Ihr Lieben, unsere Leserin hat uns eine Kolumne über das stille Ringen in Patchworkbeziehungen geschrieben, weil sie doch arg mit der aktuellen Situation, in der die Ex bestimmt, hadert. Hier erzählt sie von ihrer Gefühlslage, denn sie weiß nicht, ob ihre Beziehung das alles langfristig aushält.
Wenn man sich in einen Mann mit Kind verliebt, verliebt man sich nicht nur in ihn. Muss man sich auch in ein System verlieben, dass schon vor einem da war? In eine Geschichte, die bereits geschrieben ist – und in der man hoffen darf, dass noch Platz für einen selbst ist.
Die Ex bestimmt unser Leben

Ich bin 37. Ich habe keinen eigenen Nachwuchs. Aber ich habe einen Partner, der eine Tochter hat und eine Ex, die emotional präsenter ist, als ich es je sein werde. Nicht, weil er sie noch liebt, sondern weil sie ihn noch hält. In Vereinbarungen, in Forderungen, in Dynamiken, die längst nicht mehr sichtbar, aber immer spürbar sind.
Wenn sie schreibt, springt er. Wenn sie umplant, sagt er unsere Pläne ab. Wenn sie blockiert, wird er wortkarg. Und wenn ich frage, was eigentlich los ist, kommt nicht selten der Satz: „Ich will einfach nur Ruhe.“
Ich bin eine empathische Frau. Ich verstehe viel. Zu viel. Ich verstehe, dass er sein Kind liebt. Ich verstehe, dass er nicht in einen Beziehungskrieg rutschen will. Ich verstehe, dass es für Männer schwer ist, gute Väter zu bleiben und sich gleichzeitig gegenüber der Exfrau abzugrenzen.
Aber was ich irgendwann nicht mehr sehe, ist: Wo bleibe ich in dieser Geschichte? Ich bin nicht die neue Königin auf dem Schachbrett. Ich bin auch keine Bonus-Mama, keine moderne Patchworkheldin.
Ich bin oft einfach nur die, die still bleibt, wenn wieder etwas verschoben wird. Wenn das Wochenende, das wir geplant hatten, plötzlich „nicht geht“. Wenn ich nicht eingeladen bin zur Familienfeier. Wenn die Tochter über Nacht kommt – und ich nur weiß: Ich bin wieder außen vor.
Ich habe lange geschwiegen. Gedacht: „Ich will kein Drama machen.“ Gedacht: „Er hat genug Stress.“ Gedacht: „Ich will verständnisvoll sein – damit das hier nicht auch scheitert.“ Aber irgendwann fragte ich mich: Ist Verständnis eigentlich die neue Selbstverleugnung?

Ich wollte dazugehören – aber ich will nicht verschwinden. Ich will Teil seines Lebens sein – aber nicht auf einer Bank sitzen, während alle anderen vorne spielen. Und das Verrückte ist: Ich liebe ihn. Aber ich merke: Ich kann einen Mann nicht dauerhaft lieben, der für alle präsent ist – nur nicht für sich selbst.
Patchwork ist nicht nur ein logistisches Konzept. Es ist eine emotionale Zerreißprobe – für alle Beteiligten. Und für die Partnerin, die von außen kommt, ist es oft ein ständiges inneres Ringen: Wie viel Nähe darf ich wollen, ohne aufdringlich zu sein? Wie viel Schmerz darf ich zeigen, ohne „die Schwierige“ zu sein? Wie lange bleibe ich still, bis ich mich selbst nicht mehr höre?
Ich schreibe das hier, weil ich glaube, dass ich nicht die Einzige bin. Weil es viele Frauen gibt, die lieben – und gleichzeitig innerlich verschwinden. Die still zustimmen, obwohl sie längst laut schreien.
Vielleicht müssen wir aufhören, immer nur zu verstehen. Und anfangen, uns selbst auch wieder zu spüren. Ich will dazugehören. Aber nicht dabei untergehen.
3 comments
„Ich kann einen Mann nicht dauerhaft lieben, der für alle präsent ist – nur nicht für sich selbst.“
Er doch sogar sehr präsent für sich selbst! Und für seine Ex, und für die Tochter. Nur für die Autorin nicht.
Er unterwirft sich der Ex, und die Autorin unterwirft sich ihm.
Er trägt seinen ungelösten Loyalitätskonflikt und damit seine Konfliktscheu auf dem Rücken ihres mangelnden Selbstwertgefühls aus. Er nutzt ihr Verständnis und ihre Kompromissbereitschaft aus, um die bisherige toxische Dynamik aufrecht zu erhalten, weil ihm die Notwendigkeit fehlt, sie zu durchbrechen. Denn warum sollte er auch? Es funktioniert doch für ihn.
Patchwork – es steckt schon im Namen – bedeutet Arbeit, und zwar für alle Beteiligten. Als wir zur Patchworkfamilie wurden, haben wir uns Literatur dazu geholt und außerdem mehrere Patchwork-Workshops gemacht, die es womöglich heute auch noch gibt. Die haben uns sehr gut getan – es war ein gutes Gefühl, zu spüren, wir sind nicht allein mit unseren Problemen und vieles ist einfach auch erst mal „normal“ in der Situation. Außerdem half es uns, unsere Rollen besser zu definieren und brachte dadurch mehr Bewusstsein, aber auch mehr Verständnis in die Beziehung. Ich kann es nur empfehlen!
Das kommt mir sehr bekannt vor und ich kann dazu nur sagen: Reden hilft. Mein Mann hat aus einer früheren Beziehung einen Sohn und hat früher auch sehr viel über sich ergehen lassen, damit es auf keinen Fall zu einem Bruch kommt und er das Kind vielleicht nicht mehr sieht. Auch unsere Pläne wurden regelmäßig kurzfristig verändert, weil das Kind mal eher oder mal später zurückgebracht werden musste. Oder plötzlich andere Termine da waren. Grundsätzlich gab es irgendein Problem wenn wir mal im Urlaub waren usw.
Irgendwann hab ich ihm dann gesagt, wie es mir damit geht und wie ich mich dabei fühle. Ich glaube, dass war ihm so nicht klar, weil er in erster Linie das Kind gesehen hat.
Seitdem hat sich einiges verändert – ansonsten wären vermutlich weder verheiratet noch immer noch zusammen, denn auf Dauer hätte ich das nicht ausgehalten. Es ist auch mein Leben…