Kontaktabbruch zwischen Eltern und Kind: Manchmal ausweglos

Kontaktabbruch

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Ihr Lieben, Brigitte Göbel als Heilpraktikerin für Psychotherapie und Psychologische Beraterin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene immer häufiger mit dem Thema Kontaktabbruch innerhalb der Familie zu tun. Mit family in balance hat die 47jährige ihre eigene Praxis in Pinneberg. Mit ihrem Mann und zwei Kindern lebt sie an der Stadtgrenze zu Hamburg. Wir wollten gern mehr über ihre Arbeit erfahren.

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Liebe Brigitte, du bist Heilpraktikerin für Psychotherapie und Psychologische Beraterin. In letzter Zeit hast du häufiger Klientinnen, bei denen es um Kontaktabbruch innerhalb der Familie geht. Erzähl mal, um was geht es da genau?

In der Regel wenden sich die Eltern an mich, weil ihre Kinder den Kontakt abgebrochen haben. Manchmal sind die Kinder noch minderjährig. In den Fällen haben sich die Eltern getrennt und nicht selten wird das Kind vom anderen Elternteil so manipuliert, dass es zum Kontaktabbruch zum betroffenen Elternteil kommt. Es kommt auch vor, dass Eltern den Kontakt zu ihrem Kind abbrechen oder dass Großeltern der Kontakt zu den Enkelkindern verwehrt wird. In den meisten Fällen ist es aber so, dass bereits erwachsene Kinder sich bewusst dazu entschieden haben, den Kontakt zu den Eltern zu beenden. Den Eltern geht es dann darum, wie eine Annäherung wieder gelingen kann.

Du erlebst in deiner Arbeit beide Seiten, die der Menschen, zu denen der Kontakt abgebrochen wurde und die der Menschen, die selbst den Abbruch herbeigeführt haben. Ist das ein ähnliches Arbeiten oder eine komplett unterschiedliche Herangehensweise?

Das Arbeiten mit Familien mit Kontaktabbruch ist sehr komplex. Es geht unter anderem um Grundbedürfnisse eines jeden einzelnen Familienmitglieds, um Persönlichkeiten, Bindungen und um Kommunikationsformen innerhalb der Familie. Außerdem hat jeder Mensch seine ganz eigene Wirklichkeit, sein ganz eigenes Erleben, was auch innerhalb eines Familiensystems nicht identisch ist.

Was damit gemeint ist, zeigt folgender Fall aus meiner Praxis. Eine junge Frau hat den Kontakt zu den Eltern abgebrochen, weil sie in ihrem Erleben nie die Möglichkeit hatte, sich und ihre Persönlichkeit zu entfalten, ihr Bedürfnis nach Autonomie auszuleben und ihre eigenen Erfahrungen zu sammeln. Sie beschrieb es so, dass es ihr in der Familie immer zu eng war, sie kaum Luft zum Atmen hatte, die Eltern zu behütend waren und sie keine Chance hatte, ausreichend Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Ihre Schwester hingegen, die die gleiche Erziehung und Zuwendung der Eltern erfahren hat, hat ihre Kindheit im positiven Sinne als sehr behütet und geborgen erlebt.

Ein großer Unterschied in der Zusammenarbeit mit beiden Seiten ist der Zeitfaktor. Bei den Verlassenden war der Leidensdruck vor dem Kontaktabbruch besonders hoch und er wurde durch den Abbruch gemildert. Bei den Verlassenen beginnt der Leidensdruck häufig erst mit dem Kontaktabbruch.

Um welche Emotionen geht es da?

Wenn ich mit Menschen arbeite, zu denen der Kontakt abgebrochen wurde, geht es zum einen darum, ihren Schmerz in vollem Umfang anzuerkennen und sie darin zu unterstützen, mit schwierigen Gefühlen wie Ohnmacht, Trauer oder Wut umgehen zu können. Zum anderen versuche ich die Betroffenen behutsam zu einem Perspektivwechsel zu führen, also sich in die kontaktabbrechende Person einzufühlen und zu versuchen, ihre Sicht zu verstehen. So können sie die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass z. B. das Kind einen guten Grund für den Kontaktabbruch hatte. Nicht alles, was wir als Eltern gut gemeint haben, ist aus Sicht des Kindes wirklich gut, unterstützend und entwicklungsfördernd.

