Weg von der Fehlerkultur: Ein paar Gedanken zur Bundestagswahl 2021

Bundestagswahl

Ihr Lieben, am 26.9. wählt Deutschland, viele viele haben dieses Jahr Briefwahl beantragt – aus Angst, doch an dem Tag mit den Kindern in Quarantäne zu sitzen, aus Angst, sich vor Ort anzustecken oder einfach, damit sie ein paar Tage um den Wahlzettel herumlaufen können, um zu überlegen, wo dieses verdammte Kreuzchen gesetzt werden sollte. Denn na klar: Das ist schwer dieses Mal. Gerade für Familien. Wer wird sich am besten für unsere Interessen einsetzen? Wer wird sich überhaupt für unsere Interessen einsetzen, uns sichtbar machen, sich um unsere Belange kümmern?

Und trotzdem möchte ich mich bei all der Kritik gerade auch mal dankbar äußern: Zur Wahl als zukünftiger Bundeskanzler oder als zukünftige Bundeskanzlerin stehen Armin Laschet von der CDU, Olaf Scholz von der SPD und Annalena Baerbock von den GRÜNEN. Da steht kein Rechter und keine Rechte in der ersten Reihe. Da steht kein Grab-her-by-the-pussy-Trump (Gott bewahre!), kein Pressefreiheit-was-war-das-nochmal-Putin, kein Mensch, bei dem wir wirklich das Gefühl haben müssten, er reißt uns mit Absicht und Karacho in den Abgrund. Und ist das nicht auch beruhigend, zu wissen?

Deutsche Fehlerkultur: War hat was wieder falsch gemacht?

Ich mag die deutsche Fehlerkultur nicht. Ich mag nicht die Konzentration auf die Fehler, die passieren. Ja, ich wünsche mir sogar in Schulen den Rotstift weg und stattdessen einen Grünstift, der alle Passagen unterstreicht, die super sind. Ich mag es, das Gute hervorzuheben statt immer mit dem Finger auf das Schlechte zu zeigen. Ich gebe zu, in Zeiten von Corona fiel mir das schwer, da lief in meinen Augen einfach zu viel schief, bis über die Belastungsgrenze vieler hinaus. Aber jetzt, da wir zumindest teilweise wieder etwas normaler leben können, ist es Zeit, sich auch wieder auf das zu besinnen, was wir haben. Wir haben Frieden und Pressefreiheit. Wir haben eine Demokratie, in der jeder und jede sagen kann, was sie oder er will. In der demonstriert werden darf. In der es Sozial- und Gesundheitssysteme gibt.

Wenn ich auf die Berichterstattung über den Wahlkampf in diesem Jahr schaue, dann sehe ich allerdings überall nur Fehler. Was hat wer wann wieder falsch gesagt, gemacht oder gemeint? Was könnte man wem noch an den Hacken binden, um den Weg noch ein Stückchen schwerer zu machen? Ich finde das schade. Überlegt doch mal, wann ihr zuletzt etwas Positives über einen Politiker oder eine Politikerin gelesen habt. Ein Lob. Ein verbales Schulterklopfen. Ich wüsste so spontan nicht, wann ich das zuletzt irgendwo gesehen habe. Das ist doch krass, oder?

Lob und konstruktive Kritik, Motivieren statt fertig machen

Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, dann konnten mich Lehrer kriegen mit Aussagen wie: „Wow, DAS hast du schon durchschaut?“ Dann hatte ich Bock, auch in die nächste Stunde wieder gut vorbereitet zu gehen. Wenn jemand meinte, ich könne gleich den Finger wieder runternehmen, weil ich es ja eh nicht raffe, war mit einem Schlag die Luft raus. Ich brauche ein positives Umfeld, ein bestärkendes, um meine volle Kraft zu entfalten. Und ich bekomme das auch bei den Kindern mit. Als mein Sohn neulich einen kleinen sportlichen Hänger hatte und dann plötzlich doch wieder von Anfang an spielen durfte, da gabe dafür einfach 120 Prozent – weil dieses Vorschussvertrauen so viel in ihm freigesetzt hatte. Solche Geschichten möchte ich viel öfter erleben, ich möchte darüber auch viel öfter lesen.

Und ich bin unfassbar dankbar, dass wir hier bei Stadt Land Mama in unserem Lisa-Katharina-LeserInnen-KundInnen-Team auch so wertschätzend arbeiten und miteinander umgehen. Dass wir uns hier immer wieder gegenseitig loben, statt auf die Fehler der anderen zu zeigen. Denn die machen wir ja alle! Aber es liegt an uns, den Fokus auf das Gutlaufende zu richten. Dankbar zu sein und demütig. Wenn Katharina und ich über unsere Arbeit telefonieren, erzählen wir uns oft, wie toll x und y gerade laufen. Wie stolz wir auf uns sein können. Wie schön wäre es, wenn das auch in größeren Unternehmen so wäre. Oder in der Politik…

Umdenken, das geht auch schon im Kleinen

Vielleicht können wir ja einfach versuchen, dahingehend ein bisschen umzudenken. Und damit können wir schon im Kleinen beginnen. Indem wir die Kollegin für ihre Präsentation einfach mal loben. Indem wir dem Partner einfach nochmal eine SMS zwischendurch schicken, wie nett das war, dass er dir am Morgen noch schnell das Brot geschmiert hat, weil du so in Eile warst. Oder indem wir euch als unseren treuen Leserinnen mal wieder DANKE sagen für eure Treue, eure Klicks, euren Input und eure Geschichten. Lasst uns mal schauen, was diese Wahl so bringt. Zumindest spannend wird es diesmal werden. Und allein das ist doch auch schon was Positives nach 16 Jahren mit der gleich Partei an der Spitze, oder?!  

