Covid-19: Wir Eltern wurden positiv auf Corona getestet, die Kinder nicht

Familie in Quarantäne

Symbolfioto. Foto: pixabay

Liebe Lena, ihr Eltern seid covid-19-positiv getestet worden. Wie geht es euch denn aktuell?

Wir fühlen uns wieder ganz gut, noch nicht wieder 100%ig fit, aber es wird wieder. Ein paar Tage Quarantäne stehen für die ganze Familie noch an, wir freuen uns alle wieder darauf, am Leben teilzunehmen und sind dankbar, dass wir einen leichten Verlauf hatten.

Wisst ihr, wo ihr euch angesteckt haben könntet?

Leider war der Kollege mit Erkältungssymptomen im Büro, hustete und schnupfte. Wir haben ihn gebeten, doch nach Hause zu gehen, denn wir tragen zwar NMS-Masken, wenn wir uns im Büro bewegen, doch das hilft leider wenig wenn die Aerosole bereits überall sind. Das war wohl leider der Tag, an dem die Ansteckung erfolgte.

Hattet ihr Symptome oder wie kam es zur Testung?

Wie gesagt, mein Kollege im Büro hat uns leider unwissentlich das Virus mitgebracht. Anfangs dachten wir alle an normale Erkältungen oder leichte Grippe, erst als er uns informierte, dass er privat am Wochenende Kontakt mit mehreren Covid-19 Erkrankten hatte, hatte auch ich den Verdacht. Nach Anruf bei der Hotline mit Schilderung der Symptome und dem Verdachtsfall im Büro wurde ich getestet. Nach 24 Stunden stand fest, ich bin positiv, wie auch mehrere meiner KollegInnen.

Erfahrt ihr soziale Ächtung in irgendeiner Weise, weil jetzt alle eure Kontakte auch in Quarantäne müssen? Was ist das für ein Gefühl für euch?

Die Wartezeit bis zu meinem Testergebnis war wirklich schlimm und nervenbelastend. Als ich den Anruf bekam, zog es mir schon kurz den Boden unter den Füßen weg – bis dahin kannte ich nicht mal jemanden persönlich, der Corona hatte. Und plötzlich war es da, mitten in unserem Haus.

Mein Mann und die zwei Kinder wurden am nächsten Tag getestet, am Tag danach stand fest, dass ich auch den Papa angesteckt hatte, die Kinder zum Glück nicht. Und in diesen Tagen war mein letzter Gedanke am Abend und der erste am Morgen nur „Bitte lass mich niemanden sonst angesteckt haben, besonders nicht die Kinder jetzt auch noch…“. Denn da hängt dann so viel dran, die Schulen, Sportvereine, Freunde.

Als ich es den Kindern gesagt habe, ist unser jüngerer Sohn mit 7 Jahren in Tränen ausgebrochen, er habe Angst, dass seine Freunde nun Angst vor ihm haben werden. Ich durfte ihn ja nicht mal umarmen, das hat mir das Herz gebrochen.

Zum Glück haben auch die Schulen sehr entspannt auf den Verdacht reagiert, die Kinder gestärkt. Auch Schulfreunde und unsere Nachbarn haben uns nette Botschaften vor die Tür gelegt, Suppe gekocht, Süßigkeiten gebracht. Wir waren sehr gerührt und positiv überrascht. Leider hat mein Mann beim Sport auch weitere Personen angesteckt.

Wir haben uns immer entschuldigt, dass wir das Virus auch in ihre Familien gebracht haben. Die Reaktionen waren immer gut, dass ja niemand absichtlich jemanden ansteckt. Trotzdem finde ich diese emotionale Last gerade in den ersten Tagen der Testung, der Ungewissheit, des Wartens und Unglaubens sehr groß. Die Quarantäne für die Kontakte war da das kleinste Übel, so wird die Weitergabe des Virus wenigstens gestoppt.

Nun haben eure Kinder das Virus noch nicht, sind aber in Quarantäne und bei euch zu Hause, wie bekommt ihr derzeit ein sicheres Familienleben hin?

Ich gehe davon aus, dass die Studien stimmen, die sagen, dass Kinder weniger schnell angesteckt werden und auch weniger gute Überträger sind. Denn beide Kinder waren in der Zeit, als wir hochansteckend waren, mit uns körperlich sehr nahe. Wir wussten da ja noch nicht, dass wir Covid-19 in uns tragen.

Sobald das klar war, haben wir uns – so gut es geht – mit Abstand zu Hause bewegt, mit Masken wenn wir etwas nahe am Anderen machen mussten, Räume nicht gemeinsam genutzt, Türklinken desinfiziert, viel gelüftet, so oft es ging im Garten aufgehalten. Aber eine wirkliche Trennung ist natürlich bei einer Familie mit kleineren Kindern nur schwer möglich. Am meisten vermissen wir alle das Kuscheln, Küssen, Hände berühren.

Wer versorgt euch, wer kauft ein und macht von außen Mut?

Wir wurden gleich überschüttet mit Hilfsangeboten von Freunden und Nachbarn, die Oma war zum Glück auch negativ, sie kocht auch gern für uns. Ich tausche mich viel mit meinen Kolleginnen aus, wir sind hier alle in ähnlichen Situationen, das tut einfach gut.

Da gibt es auch viel Unsicherheit, Angst, Wut. Lange Telefonate, WhatsApp – eigentlich kommt wieder ein Gefühl von Lockdown hoch. Familie und gute Freunde sind für uns da, da sieht man dann wirklich, wie schön es ist, Herzensmenschen um sich zu haben.

