Ich ein Kind, du ein Kind: So teilen wir uns die Familienarbeit gerecht auf

Vereinbarkeit

Foto: pixabay

Mein Name ist Kathrin, ich bin 35 Jahre alt, verheiratet und Mama von zwei Jungs, fünf und drei Jahre alt. Ich arbeite als Lehrerin an einer Realschule, mein Mann ist Ingenieur in einer großen Firma. Wir arbeiten beide in Teilzeit, ich 75%, mein Mann 85%. Das geht natürlich nur, da es bei uns finanziell gut machbar ist, dessen bin ich mir durchaus bewusst und auch sehr dankbar dafür. Ich weiß, dass viele Familien dieses Privileg nicht haben. Im Interview versuche ich, unser Gleichberechtigungs-Modell mal näher zu erläutern.

Liebe Kathrin, ihr kriegt das in eurer Familie mit der Vereinbarkeit ganz gut hin. Wie genau teilt ihr euch auf?

Wir teilen nach Kindern. Ich den Großen, mein Mann den Kleinen. Also bei Arzt, Kleidung, Geschenken für Freunde, eigene Geburtstags-Feiern etc.  

Ist das gut für dich, diese kompletten Arbeitspakete aufzuteilen? Weil einfach die Verantwortung bei einer Person liegt? Oder ist das auch mal unpraktisch, weil du eh grad ein Geschenk kaufst und dann auch für den anderen auch was mitbringen könntest, es aber nicht tust, weil eben der andere dran ist?

Ich finde es alles in allem sehr praktisch. Und diese Aufteilung ist ja auch nicht in Stein gemeißelt. Wenn zum Beispiel einer von uns einen Kontrolltermin beim Zahnarzt ausmacht, dann denkt er auch gleich mit an den Großen und vereinbart direkt einen Doppel-Termin. Aber gerade was Kleidung oder Geburtstage angeht, finde ich unsere Aufteilung sehr praktisch. Sonst sind es ja eher tendenziell die Mütter, die immer alles schmeißen und an alles denken.

Wie kamt ihr zu diesem Modell, haben eure Eltern das schon ähnlich gemacht oder wer hat euch da inspiriert? Und brauchte es da viele Diskussionen und Absprachen oder hat sich das irgendwie organisch zu ergeben?

Das hat sich bei uns tatsächlich so „ergeben“. Eigentlich begann das Ganze damit, dass ich in der Elternzeit des Großen (ich ganz klassisch zwölf Monate, mein Mann zwei Monate) gemerkt habe, wie sehr mir mein Beruf und meine Schüler*innen fehlen. Ich wollte dann schon fast kein zweites Kind mehr, da ich nicht wieder so lange aus der Schule raus sein wollte. Und da hat mein Mann gemeint, dass er ja die lange Elternzeit machen könne. Für mich war es einfach perfekt.

Ich konnte nach vier Monaten wieder in die Schule gehen und mein Mann ist dann neun Monate zu Hause geblieben. Auch hier haben wir wieder das große Glück, dass das in seiner Firma kein Problem war. Klar gab es komische Blicke, aber es wurden ihm keine Steine in den Weg gelegt.

Als wir dann beide wieder gearbeitet haben, war schnell klar, dass wir eine Aufteilung finden müssen, in der nicht alles Mitdenken und Organisieren an mir hängen bleibt. Und so sind wir dann nach einigen Diskussionen auf die Kind-Aufteilung gekommen.

Wenn du dich um die Termine des Großen kümmerst und dein Mann sich um die Termine des Kleinen. Entsteht da eine andere Nähe zu dem Kind, das jeweils betreut wird? Ich finde ja grad auf solchen Arztfahrten entstehen auch immer gute Gespräche…

Das Gefühl habe ich nicht. Aber vielleicht sind unsere Kinder auch noch zu klein für die richtig tiefgehenden Gespräche. Und wie gesagt, manche Termine nimmt man dann ja auch wieder mit beiden Kindern wahr.

Ihr teilt aber ja nicht nur nach Kindern auf, sondern auch nach Wochentagen. Erzähl mal.

Um unsere Arbeit und die Kinderbetreuung gut unter einen Hut zu bekommen, haben wir die Nachmittage aufgeteilt. Wobei wir auch hier wieder viel Glück haben, da unsere Eltern im selben Ort wie wir wohnen und noch jung und fit genug sind, die Kinder einen Nachmittag in der Woche zu betreuen.

Ich bin immer Montag- und Dienstag-Nachmittag für die Kinder zuständig. Das heißt, ich hole sie vom Kindergarten bzw. der Krippe ab und betreue sie dann bis abends, wenn mein Mann nach Hause kommt. Mittwoch und Donnerstag greifen uns die Großeltern unter die Arme und verbringen je einen Nachmittag mit ihren Enkeln. Ich habe das Gefühl, das davon alle Seiten profitieren. Die Großeltern haben einen engen Kontakt zu ihren Enkeln, die Kids werden verwöhnt und wir Eltern können arbeiten.

Freitagmittag holt mein Mann dann beide ab und verbringt den Nachmittag mit ihnen, während ich dann am Schreibtisch sitze. Ich bin in meinen Arbeitszeiten natürlich etwas freier und kann in stressigen Phasen, wie z.B. zur Abschluss-Prüfungszeit, auch abends arbeiten. Sollte ich noch Arbeitszeit benötigen, nehme ich diese dann am Samstag.

Der Sonntag ist dann Familientag und wir unternehmen etwas zu viert. Natürlich ist das alles immer wahnsinnig fluid und keiner von uns beharrt fest auch diesen „Regeln“. Aber sie helfen uns, unseren Alltag zu strukturieren und auch planen zu können.

Würdest du sagen, ihr streitet dadurch weniger als andere Paare? Oder mehr?

Ich finde solche Vergleiche immer schwierig, da ich ja nicht weiß, wie viel andere Paare streiten. Aber ich denke, es ist ganz normal. Klar diskutieren bzw. verhandeln wir auch mal, wer wann welche Termine wahrnimmt, oder wer zu Hause bleibt, wenn ein Kind krank ist. Aber ich denke, das ist überall so.

Kannst du das Modell auch für andere Familien empfehlen?

Empfehlen kann ich es total. Wenn es denn zur jeweiligen Familie passt. Da kommen viele Faktoren zusammen. Können beide Teilzeit arbeiten? Ist das finanziell überhaupt möglich oder verdient einer deutlich mehr als der andere und das Geld würde dann fehlen. Möchten beide dieses Modell?

Ich kenne auch Mütter, die sagen, dass sie sich gerne um all das Drumrum kümmern und lieber weniger arbeiten. Und ich finde diese Einstellung genau so richtig wie meine. Ich habe für mich festgestellt, dass meine Kinder nicht die einzige Erfüllung meines Daseins sind und ich noch mehr drumherum brauche. Mein Mann übrigens auch. Wir pflegen beide unsere Hobbies und Freundschaften, was uns viel zurückgibt.

Fragst du dich manchmal, warum in anderen Familien so viel Last an unbezahlter Care-Arbeit an nur einer Person hängen bleibt – oftmals an der Mutter?

Ich denke, dass da viele Faktoren zusammenkommen. Viele Familien leben das Modell, das sie schon selbst als Kind erlebt haben. Der Mann arbeitet Vollzeit und Mama evtl. ein paar Stunden die Woche. Oder es ist leider aus finanziellen Gründen nicht möglich, dass einer weniger arbeitet. Oder der Arbeitgeber macht bei Teilzeit nicht mit. Ich denke, dass hier ein generelles Umdenken in der Gesellschaft nötig ist, um Familien besser zu stellen und auch eine gleichberechtigte Elternschaft zu ermöglichen.

Hast du Tipps für Eltern, die hier grad mitlesen und so ein Modell für sich auch beginnen wollen: Worauf sollten sie achten, was kannst du ihnen mitgeben?

Reden, reden, reden. Immer wieder nachjustieren und nicht denken, dass es gleich perfekt laufen muss.

37b424ae19294e9d9f5be763feae5496

Du magst vielleicht auch


1 comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert