Ein Hoch auf „die Jugend“ – ein Zwischenruf von Lisa

Die Jugend von heute

Foto: pixabay

Ihr Lieben, letzte Woche hab ich schon wieder irgendwo von einer „verweichlichten Jugend“ gelesen. Die Eltern von heute, huiuiui, die zögen ja eine Generation der Unfähigkeit groß. Lebensunfähig, unselbständig, ja, aus manchen Zeilen über die jungen Leute liest man gar etwas Parasitäres raus. Die nähmen nur, die gäben nicht.

Und wisst ihr was? Ich könnte kotzen, wenn ich so etwas lese. Denn nein, ich halte die Jugend von heute nicht für verloren. Im Gegenteil: Ich sehe sogar riiiiiesiges Potential in ihr. Ich feier sie ab, ich schaue mit einem wohlwollenden Blick auf sie. Denn leicht haben die jungen Leute es gewiss nicht.

Die Jugend von heute lässt sich nicht unterkriegen

Zwei Jahre Lockdowns und Pandemie-Unsicherheit in den Knochen. Auf nix konnten sie sich mehr so richtig verlassen, Klassenfahrten abgesagt, Umgangsverbote, kein Sport. Und jetzt marschieren sie trotzdem wie Phönix aus der Asche, gehen weiter fürs Klima auf die Straße, packen Kartons für die Ukraine… so viel zu den Allgemeinplätzen.

Aber ich möchte euch auch ganz persönliche Blicke auf diese „Jugend von heute“ gewähren. Auf die jungen Leute, die hier durch meine Kinder ein und aus gehen bei uns. Die, die (anders als meine Kinder oft, ähäm) fragen, ob sie mir helfen können, die Einkäufe aus dem Auto zu räumen. Die ihr freiwilliges soziales Jahr im Altenheim machen und den betagten Menschen ab und zu heimlich eine Dose Kölsch einschleusen, um ihnen eine Freude zu machen.

Was alles noch vor dieser Jugend liegt!

Die bei Liebeskummer so füreinander da sind, sich so aufteilen, dass die betroffene Person nie allein ist. Die bei der Firmung unserer Großen geschlossen als Überraschung bei uns vor der Tür stehen, alle im weißen Hemd, schick wie sonstwas, mit Glückwunschkarten, Gratulationen und guter Laune. Mit dieser Neugier im Gesicht, weil noch alles offen ist. Der Weg noch nicht geebnet. Die Zukunft noch ungewiss. Alles noch spannend. Und intensiv.

„Darf ich mal Rasenmähertraktor fahren, mein Kindheitstraum?“, fragen sie. „Grüße deine Mama“, geben sie in der Schule oft mit. Um mir dann via Insta zu meinem Geburtstag zu gratulieren und bei der Party dazu als Erstes die Tanzfläche zu rocken. Diese Jugend, diese angeblich so verlorene nachfolgende Generation, bei „alten“ Leuten wie uns – was für ein Kompliment! Was für eine Augenhöge, welch wunderbare Wertschätzung.

Eine Generation, die größtenteils zugewandt aufwachsen durfte

Große Teile dieser Generation haben Eltern, die ihnen nicht mit Autorität ankommen, sondern respektvoll und wahrnehmend, was wer wann und wie gebrauchen könnte. Zugewandt. Und so begegnen sie sich auch selbst. Was ich hier in meinem Umfeld im jugendlichen Kontext an Respekt untereinander und an Zusammenhalt erlebe, ist beispiellos. Sich aufeinander verlassen, vertrauen, echtes Miteinander… Das mag eine Blase sein, aber ich höre viel zu selten von ihr. Von diesen Positiv-Geschichten. Von diesem Einsatz. Von den jungen Leuten, die den Eltern nicht auf der Tasche liegen wollen, die großartigste Abschlussreden halten, die sich ehrenamtlich engagieren. Aber die gibt´s!

Eine Generation, die auf sich achtet. Die nicht ausschließlich fürs Arbeiten und die Karriere leben wird, sondern schaut, wo sie sich verwirklichen kann, so, dass auch noch Freizeit bleibt, Zeit für Freunde, für Familie, fürs Soziale.

Die „Wofür das alles?“-Generation

Eine Generation, die sich fragt „Wofür das alles?“ und dann vielleicht noch neu entscheidet. Eine Generation, in der die Mädchen und Jungen (!) selbstbewusst für Frauenrechte einstehen, in der jede und jeder lieben darf, wen sie oder er mag. Die LehrerInnen Kontra gibt, wenn nur gemotzt wird, weil „Das Abi schafft ihr ja so eh nicht“. Die globalisiert aufwächst und digital wie keine andere Generation – vernetzt und kompetent.

