„Ich kann verstehen, dass Frauen ungeduldig sind“ – Interview mit dem Chefredakteur der Men´s Health DAD Marco Krahl

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Ihr Lieben, was treibt Väter heutzutage eigentlich um, was sind die Themen, mit denen sie sich beschäftigen, wenn sie mal unter sich sind? Wer könnte uns diese Fragen besser beantworten, als der Chefredakteur der Zeitschrift Men´s Health DAD!

Marco Krahl ist Jahrgang 1971, hat nach dem Abitur, einer Ausbildung zum Verlagskaufmann und einem Studium der Kulturwissenschaften) ein Volontariat bei der Motor Presse Stuttgart absolviert. Im Anschluss war er erst Redakteur, dann Textchef und schließlich Stellvertretender Chefredakteur von Men’s Health. 2015 hat er dann dem Bruderblatt Men’s Health DAD auf die Welt geholfen. „Die Geburt war schwerer als die meiner beiden Kinder“, sagt er! Allerdings stand er da auch nur daneben…

Marco, du bist Chefredakteur der Men's Health DAD, du müsstest es also wissen. Was sind die großen Fragen, die sich Väter heute stellen?

Oh Mann! Schon diese Frage ist ja wirklich groß, und für mich im Grunde zu groß, auch wenn ich der Chefredakteur von Men's Health DAD bin. Ich glaube auch nicht, dass sich ein Vater heutzutage so genannte "große Fragen" stellt, das machen eher die Medien und die Politik. Im Gegenteil, ich glaube, dass Väter heutzutage mit der Beantwortung von scheinbar kleinen Fragen schon gut zu tun haben: Wie schneide ich meinem Baby die Nägel? Was ist mit Elternzeit? Und: Wie geht's meiner Partnerin?

Als DAD auf den Markt kam, hieß es etwas verächtlich: Uhlala, eine Frauenzeitschrift für den Vater. Seid ihr das wirklich?

Kleiner Rückblick: Als unser Hauptheft Men's Health vor mehr als 20 Jahren auf den deutschen Markt kam, wurden wir als "Brigitte für den Mann" belächelt – das Problem ist uns also bekannt. Der Vergleich mit Frauenzeitschriften ist auch gar nicht aus der Luft gegriffen, schließlich beschäftigen wir uns mit ähnlichen Themen – Themen, für die sich seit ein paar Jahren auch verstärkt Väter interessieren.

Aber wir betrachten diese Themen aus einer männlichen Perspektive und bereiten sie für männliche Leser auf, das ist schon ein sehr großer Unterschied. Die Antwort lautet also ja – und nein! Und um auch die letzte Frage zu beantworten: Wir sind ein Männermagazin! Punkt!

Als Mütter, die durch ihren Job und die Bloggerei viel mit anderen Müttern in Kontakt sind, haben wir das Gefühl, dass sich viele Frauen schon sehr gut emanzipiert haben. Wir haben bei einigen Vätern allerdings das Gefühl, dass sie sich noch nicht mit-emanzipiert haben. Sprich: Sie unterstützen ihre Frauen zwar in ihrem Bestreben, auch persönlich weiterzukommen – allerdings bitte nur solange sie neben der Selbstverwirklichung auch noch alles andere wie Haushalt, Alltagsorganisation, Kinderunterstützung schaffen… Nehmt ihr das aus Vätersicht auch so wahr?

Es liegt mir fern, Sprachrohr für alle Väter zu sein. Das kann und will ich auch nicht. Ich kann auch nicht eine generelle Vätersicht darlegen, dafür sind Männer einfach zu unterschiedlich (und den Frauen übrigens sehr ähnlich)! Aber ich spreche natürlich viel mit frisch gebackenen Vätern und Väter-Forschern und sehe: Da tut sich viel im Rollen- und Selbstverständnis der Männer und Väter. Wir sind auf einem guten Weg, das wird schon, da bin ich sehr zuversichtlich!

Vor allem, wenn auch die Politik am Ball bleibt und die Idee des Elterngeldes, das vor zehn Jahren eingeführt wurde, konsequent weiterentwickelt. Aber solche gesellschaftlichen Veränderungsprozesse brauchen ihre Zeit. Aber ich kann natürlich verstehen, dass Frauen und Mütter ungeduldig sind. Wir Männer sind es manchmal auch!

Wie hat sich Vaterschaft aus deiner Sicht in den letzten Jahren verändert?

Die Veränderungen in den letzten zehn Jahren sind enorm und rasant wie nie zuvor. Plötzlich werden Themen wie Kindererziehung und Teilzeitarbeit auch unter Vätern und in den Medien öffentlich diskutiert. Aber das ist nur der Anfang. Ein Blick in die skandinavischen Länder zeigt, dass da noch viel Luft nach oben ist.

Kleines Beispiel: In Schweden gehen derzeit 90 Prozent der Väter in Elternzeit – und zwar für mindestens drei Monate. In Deutschland sind es aktuell 34 Prozent, zwei Monate sind hier die Regel! Aber selbst die schwedischen Väter haben noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Nichts zuletzt zeigt die Existenz eines Magazins wie Men's Health DAD, dass der Veränderungsprozess enorm ist.

Und wenn du dich und deinen Vater vergleichst?

Spannende Frage! Mein Vater ist leider vor ein paar Wochen mit 78 Jahren gestorben. Bei so einem Abschied zieht man natürlich ein Resümee und vergleicht ganz automatisch. Aber so ein Vergleich ist immer ungerecht. Mein Vater ist 1939 geboren, er musste die ersten zehn Jahre seines Lebens ohne Vater ausgekommen, der in russischer Kriegsgefangenschaft war und wurde mit sechs Jahren aus Schlesien vertrieben … wie will man das mit meinem Leben vergleichen? Aber natürlich wünsche ich mir ein intensiveres Verhältnis zu meinen beiden Kindern als es zwischen meinen Vater und mir vorherrschte.

Das tut uns leid und da hast du natürlich recht. Warum aber braucht es deiner Meinung nach heute ein Heft extra für den Vater – ist das nicht das erste Zeichen, dass sich nun auch langsam die Männer mit-emanzipieren und sich mit ihrer Vaterschaft schon mal bewusst auseinandersetzen?

Bingo! Im Grunde hast du die Frage damit schon selbst beantwortet. Ich weiß nur nicht, ob ich es "emanzipieren" nennen würde. Fakt ist: Frisch gebackene und junge Väter räumen heutzutage ihrer Vaterrolle mehr Zeit und mehr Bedeutung ein als noch vor einigen Jahren. Ein Magazin extra für diese Männer ist da nur konsequent.

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Die nächste Ausgabe der Men´s Health DAD erscheint übrigens am 10. Oktober und darin werdet ihr auch einen Text von uns finden, in dem es um ein – pssst – ganz pikantes Thema geht. So viel durften wir doch verraten, oder Marco? 😉  

Foto von Marco Krahl: Nicole Malonnek

 

Zum Weiterlesen:

Rechnet ihr mit euren Frauen auf, wer es gerade schwerer hat?

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