Kinderbonus: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Oder doch?

Geld für Familien

Die Bundesregierung zahlt einen Corona-Kinderbonus, Foto: pixabay

Jetzt stellt euch mal vor, ihr trefft in einem Laden einen Menschen, der euch 600 Euro in die Hand drückt. Einfach so. „Mach damit, was du willst!“ Ohne Gegenleistung.

Okay, das Geld kommt von jemandem aus der Nachbarschaft, der in letzter Zeit vielleicht oft laut war und gestört hat, obwohl ich dringend schlafen wollte. Wegen ihm lag ich also öfter wach, zermarterte mir das Hirn.

Er ist nicht böse oder so, er hat vielen anderen im Haus geholfen, wenn sie schwere Möbel die Treppen hochschleppten – nur mir halt irgendwie nicht. Er übersah mich, obwohl ich auch viel schleppen musste.

Ich hatte die Kinder an der Hand und nen ganz schön schweren Rucksack zu tragen. Er hat mich einfach nicht beachtet in dieser Zeit.

Ist das Geld also eine Wiedergutmachung? Weil er anderen half, aber mir nicht? Weil ich oft nicht schlafen konnte? Macht es das geschenkte Geld schlechter? Weniger wert? Oder sollten wir denken: Wow, ich bekomme ein Geschenk, ich freu mich jetzt einfach mal, andere kriegen in ihrem ganzen Leben nie etwas…?

Ich habe letzte Woche den Kinderbonus auf meinem Konto gehabt. 600 Euro. Einfach so. Und jetzt mach ich mir Gedanken. Ja, wir Familien wurden in Lock-/Slowdownzeiten übersehen. Dürfen wir uns trotzdem über ein Geschenk unserer Regierung freuen? Zumal die Maßnahmen ja zu unserem Schutze ergriffen wurden und nicht, um uns zu ärgern? Und obwohl Geld in die Wirtschaft, aber eben nicht in Familien gesteckt wurde in den letzten Monaten? Obwohl in der Bundesliga wieder Fußball gespielt werden durfte, auf den Schulhöfen aber nicht?

Dürfen wir uns weiter ärgern über die Missachtung der letzten Monate und trotzdem freuen über ein kleines Geldpolster? Was meint ihr?


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17 comments

  1. Naja…. der Bonus ist nett gemeint, aber er soll doch gar nicht in erster Linie den Familien wirklich helfen, sondern mit dem Geld soll wieder die Wirtschaft angeregt werden.

    1. Hallo, ja der Bonus soll die Wirtschaft ankurbeln. Ich hätte ihn lieber in die Infrastruktur der Bildungslandschaft fließen sehen. Moderne Belüftungsanlagen in Kitas und Schulen sowie der technische Ausbau der Schulen und die Erhöhung der Betreuungsschlüssel in Kitas, Horten und mehr Lehrer für die Schüler sowie Förderung für GTAs und individuelle Förder- und Forderprogramme an Schulen würden die gesellschaftlichen Herausforderungen in Pandemiezeiten sicher nachhaltiger lösen als Geld für individuellen Konsum. Und damit wäre mit gesunden Kindern, die die Chance auf Bildung auch bei physischen Schulschließungen haben, auch den Familien am meisten geholfen.

      1. Ach ja und warmes Wasser zum Händewaschen in einer erst 2013 fertig gestellten Grundschule wäre auch nett und vielleicht von dem Geld zu bewerkstelligen gewesen.

  2. Der Ärger ist nachvollziehbar, aber: Die Intention dieses Kinderbonus ist doch überhaupt nicht, Eltern für ihre Leistungen während des Lockdowns zu entschädigen und ihren Einsatz zu würdigen. Das ist eine schnöde Konjunkturmaßnahme, die gleichberechtigt mit Alternativen wie der Ausgabe von Konsumgutscheinen diskutiert wurde und eben Teil des großen Konjunkturpakets der Regierung ist. Der Gedanke ist, dass viele Familien das Geld, was herein kommt, auch gleich wieder ausgeben und damit der Konsum mit angekurbelt wird. Daraus erklärt sich dann auch, dass Gutverdiener am Ende nicht profitieren, weil diese Logik hier eben nicht gilt. Dass es keine Leistungen gibt, die sich explizit auf die Mammutaufgabe vieler Eltern während des Lockdowns beziehen und Familien in dieser Zeit sowieso an letzter Stelle standen, kann man skandalös finden. Aber der Kinderbonus hat damit eigentlich gar nichts zu tun.

  3. In meiner persönlichen Utopie werden Frauen im gebärfähigen Alter nicht sowieso präventiv benachteiligt, Väter die sich mehr als 2 Monate Eruiehungszeit nehmen nicht gemobbt, Alleinerziehende spürbar steuerlich entlastet und es gäbe genüged gute! Kitaplätze.

    Ich darf wütend sein. Und ich darf das Geld nehmen. Ich werde es, auch wenn es uns wirtschaftlich gut geht, nicht spenden. Ich bin als arbeitende Alleinerziehende an meine Grenzen und darüber hinaus gegangen. Ich werde gemeinsam mit meiner Tochter verprassen. Mit Freude, und dankbar. An den grundsätzlichen Fehlentwicklungen ändert es nichts.

