Polyamor & alle haben Kinder: „Ich kann mehr als eine Person lieben“

Polyamor mit Kindern

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Ihr Lieben, Melli lebt polyamor mit Kindern und wusste auch schon als Jugendliche, dass sie sich in mehr als eine Person verlieben kann. Sie hat zwei Zuhauses, eines mit ihren Kindern und ihrem Mann, eines mit ihrer zweiten Beziehung, seiner Partnerin und ihrem Kind. Wie das im Alltag funktioniert.

Liebe Melli, du hast dich auf unseren Beitrag Inside Swinger Club gemeldet, weil du die Einblicke so spannend fandst, warst du auch schon mal swingen?

Ja war ich, ich gehe aber nur auf reine Frauenpartys, weil das mehr meinen Bedürfnissen entspricht. Und grundsätzlich lieber im privaten Rahmen als in Club. Es gibt auch gute Plattformen, um sich mit Gleichgesinnten zu verbinden.

Du lebst polyamor mit Kindern, wann hast du zum ersten Mal gemerkt, dass du mehr als eine Person lieben kannst?

Im Jugendalter, allerdings bin ich natürlich sehr heteronormativ monogam geprägt aufgewachsen, ich bin 1986 geboren. Und ich hab mich dann häufig selbst verurteilt und dazu gezwungen, mich für eine Person zu entscheiden. Ich hab mich auch schon immer zu beiden Geschlechtern hingezogen gefühlt, hatte lange Zeit aber nur männliche Partner. Seit etwa 3 Jahren ist mir klar, dass das Geschlecht des Menschen für mich nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Somit gehöre ich im sexuellen Spektrum am ehesten in die pansexuelle Sparte

Du sprichst von deiner „Metamour“, was genau ist das, kannst du uns den Begriff erklären?

Das ist die andere Partnerin (Jennifer) meines Partners (Micha) mit der ich eine freundschaftliche, aber nicht sexuelle Beziehung habe, welche sich eben im Laufe der Zeit entwickelt hat. 

(Definition „Metamour“ auf der Seite von fraukiss.de: „Metamour“ ist ein Begriff, der in polyamoren Beziehungen verwendet wird. Ein Metamour ist der Partner des Partners, mit dem man nicht direkt liiert ist. Im Gegensatz zu Affären und Seitensprüngen besteht zwischen dem Partner und dem Metamour keine romantische oder sexuelle Beziehung. In einer offenen Beziehung hat jeder Partner mehrere Partner, und jeder Partner eines Partners wird als Metamour bezeichnet, beschreibt also ein Verhältnis zwischen zwei Leuten, dessen sekundäre Eigenschaft ist, dass diese kein Verhältnis miteinander haben. Wobei die primäre Eigenschaft, nämlich dass sie dieselbe Person daten und davon auch noch wissen, für die Definition die wichtigere Rolle spielt.)

In wie vielen Beziehungen lebst du und magst du zu jeder ein oder zwei Sätze schreiben, was an ihr besonders schätzt? 

Polyamor mit Kindern
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Ich lebe im Moment eine romantische und sexuelle Beziehung zu meinem Partner Micha. Seit etwas mehr als 3 Jahren führen wir diese. Ich schätze daran sehr, dass wir viel Energie in das Wachstum unserer Beziehung stecken und uns das auch in der persönlichen Entwicklung weiterbringt. Dass wir uns gegenseitig auf unserem Weg unterstützen, uns sehr nah sind und gleichermaßen aber auch frei sind, uns auszuprobieren und selbst zu erfahren ohne drohenden Verlust unserer Beziehung zueinander.

Bis zum Frühjahr dieses Jahres hatte ich auch eine romantische Beziehung zu meinem Ehemann (Mark), welche sich aktuell ausschließlich auf unsere Elternrolle beschränkt, weil wir im Prozess der Neudefinierung sind, bezeichne ich den romantischen, sexuellen Teil gerade als pausierend.

Wir sind seit 2010 zusammen, haben 2011 geheiratet und 2018 unsere Ehe geöffnet. Da mir klar wurde, dass ich nicht mehr monogam leben möchte, weil diese Exklusivität einen Teil meiner Identität unterdrückt. An dieser Beziehung schätze ich die Stabilität und dass wir als Eltern erfolgreich gewachsen sind und für unsere Kinder verlässliche Bezugspersonen sind. Dass wir jetzt gemeinsam versuchen, einen neuen Weg für uns zu finden, ohne die Beziehung gleich ganz zu beenden. 

Ich bin polyamor und es spielt dabei keine Rolle, wie viele romantische Beziehungen ich zum selben Zeitpunkt habe, ich weiß, dass ich die Freiheit habe, mich zu verlieben und weitere Beziehungen einzugehen, wenn es sich für mich richtig anfühlt. 

Lebt ihr alle zusammen oder mit wem verbringst du deinen Alltag?

Ich lebe in zwei Haushalten, einmal in meinem Haus mit meinen Kindern (10 und 15 Jahre alt) und Ehemann, 2 Hunden und 2 Katzen. Der Zweitwohnsitz ist mit meinem Partner Micha, meiner Metamour Jennifer und ihrem fast einjährigen Sohn. Ihr anderer Partner (Jakob) und Vater ihres Sohnes lebt nicht dort, ist nur regelmäßig zu Besuch da. Wir bilden sozusagen eine familiäre Wohngemeinschaft. Wir nennen das Ganze auch gerne unsere Wahlfamilie. Wir teilen uns somit Haushalt, Kinderbetreuung, teilweise auch das Finanzielle wie Miete und Essen. 

