So hat das Corona- Schuljahr meinen Teenie-Sohn verändert

Sitzenbleiben

Foto: Pixabay (Symbolbild)

Ihr Lieben, vor ein paar Tagen brachten wir den Beitrag von Helena, deren Zweitklässler-Tochter durch das Homeschooling einfach den Anschluss an den Stoff verpasst hat. Man liest nun immer wieder Berichte von Schülern, die einfach schulisch nicht gut durch dieses verrückte Corona-Jahr gekommen sind und nun die Klasse wiederholen. Besonders schwer war das alles auch für die Teenies. Gerade in einer Zeit, in der sie ihre Freunde so sehr brauchen, waren sie zu Hause isoliert. Steffis Sohn ist 14 und was sie erlebt haben, erzählt sie hier.

Liebe Steffi, dein Sohn geht in die 8. Klasse. Wie waren seine Leistungen in der Schule vor der Pandemie?

Mein Sohn Lennart war bis zum zweiten Lockdown ein sehr guter Schüler. Er ging immer sehr gerne zur Schule und war laut Lehrern immer sehr wissbegierig. Der Notendurchschnitt war 1,9. 

Dann kam Corona. Wie seid ihr durch den ersten Lockdown und Homeschooling gekommen?

Der erste Lockdown war halt etwas völlig Neues, aber er war immer noch motiviert seine Aufgaben zu erledigen und hatte auch Spaß dabei, sich seine Aufgaben selbst einteilen zu können. Er war psychisch stabil. Der zweite Lockdown nagte an mir (ich bin alleinerziehend) und an ihm dann schon sehr viel mehr. Lennart ging ja viele Monate nicht zur Schule, seine Motivation sank täglich und er vermisste seine Mitschüler. Er war massiv angespannt, hatte aber auch depressive Züge.

Wie war eure Schule digital aufgestellt? Gab es regelmäßig Videokonferenzen? 

Es gab einen Schulmanager, über den die Aufgaben verteilt wurden, die Lehrer konnten angeschrieben werden und es gab feste Videokonferenz-Termine. Es gab allerdings keine Verpflichtung, an diesen teilzunehmen.

Wie hast du den Anspruch der Lehrer während des Homeschoolings erlebt?

Im ersten Lockdown gab es nur sehr wenige Aufgaben, die gut zu schaffen waren. Ab dem zweiten Lockdown wurden die Kinder richtig mit Aufgaben zugebombt. Es war deutlich mehr, als im regulären Unterricht pro Stunde gemacht worden wäre und fast alle Arbeiten wurden benotet. Bei Rückfragen zum Stoff waren einige Lehrer nicht zu sprechen, da hieß es: Guck mal bei YouTube, da gibt es was dazu.

Für Lennart persönlich war es total demotivierend, dass die Hälfte der Klasse bei Videokonferenzen gar nicht da war, da hat er sich natürlich gefragt, warum er da noch mitmachen soll. Von Seiten der Schulleitung hieß es, dass man die Schüler nicht zur Teilnahme zwingen kann, daher könne man nichts unternehmen.

Wie hat sich die schulische Leistung deines Sohnes verändert?

Ab Februar ging es bergab, weil ich ihm den Stoff teilweise nicht vermitteln konnte und seitens der Lehrer der Druck immer weiter stieg. Schwierig waren besonders Mathe und Englisch, inzwischen hat er sich in beiden Fächern von 2 auf 4 verschlechtert. Ein Problem war auch, dass die mündliche Mitarbeit komplett weg fiel.

Wie bist du damit umgegangen?

Ich habe natürlich versucht, ihn so gut wie es geht zu unterstützen. Aber ich kam bei einigen Themen und Aufgaben echt an meine Grenzen. Ich spürte schon Frust, weil man nicht wusste, wie lange das alles weiter geht. Und ich war traurig, weil ich sehen konnte, wie mein Kind immer einsamer und frustrierter wurde…

Wie oft hatte dein Sohn überhaupt Präsenzunterricht 2021? 

2021 zwei Wochen und drei Tage. Nach den Sommerferien 2020 war er etwa drei Monate in der Schule.

Nun wird Lennart das Schuljahr wiederholen. Wer hat das entschieden? 

Er selbst hat den Wunsch geäußert, da er unzufrieden mit sich ist und sich so verschlechtert hat. Ich habe seine Entscheidung als positiv wahrgenommen und seinen Wunsch auf freiwillige Wiederholung bei der Schulleitung vorgestellt. Als Begründung nannten wir den Notenabfall und den fehlendem Unterrichtsstoff.

Was war deiner Meinung nach das größte Versäumnis von der Politik während der Pandemie in Bezug auf Schulen? 

Eine klare, einheitliche Linie in Bezug auf Homeschooling, Wechselunterricht und Präsenzunterricht. Fragen wie „Wer kann akut den Schülern zur Seite stehen , die nicht mehr hinterher kommen?“, wurden nicht beantwortet. Eine klare Regelung der technischen Hilfsmittel war nicht gegeben. Ich persönlich hätte es begrüßt, wenn ganze Klassen freiwillig wiederholt hätten, dann wären die sozialen Kontakte jetzt nicht schon wieder beeinträchtigt.

