„Ein Kind zu verlieren ist eine fürchterlich traurige Sache“

Fehlgeburt

Ein Baby in der Schwangerschaft ttu verlieren, ist immer schwer.

Als Inka ihren kleinen Sohn in der Schwangerschaft verlor, war da erstmal nur Ohnmacht. Ihre zwei großen Söhne waren schon elf und 16 Jahre alt, sie haben den Verlust und die Trauer sehr bewusst miterlebt.

Inka, die als Schauspielerin, Sängerin und Autorin Gefühle vor allem kreativ verarbeitet, kam ins Schreiben. Entstanden ist ein Buch, das unter die Haut geht – und sich nicht nur an Eltern richtet, sondern auch an Geschwisterkinder, die sich aufs Baby gefreut hatten: Joshua, der kleine Zugvogel (Affiliate Link).

Im Buch geht es um ein kleines Vögelchen, das den Anschluss an die anderen verpasst, in einen Sturm gerät und sich plötzlich in einer ganz anderen Welt wiederfindet. Es hört schon Stimmen, die seinen Namen sagen, die nach ihm rufen, aber leider muss es weiter, weil es doch ein Zugvogel ist…

Joshua
Inka Pabst: Joshua, der kleine Zugvogel (Affiliate Link). Tulipan.

Wow, liebe Inka, du hast es geschafft, ein Buch für Geschwister und Eltern gleichermaßen zu schreiben die ein eigenes oder ein Geschwisterkind in der Schwangerschaft verloren haben. Du schaffst es, mit dieser Sternenkind-Geschichte ganz warme Gefühle damit beim Leser auszulösen, die keine Angst machen. Wie hast du das gemacht?

Das kann ich schlecht beantworten, aber ich bin dankbar, wenn es mir gelungen ist, den Menschen den Schrecken zu nehmen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen ohne dabei in einen emotionalen Abgrund zu stürzen.

Ein Kind zu verlieren ist eine ganz fürchterlich traurige Sache, aber die Liebe zu dem Kind ist und bleibt so  wunderbar, wie sie zu einem lebenden Kind ist. Die hört ja nicht auf. Und genau dieser Zerrissenheit wollte ich ein Bild geben.

Wie schwer fiel dir das Schreiben?

Das Schreiben selbst war nicht schwer, weil ich sie im Taumel des Schocks als Abschiedsgeschenk für unseren Sohn geschrieben hatte. Für mich als Künstlerin ist es eine selbstverständliche und intuitive Handlung, Erlebtes zu transformieren und in eine neue Form zu gießen.

Als Mehrdad Zaeri, dessen Arbeiten ich verehre, dann gesagt hat, dass er gerne mit mir die Geschichte zu einem Buch erweitern möchte und der Tulipan Verlag dieses Vorhaben unterstützte, musste ich weinen vor Glück.

Die Zeit der „Buchwerdung“ war für mich allerdings schwieriger als gedacht. Dass ich mit so einer persönlichen Sache an die Öffentlichkeit gehe, ließ mich extrem dünnhäutig werden und erforderte von meinen Freunden viele Streicheleinheiten…

Ich konnte natürlich nicht so professionell an ein Lektorat gehen, wie es sonst der Fall wäre. Da gab es ja keine Distanz. Aber es waren ganz wundervolle Menschen um mich herum, die damit sehr geduldig und liebevoll umgehen konnten.

Das Bild des Zugvogels, der weiterziehen muss, dessen Aufgabe nicht das Bleiben ist – wie kamst du darauf?

Es hat für mich etwas Tröstliches, wenn ich mir vorstelle, dass unser Sohn an einem anderen Ort fröhlich vor sich hin zwitschert.

Neben deinem Sohn im Herzen hast du zwei Söhne an der Hand, hast du ihnen das Buch vorgelesen und falls ja: wie haben sie reagiert?

Meine beiden älteren Söhne waren zu dem Zeitpunkt schon 11 und 16 Jahre alt und haben alles unmittelbar mitbekommen. Die Geschichte kannten sie von der Beerdigung und natürlich hat jetzt jeder ein eigenes Exemplar in seinem Regal. Sie lieben das Buch und das Wissen, dass andere es auch lieben.

Warum war es dir ein Bedürfnis, Joshuas Geschichte zu schreiben?

Als wir erfuhren, dass unser Sohn nicht leben wird, war da erst einmal nur Schock und Ohnmacht. Es war für mich einfach ein Grundbedürfnis unserem Sohn etwas Persönliches von mir mitzugeben. Die Geschichte steht auch so in seinem kleinen Sarg – sozusagen als Routenplaner für seine Reise.

Welche Reaktionen erreichen dich von LeserInnen des Buches?

Ich bekomme sehr viel Zuspruch. Natürlich habe ich gehofft, dass wir mit unserem Buch Trost spenden können, aber die sehr persönlichen und liebevollen Rückmeldungen berühren mich. Dass sich so viele Menschen bei mir bedanken, also damit habe ich wirklich nicht gerechnet.

Wie geht es dir und deiner Familie heute?

Uns geht es sehr gut!!! Und das sage ich bewußt mit drei Ausrufezeichen, um denjenigen Mut zu machen, die noch brusttief in der Trauer stecken. Es wird nie wieder wie vorher sein und es kann auch nach zehn Jahren passieren, dass einem der Schmerz impulsiv die Beine wegzieht, aber ich habe gelernt: Es geht vorbei!

Das Ersticken im Verlust wird tatsächlich besser, auch wenn man das lange, lange, lange nicht glauben kann und vielleicht sogar Angst hat davor, weil man sich dann als Verräter empfindet.

Wichtig fand ich, dass wir uns die Zeit nahmen, die jeder Einzelne für sich brauchte. Sich nicht hetzen lassen von dem Irrglauben, man müsse wieder ins „normale Leben“ zurückkehren. Wir waren lange out of order und ich glaube, das hat uns geholfen, dass jeder von uns seinen eigenen Weg gefunden hat mit dem toten Sohn oder toten Bruder leben zu können.

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1 comment

  1. Das ist das perfekte Buch für uns! Vor 2 Monaten mussten wir unsere Tochter ziehen lassen, sie hat nur 1 Stunde gelebt. Und wir haben noch 3 Kinder, die das Buch wahrscheinlich lieben werden.

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