Übergewichtige Kinder: Meine 14-jährige Tochter wiegt 90 Kilo

bread 1053591 1280

Ihr Lieben, neulich haben wir auf unserer Facebook-Seite einen Artikel geteilt, in dem stand, dass 15,4 Prozent aller Kinder übergewichtig oder sogar fettleibig sind. Darauf meldete sich Steffi bei uns, deren Teenager-Tochter Hanna ebenfalls seit Jahren zuviel wiegt. Für uns hat sie ihre Geschichte aufgeschrieben. 

Alles begann 2013. Hanna war damals in der zweiten Klasse, als ihr Vater und ich uns trennten. Es war eine harte Zeit, auch, weil wir unser gewohntes Nest, also unsere bisherige Wohnung, verlassen mussten. Ich musste mich völlig neu sortieren, mir alles neu aufbauen und pendelte schon täglich in die nächst größere Stadt, weil ich nicht wollte, dass Hanna jetzt auch noch die Schule wechseln muss. Damals war Hanna noch normalgewichtig.

Das änderte sich knapp zwei Jahre später. Ich beschloss, mit Hanna in die nächst größere Stadt zu ziehen, damit ich den weiten Arbeitsweg nicht mehr habe. Diese Zeit fehlte mir einfach für Hanna und ich wollte mehr Alltag mit ihr. Das hieß aber auch, dass Hanna zum Beginn der vierten Klasse die Schule wechseln musste. Der Umzug für sie war nicht einfach. In unserer alten Kleinstadt hatte sie Sport gemacht, aber in der neuen Stadt wollte sie unter keinen Umständen mehr in einen Verein. Sie fühlte sich nicht wohl in der neuen Stadt, es waren einfach sehr viele Veränderungen für sie und Hanna begann zuzunehmen. 

2016 sprach ich mit dem Kinderarzt über die Gewichtszunahme und wir beschlossen, dass Hanna zur Ernährungsberatung geht. Diese hat leider gar nichts bewirkt. Ich merkte, dass Hanna keinerlei Gefühl dafür hatte, wieviel sie von welchem Lebensmittel essen sollte. Also beantragte ich eine Kur für sie. In der Kur nahm sie in 6 Wochen 7 Kilo ab, sie fühlte sich fitter und besser. Doch der Erfolg hielt nicht lange an. 2018 folgte noch eine Mutter-Kind-Kur, in der Ernährung ebenfalls ein großes Thema war. Gebracht hat das alles nicht viel.

In dem letzten Schuljahr fing sie an, das Frühstück wegzulassen und wollte auch nichts zu Essen mit in die Schule nehmen – mit der Folge, dass sie halb verhungert um 14 Uhr nach Hause kam und sich dann da über den Kühlschrank hergemacht hat. Ich war zu der Zeit ja noch arbeiten und konnte sie nicht bremsen. Mittlerweile konnte ich sie zu einem Müsli am Morgen überreden -es ist zwar nur ein Schokomüsli, aber ab und zu schneidet sie eine Banane rein und ich bin froh, dass sie überhaupt frühstückt. 

Abends versuche ich immer zu kochen. Ich mag asiatisches Essen, mache aber auch mal klassisch Kartoffeln mit Quark oder Buletten mit Brechbohnen und Kartoffeln. Einmal die Woche gehen wir essen oder machen uns eine Tiefkühl-Paella. Bei uns gibt es also einigermaßen gesunde Esssen. 

Heute ist Hanna 14 Jahre alt und wiegt 90 Kilo bei 1,75 Metern. Im Sommer weiß sie nicht mehr, was sie anziehen soll. Sie versteckt ihren Körper in übergroßen Hoddies, auch wenn es richtig warm draußen ist. Sie schämt sich eben. Ich weiß, dass sie von älteren Schülern blöde Sprüche oder Blicke bekommt, das trifft sie immer sehr. Sie hat deswegen auch schon öfter geweint. Zum Glück hat sie eine gute Freundin an ihrer Seite. 

Es ist schwierig, einen Teeanger zu kontrollieren. Ich weiß gar nicht genau, wo sie das ganze Essen herbekommt. Hanna kriegt 30 Euro Taschengeld im Monat – damit kann man ja auch nicht ständig Fastfood kaufen. Einmal habe ich in ihrem Schrank ein 1000g Nutella Glas und eine 1,5 Liter Eisteeflasche gefunden. Das hat mich schon schockiert.

Das Thema Essen war 2017 und 2018 ständig präsent bei uns. Manchma glaube ich, es war zu präsent. Ich habe es in den letzten Wochen etwas zurück geschraubt. Hanna weiß, dass ich immer für sie da bin, aber der Wille, etwas zu ändern, muss von ihr selbst kommen. 

Ich will ja nicht, dass Hanna XS trägt. Für mich ist es total ok, wenn sie etwas runder ist und sich damit wohl fühlt. Aber das tut sie nicht. Ich wünsche ihr Selbstliebe und Selbstvertrauen und dass sie ihren Weg findet. 

9e714016fc084c56bae9ba8e7f09e61a

Du magst vielleicht auch


13 comments

  1. Bei mir kommt direkt die Frage auf, wie die Schulverpflegungssituation am Ort der Familie aussieht. Kommt die Tochter um 14 Uhr mit großem Hunger nach Hause, dann vermutlich ’nicht so gut‘.

    Das Schulverpflegungssystem funktioniert sehr unterschiedlich von Bundesland zu Bundesland, fast sogar von Stadt zu Stadt und Schule zu Schule, oft aber müssen die Familien einen sehr großen Teil der Kosten dafür, die auch wieder lokal unterschiedlich hoch sind, direkt tragen – unabhängig von Einkommen und Anzahl Schulkinder.

    Das mag jetzt nicht das Hauptproblem in diesem Fall sein, aber wenn den SchülerInnen und deren Familien die Schulessen-Sorgen weggenommen werden könnten, wäre das generell ein großer Schritt vorwärts, daher:

    https://www.change.org/p/kostenfreie-t%C3%A4gliche-warme-mahlzeit-f%C3%BCr-alle-sch%C3%BClerinnen-und-sch%C3%BCler-kindergrundrecht-rettetdasschulessen

    und der einschlägige Artikel dazu von news4teachers.de:

    https://www.news4teachers.de/2022/11/netzwerk-schulverpflegung-startet-petition-fuer-kostenloses-schulessen-in-deutschland/

    Vänliga hälsningar
    Viele freundliche Grüße

  2. ich wog als 14-jährige 80 KG. Essen war für mich ein psychisches Ventil. Das hat aber niemand zur Kenntnis genommen, die Ärzte haben eine Ernährungsberatung und ein Ultimatum verordnet (bis Datum xy musst du 15 KG abgenommen haben). Das habe ich auch schön brav erledigt und mit 65 KG war das Thema beendet und alle waren zufrieden.
    Es ist sonnenklar, dass meine psychischen Probleme nicht behandelt wurden und ich so in den späteren Jahren selbstverständlich wieder zugenommen habe, obwohl ich alles über gesunde Ernährung und Bewegung wusste.

  3. gesundes essen anbieten
    Sorry, aber Schokomüsli mit Banane, Buletten und Tiefkühl-Paella? Das ist doch kein gesundes Essen! Kinder können nur ein richtiges Gefühl zum Essen entwickeln, wenn wir es ihnen vorleben. Ich würde vorschlagen, kaufe konsequent nur noch gesundes Essen ein (ohne dies groß zu thematisieren), dann hat sie garnicht die Wahl, sich an den ungesunden Dingen zu bedienen. Von den gesunden Sachen kann sie dann ja so viel Essen wie sie möchte (und wenn sie ihr Taschengeld für Süßes ausgeben möchte, dann muss sie immerhin eine höhere Schwelle überwinden). Gesundes Essen heisst im besten Fall Bio-Vollkost, aber geht auch günstig: Viel Gemüse (roh oder gedünstet), viel vegan/vegetarisch, wenig tierische Produkte, wenig Fertigprodukte, möglichst kein Zucker, wenig Salz, keine Säfte, Schorlen, Limos, eher wenig Obst, wenig Weizen etc. Ebenso wichtig ist natürlich viel Bewegung – überlegt euch, was ihr Spaß machen würde und fangt niedrigschwellig an: Spazierengehen, Radfahren, Kanufahren oder ein Sportverein? Oft hilft es schon, das Auto abzuschaffen und konsequent aufs Rad zu setzen. Geht ja nicht darum, dass sie dünn sein soll, sondern sich gesund, beweglich und wohl in ihrer Haut fühlt.