Spielt das Thema Eifersucht eine Rolle?

Natürlich, Eifersucht ist ein Gefühl und hat neben allen anderen Gefühlen genauso einen Platz in polyamoren Beziehungen. Wichtig ist der Umgang damit, was braucht der Mensch der gerade Eifersucht empfindet, wie kann ich ihn unterstützen? Reicht es, einfach nur da zu oder muss man über grundlegende Dinge der Bedürfniserfüllung in der jeweiligen Beziehung sprechen?

Als ganz essentiell empfinde ich, dass wir den anderen Menschen nicht besitzen, und wenn Eifersucht entsteht, hat das meist viel mit unseren eigenen Unsicherheiten zu tun. Wenn wir uns das bewusst machen, können wir einen friedvollen Weg finden, damit umzugehen. Das ist besser, als dem Gegenüber Handlungen zu untersagen die er/sie gerne für das eigene Glück ausüben möchte. Kontrolle und Beschneidung sind keine Lösung für Eifersucht. Liebe und Offenheit, Vertrauen und Zuverlässigkeit können allerdings sehr dazu beitragen, dass Eifersucht kein großes Thema ist. 

Welche Rolle spielt denn das Thema Kommunikation, Transparenz, Offenheit?

Für mich eine sehr große, wichtig ist es hierbei, einen Konsens zu finden, der für alle Beteiligten passt. In erster Linie immer erstmal für die beiden Parteien innerhalb einer Beziehung und am Ende dann auch für den Rest des Polyküls.

Vertrauen und Wohlwollen sind dabei auch noch zusätzlich sehr wichtige Punkte. Ich möchte darauf vertrauen, dass die Person, mit der ich mich einlasse, eben von sich aus bei mir bleiben möchte und Interesse daran hat, die Beziehung aktiv mitzugestalten. Dass sie mir offen erzählt, was sie bewegt. Dass sie transparent bleibt, wenn es um die anderen Beziehungen geht, die sie führt, über ihre Vorstellungen, Bedürfnisse, Zeitlimits und Ziele spricht. 

Gute Kommunikation will gelernt sein. Dafür bedarf es so einiger Reflexion und ein Erkennen der eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Und da keiner von uns perfekt ist (das Streben wir auch nicht an), ist der wohlwollende Blick auf den anderen so wichtig für die liebevolle Verbindung der Beteiligten.

Wie läuft das bei euch mit den Kindern und den Vätern und der Metamour? 

Die Väter haben regelmäßigen Kontakt zu ihren Kindern und mit unserem gemeinsamen Partner Micha haben alle drei Kinder noch einen Co-Parent, der sich ebenfalls in einem gewissen Rahmen um sie kümmert. 

Eure Kinder kennen euch nur in mehreren Beziehungen, aber wie ist es, wenn sie KlassenkameradInnen mit nach Hause bringen – gibt es da Nachfragen?

Meine Kinder kennen mich auch in monogamen Beziehungen, wir gehen offen mit dieser Thematik um. Für sie ist es mittlerweile komplett alltäglich, dass mein anderer Partner zu Besuch ist oder ich dort bin und sie auch mit dorthin kommen, wenn sie wollen. 

Kurze Affären oder „Freundschaft plus“-Bekanntschaften werden den Kindern nicht vorgestellt. Ich mag Ruhe und Kontinuität im Familienleben. Da empfinde ich einen ständigen Wechsel als kontraproduktiv. Wenn sich ein Commitment mit einer Person ergibt, die ähnliche Wichtigkeit in meinem Leben erlangt, wird sie in die Familie eingeführt. Aber das handhabt jeder etwas anders. Das ist vor allem meine Herangehensweise. 

Hättest du früher vorstellen können, mal so zu leben, wie du jetzt lebst?

Nicht konkret so wie jetzt… dass ich aber mal mehrere Liebespartner parallel in unterschiedlichen Städten haben wollte, war mir schon früh klar. Allerdings hatte ich mir das eher für die Zeit vorgestellt, wenn die Kinder groß sind.

Was magst du anderen mit auf den Weg geben, die vielleicht noch nicht mutig genug sind, das zu leben, was sie gern leben würden?

Lebt eure Liebe und Beziehungen so wie es sich für euch gut und authentisch anfühlt. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Und das gilt für Monogamie, Polyamorie, Single-Leben und die ganzen anderen Beziehungsformen gleichermaßen.

Es sollte dich glücklich machen und was andere Menschen davon halten ist komplett egal! Ich weiß, dass jeder Schritt ins eigene Glück sich lohnt! Auch wenn es uns manchmal als unüberwindbar erscheint, was uns im Außen an Dogmen, Glaubenssätzen und anerzogenem Verhalten entgegenschlägt: Liebe ist unendlich! 

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4 comments

  1. Wenn die anderen Menschen meine Kinder sind, ist es absolut nicht egal was sie denken!!! Warum genau konnte die Autorin nicht warten bis die Kinder flügge sind ( wie ja eigentlich geplant)?

  2. Ich finde es immer interessant von verschiedenen Familienmodellen zu lesen, selbst wenn ich es mir für mich selbst nicht vorstellen könnte. Was mich allerdings etwas stolpern ließ ist die Bezeichnung der Wahlfamilie über ihren Partner und dessen Metamour (+Kind). Ihr Ehemann und ihre Kinder waren doch genauso ihre Wahl.

  3. Ich stelle mir das ab und zu recht kompliziert vor, aber hey, wenn es für alle Beteiligten passt, go for it!!! Ich finde es toll, dass Du den Mut und die Möglichkeit hast, Dich auszuleben.

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