Eine Generation, die wütend sein könnte, weil sie in der Pandemie viel zu lang übersehen wurde, weil es kaum öffentlichen Raum für sie gibt, weil wir ihnen den Planeten so hinterlassen haben, die es aber im Gegenteil einfach besser machen will. Und natürlich lassen sich meine eigenen Erfahrungen mit diesen jungen Leuten im Grunde nicht verallgemeinern, aber ich finde: Sie haben diesen wohlwollenden Blick verdient. Oder?

Diese Generation braucht Menschen, die an sie glauben

Ihr kennt es selbst vermutlich noch: Wenn eine Lehrkraft an uns glaubte, uns signalisierte, dass wir das packen können, dann hat das Wahnsinnskräfte mobilisiert. Und ich wünsche auch dieser Generation solche motivierenden Motoren. Menschen, die an sie glauben. Die sie nicht naserümpfend, sondern neugierig und fasziniert anschauen – und willens, vielleicht sogar von ihr zu lernen.

Ich sehe jedenfalls: Sie haben uns in einigen Bereichen schon so einiges voraus. Ein Hoch auf die Jugend. Schnappt euch die Zukunft und macht das Beste draus. Und falls ihr ein Sprungbrett braucht, klopft gern weiter bei uns an und lasst uns euch am Wegesrand zujubeln. Nicht nur, weil ihr das verdient habt, sondern weil es uns selbst so guttut, so viel Gutes in euch zu sehen.

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13 comments

  1. YES!!! 🙌

    Auch ich erlebe vieles so, wie Du es beschreibst.

    Meine Kinder werden kein Abi machen, vermutlich werden sie beide einen durchschnittlichen Ausbildungsberuf lernen. Es findet – leider – viel online statt. Aber sie haben Menschenkenntnis und einen Blick auf sich, der sicher noch hier und da gelenkt werden sollte, aber das Herz sitzt am rechten Fleck❣️

  2. Hallo danke für den tollen Text, wir sollten versuchen die nächste Generation zu unterstützen und nicht sie zu unterdrücken. Wir haben keine größeren Rechte nur weil wir älter sind. Und die Älteren die meinen das wir unsere Kinder falsch erziehen ihr habt uns mit zu dem gemacht was wir heute sind. Meine Schwiegermutter meinte mal für unsere Kinder kommen noch schwere Zeiten und das schaffen sie dan nicht und ich sagen wenn es so kommen sollte dan schaffen sie das den sie sind nicht festgefahren sondern Flexibel. Ich frage mich warum so viele Menschen ein Problem damit haben das Ruder an die nächsten weiter zu geben. Jeder ist anders und das ist auch gut so deshalb sind sie keine schlechteren Menschen vielleicht ehr sogar bessere. Ich sehe Momentan zum Beispiel eine Lücke bei den Ehrengäste ehr bei meiner Altersklasse wie bei Jüngeren.
    Lg

  3. Hallo, mir gefällt der Text sehr gut. So ist es nämlich, die jungen Menschen sind so engagiert und teils auch reflektiert, dass ich mich auf die Zukunft mit ihr freue! Ich war letzten auf einem jetzt nachgeholten Studentenfasching (eingeladen hatten sie die Mutter eines Elferratsmitglied, so dass ich mit zwei ü50 und einer ü60 und ich selbst ü40 dabei war). Sie hatten uns sogar ne Bank aufgestellt… Da waren mehrere Fakultäten, wow soviel Zusammenhalt, soviel „ordentlicher Spaß“, Alkohol in Maßen, keine Drogen… ich möchte meinen, wir waren schlimmer und hätten nie eine Mutter mit alterndem Gefolge eingeladen… Oder meine Nichte und Freunde, kümmern sich um die ankommenden Ukrainer neben Studium und diversen Jobs… Oder bei meinen Kindern in der Geundschule, da haben größere Geschwister im Teenageralter Abschlussfilme geschnitten und Tanznummern mit den Kleinen eingeübt, freiwillig in ihrer Freizeit! Aber leider war es ja schon immer so, dass über „Die Jungend“ nur gemeckert wurde… hoffentlich werde ich nicht mal so!

  4. Oh was für ein toller, toller Text. Macht Mut, Zuversicht und bereitet Vorfreude, auf das, was da noch so kommen wird. Danke!

  5. Ach wie schön geschrieben ❤ Und ich finde auch sehr treffend formuliert, wie so oft hört man verallgemeinernd viel negatives aber ich muss ehrlich sagen, wenn der Kinderwagen kurz getragen werden muss, das Kleinkind zwecks Baby auf dem Arm abhaut, es sind meistens die jüngeren die selbstlos und mit einem Grinsen im Gesicht helfen.

  6. DANKE!!! Ich erinnere mich immer selbst daran ab 60 NICHT so zu eerden wie leider offenbar die meisten Menschen. Traurig was einem da so auf der Straße entgegen kommt mit Kindern, nicht nur in der Pandemie.
    ( P.S. Liebe Senioren, denkt gelegentlich daran dass die Eltern die ihr verachtet eure Rente sichern! )

      1. Gibt Ihnen trotzdem nicht das Recht andere Generationen zu beschimpfen! Und dann für sich selbst aber lautstark Respekt einzufordern. Vergessen das ALLE Menschen sind auch die unter 18?
        Und die Menschen unter 18 kennen Bitte und Danke auf anderen Stationen wird davon ausgegangen das Personal Eigentum ist und ( Zitat)… doch dafür bezahlt…?

      2. P.S.
        Aber danke für das aussagekräftige Beispiel wie ich NICHT werden will. Da hilft meine Berufserfahrung und die Erfahrung als Mama besonders in den letzten 2 Jahren. Gut das wir in der privaten Hausgemeinschaft so positive Menschen allen Alters sind. Man verliert den Glauben nicht ganz.

  7. Liebe Lisa,
    selten hat mich ein Text so berührt! Da kullerten tatsächlich ein paar Tränen…
    Ich glaube,dass du absolut Recht hast.
    Meine Kinder sind zwar noch im Kindergartenalter,aber ich hoffe,dass auch ich später so respekt- und liebevoll, wohlwollend und stolz über sie und ihre Freunde sprechen werde,wie du es hier tust!

    Liebe Grüße
    Janine

    1. Leider kann ich das überhaupt nicht bestätigen.
      Meine Kinder sind 18 und 19 und das was hier beschrieben wird, sehe ich so nicht.
      Beide haben ihren Weg gemacht bisher, sind aber eher desillusioniert nach 2 Jahren Pandemie und haben eine eher negative Einstellung zum Staat und der Politik.
      Wir leben in einer eher strukturschwachen Gegend, Ruhrpott, viele Ausländer und Migranten, soziale Probleme, wenig Geld, kaum Perspektiven, viel zu enge Wohnverhältnisse.
      Hier geht es nicht darum , dass man das Abi nicht schafft, hier sind viele die gar keinen Abschluss machen, und mit 16 ihre Hartz IV Karriere beginnen.
      Hier gibt es keine Eigenheime mit Garten oder überhaupt ausreichend Platz.
      Die Lehrer sind überfordert, viele Kinder sprechen bei der Einschulung kein Deutsch, es gibt ständig Konflikte, Bedrohung, auch Gewalt mit Körperverletzung.
      Meike Kinder sind eher drauf aus, diesem Staat zu schaden wo es geht und anderen zu helfen, daran haben sie kein Interesse..Wahrscheinlich weil ihnen auch nie jemand geholfen hat…

  8. Wow, danke für diesen tollen Artikel, der mir sehr aus der Seele spricht. Auch mich macht das (von oft selbsternannten Experten) permanente schlechtreden einer ganzen Generation von Jugendlichen inklusive deren Eltern echt wütend und traurig. Angefangen hat das mit der Veröffentlichung und Feierung des fragwürdigen Buches von Winterhoff, indem kleine Kinder direkt als Tyrannen abgestempelt werden. Und auch heute vergeht kein Tag, an dem es nicht irgendeine Schlagzeile zu angeblich völlig unselbständigen, verweichtlichten und lebensunfähigen Kindern/ Jugendlichen gibt. Absoluter Bullshit! Es gab und gibt schon immer solche und solche… Man sollte seine eigenen Sozialisationserfahrungen nicht immer zum Maßstab für andere machen, vor allem wenn Jahrzehnte dazwischen liegen. Ich finde in meinem persönlichen Umfeld auch sehr viele positive Beispiele und Erfahrungen, die so gar nichts mit der oft naiv belächelten Jugend
    zu tun haben. Nur leider werden diese viel zu wenig beachtet und gesellschaftlich kaum angemessen gewürdigt.

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