Und wenn du mit den Verlassenen arbeitest?

Wenn ich mit Verlassenden arbeite, geht es darum, Vergangenes aufzuarbeiten, negative Glaubenssätze zu lösen und falls es auch um eine eventuelle Wiederannäherung zu den Verlassenen geht, auch hier zu einem Perspektivwechsel anzuregen. Dabei geht es um Fragen, warum die Familie so geworden ist. Was haben die Familienmitglieder erlebt, bevor es den Verlassenden gab? Warum sind sie so geworden, wie sie sind? Das soll nicht zwangsläufig zu einer Vergebung oder Versöhnung führen, aber es schafft Verständnis. Und ermöglicht darüber hinaus die Erkenntnis, dass das, was so verletzend und belastend war, in der Geschichte der Verlassenen liegt und nicht durch den Verlassenden selbst ausgelöst wurde.

Ist es wirklich so, dass viele Verlassene gar nicht genau wissen, weshalb jemand den Kontakt abbrach? 

Kontaktabbruch
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Das ist wirklich so. In meiner Praxis ist zumindest kaum jemand erschienen, der sich darüber im Klaren war, warum er verlassen wurde, weil er aus seiner Sicht keine offensichtliche Schuld auf sich geladen hat. Die Betroffenen sind fassungslos und erhalten in vielen Fällen keine Erklärung vom Verlassenden. Briefe werden nicht beantwortet, Telefonanrufe ignoriert, es herrscht nur noch Schweigen. Im ersten Gespräch mit verlassenen Eltern höre ich oftmals Sätze wie „Wir haben immer alles für unser Kind getan. Es hat ihm an nichts gefehlt und wir haben es gefördert, wo es nur ging. Wir haben uns immer gut verstanden, auch wenn es mal Konflikte gab, aber das ist ja normal. Bitte helfen Sie uns, wie wir unser Kind wieder zur Vernunft bringen können. Wir wollten immer nur das Beste und auf einmal will es nichts mehr mit uns zu tun haben.“ Die Eltern sind sehr verzweifelt. Immer wieder spielt auch Wut eine Rolle, weil sie ihre Kinder als undankbar empfinden. Außerdem leiden sie sehr darunter, dass ihnen durch den Kontaktabbruch die Chance auf eine Auseinandersetzung und Klärung verwehrt bleibt, sie fühlen sich hilflos und ohnmächtig.

Welche Gründe geben die Abbrechenden für ihre Entscheidung an, der Leidensdruck muss ja schon hoch sein, bis man eine solche Entscheidung fällt… 

Die Gründe sind vielfältig und natürlich ist jede Familie ein individuelles System und muss auch als ein solches betrachtet werden. Eines ist klar. Wenn z.B. Kinder den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen, ist das niemals eine spontane oder leichtfertige Entscheidung, sondern als ein Ergebnis einer langen Entwicklung mit einem hohen Leidensdruck anzusehen.

Viele haben oft unbemerkte Versuche unternommen, auf ihr Problem aufmerksam zu machen. Doch sie fühlten sich nicht gehört und unverstanden. Der Kontaktabbruch bedeutet für sie: „So wie es ist, kann und will ich nicht mehr.“ Dabei geht es den meisten Abbrechenden nicht darum, die Verlassenen mit dem Kontaktabbruch zu bestrafen, viel mehr sehen sie keine andere Möglichkeit mehr, sie tun das für sich. Eine kleine Auswahl möglicher Gründe für diese Entscheidung können sein:

  • sich nicht richtig aufgehoben und angenommen fühlen
  • fehlende Sicherheit in der Familie
  • persönliche Grenzen wurden nicht geachtet
  • Autonomiebestrebungen (z. B. eigene Entscheidungen treffen zu können) wurden nicht zugelassen
  • überfordernde Erwartungen, denen man nicht gerecht werden konnte und kann
  • das Gefühl, nur gegen Leistung geliebt zu werden und Wertschätzung zu erfahren
  • Überbehütung/„Überliebe“

Besonders beim letzten Punkt sehe ich in meiner Praxis eine steigende Tendenz bei jungen Kontaktabbrechern. Viel mehr als früher steht heutzutage in der Erziehung eine gute Bindung im Vordergrund, was ich sehr befürworte. Gleichzeitig ist das Bedürfnis nach Autonomie genauso ernst zu nehmen wie das Bedürfnis nach Bindung und Geborgenheit. Hier gelingt einigen Eltern die richtige Balance nicht. Ich höre dann Sätze wie „Wir sind doch eine Familie, wir sind eins …“. Nein, eben nicht. Jedes Familienmitglied hat eine eigene Persönlichkeit mit ganz individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Träumen und braucht Raum, um sich frei entfalten zu können.