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3 comments

  1. Ja und nein… ist wohl richtig 😉
    Jeder Mensch macht Fehler, die Männer gehen anders damit um. Die 2 Herren, nunja, die geschossenen Böcke gehen auf keine Kuhhaut mehr… oder wie sagt man das.
    Mein Kreuzchen per Briefwahl ging an grün. Wenn ich einen Wunsch frei hätte wäre eine manchmal nicht perfekte Frau in meinem Alter, die weiss wie das Leben in unserem Alltag funktioniert für mich die bessere Wahl als alte weisse Männer im Elfenbeinturm der hohen Politik.
    Die alten Männer können/dürfen Fehler machen. Die junge Frau könnte das bei Bedarf auch lernen…
    Meine Hoffnung ist einfach dass die Grünen es ein bisschen besser machen!
    Euch allen ein gutes Wahlwochenende!!!

  2. An diesem Punkt schließe ich mich dem Kommentar der Userin Blüte an: „Ja und nein… möchte ich sagen. Ja, es ist wichtig, Menschen zu loben, sie zu motivieren, das Positive herauszustellen, Absolut richtig, gerade im persönlichen Umfeld.“

    Bei Spitzenpolitikern hingegen darf man, finde ich, sehr unnachsichtig sein. Schließlich sollen diese Menschen ja immerhin unser ganzes Land nach außen vertreten und politische Richtungen vorgeben.

    Diese Leute entscheiden, ob Mieten bezahlbar bleiben, ob SUVs verboten werden, ob Cannabis legal wird, ob und wann wir aus der Kohleenergie aussteigen, ob wir die Spannungen mit Russland verschlimmern oder sie lösen, ob wir uns weiter außenpolitisch von den USA abhängig machen oder einen eigenen europäischen Weg finden, ob wir „Freedom Day“ oder Lockdown haben etc.

    Das sind Entscheidungen, die uns alle beeinflussen und da ist kein Platz für Stümperei.

    In unserer Gesellschaft ist es leider oft so, dass die Sekretärin für einen kleinen Fehler gefeuert wird, während der Top-Manager auch für schwerste Verfehlungen meist höchstens mit einer fürstlichen Abfindung weggelobt wird.

    Eigentlich sollte es aber umgekehrt sein: Wir sollten den Schwachen ihre Fehler verzeihen, den Mächtigen hingegen auf keinen Fall.

    Unsere Kinder sind klein und nicht mächtig. Ihnen sollten wir ihre Fehler verzeihen.

    Laschet und Baerbock kandidieren für das mächtigste Amt in Deutschland und ich verzeihe weder dem Laschet seine Maskendeals und sein peinliches Gelächter in NRW, noch verzeihe ich der Baerbock ihre Tricksereien bei ihrem Buch und ihrem Lebenslauf. Übrigens verzeihe ich dem Scholz seine Verstrickungen in die Wirecard- und Cumex-Skandale ebenso wenig.

    Kurzum: Ich halte alle drei Kandidaten weder für sympathisch, noch für geeignet und werde deren Parteien nicht wählen. Und natürlich wähle ich auf keinen Fall die AfD!

    Zum Glück bietet unsere Demokratie ja mehr als nur die drei großen Parteien und diese Un-Partei von Rechtsaußen (AfD).

  3. Ja und nein… möchte ich sagen. Ja, es ist wichtig, Menschen zu loben, sie zu motivieren, das Positive herauszustellen, Absolut richtig, gerade im persönlichen Umfeld.
    Nur… wenn bei einem Politiker die positiven Errungeschaften darauf hinauslaufen, dass er / sie nicht die Grundfesten unserer Demokratie einreisst, sondern sich grundsätzlich daran hält, dann ist mir das ein wenig wenig an persönlicher Leistung…. Gerade in dieser Position.
    Und ich habe festgestellt, dass während dieser Pandemie vieles passiert ist, von dem ich VOR der Pandemie mit Sicherheit behauptet hätte, dass dies, bei allen Schwächen des deutschen politischen Systems, hier bei uns nicht möglich wäre. Nie hätte ich geglaubt, dass man so mit der Gesundheit und Unversehrtheit unserer Kinder umgeht, mit ihrem Recht auf Bildung usw. Wofür genau kann man die aktuellen Politiker denn deiner Meinung nach ehrlich und aktiv loben, außer für ihre demokratische Grundhaltung?

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