Eigentlich kamen wir über ein ganz anderes Thema in Kontakt zueinander, da ging es nämlich um Gleichberechtigung. Wie kriegt ihr das während eurer Erkrankung grad hin… kümmert ihr euch gleich viel um die Kinder?

Tja, das ist wohl leider immer etwas, dass einer Frau erst bewusst wird, wenn es zu viel wird. Denn wie selbstverständlich setze ich mich zu den Kindern (ans andere Ende des Tisches), wenn es um‘s Homeschooling geht, erkläre, kontrolliere, bessere aus. Mein Mann verschwindet in seinem Homeoffice-Raum, arbeitet.

Ich mach nebenbei das Mittagessen, räume gefühlte 10 Mal den Geschirrspüler am Tag aus und ein, räume auf. Erst als ich nach den ersten Tagen das Gefühl hatte, dass ich erdrückt werde von dieser mentalen Last von Corona und der Quarantäne habe ich aufgeschrien. Nun versuchen wir es besser aufzuteilen, dass auch jeder seine Auszeiten hat. Ich zähle die Tage…

Wie ist es außerhalb von Corona-Erkrankungen bei euch? Wer hat sich im Lockdown gekümmert und würdest du dir da etwas anderes wünschen?

Außerhalb von Corona sind wir beide berufstätig, mein Mann ist Verkaufsleiter und auch unter der Woche immer 2-3 Tage unterwegs. Ich arbeite 30 Stunden im Marketing, gehe sehr gern ins Büro. Nachdem beide Kinder Sport im Verein betreiben, ist die Woche einfach immer voll mit Beruf, Familie, Haushalt, Sport, privaten Terminen.

Ich empfinde da diesen „Mental Load“ als sehr groß, all diese unsichtbaren Arbeiten, Termine, Infos, die alle bei mir landen, sind so schwer greifbar zu machen und doch da. Ich finde, dass sich Männer da generell schnell rausnehmen, nach dem Motto „Du musst ja nur was sagen…“.  Doch leider funktioniert das so nicht, erleichtert wenig.

Im Lockdown lief es ähnlich wie jetzt, dass ich viel Mithilfe eingefordert habe, denn sonst hätte ich wohl irgendwann meine Grenzen erreicht. Wir Frauen sind da leider oft sehr schnell im selber machen, ich würde mir da wünschen, dass der Mann von sich aus Dinge erledigt, die zu tun sind – im Haushalt, mit den Kindern, Arzttermine usw.

Was sagt denn dein Mann dazu?

Er sieht sich hier oft ungerecht behandelt, „er macht eh alles, wenn ich es ihm nur sage…“. Und dass ich Dinge nicht anerkenne, die er macht, oder ich dann trotzdem nicht zufrieden bin. 

Ich finde es selbst verwunderlich, dass diese Themen in so vielen Familien ähnlich ablaufen, man aber irgendwie nicht rauskommt aus diesem Rädchen. Obwohl ich mich viel damit beschäftigte, ändern wir nichts Grundlegendes. Ich habe auf meiner Leseliste das Buch „Raus aus der Mental Load Falle(Affiliate Link) von Patricia Cammarata – vielleicht schaffen wir es dann…

Möchtest du den Menschen da draußen vielleicht noch etwas Allgemeines mitgeben?

Was ich noch gerne mitgeben möchte als Betroffene – wenn ich auf Social Media die vielen Beiträge zu Covid-19 sehe und darunter IMMER zahlreiche Kommentare á la „Wen interessierts…?“, „Ist wie eine Grippe“, „Sterben auch an anderen Krankheiten Menschen“ – dann seh ich das inzwischen nicht mehr als egal an, auch wenn jeder seine Meinung dazu haben kann.

Denn da stehen immer Menschen hinter all diesen Zahlen, auch ein leichter Verlauf ist nicht ohne und eben auch mit viel sozialem und emotionalem Druck verbunden. Und das Virus ist oft schneller da und näher, als man denkt. 

d3bbb9c0c59b4c00b97b5e3d54714ba7

Du magst vielleicht auch


2 comments

  1. Hallo Lisa,

    sehr interessanter Beitrag! Ich hoffe Lena und ihrer Familie geht es wieder gut und die Einschränkungen sind wieder etwas lockerer.
    Ich habe auch Angst, dass ich es mir im Büro irgendwie einfange… besonders wohnt auch noch meine Mutter (75) bei uns, da muss ich noch mehr aufpassen… Dazu fand ich auch diesen Artikel sehr interessant: https://www.ifb.de/news/was-bedeutet-der-november-lockdown-fuer-betriebsraete-und-unternehmen/1359
    Meine Frau ist zurzeit mit Oma und Kindern allein zu hause im Home Office, wie beschäftigt denn ihr eure liebsten am besten? Meine Mutter ist langsam etwas überfordert mit unseren Mädels :S

    Ich freue mich auf deine Antwort und hoffe ihr bleibt gesund!

    LG
    Thommy

  2. Wir müssen das set unbedingt für unseren Sohn Ludwig gewinnen, Damit er seinen ausgeprägten Bewegungsdrang auch zu Hause ausleben kann. Dazu steht er voll auf Augen (auf dem Kuchen, beim basteln u nun noch an der Wand 👍🏻). Ludwig liebt bouldern und macht demnächst auch einen Kurs in einer Boulderhalle.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert