Vegan als Familie: Deshalb verzichten wir auf tierische Produkte

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Ihr Lieben, in all meinen drei Schwangerschaften konnte ich plötzlich kein Fleisch mehr essen, ich habe mich richtig davor geekelt. Nach den Geburten habe ich immer wieder damit angefangen, aber eher, weil ich dachte, mein Körper brauche es. Appetit habe ich selten darauf. Vor etwa einem halben Jahr habe ich überlegt, dass ich erst wieder Fleisch esse, wenn ich Appetit darauf habe – und lebe seitdem vegetarisch. Es bedeutet für mich keinen Verzicht, Fleisch fehlt mir bisher kaum.

Dafür scheine ich aber die letzte Person in Berlin zu sein, die ihren Kaffee noch mit Kuhmilch 3,8 Prozent fett trinkt. Auch im Müsli schmeckt mir keine Hafermilch/Sojamilch/Mandelmilch, auch wenn ich es wirklich versucht habe….

Durch meinen Fleischverzicht gibt es bei uns nun generell weniger Fleisch, die Kinder und der Mann essen noch Fleisch und Wurst, aber bedeutend weniger als noch vor ein paar Jahren. Unsere Leserin Jennifer ernährt sich vegan. Wie das funktioniert, hat sie im Interview erzählt.

Liebe Jennifer, ihr als Familie ernährt euch überwiegend vegan. Seit wann ist das so?

Unsere Familie besteht aus meinem Mann (38), Tjark (10), Svea (7), Tjure (5) und mir, Jenny (36). Wir leben seit Januar 2018 überwiegend vegan. Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir Alles-Esser. Alte Ernährung-Traditionen habe ich nie in Frage gestellt. „Trink Kuhmilch, davon kriegst du starke Knochen“ oder „Du musst Fleisch essen, sonst bleibst du immer klein.“ Das alles habe ich ja selbst als Kind schon gehört und es auch nie hinterfragt.

Mein Mann und ich haben aber im Zuge der Klima-Diskussion unser Verhalten genauer angeschaut und einiges umgestellt. Wir haben uns ein E-Auto gekauft, Solar-Energie auf dem Dach installiert, wir fliegen nicht mehr. Dann haben wir uns gefragt, was eigentlich die Umweltsünde Nummer 1 in jedem Haushalt ist – und da war die Antwort: Fleischkonsum, oder besser gesagt übertriebener Fleischkonsum durch Massentierhaltung.

Gab es den einen AHA-Moment, als ihr gemerkt habt, dass ihr eure Ernährung umstellen wollt? 

Ja definitiv. Wir sind große Netflix-Fans und sind auf die Filme „What The Health“ und „Earthlings“ aufmerksam geworden. An einem Abend haben wir uns die Filme angesehen und danach waren wir uns einig, dass wir ab jetzt vegan leben wollen. Und zwar sofort, ab dem nächsten Tag.

Ich habe mich früher oft über Veganer und Vegetarier lustig gemacht, aber nach diesen Filmen war es, als hätte ich die rosarote Brille abgesetzt. Ich konnte und wollte mich nicht weiter so ernähren.

Wie waren die Reaktionen von Verwandten und Freunden darauf?

Die haben uns ausgelacht und dachten: „Na, das ist sicher nur eine Phase. Die spinnen jetzt ein bisschen rum.“ Aber dann haben sie gemerkt, dass es uns ernst ist und haben Rücksicht genommen. Wenn wir irgendwo eingeladen sind, gibt es immer Fleisch-Alternativen.

Wie macht ihr das ganz praktisch auf Kindergeburtstagen oder in der Kita/Schule?

Mir ist wichtig zu sagen, dass die Kinder ganz alleine entscheiden können, was sie außerhalb essen. Wenn ihnen Fleisch angeboten wird, dürfen sie essen oder auch nicht – je nachdem, wie sie wollen. Das gilt auch für andere Lebensmittel. Wir wollen die Kinder nicht zu Außenseitern machen. Dennoch koche ich zu Hause nichts mit Fleisch, das ist eben meine Entscheidung.

Ab und zu esst ihr auch Fisch und Käse. Wie kam es dazu?

Zunächst haben wir wirklich konsequent vegan gelebt, nach zwei Jahren sind wir etwas lockerer geworden. Zweimal im Jahr essen wir Fisch und Pizza schmeckt uns einfach am besten mit „echtem“ Käse. Da erhöhter Käse- oder Milch-Konsum aber auch nicht gesund ist, genießen wir Käse wirklich bewusst. Ich denke, dass ist der Schlüssel: Nicht radikal eine Richtung einschlagen, lieber ganz bewusst konsumieren. Das gilt nicht nur für das Thema Ernährung

Was war für dich am Schwersten wegzulassen? 

Ich habe sehr gerne Joghurt und Käse gegessen und musste da erstmal die ganzen veganen Alternativen probieren, bis ich meine Lieblinge gefunden habe. Aber nachdem das geschafft war, ist es kein Problem mehr.

Fleisch vermisse ich nicht und Eier schon gar nicht. Ich habe mittlerweile einen Ekel dagegen entwickelt. Ganz komisch…

Welche Auswirkungen hat die Ernährung auf eure Gesundheit?

Ich habe mich früher immer so „voll“ gefühlt nach dem Essen. Aufgebläht, träge. Das hat sich definitiv stark verbessert. Ich fühle mich agiler, fitter. Meine Haut wirkt reiner und ich bewege mich mehr. Man denkt, es ist nur die Ernährung, aber es ist der ganze Lebensstil, der sich verändert. Bessere Ernährung, mehr Bewegung, keine Fast Fashion mehr…

Gerade bei Kindern ist vegane Ernährung nicht unumstritten. Wie gehst du damit um?

Die Kinder waren noch sehr klein, als wir vegan wurden. Da musste mir Vorwürfe anhören, meine Kinder würden verkümmern und das alles sei Körperverletzung. Jetzt lache ich darüber, aber damals hatte ich wirklich Angst.

Ich habe dann sehr viel über vegane Ernährung lesen und habe mir einen guten Kinderarzt gesucht, der uns unterstützt und sich mit pflanzlicher Ernährung auskennt. Die Kinder werden zweimal jährlich durchgecheckt, es wird ein Blutbild gemacht, die Größe und das Gewicht kontrolliert. Wir geben auch zusätzlich Vitamine und achten gezielt auf die Proteinzufuhr. Bisher sind unsere Kinder topfit, wachsen und nehmen ganz normal zu!

Es heißt ja immer, vegane Küche sei teuer und aufwendig. Wie siehst du das? 

Da wir nun in der Schweiz leben und Fleisch hier das Teuerste ist, was man kaufen kann, sparen wir eher Geld durch den Verzicht von Fleisch. Ich kaufe auch keine Veganer-Nuggets oder -Schnitzel, die sind nämlich ganz schön teuer und richtig gesund sind die auch nicht. Ich koche jeden Tag frisch mit viel Gemüse und gebe auf jeden Fall nicht mehr Geld aus als früher.

Was ist euer Lieblingsrezept?

Wo fange ich an? Die indische Küche ist für uns perfekt oder alles Thailändische. Frisch, schnell zusammengestellt und so lecker. Jetzt für die Herbstzeit alles mit Kürbis. Die Ideen hole ich mir bei fooby.ch

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7 comments

  1. Jetzt würden mich aber die „Lieblinge“ (Käse- und Joghurtersatz) von Jenny interessieren 😄 Das sind nämlich auch die beiden Dinge, auf die zu verzichten mir am schwersten fällt. Kuhmilch hab ich längst durch Hafermilch ersetzt. Da gibt es auch Riesen-Geschmacksunterschiede, manche schmecken richtig eklig. Ich mag am liebsten die mit dem Zusatz „Barista“ von DM und REWE. Die kann man auch aufschäumen. Kochsahne kann man ebenfalls gut ersetzen. Butter auch durch Alsan. Aber Joghurt? Alten Gouda? Mozzarella? Die veganen Alternativen fand ich bislang alle doof. Gebt mir sehr gerne Tipps!

