„Ich bin Mutter von fünf Kindern und alleinerziehend“ – Ute über ihren herausfordernden Alltag

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Ein toller Probenabend mit neuen Kollegen, die Atmosphäre ist leicht und aufgeschlossen. Die Stimmung gut. Das Arbeiten macht Spaß. Wir machen Faxen, lachen, albern zwischendurch wie Kinder. Keiner hat Hintergedanken. Es ist einfach so. Ich genieße den Moment. Plötzlich fragt mich einer: „Wie viele Kinder hast Du eigentlich?“ Ich zögere und ehe ich mich versehe, prahlt mein Kollege, der mich näher kennt: FÜNF

Wusch, da ist er wieder – dieser Vorhang, der fällt, wenn die magische Fünf erwähnt wird. Da ist sie wieder, diese Ehrfurcht. Und dann kommt er wieder, dieser Spruch „Ich bewundere Dich, wie Du das machst.“ Und dann ist da wieder diese Distanz, geschaffen durch Bewunderung und Vorurteile und die Frage: Wie tickt eine Frau, die fünf Kinder hat?

Eins ist klar: Auf jeden Fall ist sie keine richtige Frau mehr. Geht ja auch gar nicht. Und eigene Bedürfnisse darf sie auch nicht mehr haben. Mit fünf Kindern ist das völlig unmöglich…Eine alleinerziehende Frau mit fünf Kindern ist nur noch Mutter. Sagen wir es ehrlich: Eine Frau, alleinerziehend mit so einer Kinderschar ist der ungeeigneste Partner – sei es beruflich oder privat.

Ich hasse diesen Stempel auf meiner Stirn. Sobald raus ist, dass ich fünf Kinder habe, sprechen mir alle ständg ihre Bewunderung aus – tauschen will aber keiner mit mir.

Ich verstehe diese ganze Bewunderung auch nicht. Bewunderungen – wofür? Für die tägliche Organisation unseres Lebens, die regelmäßig auseinander fliegt, weil mal wieder eines der Kinder krank, seine Welt zusammengebrochen ist oder ich selbst gesundheitlich beeinträchtigt bin? Für die Organisation meiner Job-Selbstständigkeit? Einen festen Arbeitsplatz wird mir niemand mehr bieten und so bleibt nur die Selbständigkeit.

Jeder würde, wäre er in der gleichen Situation wie ich, sich genauso wenig aufgeben, sondern Kraft schöpfen aus den wunderbaren Kindern, die mir anvertraut wurden. Sie sind keine Selbstverständlichkeit.

Es waren sogar viel mehr. Mein dritter Sohn ist mit drei Monaten in meinen Armen verstorben. Das vorletzte Kind war eine Fehlgeburt.

Meine jüngste Tochter, die war ein berühmt berüchtigter Volltreffer. Einmal ohne Verhütung, eine dusselige Premierenfeier und schon war sie in meinem Leben, in unserem Leben. Damals war ich schon alleinerziehend und eigentlich von ihrem Vater getrennt. Ein Moment der Schwäche und schon war es passiert. Heute strahlt sie uns alle an, ihre Geschwister, die Großmutter und mich und macht uns alle glücklich.

Kein Kind möchte ich hergeben aus unserer Runde, die natürlich immer wieder turbulent ist und alle fordert. Was ich mir nicht gewünscht habe: die Kinder allein zu erziehen. Aber das ist eine andere Geschichte und würde heute den Rahmen sprengen.

Theoretisch habe ich jedes zweite Wochenende keine Kinder. Dann sind sie bei den beiden Vätern und ich kann Kraft tanken. Dann würde ich gerne mit Freunden Zeit verbringen und am Sonntag an den Rhein fahren. Abends um neun einfach noch gemeinsam ein Glas Rotwein trinken, jetzt im Frühsommer, wenn es draußen herrlich angenehm ist und die Kinder schlafen. Samstagabend irgendwo zwei Stündchen tanzen und lachen und den Kopf freikriegen. Aber ich merke: Kaum einer hat mehr Zeit für spontane Ausflüge. Außerdem scheine ich als alleinerziehende Frau ein rotes Tuch zu sein. In unserer Gesellschaft habe ich keinen wirklichen Platz mehr. Mir wird immer unmissverständlich klar gemacht, daß ich nicht mehr zu verabredeten Gruppen dazu stoßen darf.

Ich wollte nie alleinerziehend sein. Manchmal ist das sehr hart. Wenn die Kinder mich wieder sehr fordern, dann wünsche ich mir jemanden, der mich in den Arm nimmt und mir sagt, daß ich es richtig mache. Auch wenn es hier gerade nicht gut läuft. Der Druck von außen ist unglaublich. Alleinerziehend. Das kann nie klappen. Und dann ist sie auch noch berufstätig…

Manchmal möchte ich für einen Moment mal nicht stark sein, dann möchte ich einfach ich sein und durchatmen. Wenn ich, wie im letzten Jahr, mehrere Wochen krank bin, dann möchte ich an den harten Tagen einfach jemanden an meiner Seite haben, der mir einen Tee kocht und was Leckeres zum Abendbrot macht.

Vor kurzem fragte mich eine Freundin: „Wo ist Dein wirkliches, Dein privates Ich?“ Diese Frage hat mich völlig aus der Bahn gerissen. Ja, wo, äh, keine Ahnung, was ist privat? Wo ist es hin? Erst habe ich mich geweigert, darüber nachzudenken. Da kommen sie nämlich, meine Wünsche, meine Träume, meine Bedürfnisse. Die ich sorgsam in Kisten gepackt habe. Und nicht mehr auspacken wollte… Ja, mein Leben ist gerade auf das Wesentliche konzentiert, das Träumen erlaube ich mir kaum noch. Ich gebe mein Bestes, jeden Tag. Und ich habe Hoffnung, dass irgendwann ich wieder mehr ICH sein darf.

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16 comments

  1. Hallo aus der Ferne!

    Ich führe ein sehr ähnliches Leben allein mit 4 Kindern.
    Es waren auch bei mir mehr Kinder. Mein 4 Monate alter Sohn ist auch in meinen Armen verstorben.

    Und auch die ständigen Sprüche ich bewundere dich! Wie schaffst du das ich bin mit 2 schon überfordert. Hach ich kann es nicht mehr hören. Und kaum hat man einen schlechten Tag wird man als komplett überfordert dargestellt alle tuscheln.

    Ich habe allerdings nie eine Zeit ohne Kinder. Momentan zumindest vielleicht mal in naher Zukunft.

    Freunde hab ich nur 2 und mit denen schreibe ich auch nur kein Treffen oder fortgehen

    Liebe Grüße!

    1. Kann ich bestens verstehen …
      Ebenfalls, alleinerziehend mit 5 Kids
      ( Zwilling die Jüngsten ) –
      gibt es kein Gut & Böse , keine Widersprüche – nur Lektionen & Aufgaben , Handeln im Augenblick .
      Man könnte uns beneiden um die Kraft die wir dadurch haben
      ( müssen ) 😉

      Alles Gute & viel Liebe .

    2. Ich bin gerade in einer ähnlichen Lage. Ich bin mit 4 Kindern alleinerziehend, und bin ebenfalls mit dem Vater meiner Kinder nach 2 Jahren Trennung wieder näher gekommen, und nun wieder schwanger. Ich bin nur wenige Tage überfällig und spiele mit dem Gedanken abzutreiben. Ich weiß nicht wie ich ein fünftes Kind schaffen soll. Ich bin gerade dabei mich beruflich weiterzubilden, um endlich aus meiner finanziellen Abhängigkeit rauszukommen. Wie soll es jetzt weitergehen? Wie reagiert meine Umwelt darauf? Ich weiß es nicht

  2. Diese große Aufgabe gelingt der Autorin sehr gut (auch wenn sie das als Frau mit offensichtlich hohen Ansprüchen an sich selbst nicht immer so empfinden wird), das spürt man beim Lesen des Artikels ganz deutlich! Alles, alles Gute!

  3. Liebe Manu, deine Nachricht, dass du schon lange keine Freude mehr hast hat nicht innerlich bewegt. Ich glaube ohne die Freude kommt auch nicht die Energie. Manchmal, kann man sich auch einfach dazu entschließen es mit Freude zu sehen. Sie die Kinder… schau sie in einem ruhigen Moment an. Lass alles unwichtige weg. Sie sind ein Wunder! Alle Kinder. Und auch sie hätte sich es anders gewünscht. Es braucht nicht viel, es muss nicht perfekt sein, fühle in dein Herz und schau diese Geschöpfe an. Sowie du eins bist. Ich glaub, die Stärke als alleinerziehend ist noch mehr, dass Gefühl. Und auch wir sind Familie, egal ob eins zwei o. 6. Ich wünsche dir die Freude von Herzen. Liebe Grüße Katta

  4. Ihr Lieben
    Ja ich bewundere euch alle und mich eingeschlossen! Aber: Schaut zu euch, nehmt euch zuerst…. nur dass hilft, sucht euch die 40 helfenden Hände, sie sind da wenn man fragt… immer wieder, einfach nicht alles alleine wollen…. da sind noch andere Kräfte da…. alles Gute!

  5. Liebe Mama! ich wünsche Dir von Herzen ganz viel Kraft für die Mammut-Aufgabe, die Du jeden Tag stemmst! Du hast Recht, solche Sprüche wie „Ich könnte das ja nicht“ oder „Ich bewundere, wie Du das schaffst“ helfen einem nicht weiter. Ich finde, man wächst zwangsläufig mit seinen Aufgaben und Du bist ganz sicher schon riesig gewachsen. Daher hoffe ich, dass Du Deinen Weg findest und mit der Zeit wieder mehr Raum für Dein ICH ist. Das wird ganz sicher so sein. 🙂
    Ich werde selbst bald 5 Kinder zuhause haben und habe Respekt vor der Aufgabe, die sich uns stellt – und das schon mit Partner an meiner Seite. Aber auf der anderen Seite ist es auch ein riesen Abenteuer, welches heutzutage hier in Deutschland nur wenige Menschen in Angriff nehmen… Liebe Grüße und Danke für Deinen Beitrag!

  6. Ich bewundere dich auch unheimlich! Ich wünschte mir immer 5 Kinder, bin aber momentan mit nur zwei Buben überfordert und einem selbständigen, Abwesenden Vater. Wünschte mir manchmal Alleinerziehend zu sein, dann hätte ich vielleicht jedes zweite WE Pause 😂 Wünsche dir viel Kraft und alles Liebe!

  7. Hey, ich bewundere Dich ganz aufrichtig, wenn ich den Bericht lese. Ich habe 2 Kids und einen Beruf, den ich sehr gerne mache und bin verheiratet mit dem Vater der Kinder. Ich habe null Energie übrig, daher meine Bewunderung für Dich! Und ich finde es total schade, wenn Du schreibst, dass für Dich bei Verabredungen kein Platz ist! Das ist wirklich ungerecht! Ich habe selbst Bekannte, die Alleinerziehend sind und wir haben öfter Verabredungen und viel Spaß zusammen!

      1. Mir geht’s ähnlich mit 3
        Kindern…
        Können wir nicht ein forum gründen für uns muttis und mit all unseren Erfahrungen positiv wie negativ an die öffentlichkeit gehen….
        Würde so gerne die Menschen wach rütteln die immer noch denken (wie zur hexenverbrennung)
        Wenn sie alleinerziehend lesen oder hören….

        Ciao Silvie

        1. Hi, bin auch alleinerziehend mit 2 Kindern. Jetzt zum Ende der Grundschulzeit sind sie deutlich selbstständiger und plötzlich erscheinen mir selber überall Freizeit und Freiheit.
          Sie machen gern was alleine und mit Freunden, können alleine zuhause bleiben, nehmen an Freizeiten und Zeltlagern teil.
          Das ist ungewohnt aber die Zeit für Dich kommt auch bei Dir. Es dauert gar nicht so lange. Nur Mut.

    1. Ja, ich bewundere DICH! Lass das einfach zu. Ich bin selber alleinerziehend mit „nur“ zwei Kindern und tagtäglich am Limit. Ein Leben das ich so nie wollte. Ich hatte den Traum von Familie, der leider platzte 🙁 Das Leben mit zwei Kindern allein ist mega anstrengend und ich frage mich, wie man ein Leben allein mit fünfen schafft ohne durchzudrehen. Als Freude empfinde ich meine Kinder leider schon lange nicht mehr, nur noch als Ballast der mich krank gemacht hat. 🙁

      1. Wie fies ist denn der letzte Satz von Manu? Hol dir Hilfe beim Therapeuten, aber bezeichne deine Kinder nicht so abwertend. Die tun mir sehr leid…. Das klingt einfach nur ungerecht, aufgrund von eigenen Problemen.

        1. Die Probleme kamen leider erst durch die Schwangerschaften und die Kinder. Könnte ich die Zeit zurückdrehen, hätte ich keine Kinder…. #regrettingmotherhood

          1. Hallo Manu,

            Das tut mir sehr leid es zu hören..und noch mehr tut es mir leid, dass du hier direkt angemacht wirst. Es gibt viele Mütter die ihre Kinder lieben aber, könnten sie die Zeit zurückdrehen, nicht noch einmal Kinder bekommen würden..
            Speziell dafür gibt es mittlerweile Angebote in Hilfszentren, Versuch es dort vielleicht einmal und eventuell hast du ja Glück und wirst wieder etwas fröhlicher!
            ich drücke dich aus der Ferne und schicke dir viel Kraft, für die verbleibende Zeit bis die Kids selbstständiger werden. ❤️ Ich bin mir sicher du bist trotz allem eine tolle Mama und hast 2 wundervolle Kinder auch, wenn es sich nicht so anfühlt für dich.
            Alles gute für dich!

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