    1. Lauf mal in meinen Schuhen…
      Guten Morgen,
      ich wundere mich gerade wie aufgrund eines kleinen Artikels jemand derart grundsätzlichen Rat erteilen kann.

      Liebe Steffi, ich finde, dass du sehr differenziert berichtest, danke!
      Laß dich nicht beirren.

      1. Danke dir!
        Das baut mich auf, Hanna wird immer reifer und macht gute Fortschritte- die Kinderärztin bestätigt mich auch und Hanna versteht langsam mehr, ist auf einem guten Weg, liebe Grüße

    2. Gesundes Essen anbieten
      Ich finde den Kommentar sehr gut und eigentlich nicht wertend geschrieben. Klar bekommt man keinen Einblick zu in den kompletten Essensplan, aber die Sachen die sie im Artikel schreibt sind nunmal nicht gesund. Ich finde auch die Vorschläge oben sehr gut und hilfreich. Und ich würde als Mutter schon versuchen einzugreifen, nicht bestimmend, aber helfend. Mit 14 wird man es kaum alleine schaffen leider.

    3. Also irgendwie scheint dein
      Also irgendwie scheint dein Begriff von gesunder Ernährung auch etwas zu krass. Was bitte ist an Buletten falsch? Darf das Kind kein Fleisch essen weil es übergewichtig ist? Wenig Salz? Und dann muss das Kind nachher zum Arzt weil es Probleme mit der Schilddrüse hat. Und Leute die Obst verteufeln wegen des Fruchtzuckers liebe ich ja sowieso. Ich bin selber Vegetarierin aber wenn ich von leuten lese die Kindern das ebenfalls empfehlen dann kommt mir die Galle hoch.

    4. Nein
      Sorry, das ist kein guter Rat für Essgestörte. Das hört sich nur überheblich an. Ich meine die waren ja auf Kuren und alles, ich bin sicher „gedünstet“ hat man schonmal gehört. Emotionales Essen lässt sich durch Salat leider nicht befriedigen. Und es gibt zig Kinder & Erwachsene die genau mit der oben beschriebenen Diät super schlank wären. Das ist auch eine Typfrage.

  4. Ich kenne das
    Ich war einmal in der gleichen Situation wie deine Tochter. Für mich war das Problem ebenfalls die ständige Präsenz des Themas Essen. Ich hatte (und habe heute noch) oft das Gefühl auf mein Essverhalten reduziert zu werden. In meiner Familie drehte sich eine Weile alles nur darum wie viel ich esse und Wiege. Heute bin ich über 30 und stark übergewichtig. Ich habe das mit dem Essen tatsächlich nie in den Griff bekommen. Was mir tatsächlich geholfen hätte wäre eine Alternative zum Trostessen gewesen, Zeit die jemand mit mir verbringt oder ein Hobby, dass die Leere in meinem inneren füllt, die ich versuche mit Essen zu füllen.

    Trotzdem: ich bin heute uneingeschränkt glücklich. Natürlich wäre ich gerne dünner, aber ich habe einen Mann der mich so liebt wie ich bin, einen Beruf in dem ich absolut aufgehe (ich bin Lehrerin), wir haben ein schönes Haus gebaut und ich habe einen kleinen Sohn.
    Und noch etwas aus meiner pädagogischen Perspektive: Kinder können sehr grausam sein, aber der Weg zum Glück deines Kindes führt nicht über die Gewichtsreduktion, sondern über die Stärkung des Selbstbewusstseins. Die Kommentare hören nämlich (erfahrungsgemäß) nicht auf wenn das Opfer abgenommen hat sondern verschieben sich einfach nur. Ziel der Kommentare ist es nämlich deine Tochter möglichst effektiv zu verletzten. Übergewicht bietet hier eine gut sichtbare Angriffsfläche, ist aber mit Sicherheit nicht die einzige Möglichkeit deine Tochter zu verletzten.
    Ich drücke euch beiden die Daumen ❤️

    1. Alternativen schaffen
      Liebe Steffi,
      ich möchte mich dem anschließen was Rebecca sagt und auch ich möchte mich als „trockene“ Essgestörte zu Wort melden. Denn wenn ich das Nutella-Glas richtig deute, dann ist es das was deine Tochter bereits ist. Was deiner Tochter nun fehlt ist nicht das richtige Essen, sondern gute Alternativen und Bewegung. Die starke Thematisierung des Themas sollte verschwinden, das hat sie mit Sicherheit schon zu genüge verinnerlicht. Was du an Ernährung beschreibst ist nicht für Übergewicht verantwortlich.
      Ich weiß nicht, welcher Sportverein, welche soziale Gruppe odre gar welcher Schulwechsel für sie und ihre Selbstliebe nötig wäre, aber es ist schon mal schön zu hören, dass sie eine gute Freundin an ihrer Seite hat.

      1. Ganz genau
        Dem möchte ich mich auch anschließen. Die Auslöser waren bei mir ein bisschen anders, aber letzten Endes ist es egal, was das Trauma in der Kindheit ausgelöst hat, es sitzt tief. Bei mir kam dann noch eine Schilddrüsen Unterfunktion dazu, die der Kinderarzt nicht erkannt, 1000 Hautärzte für pubertäre Erscheinungen hielten und bei mir das Gewicht noch zusätzlich nach oben katapultieren haben.
        Im Sinne deiner Tochter, reduziere das Problem nicht auf zu viel Essen. Das ist nur Symptom. Sie braucht psychologische Hilfe. Es hat angefangen mit eurem Umzug, dass sie den Kummer über Trennung von euch, aber auch ihrer Heimat und ihren Freunden wortwörtlich in sich hineingefressen hat und geht mit jedem dummen Spruch, blöden Blick, jeder Bemerkung zu ihrem Essverhalten oder Gewicht von dir weiter. Mach dir einen Gesprächstermin beim Kinderarzt, zunächst ohne sie und sorge dafür, dass sie therapeutische Hilfe bekommt. Mir hat niemand geholfen. Ich bin heute noch fett und unglücklich, obwohl ich es nicht schlecht habe

  5. Liebe Steffi,

    Liebe Steffi,
    das, was du beschreibst, kenne ich von mir selber noch sehr gut. Ich wurde als Kind übergewichtig und habe dann bis ins Erwachsenenalter damit gekämpft. Ich habe irgendwann einsehen müssen, dass mein Essverhalten nicht gesund ist und habe mir Hilfe bei einer Beratungsstelle gesucht, die sich auf Essstörungen spezialisiert hat. Das Beratungsgespräch hat mir gezeigt, dass ich mit dem Essen andere Sachen kompensiere. Danach konnte ich anfangen mein Verhalten besser zu steuern. Vielleicht könnte so ein Gespräch auch für Hanna eine Option sein.
    Ansonsten kann ich dir nur sagen, dass es mir schwieriger fiel, wenn ich mich von meinen Eltern kontrolliert oder kritisiert gefühlt habe. Das hat nicht mal viel gebraucht, aber durch die Unzufriedenheit mit mir und meinem Körper, habe ich Kommentare schnell falsch verstanden.
    Ich wünsche euch alles, alles Gute und drücke die Daumen, dass Hanna einen Weg findet, etwas zu ändern, um mit sich selbst zufrieden sein zu können.
    Viele liebe Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert