von außen.
 
Sich finden, entdecken – wer bin ich, wer will ich sein? Eine spannende Phase ist das. Aber auch eine mit Herauforderungen.
 
Denn als Eltern müssen wir einordnen, erklären, reden, reden, reden. "Du bist toll so wie du bist!" "Du findest mich nur schön, weil ich dein Kind bin." 
 
Erklären, dass es im Leben nicht um den Umfang der Oberschenkel geht, nicht um Muskelaufbau, sondern auch um Hirntraining. Für jeden Klimmzeug ein Buch, wie wär´s? Lesen, weiterbilden, Sachen erleben. Natürlich: Grips sieht man nicht. Im Spiegel nicht. Vielleicht in der Ausstrahlung. Was ist das, Ausstrahlung?
 
Deswegen reden wir darüber. Ein Hirn auf Zack kann auch sexy sein, sexyer als jede Markenklamotte sogar, als jeder Bizeps, jedes Sixpack. Wirklich?
 
Sie werden groß, sie sind noch klein. Sie diskutieren, stellen in Frage, wollen alles wissen. Seehofer, Klimawandel, Nordkorea. Nutella, Fußball, Nagellack. Wut, Euphorie, Weltschmerz. Schmetterlinge, WhatsApp, Herzchen schicken. Puppen, Playmobil, TKKG. Duschgel, Achselschweiß, Aufklärungstalk.
 
Groß werden. Die Figur ändert sich. Das Denken ändert sich. Alles im Wandel. Das kann anstrengend sein. Es ist aber auch eine große Chance.
 
Wer bin ich? Wolang soll´s gehen? Wem pass ich mich an, wem folge ich, wen bewundere ich? Und wer soll mir folgen?
 
Welche Clique, welche Peinlichkeiten, wie weit gehe ich voraus, wie viel wage ich? Mutig sein. Sich durchsetzen, sich zurückziehen. Was da alles passiert.
Jeder Schritt ein Schritt zu sich selbst.
 
Trau ich mich? Ich trau mich nicht. Du schaffst das. Mama, jetzt fühle ich mich grad ganz mutig. Vorher Tränen, nun das. Reden, reden, reden. Es bringt was. Und der Weg ist hier tatsächlich mal das Ziel. Weil er uns zu denen macht, die wir sind.
 
Das gilt nicht nur für Pubertierende. Sondern lustigerweise ja auch noch für uns, wenn auch in etwas sanfterer Form…
 

 

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1 comment

  1. So ein schöner Text
    Das hast du so schön geschrieben und gibt mir einen ersten Eindruck, was mich in ein paar Jahren erwartet… Und ich finde schon, dass das mal ganz andere krasse Sorgen sind, die da auf einen zukommen, im Gegensatz zum Kleinkindalter!
    Danke fürs aufschreiben 🙂

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