Ihr Lieben, Birthe lebt mit ihrer Familie in Braunschweig und ist studierte Landwirtin. Über ihre eigene Hamsterrad-Erfahrung fand sie zum Coaching. Heute begleitet sie Frauen auf dem Weg zurück zu sich selbst – mit Nervensystemarbeit und Reflextheraphie (@lassen.coaching) oder durch konkrete Unterstützung bei der Kinderbetreuung (@aupairfamilie). Sie fragt euch: Ist es Egoismus oder Selbstschutz, sich auch als Mutter um sich selbst zu kümmern… denn:
Gerade war sie eine Woche ganz allein auf Mallorca – und wurde mal wieder von kritischen Kommentaren anderer Mütter überrascht. Hier erzählt sie davon: „Wer kennt sie nicht, die viralen Reels, in denen Mütter ihre „Ich wünsche mir, dass meine Kinder später sagen…“-Visionen teilen? Oft steht dort: „…dass meine Mutter immer alles für mich getan hat, auch wenn sie nicht mehr konnte.“ Oder: „…dass sie immer dafür gekämpft hat, mir alles zu ermöglichen.“
Und jedes Mal schreibe ich drunter: Ich wünsche mir, dass meine Kinder später sagen: Unsere Mutter hat uns beigebracht, was es heißt, eigene Grenzen zu kennen und zu halten. Sie hat uns gezeigt, wie man gut auf sich achtet und dass man geliebt wird, auch wenn man nicht tut, was andere erwarten.
Was folgt? Schweigen. Vielleicht ein Herz. Vielleicht ein „Ja, das ist natürlich auch wichtig“ aber meist: nichts. Denn noch immer ist die Instagram-Welt voll von aufopferungsvollen Müttern mit sternchenförmigem Toast in Brotdosen, farblich abgestimmten Geburtstagskonzepten und einem Haushalt, der „nebenbei“ läuft und natürlich mit tollem Job. Oder dem Gegentrend: die Chaos-Moms, die gefeiert werden, weil sie „endlich mal ehrlich“ zeigen, wie’s wirklich läuft.
Egoismus oder Selbstschutz? Mütter brauchen Zeit für sich!
Aber wo sind die Mütter, die andere Mütter feiern, weil sie sich Zeit für sich nehmen? Weil sie sich Hilfe organisieren, mal alleine verreisen? Nicht als „Belohnung“, sondern weil sie es brauchen? Wo sind die, die laut sagen: Me-Time ist kein Egoismus, sondern Selbstschutz.
Wir alle kennen die Sicherheitsansage im Flugzeug: „Setzen Sie zuerst Ihre eigene Sauerstoffmaske auf, bevor Sie anderen helfen.“ Genau das gilt auch im Alltag. Wenn wir uns selbst nicht helfen, kracht irgendwann das ganze Familienkonstrukt. Die Folgen? Streit in der Partnerschaft, erschöpfte Kinder, kurze Zündschnur, Haarausfall, Gewichtszunahme, Burnout.
Und was ich hier so locker tippe, glaubt mir, war lange nicht meine Wahrheit. Ich bin genauso im Hamsterrad gerannt wie Du vermutlich auch, wenn Du den Artikel liest: vier Kinder, großes Haus, crazy Hund, keine Großeltern in der Nähe, 25–35h-Job plus Dienstreisen. Ich fand mich großartig. Hab ein Aupair organisiert, um irgendwie zu funktionieren und noch mehr zu arbeiten und fand es völlig normal, ständig unter Strom zu stehen und meine Kinder anzumeckern. Das ist doch auch normal, oder? Spoiler: Ist es nicht.
Es ist nicht normal, dass wir nicht mal mehr zur Ruhe kommen könnten, selbst wenn wir die Zeit dazu hätten. Dass unser Nervensystem in einem Dauer-„On“ feststeckt, in dem Ruhe sich plötzlich gefährlich anfühlt. Das ist nicht gesund. Nicht für uns, nicht für unsere Beziehungen. Und ganz sicher nicht für unsere Kinder, die dabei lernen: „Ich muss mich aufopfern, um etwas wert zu sein.“
Ich bin durch Zufall in die Coachingszene gerutscht – und durfte einige Ausbildungen machen. Alle haben mich näher an meine Themen geführt. Am meisten geholfen haben mir die, die den Körper mitnehmen.
Und ja, als Team Ungeduld ging mir das alles oft zu langsam. Aber heute weiß ich: Nachhaltige Veränderung ist nur möglich, wenn der Körper mitkommt. Wenn ich lerne, meine Grenzen wieder zu spüren – nicht nur zu denken. Wenn ich aufhöre, sie mit Schokolade oder Handyscrollen zuzudecken. Wenn ich Nein denke. Nein sage. Und dann wirklich Nein mache.
„Grenzen setzen leicht gemacht“-Kurse sind eine gute Idee – aber ohne Nervensystemarbeit bleibt es oft Theorie. Nervensystemarbeit ist eine Reise mit Aufs und Abs. Aber sie lohnt sich. Unsere Familie ist heute eine andere – nicht, weil ich die Kinder verändert habe. Sondern weil ich bei mir angefangen habe.
Ist alles perfekt – nein, natürlich nicht, aber wir sind auf einem gutem Weg. „Heilarbeit ist Schichtarbeit“, hat eine Ausbilderin mal gesagt – man ist nie fertig und es kommen wie bei einer Zwiebel immer neue Schichten. Aber mit jeder Schicht findet man mehr zu sich selbst zurück und mit jedem Schritt zu mir zurück beruhigt sich auch unser Familiensystem.
Und falls du dich fragst, warum ich das alles überhaupt schreibe: Weil der Weg zurück zu sich selbst leichter ist, wenn man ihn nicht allein gehen muss. Wenn man sich nicht rechtfertigen muss, wenn man Grenzen setzt. Wenn man nicht als Rabenmutter beschimpft wird, wenn der Kuchen für den Basar gekauft ist oder eine Fertigmischung, weil die 10 Minuten Auszeit für mich selbst einfach wichtiger waren.
Lasst uns also gemeinsam die Frauen feiern, die sich Pausen nehmen – nicht als Luxus, sondern aus Überzeugung. Lasst sie uns sichtbar machen. Dann kann daraus eine neue Normalität entstehen. Eine, in der Frauen sich erholen dürfen – für sich selbst und für ihre Familien. In der Erholung eine Selbstverständlichkeit wird. Eine, in der Selbstfürsorge nicht mit Egoismus verwechselt wird. Sondern mit Verantwortung.