  4. Hallo ihr 2,

    schön, dass ihr dieses Thema aufgreift. Ehrlich gesagt finde ich die Geschichte mit dem Kinderbonus skandalös. Mein Mann und ich arbeiten beide Vollzeit. Während Corona waren wir beide teilweise in Kurzarbeit und konnten uns so die Kinderbetreuung teilen. Von 5 – 12 hat der eine gearbeitet und von 12.30 Uhr bis 19.30 Uhr der andere. Im wöchentlichen Wechsel. Die finanziellen Einbußen waren überschaubar, aber der Rest ehrlich gesagt nicht. Scheidung war bei uns kein Thema, weil wir uns ja nur noch die Klinke in die Hand gaben und abends totmüde ins Bett gefallen sind.
    Ich bin Anwältin und habe zwischen Homescooling, Bügelperlen und Haushalt auch noch Telefonate geführt mit Richtern, Kollegen und Mandanten. Einmal haben meine beiden Kinder während eines Telefonats mit einem Richter so heftig gestritten, dass ich kurz auf stumm geschalten habe und meinen Kindern eine Ansage gemacht habe. Kurz: Wir beide hatten unsere Belastungsgrenze erreicht und überschritten!
    Jetzt bekommen wir den Kinderbonus, aber wir werden ihn zurückbezahlen müssen. Das ärgert mich, wo wir als beide in Vollzeit berufstätige Eltern von den Einschränkungen am meisten betroffen waren. Wir hatten keine Zeit mehr für Freizeitbeschäftigungen mit den Kindern oder ähnliches. Ich will mich nicht beschweren, wir kommen schon klar. Aber ich sehe nicht ein, wieso wir den Bonus zurückbezahlen müssen und Eltern, bei denen nur einer oder vielleicht gar keiner arbeitet, nicht. Die meisten dieser Eltern und deren Kinder, hatten kaum Einschränkungen. Die Eltern mussten nicht um 4.00 Uhr aufstehen, damit sie um 5 bei der Arbeit sind. Hinzu kommt, dass der Bonus aus Steuergeldern bezahlt wird. Mit einem Satz: Arbeit hat sich wieder einmal nicht gelohnt!

  5. Hallo miteinander,
    ganz ehrlich dieser „Bonus“ regt mich nur auf. Wir dürfen ihn am Ende des Jahres wieder zurückzahlen.
    Da ich derzeit mit 3.Kind in Elternzeit bin, stand mir keine Notbetreuung offen, obwohl ich hier mit 1Grundschulkind, 1 Kitakind und 1 Kleinkind echt in höchster emotionaler Not war. Das war pausenlos, tags wie nachts. Und mein Mann galt als unabkömmlich bei der Arbeit, war von 5 Uhr früh bis mindestens 21 Uhr abends weg. 10h Arbeitsgrenze hat niemand interessiert. Und ich war hier alleinerziehend… Wir sind beide über die Belastungsgrenze hinaus gegangen. Finde es einfach nicht fair, dass es bei uns nicht anerkannt wird. Das höhere Einkommen aus Sicht des Staates haben wir uns ja durch harte Arbeit der letzten Jahre verdient.

  6. Von wem ist die Frage eigentlich? Autorin wurde nicht genannt? Ansonsten: ernsthaft? Du brauchst eine Erlaubnis, um Dich zu freuen??😁😅Oder war das eine rhetorische Frage?

  7. Wir freuen uns nicht über den Bonus, da wir im Endeffekt nichts davon haben. Wir gelten als „Großverdiener“ (Beamtin und Lehrer) und so wird der Bonus bei der nächsten Einkommensteuererklärung verrechnet. So nutzt uns der Bonus nichts.

  8. Ja, wir dürfen uns ärgern! Weil die Politik versucht, mit dem Kinderbonus die bisher fehlenden Prioritäten zu vertuschen… und weil viele den Bonus nämlich gar nicht ausgeben dürfen, er wird schön über die Steuer wieder einkassiert 🙁

  9. Wirklich ein sehr schön geschriebener Beitrag, der die Situation vieler Eltern in den letzten Monaten sehr nett umschreibt👍.

    Ich werde das Geld nehmen und für meine Kinder investieren, damit sie für später, wenn sie 18 sind ein kleinen Start-Boni ins Leben haben.

    1. Ich bin Alleinerziehend und Großverdiener. Habe meine Zwerge 4 Monate betreut und gearbeitet. Den Bonus bekomme ich angerechnet, also komme ich auf 0 raus. Und die Nerven stellt er auch nicht wieder her. Das ist Schweigegeld und ziemlich mies.

  10. Hallo! Schön, für die Familien, denen dieses Geld was bringt. Uns bringt es gar nichts, da es im nächsten Jahr mit der Steuererklärung verrechnet wird. Wir arbeiten bewusst beide, (ich bin ungern nur Hausfrau und möchte meiner Tochter zeigen, dass auch Frauen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, meine Rente etc) liegen dann mit unserem Familieneinkommen zu hoch. Ich arbeite in einem systemrelevanten Beruf und die Corona-Lockdown Zeit war echt schwer, Beruf, Betreuung und homeschooling unter einen Hut zu bekommen. Alles um mich herum redete von „Entschleunigung“-> ich hab davon nichts gemerkt. Es war alles nur Stress. Sooft bin ich noch nie in Tränen ausgebrochen. 🥺

  11. Das ist ja kein Geschenk für viele von uns. Sobald man über der Beitragsbemessungsgrenze verdient, wird der Betrag eine zu eins wieder vom Freibetrag im Rahmen der Steuererklärung abgezogen. Also nein, wegen mir hätte man mir kein Geld überweisen müssen, dass ich nachher genau so wieder zurückzahlen darf.

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