Mutterschaft ist nie eindimensional. Gedanken in den letzten Tagen der Schwangerschaft

Mutterschaft

Jeden Abend denke ich: Vielleicht ist es die letzte Nacht ohne Baby.

Manchmal kribbelt es dann tief im Herzen, ich schaue auf das Beistellbett, kann es immer noch nicht fassen, Vorfreude.

Manchmal drehe ich mich schnell zur Seite, mein Herz klopft schneller. Ich hab Bammel, Angst vor den Schmerzen, Angst vor der Schlaflosigkeit.

Bei jedem Spaziergang denke ich: Vielleicht ist es der letzte ohne Baby.

Manchmal schließe ich die Augen und sehe mich, wie ich den Kinderwagen schiebe. Frische Luft atme, die Stille genieße. Dankbarkeit.

Manchmal zieht sich in mir alles zusammen, ich sehe mich nassgeschwitzt mit Babytrage, immer auf der Hut, dass der Kleine nicht aufwacht. Bitte nur kurz Ruhe! Ich brauche die Pause.

Bei jedem Abendessen denke ich: Vielleicht ist es das letzte zu fünft.

Manchmal muss ich dann grinsen. Stelle mir vor, wie die Großen Quatsch für den Kleinen machen und ich spüre: Genau der hat uns noch gefehlt.

Manchmal zieht sich alles zusammen. Werde ich wieder monatelang nur in Hast und im Stehen essen? Wird er abends so quengelig sein, dass es einfach nur anstrengend wird?

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Es sind definitiv die letzten Tagen meiner letzten Schwangerschaft. Bald ist diese Zeit vorbei und sie wird nie wieder kommen. Nie mehr ein dicker Bauch, nie mehr Tritte spüren. Das ist manchmal traurig, aber die allermeiste Zeit total ok. Ich weiß: Mit diesem Kind sind wir komplett, den Wunsch danach gab es schon lange.

Und doch: Was, wenn wir uns damit total übernehmen? Was, wenn es uns überfordert? Was, wenn ich rückblickend denke: Mit drei Kindern war alles einfacher?

Aber auch: Was, wenn sich alles viel leichter anfühlt als gedacht? Viel selbstverständlicher? Wenn das Babyglucksen viel mehr aufwiegt als die schlaflosen Nächte? Wenn ich jeden Tag merke: Genauso soll es sein?

Es kommt wie es kommt – und es wird ok sein. Wir werden reinwachsen. Uns neu sortieren. Wachsen, hinfallen, aufstehen, fluchen, lachen, glücklich sein und unter der Dusche lautlos weinen.

Mutterschaft ist nie eindimensional, immer vielschichtig. Nie schwarz-weiß, nie nur schön, nie nur schrecklich. Viele Hochs, einige Tiefs. Laut und leise, zart und hart, beflügelnd und herausfordernd.

Ein Kind zu bekommen ist nie selbstverständlich. Man ist nie 100prozentig dafür bereit, man weiß nie, was einen erwartet.

Es wird vielleicht etwas dauern, aber nach einer Weile werden wir morgens aufwachen und feststellen: Wir sind einfach immer noch wir.

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3 comments

  1. Mir geht es ganz genauso..Viertes Kind ..gleiche Gefühle und Gedanken..Ich habe im April Et.Er wiegt schon zwei Kilo und ich denke er bleibt nicht bis zum et drin..Alles gute 😀

  2. Ein ganz toller Bericht❤️ Ich kann deine Gedanken sehr gut nachempfinden.
    Mir ging es in der 2. Schwangerschaft ganz ähnlich. Dazu kamen Gedanken wie, das wird vielleicht der letzte Tag mit meiner Tochter alleine sein, der letzte Spielplatzbesuch, nur wir Beide. Wir haben in der Elternzeit soviel zusammen erlebt und unternommen. Ich war die letzten Wochen der Schwangerschaft sehr emotional. Ich wusste dass ich diese Zeit nur mit meiner Tochter sehr vermissen werde und trotzdem habe ich mich sehr auf unseren Sohn gefreut. Jetzt sind sie 3 Jahre und 6 Monate alt und es wird immer schöner 🥰

    1. Liebe Katharina, ich wünsche Dir unbekannterweise alles Gute für die Geburt und den Start als sechsköpfige Familie. Ich habe alle meine 3 Kinder im Geburtshaus Charlottenburg zur Welt gebracht und es war wirklich jede Geburt für sich magisch. Allein dort – durch die Atmosphäre vor Ort und die wunderbaren Hebammen – wird man auf einer sanften Wolke in das neue Leben mit einem weiteren Kind hineingeweht. Die Zweifel verfliegen. Und jeder kommende Tag gleitet dann so für sich dahin, mal besser, mal schlechter. Und gerade, wenn ein Kind in die heller werdende Jahreszeit hingeboren wird, gelingt Vieles im Babyalltag (auch die durchwachten Nächte) mit Leichtigkeit. Und wenn die späteren Jahre anstrengend werden, kann man sich eine Familie ohne das letztgeborene Kind kaum vorstellen. Und die Geschwister um so weniger. Der kleine Prinz (bei uns auch) wird immer liebend gern versorgt:-).

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