Dinge, die in unserer Kindheit normal waren und heute grob fahrlässig oder mindestens komisch wären

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Hey Lisa und Ihr Lieben,

ich grüße Euch aus Island, aus unserem nachgeholten Familiensommerurlaub. Pausti und ich konnten dieses Jahr jobtechnisch nicht Urlaub nehmen (also im Sommer) und so sind wir jetzt als kleine Glücklich-Mach-Tour für vier Tage nach Island geflogen. Gestern haben wir eine lange Bustour unternommen, haben Geysire gesehen, Lavafelder und Thermalbäder. Am Abend haben Pausti und ich dann darüber philospophiert, dass Maxime mit zwei Jahren wohl schon mehr Flugmeilen hat als wir mit Mitte 20. Meine erste Flugreise unternahm ich zum Beispiel mit 14 Jahren und es ging nach London. 

Wir kamen zu dem Schluss, dass Maxime wohl eine Traumkindheit hat, die wir natürlich irgendwie auch hatten, aber trotzdem hat sich so viel geändert, dass Kinder es wohl heute noch eine Nummer besser haben. Ich erwähnte ja bereits einmal in einem Post, dass ich aus einer großen Familie komme mit einem Dutzend gleichaltriger Cousins und Cousinen, mit denen ich die Sommer verbrachte. Da war gar nicht so viel Zeit für den einzelnen. Für Maxime wäre alleine dieser Zustand eine ziemliche Umstellung, er der die Sonne im Mama-Papa-Planetensystem ist…

Ja, ja… Auf jeden Fall hatte ich dann Lust mal die Dinge aufzuschreiben, die in meiner Kindheit als völlig normal durchgingen und heute vielleicht etwas…fahrlässig bis komisch oder zumindest erstaunlich wären. 

Solche Dinge zum Beispiel: 

+ Ich fuhr Fahrrad ohne Helm. Die Helme wurden erst erfunden als ich in die vierte Klasse ging. Auf Autoreisen fuhren wir manchmal über Nacht. Uns wurden dann Betten auf der ausgeklappten Hinterbank gebaut. Und bitte glaubt nicht, dass wir angeschnallt waren…

+ Auf einem meiner Kindheitsfotos bin ich zwei Jahre und halte einen großen Hähnchenschenkel in der Hand, den ich gerade abknabbere. Das zu einem Zeitpunkt an dem ich schon Garnelen, Camenbert, Rocquefort und Muscheln aß. Hmm, wahrscheinlich hätte ich Angst, die spitzen Hähnchenknochen könnten Maximes Gaumen zerkratzen oder  schlimmeres. Bei uns gibt’s also weiterhin Brust in kleine Stücke geschnitten…

+ Wir zogen mit den Sternsingern und ein paar minderjährigen Gruppenleitern tagelang im Schnee von Haus zu Haus und sammelten Geld für die Kirche…äh, Bedürftige. Nun ja…

+ Die Klettergerüste auf meinem Schulhof waren LEBENSGEFÄHRLICH. Oft klebte unter ihnen nur eine durchgemoderte Gummimatte. Gruselig, wenn ich dran denke, was alles hätte passieren können als ich mich als Erstklässler um die Stangen schwang…

+ Oh, Thema Essen: Bei Kindergeburtstagen gab es Sahne-Waffeln. Waffeln gefüllt mit einem Berg purer Schlagsahne und dann zusammengerollt. Unfassbar, so unfassbar lecker, dass ich mich heute noch daran erinnere. Würde ich das heute bringen, würden einige meiner Freundinnen das allerdings etwas irre finden… Genauso übrigens wie meine Barbie-Burger-Maschine im Barbierestaurant, mit der man aus Erdnussbutter und Keksresten Burger „braten“ konnte…

+ Wir unternahmen tolle Ausflüge mit dem Kindergarten. Der eine ging in eine Fleischwurstfabrik. Die Hälfte der Eltern rannte nach der Hälfte der Führung angeekelt raus und wir Kinder schauten faszinierend weiter zu wie sich die rosa Fleischpaste da durch die (Wurst-)Därme drückte…

+ Wenn in der Kita der Arzt kam, erinnerte das an eine Waisenhaus-Szene aus dem 19. Jhr. Wir mussten uns mit fünf alle nackt ausziehen und in eine Reihe stellen. Der Arzt ging dann rum und tastete alle ab. Heute gäbe es wegen sowas wahrscheinlich Elternbeschwerden.

+ Wir machten oft Kita-Ausflüge in den nahgelegenen Wald. Nach dem Motto: So ihr lieben Kinderlein schwärmt aus. Ich wundere mich bis heute wie sie uns jedes Mal alle wiedergefunden haben.

+ Wir zockten tagelang Nintendo und irgendwie war das okay. Manchmal kam ein Erwachsener und schimpfte kurz, aber dann ging’s irgendwie weiter. Einmal hatte ich sogar mit 10 Jahren eine Sehnenscheidenentzündung vom Game Boy-Spielen und das will schon was heißen…

+ Mit 13 Jahren rauchte ich meine erste und nicht meine letzte Zigarette. Mann, war das früh… Mit vierzehn war dann der erste Joint dran. Ein Wunder, dass ich studiert habe und nicht im Jugendknast gelandet bin, würde man heute denken…

Und über was wundert Ihr Euch heute so? 

Alles Liebe, 

Eure Caro xxx

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16 comments

  1. Abenteuer
    Oh Mann, was früher alles ’normal‘ war.
    Ich bin in einer ländlichen Gegend aufgewachsen wo, nach über 25 Jahren, immer noch Munition aus dem 2ten Weltkrieg im Boden lag. Die haben wir als 10 Jährigen gesucht. Am schönsten waren die Handgranaten die wir im Keller von einem zerbombten Haus explodieren ließen (…)
    Die Hühner kratzen Patronen aus dem Boden die wir dann mitten durch brachen und anzündeten. Das zischte so schön.
    Einmal ist mir auch was unkontrolliert explodiert. Die Splitter aus Bein und Hand habe ich selbst heraus gekriegt. Mit meiner Kopfverletzung musste meine Mutter dann mit mir ins Krankenhaus, als ich es dann endlich gebeichtet hatte.
    Mensch das waren Zeiten, näml. 1972. Ich traue es mir kaum meinen Kindern davon zu erzählen.
    Da hat sich vieles geändert, mit Recht. Obwohl ich heute vieles auch als sehr zwanghaft oder übertrieben erfahre. Welche ‚Abenteuer‘ bleiben unseren Kindern noch?

  2. Die selbsternannte Ökomama
    Die selbsternannte Ökomama fliegt für vier (v-i-e-r) Tage mit Mann und Kind nach Island! Die Zahl der Gründe, die mir meinen Unterkiefer nach unten klappen lassen, sprengen hier gerade jeden Rahmen! Nichts für Ungut!

  3. Sternsinger
    Das ist mir auch sauer aufgestoßen. Hier gibt es den Brauch leider nicht, weil wir katholisch sind, aber die Kinder meiner Freundin in Köln machen das noch und ich finde es toll! Was ist gegen ein Gemeinschaftserlebnis, von dem auch die Bedürftigen etwas haben, einzuwenden?
    Und ob ein Urlaub für das Kind beglückend ist, hängt sicherlich nicht mit der Anzahl an Flugmeilen zusammen!

  4. Sternsinger
    Was ist daran erstaunlich, dass man nicht nur um sich selbst kreist sondern wahrnimmt, dass es auch Menschen gibt, denen es weniger gut geht als uns selbst? Es gibt auch in Deutschland genug Kinder, die von Flugreisen in den Urlaub nur träumen können. Definitiv konnte man also mit solchen Aktionen wie Sternsingen lernen, dass es auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt geht und den Blick über den eigenen Tellerrand üben. Dafür ist die Schere zwischen Arm und Reich offenbar inzwischen schon zu weit geöffnet. Die Anzahl von Flugreisen mit dem Wohlergehen des Kindes zu korrelieren ist dekadent.

  5. Fortsetzung…
    -mit 8 Jahren meine Schwester zur Krippe bringen und abholen
    -mit 10: anheizen, mit der Sichel Kaninchenfutter schneiden
    Das könnte ich auch noch fortsetzen…
    Der Kernpunkt ist: Wir wurden mehr gefordert und hatten früher Verantwortung. Manchmal evtl. überfordert- der Fehler, die Fähigkeiten des Kindes zu überschätzen, passiert mir auch.Aber ich bin im Nachhinein dankbar für das Selbstvertrauen, das ich als Kind durch das Übernehmen von Verpflichtungen und Verantwortungen gewonnen habe.

  6. Eszet-Schnitten auf Weißbrot
    Seit ich Mama bin und mich mit gesunder Kinderernährung auseinandersetze, taucht bei mir immer wieder ein Bild im Kopf auf: Wie meine beste Freundin in der großen Pause genüsslich auf einem Weißbrot mit Eszet-Schnitte belegt rumkaut. Natürlich mit reichlich Butter drunter. Dazu gab es einen Kakao aus dem Tetrapack. Meine Eltern waren wohl ihrer Zeit voraus – ich durfte das nicht essen. Fand ich damals unglaublich gemein…

  7. -Ofen anfeuern mit 10 Jahren
    -Ofen anfeuern mit 10 Jahren
    -in der 1. Klasse 100 km alleine Zug zur Oma fahren
    -Radtouren ins Umland mit 9
    -über die Autobahn rennen
    -Einkäufe übernehmen
    -mit dem Bus allein in die Nachbarstadt zum Zahnarzt
    -mit Bierdeckeln Mosaike in den Straßenteer legen

