Frühchen-Geburt: Es hat lange gedauert, bis ich in meiner Mutterrolle ankam

Frühchen

Foto: pixabay

Ihr Lieben, immer wieder berichten wir hier über Frühchen und ihre Familien. Heute erzählt uns Monika ihre Geschichte. Ihre Tochter kam vor sieben Jahren in der 29. SSW zur Welt und es hat einige Zeit gedauert, bis Monika das verarbeitet hatte. Sie freut sich über Kommentare und Austausch zu ihrer Geschichte, ob es anderen Frühchen-Mamas auch so ging.

„Und plötzlich war ich Mutter. Kennt ihr die Filme, in denen die Hauptfigur verzaubert wird und plötzlich jemand ganz anderes ist? Für uns Frauen ist das sehr ähnlich. Grade eben waren wir noch schwanger, dann setzt die Geburt ein und plötzlich sind wir Mutter, ein völlig neuer Abschnitt beginnt.

Meine erste Schwangerschaft hielt nicht

Unser erstes Kind hat sich entschieden, nicht bei uns zu bleiben. Als ich wieder schwanger wurde, haben wir das erst mal 12 Wochen für uns behalten. Ich wusste ja, wie viele Kinder nicht bleiben und ich wollte das alles erstmal für mich verarbeiten. Auch diese ersten Schwangerschaftswochen waren nicht ganz unbelastet. Leider hatte ich diverse Zwischenblutungen, so dass ich häufig beim Arzt oder im Krankenhaus war, wo ich jedes Mal wieder überrascht war zu hören, dass alles gut sei. So richtig Vorfreude konnte sich daher nicht einstellen.

Erst in der Weihnachtszeit konnte ich meine Ängste vergessen und nahm mit vor, die letzten drei Monate richtig zu genießen und dann im Mutterschutz total zu entspannen. Doch es sollte alles anders kommen.

Nach dem zweiten Arbeitstag im Januar hatte ich einen Routinetermin bei meiner Frauenärztin. Es sollte ein größerer Ultraschall-Termin sein, doch schon nach ein paar Untersuchungen sagte meine Ärztin, ich solle mich wieder anziehen. Dann erklärte sie, dass mein Gebärmutterhals stark verkürzt sei und ich müsse jemanden anrufen und ins Krankenhaus fahren. Mein Mann kam sofort vorbei und wir fuhren zur Klinik.

Im Krankenhaus wurden Wehen gemessen (ich dachte bis dahin, ich hätte leichte Rückenschmerzen), früh morgens hatte ich einen Blasensprung und als dann noch eine Infektion festgestellt wurde, haben die Ärzte entschieden, dass meine Tochter auf die Welt kommen muss. Ich war so überfordert von der Situation, dass ich die Schwestern gefragt habe, wie eine Geburt denn „geht“. Ich hatte wirklich keine Ahnung, denn unser Geburtsvorbereitungskurs sollte erst nächste Woche starten.

Die Hebammen sagten, ich könne nicht vaginal entbinden, sondern ich müsse so schnell wie möglich einen Kaiserschnitt bekommen. Und schon war ich auf dem Weg in den OP. Mein Kopf ist gar nicht hinterher gekommen, es fühlte sich so an, als passiere das alles gar nicht mir.

Plötzlich war ich eine Frühchen-Mama

Ich bekam eine Narkose und kurz darauf kam unsere Tochter mit 1225g und 38cm in der 29. SSW auf die Welt. Als der Kaiserschnitt vorbei war, fiel mein Blick auf die Uhr. Kurz nach neun Uhr morgens. Mein erster Gedanke: „Oh, ich komme zu spät zur Arbeit. Jemand muss meinen Chef anrufen“ – und daran sieht man, wie verwirrt und überfordert ich war.

Erst langsam realisierte ich, wie sich alles seit dem gestrigen Abend verändert hat. Ich war (biologisch gesehen) nun eine Mutter, aber emotional noch weit davon entfernt. Ich hatte schnell einen Milcheinschuss, aber die Muttergefühle haben sich noch lange Zeit gelassen. 

Für die nächsten drei Monate bin ich täglich – teils wie in Trance – mit der U-Bahn ins Krankenhaus gefahren. Ich hatte kein Wochenbett, wie man es sich wünscht. Wenn ich wieder nach Hause kam, war ich zwar Mutter – aber ohne Kind. Es war alles total surreal Außerhalb des Krankenhauses kam ich mir gar nicht vor wie eine Mutter.

Heute geht es uns wieder gut

Das ist nun sieben Jahre her, der Kleinen geht es sehr gut, sie geht in die Schule und ist eine große stolze Schwester. Wir haben nämlich noch einen Sohn bekommen, der termingerecht geboren wurde. Auch mir geht es wieder gut und dennoch verspüre ich immer noch ein Zwicken, wenn ich an diese erste Zeit denke. Ich beneide alle Mütter etwas, die sich vorbereiten konnten, die das Kinderzimmer und die Erstausstattung fertig hatten. Die ein kuscheliges Wochenbett hatten.

Auch heute noch bin ich beeindruckt, wie unterschiedlich Körper und Kopf ticken können – aber ich habe Frieden damit geschlossen, dass ich einige Monate gebraucht habe, um in der Mutterrolle anzukommen. Es ist nicht so gelaufen, wie es laufen sollte. Aber wir haben es gemeinsam geschafft.

Ich würde mich freuen, wenn hier andere Mamas von Frühchen schreiben, ob sie auch einige Zeit gebraucht haben, um in ihre neue Rolle zu wachsen.

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6 comments

  1. Hallo Monika,
    danke für deinen Bericht!
    Meine Töchter kamen auch beide zu früh -die Große bei 36+1 mit 1.800gr und die kleine bei 34+1 mit 1.670 gr. Zum Glück sind heute (5 und fast 2) beide komplett gesund. Sie haben beide in der Entwicklung zunächst länger gebraucht und die kleine ist auch immer noch etwas langsamer. Aber das ist das einzige 🙂
    Ich hatte beim ersten Mal auch etwas Probleme und brauchte einige Zeit, um sie richtig anzunehmen. Ich habe auch viel geweint und es kam mir alles unwirklich vor. Heute kann davon aber keine Rede mehr sein. Ich habe eine enge Bindung zu beiden Kindern (obwohl sie direkt nach der Geburt sofort auf die Frühchenstation mussten und auch das Stillen nicht geklappt hat) und niemand würde auf die Idee kommen, dass ich anfangs meine Schwierigkeiten hatte.

    Deshalb auch an dich, liebe N, ich kann gut verstehen, was du meinst. Du kannst nichts dafür, wie die Situation gekommen ist und darfst dir bloß keine Vorwürfe machen. Es wird seine Zeit dauern, aber dann wirst du eine ganz ’normale‘ enge Bindung zu deinem Kind haben. Gut, dass du Menschen an deiner Seite hast, die dir helfen und für dich da sind! Alles Gute für dich!!

  2. Hallo, auch ich bin eine Frühchen-Mutter. Unsere Tochter ist unser erstes Kind und nun fast 5 Monate alt. Ich bin ins Krankenhaus weil es mir nicht so gut ging, aber ich hätte nie damit gerechnet das die Kleine per Kaiserschnitt gleich geholt werden musste! Diagnose: HELLP-Syndrom. Da meine Blutwerte nicht so gut aussahen bekam ich eine Vollnarkose und habe von der Geburt nichts mit bekommen. Wie du sagst ging alles so schnell und wie in Trance. Ich fühlte mich hilflos und wehrlos. Sie war dann fast 14 Tage auf der Intensivstation und ich selbst musste auch in Behandlung und sogar zusätzlich zu meinen Blutdrucktabletten mit Beta-Blockern eingestellt werden. Bei mir herrschte totales Gefühlschaos. Zum einen wollte ich für meine Tochter da sein , zum anderen kam es nie surreal vor das dieses kleine Wesen meine Tochter sein soll. Auch noch heute wache ich auf und denke mir manchmal, wow ich hab echt ein Kind. Ich denke oft an den Tag ihrer Geburt und mir kommen immer noch die Tränen, mittlerweile aber nur noch weil wir es beide so gut überstanden haben. Alles Gute für euch weiterhin.

  3. Liebe Mama,

    ich stecke gerade in dieser Anfangszeit und verstehe dich so, so, so gut. Unsere Tochter kam bei 34+2 zur Welt, ich konnte sie die ersten fünf Tage wegen meiner eigenen COVID-Infektion nicht sehen. Seit einer Woche bin ich als Begleitperson bei ihr und es wird immer besser. Leider ist sie aufgrund der Unterversorgung kein gesundes Frühchen, sondern wird als krankes Neugeborenes und Frühchen geführt. In den ersten Tagen bei ihr habe ich sie nur versorgt. Mein Mann war regelrecht enttäuscht, als ich sagte, dass ich sie nicht die ganze Zeit kuschle. Das konnte ich einfach nicht. Was mir gerade hilft, ist die enge Betreuung durch den psychologischen Dienst und mein Mann, für den dieses Kind von Anfang an den gleichen Stellenwert hatte wie unser erstes Kind. Ich merke, dass es von Tag zu Tag besser wird – weiß aber auch, dass diese Bindung Zeit braucht und jeder kleinste Rückschlag, z.B. genauere Diagnosen, mich treffen wird und die Bindung erschwert. Aber das ist ok – wir lassen uns die Zeit. Sie hat auch erst an ihrem 11. Lebenstag ihren Namen bekommen, weil ich zuvor zu geschockt über die Ereignisse war.

    Ich freue mich, dass es dir nach den Jahren gut geht und deine Tochter sich gut entwickelt hat.

    Liebe Grüße und danke für deinen Beitrag!

    1. Liebe N, deine Situation berührt mich gerade sehr und ich wünsche dir und deinen Kindern und deinem Mann alles, alles Gute. Ihr habt mein Mitgefühl und ich wünsche euch Kraft, Zeit, Liebe und -trotz allem- viele gemeinsame glückliche Momente in eurer Zukunft. Alles, alles Liebe!

      1. Hallöchen!
        Danke für deinen persönlichen Bericht über deine Erfahrung als Frühchen Mama!
        Ich bin auch eine relativ frische Frühchen Mama und es hat mich an meine Erfahrung erinnert. Mein Sohn kam in der 28+5 SSW wegen vorzeitigen Wehen per Notkaiserschnitt zur Welt. Eine Odyssee zwischen Krankenhaus, Coronatestzentren und „normaler“ Alltag begann. Die Anfangszeit kam auch mir total surreal vor und auch die Muttergefühle ließen auf sich warten. Ich empfand Mitleid mit ihm und mit mir. Ich funktionierte und tat was man so von einer Mama erwartet hat. Ich kämpfte mit der schlagartigen Änderung meines Zustands. Ich war nicht mehr Schwanger und habe meine Zeit gebraucht, diesen Fakt auch zu verstehen und zu akzeptieren.

        Ich dachte mir, dass ich vielleicht schon soweit war, mich als Mama zu sehen, nur das die Gefühle halt Stück für Stück kamen und weil ich nicht voll den Muttergefühl-Boom hatte, wusste ich noch nicht, ob ich gefühlstechnisch schon 100% angekommen war.

        Es ist schwer sich wie eine Mama zu fühlen, wenn das Baby noch in der Intensivstation im Krankenhaus liegt und man selber in den eigenen vier Wänden ist. Mittlerweile sind wir schon 4 Monate Zuhause. Auch wenn ich mir die Tatsache, dass ich Mama bin, oft bewusst in den Sinn rufe, kann ich mich nun endlich als Mama fühlen.

        Was mir auf jeden Fall geholfen hat, war das Känguruhen und mir selbst kein Druck machen.

        Liebe Grüße und alles Gute für euch alle!

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