  2. Grundsätzlich habe ich wirklich nichts dagegen, wenn eine erwachsene Person sich vegan ernähren will.

    Aber ob die Kinder wirklich wollen, dass bei ihnen zweimal im Jahr ein ärztliches Checkup samt Blutbild gemacht wird? Als bei meiner Tochter mal Blut für ein Blutbild abgenommen werden musste, war das ein ziemliches Drama und sie war hinterher runter mit den Nerven. Ich würde meinen Kindern das ohne zwingende medizinische Notwendigkeit nicht auferlegen, bloß um mein vermeintlich ethischeres Ernährungsding durchzuziehen.

    Und ob es wirklich so toll ist ständig zusätzlich (künstliche?) Vitamine zuzugeben und die Proteinzufuhr kontrollieren zu müssen?

    Es macht mir schon den Eindruck, als würde hier relativ viel Alltag der Ernährungsideologie untergeordnet.

  3. Schön, dass ihr euch solche Gedanken macht! Finde es toll, dass ihr die Kinder „außerhalb“ selbst entscheiden lasst.
    Eine Sache aber: ich war selber lange Vegetarierin. Dadurch hatte ich einen drastischen Vitamin B12 Mangel erlitten und war lange wirklich fies krank. Da ihr einen begleitenden Arzt habt, habt ihr das sicher im Blick.
    Für mich kam es nicht in Frage, Mangelerscheinungen durch Vitaminpräparate auszugleichen. Wenn mein Körper ohne Fleisch nicht funktionieren kann, dann soll es eben so sein. Nun esse ich ca. 1 mal pro Woche Bio-Fleisch und das finde ich auch ökologisch vertretbar.
    Auch finde ich es bedenklich, tierisches Eiweiß durch Soja auszugleichen, was häufig in anderen Teilen der Welt nur durch ökologische Katastrophen hergestellt werden kann. Oder die beliebte Avocado, die gerade in wasserarmen Regionen Unmengen von Wasser erfordert…
    Es ist leider wirklich nicht einfach, dich ganz und gar ökologisch korrekt und gesund zu ernähren.
    Aber wie gesagt, großartig, dass ihr für euch Schlussfolgerungen gezogen habt und nicht einfach so weiter macht.

    1. @Lisa Das mit dem Sojaanbau ist ein Märchen. Nur 6% der weltweit angebauten Sojabohnen dienen dem menschlichen Verzehr. 90% werden zu Tierfutter. Für jene Tiere, die von Menschen gegessen werden. Also sind auch in diesem Fall die Fleischesser Schuld daran, wenn Wälder für den Sojaanbau gerodet werden.

    2. Danke Flo! Zumal ich auch noch keine leichte Blutentnahme beim Kind erlebt habe. Die Kinderärzte und Schwestern haben da großen Nachholbedarf. Diese Zumutung würde ich meinem Kind nicht freiwillig regelmäßig auferlegen.

  4. Toll! Wir sind erst durch unseren Sohn überhaupt vegan geworden – es war für mich unfassbar absurd und respektlos, selbst so für das Stillen meines Sohnes zu kämpfen, während anderen Kuhmamas ihre Milch gestohlen wurde, damit Menschen die trinken können. Als unser Sohn dann zum Kleinkind wurde, entschloss er sich, kein Fleisch mehr zu essen, weil er absolut nicht verstehen konnte, wieso Menschen Tiere töten um deren Leichenteile zu essen. Dieses kindliche Entsetzen hat uns auch um Umdenken gebracht und obwohl wir aus zwei extremen „Fleischfresser-Familien kommen, leben wir nun seit einigen Jahren zumindest zuhause zu 100% vegan (bei Feier oder so nicht ausschließlich). Ohne unseren Sohn wären wir tatsächlich ziemlich sicher weiterhin fleischfresser und ich bin sehr froh, dass unser Sohn uns da überzeugt hat – unabhängig vom ethischen (Tierwohl/Umwelt)aspekt fühlen wir uns alle so vielfitter und gesünder, dass ist der Wahnsinn ❤

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