  8. @Paula & Steffi
    Richtig! Das Zähneputzen! Stimmt! Nun, ich finde trotzdem, liebe Steffi, dass mein Sohn es besser hat als ich. Etwas mehr Zuwendung ohne ins Extrem zu schlagen, kann nicht so richtig falsch sein…

  9. Schul/Kitaweg, Zähneputzen, Laternenumzug
    Mir fällt auch noch was ein: Zähneputzen bei Babys und Kleinkindern war nicht üblich oder Zahnarztbesuch unter fünf Jahren, heute undenkbar, das nicht zu machen! Oder echte (!) Kerzen in der Laterne beim Martinsumzug, heute rennen alle nur noch mit diesen langweiligen und todsicheren batteriebetriebenen Leuchtstäben herum, dabei ist so ein echtes Kerzenlicht, das man anzünden und auf das man aufpassen muss, damit es nicht ausgeht, ja Teil der Stimmung und Atmosphäre. Oder den Schul- oder Kitaweg ohne Eltern in der Gruppe mit Schulkameraden zurücklegen. War in meiner Kindeheit absolut üblich, bin im letzten Kitajahr sogar ohne Begleitung von Mami in de Kindergarten gegangen: heute absolut undenkbar!

  10. @caro
    Aber du hast geschrieben, dass Kinder es heute eine Nummer besser haben als früher und dem kann ich irgendwie so gar nicht zustimmen.
    Ich habe das Gefühl, dass wir heute viel zu sehr auf unsere Kinder zentriert sind und sie mit unserem Sicherheitsdenken leicht überbehüten.

  11. @Steffi
    Ja, das stimmt! Ist aber keine Absicht. In meiner Familie gibt es halt noch nicht so viele kleine Kinder. Aber ich arbeite daran, bin ja auch selbst wieder schwanger :-)! Alles Liebe, Caro xxx

  12. Wirklich besser?
    Also, ich bezweifele ja, dass die Kinder im alleinigen Mama-Papa-System es wirklich besser haben als die, die mit vielen Kindern Zeit verbringen durften.

  13. Kneipen-Kind
    Hi Caro,

    ich hatte mit meinen Eltern auch neulich das Thema 🙂 Sie haben mich nämlich als Kleinkind immer mal wieder mit in ihre Stammkneipe genommen, wo ich mich wie zu Hause gefühlt habe. Sobald ich Gläser halten konnte, durfte ich hinter der Theke beim Spülen helfen. Ich denke, ich muss nicht hinzufügen, dass es damals noch kein Rauchverbot gab 😉 Meiner Meinung nach würde das heute jeder komisch finden, wenn man das mit seinem Kind macht, aber ich fand’s super.
    Und im Urlaub auf dem Bauernhof (jedes Jahr im Sommer) wurden wir Kinder morgens „rausgelassen“ und bei Dunkelheit wieder „eingesammelt“ – zwischendrin waren wir auf Wiesen, Feldern und im Wald unterwegs und keinen hat’s gekümmert.

    Liebe Grüße & ein schönes Wochenende!

  14. suuuuuper
    Auch ich hatte so eine tolle kindheit mit lauter gefährliche jnd ungesunden sachen. Wir sind alle nicht im knast gelandet, weil unsere welt trotzdem heil, gesund und behütet war.
    Ich denke, dass ist heute zum sehr großen teil nicht mehr der fall, , deswegen müssen und haben wir das Bedürfnis den kinder mehr mitzugeben.
    Vielleicht täusche ich mih auch und es ist alles ganz anders und wir machen es nur einfach so und weil wir können. ..

  15. Kindheit
    Ich wundere mich darüber:

    – wir wohnten an einer riesigen Kreuzung, ich durfte trotzdem alleine raus
    – ich bin mit 8 Jahren alleine Bus zur Schule hin- und zurück gefahren, ohne Handy…
    – meine Mama hat mich mit 12 Jahren mal mit in eine Bar genommen, ich sah schon immer älter aus, da ich sehr groß bin. Natürlich bekam ich keinen Alkohol…;-)
    – seit ich 7 Jahre alt war, bin ich mit dem Zug alleine von Berlin nach Jena gefahren, um da meine Ferien zu verbringen. Auch das ohne Handy, sogar ohne Festnetz
    – da ich nach der 1. Klasse keine Lust mehr auf Schulhort hatte, bin ich mit 7 Jahren mittags alleine nach Hause und habe dort für mich und später auch meinen kleineren Bruder Essen gekocht

    Die Liste lässt sich unendlich fortsetzen! 😉