Darüber hinaus sind natürlich auch Vernachlässigung, emotionale und physische Gewalt oder Missbrauch weitere Gründe. Diese Fälle habe ich aber nicht in meiner Praxis, weil Verlassene sich wahrscheinlich selbst die Frage beantworten können, warum sie verlassen wurden.

Du sagst, die meisten Kontaktabbrüche seien nicht für die Ewigkeit. Wie kommst du darauf? 

Wie schon gesagt haben sich die Verlassenden nicht leichtfertig und ohne Schmerz für den Kontaktabbruch entschieden. Es wünscht sich doch jeder Mensch eine „intakte“ Familie und dieser tiefe Wunsch bleibt auch bei den Verlassenden bestehen. Auch wenn die Kluft zwischen beiden Parteien oftmals unüberwindbar scheint, bleibt in der Tiefe doch eine Verbindung.

Die Familie ist unser Ursprung und wir bleiben ein Teil von ihr, ob wir das wollen oder nicht. Eine erneute Annäherung kann aber nur unter bestimmten Voraussetzungen gelingen und eine davon ist die Freiwilligkeit von beiden Seiten. Das ist ganz wichtig. Die Verlassenden entwickeln häufig dann eine Bereitschaft für eine vorsichtige Annäherung, wenn sie erkennen, dass die Verlassenen bereit sind, sich selbst und das Familiensystem in Frage zu stellen.

Ein häufiges Thema in deiner Arbeit ist die Vergebung. Erzähl mal, inwiefern.

Kontaktabbruch

Wenn jemand tief verletzt, gekränkt oder sogar geschädigt wurde, ist dies oftmals mit vielen belastenden Folgeerscheinungen verbunden. Auch im Kontext von Kontaktabbrüchen in Familien geht es unter anderem um tiefe Kränkungen und das auf beiden Seiten. Die Verlassenden haben vor dem Kontaktabbruch viele Kränkungen erlebt und die Verlassenen sind durch den Kontaktabbruch tief verletzt.

Es liegt ein „Opfer-Täter“-Erleben bei den Betroffenen vor. Sie haben häufig langfristig mit Gefühlen wie Groll, Verbitterung, Wut, vielleicht aber auch mit Scham und Schuld zu kämpfen. Das beeinträchtigt die Lebensqualität und wirkt sich gegebenenfalls sogar auf die psychische und körperliche Gesundheit aus.

Einer Person zu vergeben, die mir etwas angetan hat, kann für den Vergebenden sehr heilsam sein. Es ist eine ganz persönliche Entscheidung mit dem Ziel, die Opferrolle zu verlassen, Vergangenes loszulassen, die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und damit Freiheit zu finden. Das ist für den Vergebenden ein schwerer und oft schmerzhafter Prozess und nicht mit der Entscheidung zur Vergebung getan. Es ist auch nicht jeder dazu bereit.

Du sagst, Vergebung müsse nicht gleichbedeutend mit Versöhnung sein …

Das ist richtig. Vergebung ist ein Prozess, der nur die Person betrifft, die vergibt. Hier geht es darum, dass sie den Fokus von der Vergangenheit lenkt und wieder auf die Zukunft richten kann. Damit abzuschließen was passiert ist und wieder ein zufriedeneres Leben ohne Groll und Verbitterung anzustreben. Mit diesem Prozess hat der „Verursacher“ nichts zu tun, er muss nicht mal davon wissen.

Versöhnung ist der Schritt danach und er muss nicht zwangsläufig folgen. Hier geht es um eine Annäherung zwischen der geschädigten und der verursachenden Person mit dem Ziel, wieder in irgendeiner Form in Kontakt oder in Beziehung zu gehen. Ob der Vergebende den Wunsch nach einer Versöhnung hat oder nicht, ist auch eine ganz individuelle Entscheidung und hängt von vielen Faktoren ab, wie z. B. die Schwere der Schuld, die der Verursacher auf sich geladen hat.

Was würdest du Menschen raten, die verlassen wurden. 

Ich würde Verlassenen raten, sich selbst und das Familiensystem kritisch zu reflektieren, auch wenn das ein schmerzhafter Prozess ist. Was ist mein Bild von einer glücklichen Familie und ist das zwangläufig das gleiche Bild, was der Verlassende hat? Voraussetzung für eine mögliche Annäherung ist die Anerkennung der Verlassenen, dass nicht alles gut war.

Sie sollten die Familienrealität in vollem Umfang anerkennen, nämlich dass es mindestens einem Familienmitglied in diesem System nicht gut ging. „Gut gemeint“ wird von unserem Gegenüber nicht zwingend als gut empfunden, sondern im Gegenteil manchmal sogar als sehr schlimm. Die Verlassenen sollten dazu bereit sein, die Verantwortung für ihren Anteil daran, dass der Verlassende den Kontakt abgebrochen hat, zu übernehmen.

Wenn keine Annäherung möglich ist, rate ich dazu, Akzeptanz zu lernen. Das ist für viele unvorstellbar, aber was wir nicht ändern können – und wir können andere nicht ändern –, sollten wir akzeptieren lernen, um selbst wieder zu einer Zufriedenheit zurückfinden zu können. Gleichzeitig bedeutet das nicht, dass die Verlassenen die Tür ganz verschließen müssen, denn wie gesagt, oftmals ist der Kontaktabbruch nicht für immer, auch wenn er viele Jahre andauern kann.

Und was gibst du all jenen mit auf den Weg, die selbst den Schlussstrich gezogen haben?

Wenn sie zu mir kommen, bevor sie den Kontakt abgebrochen haben, begleite ich den Entscheidungsprozess, der in der Regel sehr schmerzhaft ist. Manchmal ist ein Kontaktabbruch aufgrund des hohen Leidensdrucks alternativlos für die Betroffenen und die einzige Möglichkeit, damit sich für sie etwas ändern kann.

Wenn der Kontaktabbruch schon vollzogen ist, rate ich auch den Verlassenen zur Verantwortung für sich selbst. Um ein zufriedenes, selbstbestimmtes Leben zu führen, müssen die Verlassenen selbst die Verantwortung dafür übernehmen, dass es ihnen gut geht. Dafür ist es hilfreich, die anklagende Position zu verlassen und vielleicht sogar zu vergeben. Was wie gesagt nicht gleichbedeutend mit einer Versöhnung sein muss.

Zum weiteren Eintauchen ins Thema: Ein Doku des WDR:

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3 comments

  1. Der Kontaktabbruch zwischen Eltern und Kindern ist eine schwierige emotionale Situation. Bei mir ist das mit meinem Vater so. Obwohl wir früher ein sehr gutes Verhältnis hatten. Ich denke es spielen viele Faktoren eine Rolle. Bei uns war es, so glaube ich es, der Tod meines Bruders vor 16 Jahren. Er war 29 Jahre. Es war für alle eine furchtbare Zeit. Meine Eltern haben sich dann 3 Jahre später getrennt. Sie waren 33 Jahre verheiratet. Im Nachhinein betrachtet lief es schon vorher nicht gut. Grundsätzlich hatte ich damit keine Probleme, wenn es nicht mehr klappt, dann trennt man sich. Aber die Art und Weise meines Vaters, wie es dazu kam, war respektlos meiner Mutter gegenüber (das Verhalten akzeptiere ich auch bei anderen Leuten nicht). Er hat sie betrogen und ist bis zur endgültigen Trennung öfter einfach nicht nach Hause gekommen. Meine Mutter hatte zu dieser Zeit Depressionen, wegen dem Tod meines Bruder. Und das hat ihr den Boden unter den Füßen weggerissen. Mir ging es auch nicht gut. Ich habe tolle Freunde, die mich damals aufgefangen haben. Mein Vater hat dann diese Frau auch geheiratet, still, heimlich und ohne das ich davon wusste. Wir hatten einfach eine Karte im Briefkasten. Ich sollte dann huhu schreien und Mutter zu ihr sagen. Ich war föllig überfordert. sie ist nur 9 Jahre älter als ich.
    Alles war ein Krampf. Treffen, Gespräche, … Man musste aufpassen, was man sagt, wie man es sagte. Oft wurden mein Mann und ich mit Vorwürfen konfrontiert, von denen wir nicht mal wussten, dass es welche sind. Die Situatioen lagen teilweise 6 Monate bis 1 Jahr zurück. Und vor 2 Jahren habe ich dann die Reißleine gezogen, als er nicht zum Geburtstag unserer großen Tochter gekommen ist. Wir haben mehrmals gefragt, ob sie kommen und er sagte jedesmal, er weiß es noch nicht. Hat aber auch nicht abgesagt oder einen anderen Termin vorgeschlagen. Meine Tochter hat an ihrem Geburtstag (Juli) so geweint, weil ihr Opa nicht gekommen ist. Ich habe ihm dann im November einen Brief geschrieben, dass er jetzt den ersten Schritt gehen muss. Ich melde mich nicht mehr. Ich könnte so weiter erzählen, was mich nur traurig macht. Meine jüngste Tochter hat ihren Opa seit 3 Jahren nicht gesehen, sie kann sich gar nicht mehr an ihn erinnern. Dabei war er immer so Kinderlieb früher. Er hat auch zu sehr vielen Verwandten, Freunden den Kontakt abgebrochen. Es gab noch ein Gespräch letzten August. Aber auch da waren nur wir Schuld. Mein Vater hat nicht einen Grund genannt, warum er so handelt wie er handelt. Deshalb konnte ich nur bedingt auf „Vorwürfe“ reagieren und mich selbst hinterfragen. Wir sind den beiden so oft entgegengenommen. Wenn ich mich nicht öfter gemeldet hätte, wäre schon länger kein Kontakt mehr gewesen.

    1. Irgendwie ist das ganze Internet voll davon, dass es o.k. ist, wenn Kinder ihre Eltern verlassen, weil sie aus irgendeinem Grund wegen ihrer Eltern leiden. Ich hingegen kämpfe seit Jahren gegen den Wunsch an, den Kontakt zu meinem inzwischen erwachsenen Kind abzubrechen, weil ich, seit der Vater uns verlassen hat, nicht mehr ich sein darf und mein Kind mich seit mehr als 10 Jahren ständig dominieren will. „Ich habe dich ja sooooo lieb.“, wenn ich mache, was das Kind will. Aber wehe, ich habe eine andere Meinung odder ich möchte irgendetwas, egal was, das mit Zugeständnissen oder Aufwand verbunden ist … Das geht seit etwa 11 Jahren so.
      Mein Kind ist inzwischen erwachsen und vor 2 Jahren ausgezogen und ich habe gehofft, es würde dann besser. Aber besser ist nur, daß ich jetzt gehen oder das Telefonat beenden kann, wenn nichts mehr geht. Jeder Kontakt ist unendlich anstrengend. Für beide Seiten, Und das zieht mich wirklich runter. Mein Wunsch nach einer Familientherapie, die ich bei unserer verfahrenen Situation für alternativlos halte, wird jedoch seit Jahren konsequent abgelehnt. Ich bin inzwischen überzeugt davon, es ginge mir besser ohne weiteren Kontakt zu meinem Kind, auch wenn ich dann ganz allein bin (eine richtige Beziehung hatte ich seit 14 Jahren nicht mehr). Aber ich habe Angst davor, den Kontakt abzubrechen. Meine Eltern und auch unsere Gesellschaft würden mir das nicht verzeihen, denn für sie wäre immer ich als Mutter die Schuldige. Aber ich bin das alles so leid und so unendlich müde. Innerlich habe ich den Kontakt bereits eingestellt. Das macht die Situation natürlich nicht besser. Aber ich bin am Ende meiner Kräfte.

      1. Liebe Anne, hättest du Lust mit mir darüber zu sprechen? Ich recherchiere als Journalistin gerade zu diesem Thema und habe auch schon mit anderen gesprochen. Das Ganze darf wenn gewünscht gerne anonym bleiben. Melde dich gerne, wenn du magst. Liebe Grüße

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