Wie geht es euch jetzt so kurz vor den Ferien?

Lennart sagt: „Corona hat mir ein Jahr meines Lebens geraubt und das kann keiner wieder gut machen“. Ich als Mutter leide sehr darunter, was Corona mit allen Kindern gemacht hat und blicke teilweise doch sehr sorgenvoll ins neue Schuljahr..

Foto: Pixabay (Symbolbild)

7c6c79241dd54174bbf737858fdc24ac

Du magst vielleicht auch


4 comments

  1. Userem Sohn hat die Schulschließung ein Schlucht vor den Füßen aufgerissen, die er bis heute nicht überwinden kann.

    Er war ein Schüler, der ausserordentlich gerne zur Schule gegangen war.
    Plötzlich kam eine, für seine Begriffe, „fremde Macht“, die ihm verbot seine unbändige Neugierde zu stillen und ihn dazu verdonnerte mit Mama stupiden „Stoff“ zu pauken.
    Mama und Papa sind keine Pädagogen, sie sind keine Experten auf diesem Gebiet und konnten nicht mehr tun, als zu improvisieren.
    Sehr schlimm war: Er war macht- und hilflos, ausgeliefert, ohne Möglichkeit der Situation zu entgehen oder sie zu beeinflussen.

    Mama und Sohn waren auf diese Situation weder vorbereitet noch dafür ausgebildet. „Macht mal“ – war die Devise.
    Unser Sohn hatte nun eine Mama, zu der er bis dahin eine sehr, sehr enge und liebevolle Beziehung hatte. Nun sollte sie nicht mehr die Mama und Freundin, der Rückzugsort und Ruhepol sein. Nun sollte sie seine Lehrerin sein, die ihm Deutsch, Mathe, Englisch beibringt. Eine Person, die nichts mit Mama zu tun hat. Eine Lehrerin.

    Die Welt war aus den Fugen. Streit, Stress, Lernverweigerung waren die Folge. Das Verhältnis Mama/Sohn zerstört und bis heute nicht wieder in Ordnung. Im Gegenteil. Er entfernt sich aus Frust über diese Zeit immer mehr von Mama, die ihm immer ein Rückzugsort von „der Welt draussen“ war und plötzlich war sie nicht mehr die Mama, die er kannte.

    Beschimpfung, Vorwürfe, Erpressungen sind die Folge. Dieser liebe Junge, der er bis zur Schulschließung war, ist verschwunden. Zurück geblieben ist ein unglücklicher Junge, der seinen Frust an seiner Mama, seinen Geschwistern und, ohne es zu registrieren, an sich selbst auslässt.
    Seine Schulnoten bewegen sich von einem mitteren 1er Schnitt durchgehend in Richtung einer 4. Aber es ist ihm egal.

    Er bestraft sich selbst und wir als Eltern stehen vor der Frage, was das Richtige ist, wenn Liebe verweigert wird. Wie können wir unserem armen Kind in seinem Schmerz helfen?

  2. Danke für Eure Geschichte!

    Ich finde es intressant wie Lennart die Hoomeschoolingzeit für sich erlebt hat. Was ihm wichtig war und auf einmal gefehlt hat. Welche kritischen Fragen er sich und seinem Umfeld stellt.
    Und, dass er sich trotz Trauer und vielleicht auch Wut überlegt hat was ihm wichtig ist und sich für eine Wiederholung des Schuljahres entschieden hat.
    Ich habe großen Respekt vor den schon sehr reiflichen Überlegungen dieses jungen Menschens. Ich bewundere seine Stärke, sich dem Thema zu stellen und seinen Kampfgeist, sich in einem weiteren Jahr seine guten Noten neu zu erarbeiten. Beeindruckender junger Mensch!
    Alles Gute für Euch!
    VG, Melanie

  3. Moin,

    so wichtig ich das Trauern, um die verpassten Möglichkeiten, und das laute Äußern, wieviel Kinder die letzten Monate ertragen mussten in der Hoffnung, dass es sich nicht wiederholt, finde so erstaunlich finde ich den Satz vom Sohn.
    Ein krisenfreies Leben würde ich jeder Person wünschen, doch in der Realität müsste es ein kurzes sein, weil es sonst unmöglich scheint. Dafür kann schon in jungen Jahren gelernt werden, dass solche Zeiten vorbei gehen und auch wieder bessere kommen.
    LG Anne

    1. Naja, das empfinde ich in Ausnahmezeiten wie diesen doch als einen sehr hehren Wunsch.
      Ich glaube auch, dass diese Info an Jugendliche gerichtet wenig an einem gerade -zu Recht- deprimiertem Gemütszustand ändert.
      Wichtig wäre vielmehr konkrete Hilfestellungen aufzuzeigen und vor allem die zu erwartende vierte Welle, gerade schulisch, vollkommen anders abzufangen.

      Liebe Steffi,
      ich wünsche dir und deinem Sohn viel Kraft und finde es unter dem Strich bewundernswert, dass dein Sohn nicht einfach den Kopf in den Sand steckt, sondern durch den Wunsch nach Wiederholung eine für sich konstruktive Lösung gefunden hat. Gerade in dem Alter ist das eine große Leistung.

      Alles Gute für euch!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert